Pilze aus dem Flechtenkiefernwald

Es gibt 16 Antworten in diesem Thema, welches 2.000 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von larchbolete.

  • Hallo zusammen,

    heute war ich mal wieder im Flechtenkiefernwald ca. 15 km östlich von Nürnberg ("Lorenzer Reichswald") und habe ein paar schöne Funde machen können:


    Tricholoma avernense (vielleicht auch nur die Nadelwald-Variation von T. sejunctum?) in frisch:


    und in etwas älter, erkennbar an den schon grauen Lamellen und der nicht mehr so fröhlichen Hutfarbe:


    Gomphidius roseus:


    Sarcodon regalis (das ausgewachsene Exemplar hatte über 20 cm Hutdurchmesser und eine blaugrüne Stielbasis, in dieser Kombination gibt es laut Literatur nur eine Art):


    hier noch einmal die blaugrüne Stielbasis:


    und zum Schluss noch eine Trüffel, augenscheinlich aus der Gattung Rhizopogon, mit graugrüner Gleba, rötlichen Flecken auf der Exoperidie, aber ohne Rhizomorphen:


    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Servus!


    Wow, Sarcodon regalis ist phänomenal!
    Sollte die "Nadelwaldart" von Tricholoma sejunctum nicht Tricholoma viridilutescens sein?

    Wobei ich mich ehrlich gesagt jetzt gerade frage, wie man die beiden dann trennen soll...

    Den Pilz, den du zeigst, kenne ich jedenfalls aus dem Hochschwarzwald. Bestimmt hatte ich das als T. viridilutescens, was mir aber nicht wirklich gefällt, weil eben nicht so wirklich ausgeprägt schwarz befasert (aber das ist ja auch bei sejunctum sehr variabel). Wenn aber arvernense keine grauen Lamellen haben muss, dann wäre das irgendwie schlüssiger.



    Lg; Pablo.

  • Hallo Pablo,

    Tricholoma viridilutescens soll

    - kleiner sein als die hier gefundenen Pilze (hier: Hutbreite ca. 10 cm, Stieldicke ca. 3 cm), im Habitus ziemlich grazil

    - eine glatte, bei feuchtem Wetter schmierige Huthaut haben (hier: Huthaut feinschuppig und trocken)

    - auf dem Hut keine Orangetöne haben

    - auch im Alter weiße Lamellen haben (hier: graue)

    Außerdem soll Tricholoma viridilutescens im moosigen Fichtenwald wachsen, was ich anhand meiner Funde aus dem mittleren Schwarzwald und dem Schwäbischen Wald bestätigen kann. Dieser Fund stammte jedoch aus einem ganz anderen Habitat.

    FG

    Oehrling

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  • Hallo, Stephan!


    Das ist wichtig, danke! insbesondere die Punkte zur Huthautstruktur und dem Pigment bringen mich tatsächlich weiter.

    Weil nicht nur durch deine Funddokumentation hier war ich echt ins Grübeln gekommen, was die Trennung betrifft.

    Die Ökologie ist bei vielen Ritterlingsarten ja schon alleine ein entscheidendes Merkmal.

    Ich kenne nur das hier:


    Aus dem Hochschwarzwald (Moos, Fichten, Granit, 1000müNN, Cortinarius limonius + Bankera violascens), die entsprechen quasi in allen Punkten deinen Trennmerkmalen - bis auf die Größe der Fruchtkörper, die allerdings sehr variabel auftrat an der Stelle...



    LG; PAblo.

  • Hi,


    zum Sarcodon: ist das nicht eher S. glaucopus? Laut Tomentella-Frank sollte das der Pilz aus dem Sandkieferwald mit blaugrüner Stielbasis sein. Ich habe jetzt auch mal etwas qurgelesen. Sarcodon regalis soll ein Eichen- und Haselbegleiter sein.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Hallo Climbingfreak,

    ich weiß halt nicht, wie groß Sarcodon glaucopus sein darf. Im HROUDA, den ich normalerweise zur Stachelingsbestimmung verwende, ist für Sarcodon glaucopus eine durchschnittliche Hutbreite von lediglich 5 cm angegeben. Die Pilze hier waren in der Spitze über 20 cm dick, das scheint mir von 5 cm doch sehr weit weg.

    Im Artikel von OTTO über die Stachelinge Deutschlands (1997) werden auf S. 19 für Sarcodon regalis Pinaceae als Baumpartner angegeben. Auch im HROUDA heißt es zu Sarcodon regalis "growing in coniferous forests".

    Ich möchte dich daher nach deiner Literaturquelle zu der Aussage, S. regalis sei ein Laubwaldpilz, fragen, da ich das noch nie gehört habe.

    FG

    Oehrling

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  • Hallo Pablo,

    die von dir in #4 gezeigten Pilze

    - haben keine Orangetöne am Hut, sondern nur olivgrüne

    - haben anscheinend auch alt weiße (bzw. gelb überlaufene) Lamellen, ich sehe nirgends graue

    Sie entsprechen vollkommen meinem Bild von T. viridilutescens, scheinen mir makroskopisch aber etwas anderes zu sein wie "meine" T. avernense. Letztere habe ich auch schon mal im Schwarzwald gefunden, aber unter Kiefer (Berghang am Ostrand Hornbergs, Gesellschaft mit Sand-Kiefern-Pilzen wie T. equestre, T. joachimii, Bankera fuligineoalba).


    Hier noch ein Bild von 2005 in Vintage-Qualität von T. viridilutescens, wie ich sie im Schwarzwald fand:


    FG

    Oehrling

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  • lang, lang ist's her...

    hier mein einziger Fund von Tricholoma arvernense aus der Nordheide (Lüneburger Heide).

    Wie Oehrling schon anmerkte, mit den warmen orangen Hutfarben.

    Grüße Axel

    "Das Artensterben ist der neue Klimawandel. Der Verlust der Biodiversität ist die wahre Krise des 21. Jahrhunderts"

    aus Glaubrecht: "Das Ende der Evolution"

  • Moin!


    Aye, nun macht das immer mehr Sinn für mich. :thumbup:
    Die auf deinem Bild, Axel, machen es ja dann richtig deutlich mit dem Farbunterschied.
    Nun bin ich auch in der Tat beruhigt hinsichtlich der Bestimmung meines Schwarzwald - Fundes...

    ...allerdings muss ich jetzt freilich dringendst nach Tricholoma arvernense suchen. Wenn der keine basischen Böden braucht, fallen mir durchaus einige potentielle Habitate ein.


    Danke euch beiden!



    LG; Pablo.

  • Hallo Stephan,


    warum darf der Stacheling nicht Sarcodon scabrosus heißen? Hast du den mal probiert?


    @alle


    Tricholoma arvernense ist eine (aktuell) seltene Art der Flechten-Kiefernwälder. Die Art gehört nicht zum Sejunctum-Komplex. Ich meine, das was Stephan da zeigt, sind schon welche. Tricholoma viridilutescens ist eine eher schmächtige Art und zeichnet sich durch Gilben an den Lamellen aus. Beide Arten können in armen Kiefernforsten vorkommen.


    Tricholoma arvernense:

  • Hallo

    Die Beschränkung von T.viridilutescens auf saure Fichtenwälder kann ich nicht bestätigen.

    Ich finde den regelmässig auch in sandigen Kiefernwäldern, zusammen mit kalkholden Arten.

    Da ich mir da auch immer unsicher war, hab ich letztes Jahr mal einen typischen Fund sequenzieren lassen und T.viridilutescens hat sich bestätigt

    Neben T.viridilutescens taucht in der Literatur auch immer noch T.sejunctum var. coniferarum auf. Ist das für euch dasselbe oder noch etwas anderes ?


    Gruß

    Uwe

  • Hallo Uwe,

    was in der Literatur immer so alles auftaucht... Wie viele Ritterlingsautoren, so viele Namen! Die Bedeutung der rosarötlichen Stielbasis, die an meinen Exemplaren in Beitrag #1 zu sehen ist, wurde vor ein paar Tagen von Helmut Zitzmann (Username Helmut) ins Spiel gebracht, als Bestimmungsmerkmal für T. sejunctum. Ich müsste jetzt mal in der Ritterlingsliteratur nachforschen, ob dies evtl. ein Trennmerkmal zwischen T. sejunctum var. coniferarum und T. avernense ist. Das will ich heute noch erledigen und mich dann zurückmelden.


    Hallo Ingo,

    wie ich schon in Beitrag Nr. 1 geschrieben hatte, habe ich in den Sarcodon natürlich reingebissen, so wie ich in jeden von mir gefundenen Sarcodon reinbeiße. Es kam ein bitterlicher Geschmack, von der Stärke her einem alten Fichten-Habichtspilz (Sarcodon imbricatus) entsprechend heraus, der aber lange nicht die Intensität von S. scabrosus erreichte. Für S. scabrosus unpassend erschien mir auch die sehr beeindruckende Größe des gezeigten Fruchtkörpers (über 20 cm Hutdurchmesser) sowie die völlige Abwesenheit jeglicher Laubbäume am Fundort. In der mir zur Verfügung stehenden Stachelingsliteratur habe ich bei keiner Beschreibung von S. regalis eine Geschmacksangabe gefunden, selbstverständlich auch kein Foto. Die Ikonografie der Gattung Sarcodon lässt halt immer noch sehr zu wünschen übrig. Edit: jetzt habe ich in OTTO (1997), S. 19 eine Geschmacksangabe für Sarcodon regalis gefunden: "schwach bitter". Das trifft's.


    FG

    Oehrling

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  • Hallo zusammen,

    bestimmt man nach RIVA (1988), Funghi europaei, gelangt man in der Tat aufgrund der rosarötlichen Stielfärbung zu der Bestimmung Tricholoma sejunctum var. coniferarum. Weder bei der Typusvarietät zu T. sejunctum noch bei T. avernense wird dieses Stielfarbendetail erwähnt und gezeichnet, nur eben bei der var. coniferarum (vgl. ebenda, S. 284 ff., 490 ff.). Jetzt gehe ich noch mit Funga nordica bzw. Fungi of northern Europe an die Sache ran und melde mich dann wieder.

    Edit: Nach CHRISTENSEN/HEILMANN-CLAUSEN in Funga Nordica darf T. avernense ebenfalls rosarötliche Töne in der Stielbasis haben, insbesondere nach dem Anschneiden (vgl. Funga nordica, 1. Auflage, S. 428). Während diese Art ebenda als Nadelwaldpilz bezeichnet wird ("Under pinus in forests on poor sandy soil..."), gilt den Autoren T. sejunctum als Laubwaldpilz (vgl. ebenda, S. 429) ("under Fagus, Quercus, Corylus and Carpinus..."). Eine T. sejunctum var. coniferarum erwähnen sie nicht. Aus ihrer Sicht gibt es, wie sie in FNE 4 (vgl. S. 43) schreiben, diese Varietät nicht, bzw. wird verworfen, und RIVA (1988) hätte den Namen fälschlich auf T. avernense angewendet.

    Fazit: bestimmt man nach CHRISTENSEN/HEILMANN-CLAUSEN, landet man bei dem von mir eingangs vorgeschlagenen T. avernense.

    FG

    Oehrling

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  • Hello!


    Das ist ein interessanter Hinweis mit der rosa Farbe an der Stielbasis. Damit ist so ein vages "perlpilzrosa" gemeint? Und es ist inkonstant, dabei wenn vorhanden gerne so fleckenweise ausgeprägt? Also analog zu den blaugrünen Flecken an der Stielbasis bei einigen der rötenden Erdritterlinge und Tricholoma columbetta?
    Die Frage ist halt, wie konstant das ist. Bei Tricholoma sejunctum muss ich mal drauf achten. Nur anschauungsweise mal auf einigen Bildchen aus diesem jahr geguckt:



    Wer das aber mit sicherheit auch kann (rosarote / magentaflecken) wäre Tricholoma orirubens. Das ist ja allerdings nichts neues, und verwechseln kann man den nun wirklich nicht mit T. sejunctum. Nur die Frage ist halt, wie viele andere Arten das auch noch können.



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,

    nein, magentarot sind die fraglichen Flecken nicht, eher so trübrötlich wie man das vom Seifenritterling kennt. Auf meinem allerersten Foto sind sie relativ gut zu sehen.

    FG

    Oehrling

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  • Hallo Miteinander,


    die T. arvernense aus meinem Revier zeigen keinerlei Verfärbungen. Weder an der Stielbasis noch im Anschnitt. Die sind eher graufarben und ähneln am ehesten Reifpilzen - nur ohne Ring. Das Thema ist allerdings spannend. Möglicherweise gibt es ja ähnliche Arten aus dem Umfeld von T. sejunctum, die das können.

    Übrigens - orange Farbtöne sind an denen nicht ansatzweise zu sehen. Eigentlich immer genau so, wie sie auf meinen Bildern rüber kommen. Fahlgelb - grünlich eben.


    GR Ingo