Rosahütiger Caloboletus radicans?

Es gibt 16 Antworten in diesem Thema, welches 838 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Werner Edelmann.

  • Hallo allerseits,


    bei schweißtreibenden 35 Grad habe ich mich auf Pilzsuche begeben. Grund war der gestrige Fund von drei schönen Rubroboletus legaliae in Hungen/Mittelhessen, ein neuer Fundort für diese recht seltene Art. Das dortige Habitat (parkähnliche Anlage mit richtig dicken alten Eichen) ist ein Eldorado für schöne Röhrlingsfunde, wie mehrere Exemplare von C. radicans und H. impolitum in den vergangenen Wochen zeigten.


    Da lag natürlich der Gedanke nah, in einem sehr ähnlichen Habitat, in dem ich auch Massen an C. radicans und ein Einzelexemplar von H. impolitum in den vergangenen beiden Wochen gefunden hatte, auch nach R. legaliae Ausschau zu halten.


    Während die Unmengen an C. radicans (ein paar Dutzend Fruchtkörper) schon weitgehend in der Zersetzung befindlich waren, haben ein paar H. impolitum nachgeschoben.


    Plötzlich entdeckte ich einen rosahütigen Boleten :)


    Bingo, ein weiterer Fundort für diese seltene Art, schoss es mir durch den Kopf.


    Dann, beim näheren Hinschauen und vorsichtiger Entnahme des Fruchtkörpers, kam die Ernüchterung. Nix mit rotem Stielnetz und orangefarbener Stielspitze, kein R. legaliae :(


    Was ist das? Rosahütiger C. radicans? Noch nie gesehen, und ich habe bestimmt an die hundert Exemplare in den vergangenen Wochen gesehen. Trockenschaden? Rosa beim Eintrocknen? Schimmelpilzbefall? Kann ich mir alles nicht so recht vorstellen.


    Auffällig ist auch, dass die Röhren auf Druck sich nicht blau verfärben. Normalerweise werden die innerhalb von wenigen Sekunden deutlich blau, gerade junge Exemplare. Ich habe die Röhrenmündungen (letztes Foto Bildmitte) mit der Messerspitze bearbeitet und keine Blauverfärbung feststellen können. Weder innerhalb von ein paar Sekunden, noch nach ein paar Minuten.


    Ist das nur ein arg aus der Reihe getanzter C. radicans oder was besseres?


    Beste Grüße,


    Frank



  • Hallo Frank,


    da hast Du ja ein krasses Teil gefunden der optisch erst einmal an Caloboletus kluzakii erinnert. Der ist etwas für eine Sequenzierung. Ich hatte zusammen mit Corne im letzten Jahr ein ähnliches Exemplar gefunden, dass sich genetisch aber nur als ein WuBi entpuppte.


    VG Jörg

  • Hallo und vielen Dank für die Hinweise!


    Ja, die Hutfarbe würde wohl passen. Aber dass die Röhrenmündungen sich überhaupt nicht blau verfärben wollen, irritiert mich etwas. An der Trockenheit/Feuchtigkeitsgehalt des Fruchtkörpers kann es nicht liegen, denn im Schnittbild hat der sich schön blau verfärbt.


    Vielleicht ist Jürgen bald wieder online und kann ein paar Worte dazu schreiben? Oder hat sonst jemand noch Informationen dazu ? Internet-Recherche ist so eine Sache, bei 123 Pilzsuche landet man schnell und wieder einmal werden dort fragwürdige Informationen verteilt:


    "Mischwald, gern Nadelwald, sauren, nährstoffarmen Boden"


    Gefunden habe ich den bei alten Eichen auf augenscheinlich basischem Boden (reichlich Beton und Basaltschotter, zwischen Tennisplatz und betoniertem Gehweg).


    Beste Grüße,


    Frank

  • Hi.


    Mittlerweile hat sich rausgestellt, dass die meisten sequenzierten C. kluzakii nicht rosahütig waren und in seltenen Fällen C. radicans auch rosahütig daherkommen kann. Dürfte daher schwierig sein da einen Namen zu vergeben ohne Sequenzierung.


    Vermutet wird, dass C. kluzakii ausgewachsen tendenziell einen länglicheren und dunkleren Stiel hat und die Netzzeichnung ausgeprägter sein soll. Also recht dünne Abgrenzungsmerkmale.


    Bei einer Kollektion aus England war beim frischen FK eine stark amyloide Reaktion mit Melzer zu verzeichnen, ob das ein stabiles Merkmal ist, weiß man aber nicht. Kannst du ja mal ausprobieren.


    Edit: Achja, dein beschriebenes Habitat ist zutreffender als der Quatsch bei 123pilze.


    LG,

    Schupfi

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  • Danke dir Schupfi!


    Leider habe ich nur diesen einen sehr jungen Fruchtkörper, alle anderen dort vorhandenen C. radicans sind ohne jegliche Rosatöne. Melzers Reagenz habe ich leider nicht, reicht auch Jod-Kaliumjodid-Lösung ohne Chloralhydrat? Ansonsten müsste ich zuehli fragen, ob er mir einen oder zwei Tropfen davon spendiert.


    Wegen Sequenzierung habe ich schon Pablo Alvarado angeschrieben, aber der ist im Urlaub bis Ende August. Bevor ich den nächsten Sequenzierungsauftrag erteile, müsste ich erstmal wissen, ob es zuverlässige Referenzsequenzen gibt. Sequenzierung ist ja schön und gut, aber es gibt leider auch Schrotteinträge in den Datenbanken, und dann ist man nachher dümmer als vorher - und hat das Geld in den Sand gesetzt.


    Ist mir vor ein paar Jahren mit einer nicht identifizierbaren Tricholoma passiert, da hat die Datenbank als Treffer "T. viridifucatum/joachimii" ausgespuckt. Ist schon merkwürdig, dass zwei morphologisch so unterschiedliche Arten einen Eintrag in der Datenbank haben, und keiner von beiden ist passend. Bis heute hat das Pilzchen keinen richtigen Namen, obwohl das Exsikkat seit drei Jahren bei Jacob Heilmann-Clausen in Kopenhagen liegt.


    Beste Grüße,


    Frank

  • Melzers Reagenz habe ich leider nicht, reicht auch Jod-Kaliumjodid-Lösung ohne Chloralhydrat? Ansonsten müsste ich zuehli fragen, ob er mir einen oder zwei Tropfen davon spendiert.

    Moin Frank,


    die amyloide Reaktion besteht ja darin, dass Jod mit der Stärke der Zellen reagiert. Von daher gesehen müsste eigentlich auch nicht-Melzer-Jod die Reaktion hervorrufen.

    Ansonsten hat Schupfi ja schon bemerkt, dass das nicht unbedingt eine bestimmungsrelevante Geschichte sein muss.

    Zumindest sieht dein Exemplar genauso aus wie die kluzakiis im neuen Boleten-Buch.


    LG

    Harald

  • Ja aber Hannes2 hatte so ein Exemplar mit deutlichem Rosaton, was sich bei der Sequenzierung als normaler WuBi herausgestellt hat. Auch Werner Edelmann hatte vor langer Zeit sowas im Urlaub gefunden, vor der Artabtrennung von C. kluzakii, und deshalb wohl nicht weiter verfolgt.


    Jedenfalls habe ich das Exemplar in den Trockner gelegt, das wird wohl auch nach Spanien reisen. Wird teuer dieses Jahr, die Hauptsaison hat noch nicht begonnen und das ist schon Nummer vier ....


    Beste Grüße,


    Frank


    P.S. Hast du den "T. umbonatum" schon angeschaut?

  • GriasDi Frank,


    bei meinem Fund war aber die rote Subcutis so auffällig.

    Ich denke, dass das auch so für C. kluzakii beschrieben ist.

    Deshalb stört mich an Deinem Fund, dass der jung schon so rosa ist.


    Von oben sieht man eigentlich noch gar nichts davon.



    Von der Seite mein ich schon einen rötlichen Hauch erkennen zu können.




    Hier sieht man deutlich die rote Subcutis. Da ist schon noch eine ziemlich dicke nichtrote Schicht drüber.



    Der Fund ist von 2005 aus dem Drottningholmpark bei Stockholm. Mykorrhizabaum war Eiche.


    An liabn Gruaß,

    Werner

  • Ja ich bin auch noch nicht überzeugt davon, dass das C. kluzakii ist. In einem dänischen Pilzforum/Datenbank habe ich einen bestätigten Fundnachweis dieser Art gesehen, der wurde von Prof. Balint Dima in Budapest sequenziert. Den habe ich heute angeschrieben und um seine Meinung gebeten.


    Es gibt ja Mykoparasiten, hatte ich Anfang August sogar einen Fund hier eingestellt. Aber in Rosa? Vielleicht nur eine Laune der Natur, ein einzelnes Gen mutiert?


    Schupfnudel hatte ja schon darauf hingewiesen, dass das wohl sehr selten vorkommen kann. Wenn man aber umgekehrt auch einen C. kluzakii ohne Rosatöne haben kann, dann frage ich mich, wie man das überhaupt zuverlässig abgrenzen will.


    Gruß,


    Frank

  • Servus Werner,

    wurde der Fund sequenziert?

    viele Grüsse

    Matthias

    GriasDi Matthias,

    nein, das war im Familienurlaub. Ich hab nur die Fotos.

    Ich hatte mich natürlich gewundert, war zu der Zeit aber selbst erst ein paar Jahre intensiv mit Pilzen beschäftigt.

    Das war 2005. Erst Jahre später erzählte mir Christoph beiläufig, dass da jetzt ein Wurzelnder Bitterröhrling mit rote Subcutis beschrieben worden sei, worauf ich mich an den Fund erinnerte.

    Das ist also leider kein bestätigter C. kluzakii.

    An liabn Gruaß

    Werner

  • Hallo Werner,

    nach alles was Schupfnudel schon zusammengefasst hat und was in dem neuen Buch von Michal Mikšík nachzulesen ist, zeigt Dein Fund die Merkmale, welche es erlauben sollten C. kluzakii makroskopisch anzusprechen. Die ausführliche Diskussion in der oben verlinkten Originalbeschreibung von B. kluzakii zeigt das m. E. auch sehr gut.
    Völlig unabhängig davon gibt es aber sequenzierte Funde von C. kluzakii, bei denen man makroskopisch nicht im Traum an diese Art denken würde und eben auch rosahütige C. radicans, dann aber mit bräunlicher Subkutis.

    LG Karl

    PS Michal wäre wahrscheinlich froh, wenn er Dein Schnittbild für sein Buch gehabt hätte :D

  • GriasDi Karl,


    weder Michal, noch die Artbeschreiber hatten sich für den Fund interessiert.

    Ich hatte beide per Mail kontaktiert.

    Ich bekam nicht mal eine Antwort.

    Ich hatte ihn 2011 schon mal im Pilzepilze vorgestellt.


    Helmut, Jürgen und Gernot....


    An liabn Gruaß

    Werner