Wiesbadener Saftlingstreffen 2025 - Mikroskopische Nachlese

Es gibt 20 Antworten in diesem Thema, welches 851 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Wolfgang P..

  • Hallo zusammen,


    die meisten von Euch dürften mitbekommen haben, daß Chris wieder einmal das großartige Saftlingstreffen in Wiesbaden organisiert hat. Dafür an dieser Stelle auch noch mal ein herzliches Dankeschön! Ich habe zum ersten Mal beim Saftlingstreffen teilgenommen und bin schwer beeindruckt. 8 für mich neue Saftlingsarten an einem Tag sind schon eine Hausnummer. Auch wenn hier ja schon erste Eindrücke von dem Treffen geschildert wurden, habe ich mich entschlossen, hier noch mal einen separaten Beitrag aufzumachen, da meine Beiträge ja traditionell doch etwas mikroskoplastig sind.


    1. Cuphophyllus russocoriaceus. Auch wenn ich keine Ahnung habe, wie Juchtenleder riecht, konnte ich schon einen angenehmen Geruch wahrnehmen. Sporenmaße 8,5±0,4 µm × 5,2±0,4 µm, Q=1,7±0,1; 7,8-9,7 µm × 4,4-6,3 µm, Q=1,4-2


    2. Clavaria fumosa. Das erste Bild zeigt vielleicht aber auch nur einen Untoten, der es bei Halloween dann doch nicht ganz aus der Erde geschafft hat ;) Sporenmaße 7,1±0,4 µm × 3,4±0,2 µm, Q=2,1±0,1; 6,2-7,9 µm × 2,9-3,8 µm, Q=1,8-2,4


    3. Hygrocybe citrinovirens. Sporenmaße 7,8±0,5 µm × 5,4±0,5 µm, Q=1,4±0,1; 6,7-9 µm × 4,7-6,5 µm, Q=1,2-1,7


    4. Entoloma anatinum


    5. Gliophorus irrigatus


    6. Hygrocybe punicea


    7. Neohygrocybe ovina. Bestimmt nicht der hübscheste Saftling, aber das Röten bei Berührung ist schon beeindruckend. Sporenmaße 8,6±0,9 µm × 6,5±0,6 µm, Q=1,3±0,1; 7,5-10,6 µm × 5,5-7,8 µm, Q=1,2-1,6


    8. Neohygrocybe nitrata mit sehr intensivem Schwimmbadgeruch. Sporenmaße 9,1±0,4 µm × 4,7±0,3 µm, Q=1,9±0,1; 8,2-10,2 µm × 4-5,2 µm, Q=1,7-2,2


    9. Hygrocybe quieta. Sporenmaße 7,8±0,3 µm × 4,4±0,3 µm, Q=1,8±0,1; 7,2-8,2 µm × 3,9-5,1 µm, Q=1,5-1,9


    10. Hygrocybe splendidissima mit sehr intensivem Honiggeruch. Sporenmaße 8,4±0,4 µm × 5±0,3 µm, Q=1,7±0,1; 7,6-9,4 µm × 4,5-5,8 µm, Q=1,5-1,8


    11. Riecht auch, aber nicht angenehm: Clathrus archeri


    12. Eines der absoluten Highlights: Porpolomopsis calyptriformis. Sporenmaße 7,6±0,6 µm × 5,5±0,2 µm, Q=1,4±0,1; 6,7-8,8 µm × 5-5,9 µm, Q=1,2-1,5


    13. Gliophorus sciophanus. Sporenmaße 7,9±0,4 µm × 5,6±0,4 µm, Q=1,4±0,1; 7-8,5 µm × 4,8-6,4 µm, Q=1,2-1,5


    14. Entoloma jubatum. Sporenmaße 8,6±0,5 µm × 6,1±0,5 µm, Q=1,4±0,1; 7,6-9,8 µm × 4,8-6,9 µm, Q=1,2-1,6


    15. Noch ein Entoloma, zu dem es im Feld erstmal keinen Namen gab.


    16. Hygrocybe fornicata. Sporenmaße 6,1±0,3 µm × 4,1±0,3 µm, Q=1,5±0,1; 5,7-6,7 µm × 3,8-4,6 µm, Q=1,3-1,7


    17. Ramariopsis robusta


    18. Ein noch unbeschriebender Doppelgänger von Hygrocybe coccinea. Sporenmaße 9,3±0,7 µm × 4,2±0,3 µm, Q=2,2±0,1; 8,1-10,5 µm × 3,5-4,8 µm, Q=2-2,4


    19. Contumyces rosellus


    20. Hygrocybe aurantiosplendens. Sporenmaße 8,4±0,6 µm × 4,4±0,2 µm, Q=1,9±0,2; 7,6-9,6 µm × 3,8-4,7 µm, Q=1,7-2,4


    Soviel erstmal zu den Wiesenpilzen des Tages. Da es vor und nach der Wiese noch etwas Zeit gab, haben wir auch ein paar tolle Pilze im Wald gefunden, die folgen dann gleich.


    Björn

  • Hier nun die Waldpilze:


    1. Craterellus cornucopioides cinereus


    2. Byssocorticium efibulatum mit Sporen von 3-4 µm Durchmesser


    3. Stereum insignitum


    4. Albatrellus cristatus


    5. Xylobolus frustulatus


    6. Phlebia centrifuga


    Björn

  • Hallo Björn,


    wie gewohnt umwerfende Beiträge mit tollen Fotos!

    Ich finde es immer wieder beeindruckend, wie Du die ganzen Arten bearbeitest und auch mit so tollen Mikroskopaufnahmen zeigst.


    Bei den Grauen Leistlingen ist Dir der falsche Name reingerutscht.


    Viele Grüße

    Luca

  • Wunderschöne Funde Björn und danke für diese Aufbereitung. Phlebia centrifuga würde ich gerne mal finden. LG Andy

  • Wow, danke für die ausführliche Aufarbeitung der Funde!


    Byssocorticium efibulatum ist dann wohl der heimliche Star der Exkursion, mit einem zweitnachweis für Deutschland!


    LG, Chris

    ...........................:snail:

    Meine Bilder dürfen außerhalb des Pilzforums.eu nicht veröffentlicht werden, die private Nutzung ist okay!

    Mehr Bilder auf

    Instagram: #FeierabendPilz

  • Ja, hängen wir dann einfach noch den Sonntag dran! :P

    ...........................:snail:

    Meine Bilder dürfen außerhalb des Pilzforums.eu nicht veröffentlicht werden, die private Nutzung ist okay!

    Mehr Bilder auf

    Instagram: #FeierabendPilz

  • Hallo Björn,


    bei der Nr.15 vermute ich Entoloma inopiliforme. Das Bon'sche Taxon ist wenig bekannt und sieht mehr oder weniger wie eine braune Form von E. bloxamii oder E. maddidum aus, es gehört auch in dieselbe Guppe. Aktuell steht es noch als Synonym zu E. prunuloides, das sollte sich aber bald ändern.


    LG,

    Alex

  • Hallo Alexander,

    bei der Nr.15 vermute ich Entoloma inopiliforme. Das Bon'sche Taxon ist wenig bekannt und sieht mehr oder weniger wie eine braune Form von E. bloxamii

    da ich den Namen inopiliforme nicht kannte, habe ich mal in FE5 und in der Bon'schen Originalbeschreibung nachgelesen. Laut Noordeloos ist bei inopiliforme der Haupt-Unterschied zu prunuloides die Faserigkeit der Huthaut, und nicht die Grundfarbe. Auch Bon beschreibt einen faserigen Hut ("ähnlich einer Inocybe"), und eine gelblich-braune, manchmal sogar olive Hutfarbe.


    https://drive.google.com/file/…s4ed8wz-Pyd9KIEzf7xC/view (Seiten 19+20)


    Beides trifft auf unseren Fund nicht zu!


    "Braune bloxamii", die wir hier ohne Zweifel haben, wurden von Arnolds&Noordeloos "E. prunuloides var.obscurum" genannt, bevor sie nach Sequenzierung zu einer eigenen Art E. ochreoprunuloides umkombiniert wurden.


    Falls das Bon'sche Taxon "inopiliforme" wieder gefunden und sequenziert wird, und sich genetisch als identisch zu ochreoprunuloides herausstellen sollte, hätte der ältere Name von Bon natürlich Priorität.

    Für unseren Fund würde ich bis auf weiteres bei E. ochreoprunuloides bleiben. Dass darüber hinaus auch eine gelbbraune, faserige "E. inopiliforme" existiert, die genetisch ebenfalls eine gute Art ist, kann natürlich trotzdem sein.


    Grüße,


    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    das ist verständlich. Ich hatte vor Jahren einen sehr ähnlichen Fund auf den Hermannsdorfer Wiesen in Sachsen.

    Den zu bestimmen gelang mir nicht. Eine radiale Faserung des Hutes ist zu erahnen, aber evtl. lag das an dem Alter der Ftruchkörper. So ähnlich ist es ja auch gelegentlich bei E. prunuloides und ebenso den großen Blauen. Am ehesten dachte ich an Entoloma luteobasalis, die im übrigen phylogenetisch auch nicht allzu weit weg steht. Deshalb hatte ich den Pilz sequenziert. Die Sequenz ging über Kai Reschke an Bálint Dima. Inzwischen weiß ich, dass der Beleg identisch mit dem Typus zu E. inopiliforme ist. Die Publikation ist soweit ich weiß akzeptiert und sollte kommendes Jahr erschienen.


    ABER, dass eurer Fund identisch ist, möchte ich nicht entschieden ohne den Pilz selbst in der Hand gehalten zu haben. Ich wollte nur darauf hinweisen.


    Ich hänge mal ein Foto meines Fundes an:


    LG,

    Alexander

  • Inzwischen weiß ich, dass der Beleg identisch mit dem Typus zu E. inopiliforme ist.

    Hallo Alexander,

    vielen Dank für die Info. Dass man scheinbar einen Weg gefunden hat, Bon'sche Typen zu sequenzieren, ist m.E. die beste Nachricht daran. Bisher war mein Wissensstand, dass die Belege von Bon alle zu heiß getrocknet wurden.

    Ich werde Kai mal fragen, ob sich die gefundene inopiliforme-Sequenz von ochreooprunuloides unterscheidet. Wenn nein, wären die Namen einfach synonym. Wenn doch, stellt sich für den Feldmykologen die Frage, wie man die beiden Arten unterscheiden kann, da inopiliforme ja scheinbar auch dunkelbraun daherkommen kann.


    Grüße,


    Wolfgang

    PS: Jetzt scheine ich unseren Fund ja auf jeden Fall sequenzieren zu müssen...

  • Grüß euch,


    auch wenn für die endgültige Klärung des Fundes sicher eine sequenzierung nötig ist wollt ich mich zu der Thematik auch mal kurz zu Wort melden und unsere Erfahrungen Teilen. Wir hatten vor ein paar Jahren auf einer Alm auch mal einen Fund einer großen Entoloma, die im Feld angesprichen haben als "wie irgendwas aus'm E. bloxamii agg. aber in grau-braun".

    Gernot ist damals morphologisch auch zu E. luteobasis gekommen, diese Art dürfte aber wohl eher eine "Waldart" unter Tilia? (kann mich nicht mehr genau erinnern) sein. Genetisch ist dann aber auch E. inopiliforme rausgekommen.


    Mir sieht der Fund vom Saftlingstreffen schon nach was anderem aus dem prunuloides agg. aus, allerdings hätte ich das gleiche auch zum sequenzierten Fund von Alexander gesagt.

    Bei unserem Fund ist auf jeden Fall sehr deutlich die faserige HDS stark ausgeprägt die mich damals sofort an was anderes als prunuloides agg. denken hat lassen.


    Hier ein Bild unserer damaligen Kollektion und einer weiteren nicht sequenzierten Kollektion aus dem gleichen Jahr, die ich allerdings gleich bestimmt hätte.


    E. inopiliforme, sequenziert

    E. cf. inopiliforme


    Liebe Grüße

  • Hallo Björn,


    danke für deine tolle Dokumentation "unserer" Saftlinge! ==Pilz24

    Ich bezeichne sie so, da ich schon einige Male beim Treffen mit auf der Wiesbadener Saftlingswiese war, und deshalb in puncto Saftlinge sehr verwöhnt bin!

    Ich glaube, ich muß wohl alle Saftlinge, die du beschreibst, dort schon mal gesehen haben, habe allerdings den Überblick etwas verloren mit den Jahren. An Gliophorus sciophanus erinnere ich mich jedenfalls nicht. Oder zählte man den einfach noch zu den Papageien?

    Aber nichts übertrifft das erste Mal, daß man sie findet. Ich kannte damals noch gar keine Saftlinge und war dermaßen geflasht von der Schönheit dieser bunten und gummibärchenartigen Pilzchen! ==10

    Daran, daß Porpolomopsis calyptriformus etwas Besonderes ist, erinnere ich mich auch noch sehr gut. Alle Beteiligten (die, im Gegensatz zu mir damals, Ahnung von Saftlingen u.a. Wiesenpilzen hatten) rasteten geradezu aus, und fielen sofort auf die Knie, als ein (!) Exemplar gefunden wurde... :ganbeten:

    Interessant, daß du den Geruch des Juchtenellerlings als angenehm bezeichnest. Ich weiß auch nicht, wie Juchtenleder riecht, aber - aus Redensarten wie "Das stinkt wie Juchte(n)" - dachte ich immer, das würde eklig riechen. ==1

    Leider haben wir uns diesmal in Wiesbaden verpaßt, da meine Enkelin Geburtstag hatte.

    Pilzige Grüße,

    Grüni/Kagi  ==12


    112 Pilzchips


    (120PC Stand 07.01.24 -15 Einsatz APR 2024 = 105 PC +4PC Platz 9 APR 2024 +3PC Gnolmhessisch-Bonus = 112PC Stand 05.01.2025)


    –––––•~•–––––•~•–––––•~•–––––•~•–––––•~•–––––•~•–––––•~•–––––•~•–––––•~•–––––


    Meine Zeichnungen und Fotos sind außerhalb dieses Forums
    nicht ohne meine vorherige Genehmigung zu verwenden!


    Grünis/Kagis verrückte Pilzwerkstatt

    Pilze an ungewöhnlichen Orten finden!

  • Ich werde Kai mal fragen, ob sich die gefundene inopiliforme-Sequenz von ochreooprunuloides unterscheidet.

    Hallo an alle,

    zu der diskutierten Entoloma habe ich ein kleines Update.


    Es gibt als "braune bloxamii" wohl (mindestens) zwei Arten: eine kleinsporige (im Mittel <= 7my) und eine mit großen Sporen (> 8 my).

    Die kleinsporige hieß ochreoprunuloides oder luteobasis , wobei sich inzwischen herausgestellt hat, dass beide Typen genetisch identisch sind. Da luteobasis der ältere Name ist, hat er Priorität.


    Für die großsporige gibt es nur den Namen inopiliformis. Auch wenn die Art laut Originalbeschreibung gelbbraun und faserschuppig ist, kann der Name laut Kai auch für andere Farbvarianten verwendet werden.


    Jetzt habe ich von unserem Fund mal ein paar Sporen gemessen, und komme auf eine mittlere Länge von 7,5 my. Also bin ich genauso schlau wie vorher.


    Grüße,


    Wolfgang


    Hier nochmal das Bild vom Pilz verlinkt:


    575856-img-0135-jpg