Ciboria amentacea - ein hübscher Frühlingsbecherling an Hasel- und Erlenkätzchen (viele Bilder, auch Mikrofotos)

Es gibt 17 Antworten in diesem Thema, welches 6.136 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Isarschwammerl.

  • Servus beinand,


    vom Heuschnupfen geplagte kennen es (so auch ich) - die Hasel- und Erlenpollen fliegen, d.h. sie blühen. Im Moment sieht man die männlichen Kätzchen hängen und ihre Pollenkörner ausstäuben. Und genau auf dieses Substrat sind Becherlinge als Nahrungsquelle angewiesen. Sie bilden genau zur Blütezeit (teils schon etwas vorher beginnend) an den vorjährigen, am und im Boden liegenden Kätzchen ihre Fruchtkörper. Die Sporen können so bereits am Baum oder Strauch die blühenden Kätzchen befallen und dort kommensalisch wachsen. Vermutlich können auch frisch gefallene, am Boden liegende Kätzchen so besiedelt werden. Jedenfalls sind sie dann zuerst da und können so wohl besser die Konkurrenz abwehren.


    Sucht man auf allen Vieren im zeitigen Frühjahr, wird man eigentlich meist fündig. Einen solchen Fund möchte ich hier gerne vorstellen: Ciboria amentacea.


    Ciboria amentacea kommt nur an Betulaceae vor und hier genau genommen nur an Hasel- und Erlenkätzchen. Sehr nah verwandt ist Ciboria caucus, die nur an Weiden- und Pappelkätzchen wächst. An Corylus kommt mit Ciboria coryli noch eine Art vor, die ich bisher vergeblich suche.


    Doch erstmal zu Ciboria amentacea - wie sieht sie aus? Sehr hübsch, finde ich, vor allem der weiße, gezähnelte Becherrand:


    An einer Böschung direkt am Beurerbach (in meiner Nähe, ein Zufluss zur Windach) unter einer großen Schwarzerle fand ich erstmal einen Becher - mit weißem Rand


    Vorsichtig etwas freigelegt und schon sieht man den Stiel. Doch das Substrat?


    Jetzt sieht man schon etwas Schwarzes erscheinen...


    Und tada... das alte, vorjährige Erlenkätzchen ist zu sehen. Schon etwas mitgenommen, aber erkennbar. Man beachte wieder den schönen, weißen Rand (wie Zucker an einem Glasrand, wenn man manche Getränke schlürft...)


    Und erst während des Fotografierens entdeckte ich dann zwei (bzw. drei - da ist noch ein Baby) weitere Becherchen - aller guten Dinge sind drei(einhalb).


    Süß, die kleinen. Der "große" maß 4 mm im Durchmesser. Sie können auch mal nen Zentimeter erreichen.


    Schauen wir uns die Kerlchen mal etwas näher an...


    Das ist ein Schnitt durch die Becherunterseite - schöne kugelige Zellen, alles sehr fluffig - das ist das sog. Excipulum. Die kugeligen bis ellipsoiden Zellen drücken teils auch etwas gegeneinander, wodurch sie dann auch ab und zu etwas eckig erscheinen können.


    Und hier ein zugegebenermaßen gequetschter Blick auf die Fruchtschicht – deshalb schauen die Asci hier wie bei einem Scheitel in beide Richtungen. Es war ein Schnitt, aber er lag suboptimal. Was man aber schön sieht: das Subhymenium ist etwas bräunlich gefärbt. Die beiden Mikrofotos sind etwas geschummelt, denn die stammen von einem Fund an Haselkätzchen, den ich zwei tage vorher im selben Gebiet gemacht hatte. Deshalb hatte ich das bei dem neuen Fund an Erle nicht mehr so fotografiert.


    Zurück zum Erlenfund... schauen wir uns die Asci genauer an:


    Man kann die Tafel auch groß anschauen (einfach draufklicken). Rechts sieht man Haken, die ja eigentlich auch nur Schnallen sind. Sie werden hier an der Ascusbasis (rechter Pfeil und oberer linker Pfeil) gebildet.Man sieht aber auch schön, dass die Hyphe, aus der die beiden Asci hervorgehen, die sog. ascogene Hyphe, auch Haken besitzt. Das heißt, auch an den Zellen weiter unten, wenn man den Zellfaden weiter beobachtet, findet man deutlich ausgeprägte Haken.

    Links sieht man einen Ascus mit acht Sporen - oben erkennt man einen kleinen Ring, sehr seitlich betrachtet. Dieser Ring ist dehnbar. Werden später die Sporen durch Aufbau von Druck im Ascus nach oben gedrückt, dann dehnen diese den Ring an der oberen Pore. Der Ring schnalzt zurück, wenn der breiteste Punkt der Spore durch ist und schießt so die Sporen weit aus dem Schlauch heraus. Oft sind solch dehnbaren Substanzen aus Amylose oder amyloseähnlichen Molekülen aufgebaut bzw. enthalten diese. Das sehen wir dann gleich, wenn ich mit Lugol anfärbe.

    Das zweite Bild von links zeigt eine Paraphyse zwischen den breiten Asci. Die ascogenen Hyphen, die in den Asci enden, sind zweikernig. Sie sind das Ergebnis von der Verschmelzung zweier Zellen von zwei passenden, sich "gern habenden" Ciboria-Individuen. Die Paraphysen sind aber nur einkernig. Das heißt, beide Individuen bilden gemeinsam einen Fruchtkörper, aber nur an wenigen Stellen verschmelzen sie auch zellulär, um dann ascogene Hyphen zu bilden, die Meiose auszuführen, also neu zu mischen - und so sexuelle Sporen zu bilden. Wenn der Fruchtkörper später vergammelt, dann sind die beiden Individuen wieder getrennt. Becherlinge sind Gemeinschaftsproduktionen. Finde ich spannend.


    Hier habe ich (bis auf unten links) mit Lugol (Iod mit Kaliumiodid) gefärbt. Alle anderen Fotos sind in Wasser am lebenden Material entstanden. Färben oder anderweitiges Behandeln mit Laugen oder Säuren tötet ab, zerstört Strukturen und verändert die Maße. Daher mikroskopiere ich so viel wie möglich in Wasser und lebendig (auch bei Basidiomycota). Hier wollte ich aber explizit den Apikalapparat mit dem Stärkering anfärben. Auf dem zweiten Bild unten links sieht man nur ganz oben den Ring. Der recht komplexe Apparat ist fast verschwunden und nur noch dieser massive "Gummring" vorhanden. Dieser Ascus ist sehr reif. Er färbt sich auch kaum noch rot (rot färbt sich Amylopektin). Der Reservestoff wurde weitgehend verbraucht, die Sporen sind gewachsen und der Ascus ist zum Abschuss bereit.

    Drittes Bild von links, unten: der Ring ist tiefer reichend, oben und unten breiter als in der Mitte und es zeigen sich Feinstrukturen wie eine ca. 0,2 µm dünne, feine, blaue Linie. Der Feinbau des Ascusapikalapparats wurde auch zur Systematik, also der Verwandtschaftsanalyse verwendet (jetzt macht man das meist genetisch). Ich habe mal versucht, so viel wie möglich rauszukitzeln.

    Oben habe ich noch einen jungen Ascus quer gelegt, um das Amylopektin (tief rot) zu zeigen. Und oben rechts eine Ascusbasis (auch junger Ascus).


    Auch die Sporen sind spannend:

    Was ist das? Um die meisten Sporen ist eine farblose Struktur... unten rechts nicht, sonst meist schon. Und unten links ist das Farblose etwas allein. In der Mitte hat es sich fast ganz abgelöst und hängt noch an einem Punkt fest. Nun, die Ciboria-Sporen sind kalyptrat – sie verlieren ihre äußere Sporenwandschicht. Im Ascus sind sie alle noch intakt, nach dem Ausschleudern nicht mehr. Vielleicht passiert das durch das Ausschleudern (Reibnung am Ring), vielleicht auch später in Wasser. Das gibt es auch bei anderen Pilzen, zum Beispiel manchen Häublingen und Fälblingen.

    Was mich aber wundert - es steht selten in der Literatur. Bei Pilze der Schweiz ist es z. B. weder erwähnt noch gezeichnet. Hans-Otto Baral hingegen hat das bei seinen Funden, die er bei in vivo veritas vorzeigt, (wie immer bei ihm) sehr schön, korrekt und ausführlich dargestellt.

    Was man übrigens auch gut erkennen kann sind die Zellkerne. Man erkennt sie daran, dass sie einen dunkleren Nukleolus enthalten und so ein Bisserl wie ein Spiegelei aussehen. Um sie zu sehen muss man hier gar nicht anfärben. Auch das ist alles in Wasser fotografiert. Bei den meisten Sporne hier sieht man es gut, da der Zellkern sehr groß ist. Unten rechts sind zwei Vakuolen ober- und unterhalb des Kerns – das sieht wie drei Kerne aus. Aber nur der mittlere hat den Nukleolus. Das dunkle an der unteren Vakuole sieht anders aus, nicht so zart-diffus wie der Nukleolus. Das ist ein etwas dunkleres Etwas, was nicht in der Schärfeebene steht.

    Wenn man die Sporen als ganzes ansieht, fallen die Kerne deutlich auf.


    Ciboria amentacea hat nur einen Kern pro Spore, Ciboria coryli hätte zwei Kerne pro Spore (und größere Sporen).


    Ciboria caucus wird übrigens sehr oft als Synonym zu Ciboria amentacea angegeben. Abgesehen vom Substrat unterscheidet sie sich nur ein bisserl an den Sporenmaßen, wenn man die Fruchtkörper anschaut. Kultiviert man sie aber auf Agar, dann erkennt man, dass die Nebenfruchtform der beiden Arten andere Konidien bildet (Form, Größe, Oberfläche). Genetisch lassen sie sich auch trennen. Und ich finde, durchaus auch makroskopisch. Ich kenne Ciboria caucus kräftiger und der Stiel ist gerne sehr kompakt und zudem recht dunkel. Und natürlich das Wachstum an Weidenkätzchen. Den weißen Rand zeigt aber auch Ciboria caucus


    Ich zeige mal eien Fund aus Mammendorf aus dem Jahr 2019:



    Alte Weidenkätzchen aus dem Vorjahr sind viel puscheliger als Erlenkätchen (oder Haselkätzchen). Funde an Corylus müssen mikroskopiert werden (wegen Ciboria coryli). Ich wüsste nicht, dass die mal an Erle gefunden wurde. Insofern kann man auch ohne Mikroskop zumindest Funde an Erle und an Weide (und Pappel) bestimmen:


    An Erle: Ciboria amentaceae

    An Weide und Pappel: Ciboria caucua


    An Hasel entweder Ciboria amentacea oder Ciboria coryli


    Ich kann nur empfehlen, mal selber nach den kleinen Becherchen zu suchen. Ciboria caucus kommt etwas später, wenn die Weiden in voller Blüte stehen.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Tricholomopsis

    Hat den Titel des Themas von „Ciboria amentacea - ein hübscher Frühlingsbecherling an Hasel- und Erlenkätzchen (viele Bilder, auch Mkrofotos)“ zu „Ciboria amentacea - ein hübscher Frühlingsbecherling an Hasel- und Erlenkätzchen (viele Bilder, auch Mikrofotos)“ geändert.
  • Lieber Christoph,


    ein sehr schönes, sehr ausführliches Portrait, toll!

    Momentan sind die drei Kätzchen-Becherlingsarten bei uns recht häufig zu finden. Meist muss man ein wenig in der liegenden Laubschicht kruschteln um sie zu finden. Und bei uns hier am Harz-Nordrand ist caucus genau wie amentacea derzeit reichlich zu finden.


    Zu einem möchte ich Dich aber etwas korrigieren:

    Auf dem zweiten Bild unten links sieht man nur ganz oben den Ring. Der recht komplexe Apparat ist fast verschwunden und nur noch dieser massive "Gummring" vorhanden. Dieser Ascus ist sehr reif.

    das weckt einen falschen Eindruck auf michsein. Man sieht auf dem zweiten Bild unten links den Apikalring sozusagen zusammengedrückt, weil der Ascus reif und lebendig ist und so viel Innendruck aufgebaut hat (kurz vor Sporenabschuss), dass es Scheitelbereich des Ascus zusammendrückt. Daher ist der Ring relativ niedrig, dafür aber auch etwas intensiver gefärbt. Insofern ja, der Ascus ist sehr reif - und lebendig!

    Wenn bei den Sclerotiniaceae der Innendruck im Ascus nachlässt (z.B. wenn der Ascus abstirbt), dann dehnt sich die Scheitelregion deutlich auf, Zotto nennt das "Apikalverdickung". Ist sogar ein Familienmerkmal der Scleotiniaceae, obwohl es eigentlich alle inoperculaten Ascos so machen, nur eben besonders deutlich bei den Sclerotiniaceae. Durch dieses Nachlassen des Druckes zieht sich also der Apikalapparat in die Länge, die "Striche" werden lönger, "höher" und dafür etwas weniger tief blau.

    Das bedeutet aber, dass die Höhe des Apikalrings eigentlich keine Frage der Sporenreife ist, sondern der Turgeszenz des Ascus. Je praller, desto kürzer der Apikalapparat. Ein vollreifer, aber toter Ascus hat dann auch einen langgezogenen Porus, während ein vollreifer, aber lebendiger eben einen zusammengedrückten hat.


    Wer die Porusreaktion und insbesondere die Form des Apikalapparates - Stichwort Calycina-Typ versus Hymenoscyphus-Typ - ansehen will, der wird mit einem vor Vitalität strotzenden Präparat nicht so recht glücklich. Meist muss man einige Zeit warten, bis die Asci im Präparat absterben, damit sich der Porus auseinanderzieht und man nicht nur zwei Punkte, sondern dann zwei Striche sieht. Verwendet man statt Lugols die Baralsche Lösung, dann gehts etwas schneller, denn die ist konzentrierter.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Servus Andreas,


    vielen Dank für die Anmerkung. Ich bin ja bisher mehr auf der Ständerpilzseite zuhause, da bin ich für jede Hilfe bei den schlauchigen Schwammerln dankbar.

    Mir ist aufgefallen, dass die Asci kurz vor dem Abschuss eben nur noch den dicken Ring zeigen. So, wie du es erklärst, klingt es dann sehr logisch. Dann sollte man hier also quasi bewusst mit Baral-Lösung die Asci töten... Gut zu wissen.

    Wie sieht es mit Trockenmaterial aus - da sind die Asci ja auch tot. Geht das dann auch oder hat man da Artefakte, die bei der Beurteilung stören? Mir ist klar, dass man früher die Apikalapparate eh an Trockenmaterial untersucht hat, daher präzisiere ich die Frage so: sieht man an mit Baral-Lösung frisch getöteten Asci mehr an Feinstrukturen als bei durch Trocknung getöteten Asci?


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo allerseits,


    könntet Ihr vielleicht auch noch kurz die beiden (?) Birkenbewohner hier mit einordnen? Ciboria betulicola und Ciboria betulae. Von denen ist C. betulae ja auch bei pilze-deutschland mit 25 Datensätzen kartiert. Danke.


    LG, Bernd

  • Lieber Bernd,


    Ciboria betulicola wächst an den Kätzchen von Birken. Ciboria betulae hingegen an den Birkenfrüchten (diese winzigen, kleinen, geflügelten Früchte, die in Unmengen überall hin geweht werden).


    Es gibt genau genommen auch noch Ciboria acerina, die auch an Kätzchen von Weiden und Pappeln gehen kann. Ich weiß aber nicht, ob die in Deutschland nachgewiesen wurde. Man sollte daher zur Sicherheit immer mikroskopieren.


    Ciboria amentacea und Ciboria caucus sind jedenfalls sehr häufig. Und wenn Andreas bei sich im Harzvorland auch Ciboria coryli häufig findet, dann dürfte die auch häufig sein und ich bin bisehr nur immer daran vorbeigelaufen.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo,


    Ciboria betulicola ist eine nordamerikanische Art, die in Deutschland bisher nicht nachgewiesen ist. Sie scheint aber recht ähnlich zu sein auf den ersten Blick, habe mich noch nicht genauer darum gekümmert.


    Bei uns gibt es dagegen Ciboria betulae, die aber auf Birkensamen wächst. Dazu noch eine Ciboria seminiphila seminicola (= C. alni illeg., C. lentiformis comb. nud.), die auf Erlensamen wächst. Beide sind möglicherweise identisch, und beide haben warzig-raue Sporen! Nicht immer einfach zu sehen! Die Sporengröße ist allerdings eher bei der von coryli, also oberhalb von 12 µm anzusiedeln. Ferner hat Ciboria betulae keine Haken. Ob die bei Schumacher beschriebene Ciboria alni mit C. seminiphila seminicola identisch ist, ist nicht restlos geklärt, u.a. da Schumacher bei alni keine rauen Sporenwände beschreibt, während er das bei betulae tut.

    Jedenfalls hat dieser Komplex der Samen bewohnenden Ciborien raue bis warzig Sporen und ist damit klar unterscheidbar.


    Ich hänge mal den Schlüssel aus Schumacher (1978) hier an. Die ganze Arbeit ist über Research Gate frei verfügbar downloadbar.

    In etwa entspricht der Schlüssel in Nordic Macromycetes vol. 1 dieser Arbeit - kein Wunder, denn für die Nord. Myc. hat die Sclerotiniaceae ja Schmuacher bearbeitet.


    Die bei Schumacher praktizierte Unterteilung von Ciboria caucus in 3 "formae speciales" wird heute nicht mehr so akzeptiert, es wird eine caucus ss.str. auf Weide/Pappel mit robusteren, dunkleren Apothezien und etwas größeren Sporen von einer amentacea auf Erle/Hasel(/?Birke??) mit helleren, weiß gezähnelt berandeten Apothezien mit etwas kleineren Sporen unterschieden - das hat ja Christoph oben schön dargestellt.

    Die C. coryli ist durch die deutlich größeren Sporen mit zwei statt einem Kern gut unterscheidbar, die auf Weide/Pappel vorkommende C. acerina durch nur 4-sporige Asci ebenfalls.

    Und der Vollständigkeit halber sei noch die eher olivlich-gelbgrünliche C. viridifusca erwähnt, die im Herbst auf Erlenzapfen wächst.


    Was noch zu klären bliebe meiner Ansicht nach ist der Status dieser amerikanischen Ciboria betulicola. Schumacher (1978, 2000) führt sie auf, trennt allerdings lediglich über das Substrat Birkenkätzchen von caucus s.l.. Die Sporen werden etwas kleiner angegeben und sollen schon bei 5,5 µm Länge und 3 µm Breite losgehen. Fund(e) dieser Art in den Nordic Countries werden nur für Finnland angegeben.


    Dann mal los! Die Arten sind meist nicht selten, derzeit gut aufzuspüren, relativ einfach zu mikroskopieren und eigentlich auch gut bestimmbar.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo ihr Experten,

    erst einmal danke für das anschauliche Porträt Tricholomopsis. Ich hab mal eine Anfängerfrage:

    ernähren sich eigentlich alle Ciboria-Arten von Blütenstaub, oder nur die beiden anfangs erwähnten?

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hallo in die Runde,

    und vielen Dank erst mal an Dich, Christoph, für den tollen Thread und den ausführlichen Eröffnungsbeitrag!

    Mittlerweile hat sich hier eine interessante Diskussion entwickelt!:thumbup:

    Das motiviert, demnächst selbst wieder einmal nach den kleinen Pokalbecherchen zu suchen. Jetzt ist ja die beste Zeit dazu.:)

    Bei uns gibt es dagegen Ciboria betulae, die aber auf Birkensamen wächst. Dazu noch eine Ciboria seminiphila (= C. alni illeg., C. lentiformis comb. nud.), die auf Erlensamen wächst. Beide sind möglicherweise identisch, und beide haben warzig-raue Sporen! Nicht immer einfach zu sehen! Die Sporengröße ist allerdings eher bei der von coryli, also oberhalb von 12 µm anzusiedeln. Ferner hat Ciboria betulae keine Haken. Ob die bei Schumacher beschriebene Ciboria alni mit C. seminiphila identisch ist, ist nicht restlos geklärt, u.a. da Schumacher bei alni keine rauen Sporenwände beschreibt, während er das bei betulae tut.

    Dazu ein paar kurze Anmerkungen.

    Gemeint ist sicher Ciboria seminicola, Andreas. C. seminiphila kennt Google nicht.;)

    Sowohl C. betulae als auch C. seminicola konnte ich selbst mehrfach finden und denke dass das "gute" Arten sind, die sich deutlich unterscheiden.

    Vom Substrat einmal abgesehen.

    So hat seminicola meinen Beobachtungen nach größere und etwas anders geformte Sporen (15-18(22) x 4-4,5(5) µm, spindelig bis lang birnenförmig).

    Auch habe ich bei der Art im Gegensatz zu betulae nie warzige Sporen festgestellt, was sich mit der oben geäußerten Ansicht von Schumacher deckt.


    Ich denke, hier sind noch nicht alle Messen gelesen und es gibt noch viel zu erforschen!


    LG, Nobi

    Hier geht es zu meinen Themen.

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    Chips: 72

  • Servus Claudia,


    ob die an Früchten vorkommenden Arten wirklich zur Gattung Ciboria im engsten Sinn gehören, wird sich noch zeigen. Genetisch scheint beispielsweise Ciboria betulae weiter weg von Ciboria caucus zu stehen. In einem Schlüssel von Schumacher & Holst-Jenssen (1998) stehen die blatt- und fruchtbewohnenden Ciborien nur in Anführungszeichen bei dieser Gattung.


    Bleiben wir also bei denen an den Kätzchen. Die fressen nicht den Blütenstaub, sondern die Infloreszenzen, also die Kätzchen an sich, wenn sie am Boden liegen. Warum dieses Substrat so besonders ist, ob beispielsweise die Pflanzen ihre Blütenstände durch besonders viele Abwehrstoffe vor Befall schützen und sie deshalb vielleicht schwerer zu besiedeln sind, wäre interessant zu wissen. Ich weiß es aber ehrlich gesagt nicht. Ökologie ist aber auf alle Fälle spannend.


    Jedenfalls sichern sich diese Ciborien die Kätzchen, also die männlichen Inflorescenzen und bauen diese ab.


    Es freut mich, dass euch das Portrait so gut gefällt. Dann hat es sich auf alle Fälle gelohnt.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo,


    nobi: besten Dank für den Hinweis. Ich habs in meinem Posting geändert, der besseren Lesbarkeit zuliebe, aber das Original belassen damit man sich nicht über Dein Posting wundert ....

    Ich selbst habe die Samenbesiedler noch nie gefunden, aber ich werde die nächste Zeit mal etwas aufmerksamer kruschteln - die müssen doch zu finden sein *ggg*


    Christoph: dass die Gattungszugehörigkeit zweifelhaft ist wunder mich nicht, wobei aber die Warzigkeit der Sporen dann offenbar nicht als Gattungsmerkmal taugt wenn es sich herausstellt dass seminicola glattsporig und betulae warzigsporig ist. Vielleicht kann man die Hakenlosigkeit hernehmen, zumindest betulae wird ja als hakenlos angegeben.


    Spannend jedenfalls, ich will die auch mal finden!!


    LG, Andreas

  • Hallo, ein paar Bilder von Haselkätzchen kann ich noch beitragen. Soweit ich das verstanden habe, lässt sich da jetzt makroskopisch und nach Substrat nicht entscheiden, ob das C. coryli oder C. amentacea ist.


    LG, Bernd

  • Hallo Bernd,

    die Unterscheidung ist schwierig, aber makroskopisch nicht unmöglich. Die Apothecien von C. coryli sind oft größer und nach meinen Beobachtungen nicht so kreisrund wie die von C.amentacea, eher etwas oval. Siehe hier:

    Artsuche

    Außerhalb von Kalkgebieten habe ich C. coryli noch nicht finden können.

    Das, was du zeigst, würde ich mit einer großen Wahrscheinlichkeit für C. amentacea halten.

    Letztlich aber entscheidet das Mikroskop.

    Grüße

    Axel

    "Das Artensterben ist der neue Klimawandel. Der Verlust der Biodiversität ist die wahre Krise des 21. Jahrhunderts"

    aus Glaubrecht: "Das Ende der Evolution"

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    ich hab den Beitrag mal zu den Portraits verschoben, da der da aus meiner Sicht viel leichter wieder gefunden werden kann als bei einer simplen Pilzvorstellung.


    C. coryli werde ich in einem anderen Thread zeitnah vorstellen. Nur so viel von meiner Seite dazu. Ich habe seit Sonntag über 10 Haselbestände durchforstet und C. coryli nur an einem Standort (in einem Garten) gefunden. Um den zu finden musste ich mich über den Gartenzaun lehnen und geschickt durch den diesen durchlangen um an die Becherchen zu kommen. ==Gnolm7==Gnolm10


    Einige Tendenzen habe ich aber dazu nicht erkannt. Klar stößt man immer wieder über Aussagen, dass C. coryli größer und dunkler gefärbt usw. Es ist eher so, dass auch C. amentacea auf Haselkätzchen insgesamt tendenziell dunkler ist und auch C. amentacea sehr groß werden kann (egal ob auf Hasel oder Erle).


    Hier noch ein Bild von C. amentacea auf Erle.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

    • Offizieller Beitrag

    Hier die Kurzdoku von C. coryli. :)


    Ciboria coryli (Schellenb.) N.F.Buchw.

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Servus Stefan,


    danke für den Link auf Ciboria coryli. Ich hatte die Art sogar mal gefunden bzw. mit gefunden, hatte es nur wieder vergessen, da ich die Becherlinge nicht selber mikroskopiert hatte. Schorsch/Isarschwamerl hatte sie mitgenommen und daheim als Ciboria coryli bestimmt. Das war auf einer Kartierungsexkursion Ende Januar 2020 in Eching am Ammersee. Dass ich immer dran vorbeilaufe, stimmt folglich doch nicht (was ich oben schrieb). Ich hatte früher aber recht wenig auf diese Becherchen geachtet - mittlerweile schaue ich ja auch den einen oder anderen Ascomyzeten genauer an.

    Ende Januar passt zudem auf die früher beginnenden Fruktifikationsperiode von Ciboria coryli vs. C. amentacea (wobei sich das natürlich überschneidet, es geht eher um den Start des Vorkommens). Ist aber sicher alles Witterungsabhängig. Wenn bis Ende Februar geschlossen Schnee liegt, kann man ja schlecht im Januar Becherchen finden.


    Liebe Grüße,

    Christoph