Auricularia mesenterica = Gezonter Ohrlappenpilz

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    Auricularia mesenterica (Dicks.) Pers.
    Gezonter Ohrlappenpilz
    Synonyme:
    - Helvella mesenterica Dicks.
    - Merulius mesentericus (Dicks.) Schrad.
    - Patila mesenterica (Dicks.) Kuntze
    - Phlebia mesenterica (Dicks.) Fr.
    - Auricularia tremelloides Bull.
    - Auricularia corrugata Sowerby
    - Auricularia lobata Sommerf.


    Basidiomycota --> Agaricomycetes --> Auriculariomycetidae --> Auriculariales --> Auriculariaceae --> Auricularia --> Auricularia mesenterica



    Fruchtkörper: Meist breit am Substrat angewachsen, Fruchtschicht häufig auch von den Hutkanten aus am Substrat herablaufend (resupinat bis efus-reflex); Hüte bis 15 cm breit, bis 5 cm vom Substrat abstehend, wenn mit Wasser vollgesaugt bis zu 5mm dick; Hüte meist konsolen- bis fächerförmig, unregelmäßig wellig und gebogen; Oberseite stets striegelig –“ haarig, bunt zoniert (grau, weißlich, grünlich, bräunlich–¦); Fruchtschicht speckig glänzend, glatt, aderig –“ runzlig bis faltig; jung hell graubräunlich, später dunkelbraun bis schwärzlich, oft auch mit violetten oder bläulichen Farbtönen; eingetrocknet wird die Hutoberseite gerne heller, während die Fruchtschicht dunkler erscheint.


    Fleisch: in nassem Zustand gallertig bis (weich-)knorpelig, bräunlich bis durchsichtig, elastisch; trocken sehr hart und zerbrechbar; sowie wesentlich dünner als bei Nässe, daher auch dunkler und kaum hyalin; ohne besonderen Geruch oder Geschmack


    Speisewert: kein Speisepilz


    Sporenpulver: weiß


    Vorkommen: weit verbreitet aber nur gebietsweise häufig; bevorzugt planare Gebiete; ganzjährig auffindbar; gerne gesellig in Trupps oder gar büschelig bis dachziegelartig zusammenwachsend; Saprobiont auf totem Laubholz


    Verwechslungen: In nassem Zustand eigentlich kaum verwechselbar. Auch das Judasohr (Auricularia auricula-judae) unterschiedet sich auf den ersten Blick durch die niemals so haarige Oberfläche.
    Stark eingetrocknete Exemplare von A. mesenterica können aber durchaus mit verschiedenen Schichtpilz –“ Verwandten verwechselt werden. Die quellen aber nicht auf oder werden wabbelig, wenn man sie nass macht.


    Wissenswertes: Genau wie sein nächster Verwandter, das Judasohr, ist der gezonte Ohlappenpilz nahezu weltweit verbreitet. Allerdings kommt ihm keinerlei Bedeutung als Speise- oder Heilpilz zu.



    Bilder:








    Links zu verwandten und ähnlichen Arten im Archiv:
    >Auricularia auricula-judae<
    >Chondrostereum purpureum<
    >Stereum gausapatum<
    >Porostereum spadiceum<

  • Mein Persönlicher Erstfund heute, den ich entsprechend dokumentiert habe. 382 Meter ü.N.N. am Waldrand gefunden. Die von FK überzogene Fläche des Substrats betrug deutlich mehr als 2 qm.


    1. Gesamtsubstrat



    2. Einzelne FK, Unterseite



    3. Einzelner FK von oben



    4. flächendecke FK am Substrat



    5. wie 4 , Perspektive etwas seitlicher



    VG, Markus

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    Hallo, Markus!


    Klasse Doku!
    Diese flächigen Beläge ohne sichtbare Hutkanten haben mich schon zweimal in Auwäldern genasführt: Dachte ich doch ernsthaft aus der Distanz, ich hätte eine Trollhand entdeckt. X/


    Nadelholz glaube ich übrigens nicht. ;)
    Wäre wahrscheinlich mindestens deutschlandweit ein Erstfund.



    LG, Pablo.

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    Hi.


    Neulich hatten wir es davon, daß solche Ohrenpilze extrem undankbar zu präparieren sind. Dabei ist das Innere schon interessant, die Basidien zB sind lange, dicke Säulen, querseptiert und mit ellenlangen Sterigmen.
    Durch die zähe, gallertige Konsistenz sind diese Pilze aber noch schliemmere Deckgläschenkiller als Pyrenos und harte Porlinge. Das flutscht und saust da drunter rum, dünne Schnitte sind schwer anzufertigen, quetschen kann man nicht, das wuppt sofort wieder in die Form von vorher zurück.


    Dennoch musste mal ein versuch sein:


    Auf dem ersten Bild liegt die Oberfläche der Fruchtschicht nach rechts, auf dem zweiten nach links.
    Im ersten sollte man neben undeutlichen Basidien auch noch so eine Art Dendrohyphidien sehen, also apikal reich verzweigte Hyphenenden, die zwischen den Basidien aufragen.
    Auf dem zweiten Bild noch ein paar Sporen.


    Die Basidien finden sich nur in der zähen "Haut", die unten am Pilz ist. Das eigentliche Fruchtfleisch ist noch gallertiger, weicher und besteht aus stark gelatinisierten, dünnen, verzweigten Hyphen mit Schnallen:

    Dazwischen beim untersuchten Fund auch mit reichlich Kristallen. Ob die charakteristisch sind, weiß ich nicht.


    Der untersuchte Pilz sah makroskopisch so aus:

    im Schnitt:

    Zu Bestimmungszwecken ist zumindest in Europa kein Mikroskop nötig. Das ist nur eine Spielerei, wenn es halt jemanden mal interessiert.


    Und weil die Makros so schlecht waren, hier noch weitere aus dem letzten Jahr:

    und in ganz jung:

    und der Pilz kann sogar noch ausgeprägter resupinat erscheinen, als auf folgendem Bild:



    LG, Pablo.

  • total interessant, besonders die Kristalle- woraus ist sowas? und der Querschnitt sieht auch megaspannend aus

    Liebe Grüße, Juliane




    [font="Arial Black"]man kann alle Pilze essen, manche jedoch nur einmal [/font]:plate:


    83 Pilzchipse (+2 Trompetenschnitzlingabdruck)


    *JE SUIS CHARLIE*

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Juliane!


    Ich kann's nicht sagen. Oft sind das Oxalat - Kristalle, die in Pilzen so aussehen. Aber damit kenne ich mich gar nicht aus, das müsste man wahrscheinlich genauer untersuchen und ich habe keine Ahnung, auf was man da zu achten hat.



    LG, pablo.

    • Offizieller Beitrag


    Hallo ihr beiden,


    wenn das wirklich Oxalat ist, dann ein schwer lösliches. Das müsstet ihr erstmal in Lösung kriegen. Die einzigste Möglichkeit wäre entweder starkes Erhitzen (nur damit macht ihr die Oxalationen kaputt) oder aber die Metallionen komplexieren. An sich ist das gar nicht so schwierig; lediglich die Kleinheit der Kristalle macht das so schwer. Die müsstest ihr auch erstmal von den Cystiden ablösen und sammeln. Da liegt das Problem. Die Analytik hinterher ist ein Klacks.


    l.g.
    Stefan

  • Hallo Pablo,


    hast du inzwischen mal wieder einen Versuch unternommen, das Hymenium von Auricularia mesenterica zu mikroskopieren?

    Wenn man nur die Gelatine irgendwie verflüssigen könnte!! Weißt du, wie man das hinkriegen könnte?


    L.G. - Bernd

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Bernd!


    Nein, habe ich ehrlich gesagt nicht. Die Art ist ja so leicht erkennbar makroskopisch, daß ich mir da gar keine Gedanken mehr drüber gemacht hatte.

    Ich würde aber mal vermuten, daß komplett getrocknete Fruchtkörper wesentlich einfach zu schneiden sein dürften, und dann in KOH3% nach kurzem Quellen einigermaßen manierlich zu verarbeiten sein dürften. Das Hauptproblem bei meinem Mikroskopierversuch war vermutlich, daß ich daran gescheitert bin, von frischen, durchfeuchteten Fruchtkörpern einen dünnen Schnitt anzufertigen.



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,


    ich habe mit zwei parallel gehaltenen Rasierklingen manuelle Schnitte durch das frische Hymenium gemacht und in SDS-Kongorot gefärbt. Hier das Ergebnis, womit ich nicht so recht zufrieden bin. Was sieht man da eigentlich?



    Viele Grüße


    Bernd

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Bernd!


    Also ich meine Basidien zu erkennen (die breiten, langen Elemente mit den Quersepten und reichlich Tropfen drin), dazwischen massenhaft Dikaryophysen (heißen die bei Auriculariales auch so? Bei Homobasidiomyceten wären das Dendrohyphidien), also die verästelten, dünnen, diffus wirkenden Elemente, und unten drunter halt die Hyphen. Zwischen den Basidien und den Dikaryophysen könnten noch Sterigmen verborgen sein, die sind auch ziemlich lang und dünn.

    Das ganze Zeugs ist halt so in einer zähen, gelatinösen Matrix zusammengepappt, daß es wirklich schwer zu interpretieren (und zu präparieren) ist.



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,


    das sehe ich inzwischen auch so. Was mich aber sehr wundert: Wie kriegen manche Autoren so tolle Zeichnungen von den Basidien und Basidiolen hin?


    L.G. - Bernd

  • Hallo zusammen,


    ich habe in der Vergangenheit auch schon mit Auricularia mesenterica gekämpft. Meine Strategie war es, ein möglichst kleines Stück Pilz zu erzeugen, das dann mit Kongorot anzufärben und mit KOH so lange wie möglich einzuweichen. Anschließend dann ein Deckgläschen drauf und quetschen bis der Arzt kommt. So wirklich zufrieden war ich mit dem Ergebnis nicht, auch wenn ich an einer Stelle sogar eine isolierte Basidie hatte:

    Wenn man da jetzt durchfokussiert, sollte man aber eine halbwegs gescheite Mikro-Zeichnung hinbekommen (wenn man denn zeichnen kann).


    Ansonsten werde ich den Pilz bei der nächsten Gelegenheit auch mal in Schwefelsäure werfen. Das hat zumindest vor einiger Zeit beim Mikroskopieren eines Phellinus wahre Wunder bewirkt und vielleicht kriegt die Säure ja auch den Glibber hier klein.


    Björn

  • Hallo Björn,


    dein Ergebnis sieht für mich sehr gut aus! Man könnte ja mal versuchsweise Schwefelsäure mit Kongowasser mischen ;)


    L.G. - Bernd

  • Hallo Björn,


    dein Ergebnis sieht für mich sehr gut aus! Man könnte ja mal versuchsweise Schwefelsäure mit Kongowasser mischen ;)


    L.G. - Bernd

    Hallo Bernd,

    Dann wirds blau und kristallisiert möglicherweise aus.

    Auch das Ankoppeln an das Untersuchungssubstrat funktioniert nicht mehr.

    Gruß

    Norbert

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    Pilzchips = 100 -5 APR 2015 +12 APR 2016 = 107 -7 Für APR 2017 = 100 + 5 APR 2018 =105 +5 APR 2019 =110+6 APR 2020=116+5+4 APR2021=125

    -15 für APR 2022 = 110

    Pilzbestimmung im Netz ist keine Essfreigabe

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  • Hallo,

    hier noch ein Bild von mir. Heute im Auwald gefunden:



    Viele Grüße

    Wolfgang

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    Ich bin ein fortgeschrittener Anfänger. Meine Einschätzungen zu Bestimmungsanfragen sind mit Vorsicht zu "genießen" !
    Und: Nicht jeder meiner Funde muss unbedingt bestimmt werden, ich freue mich einfach über jedes "Kerlchen"... :gzwinkern:

  • Hallo,


    eine unqualifizierte Zwischenfrage zum Erzeugen von Dünnschnitten an gallertigen Pilzen:


    Kann man die Dinger nicht vor dem Schneiden einfrieren?

    Hat das vielleicht schon mal jemand probiert?

    Vielleicht klappt das nicht, weil sie schneller auftauen, als dass man schneiden kann...


    LG, Martin

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Martin!


    Doch, das geht. :thumbup:

    Freilich muss man sich dabei auch etwas beeilen, aber es ist schon besser, als diesen gallertigen Knorpel frisch zu präparieren.

    Trocknen geht auch, aber dann muss man natürlich auch erstmal quellen lassen, und oft bläht sich das dann unterm Deckgläschen unerhört wieder auf und rutscht herum.



    Lg; Pablo.

  • Hallo zusammen,


    es gibt Neuigkeiten von der Auricularia-Mikroskopie. Ich habe heute Judasohren gefunden und mal wieder einen Mikroskopieanlauf gewagt. Dabei habe ich den Pilz zunächst mal angeschnitten und festgestellt, daß er sich deutlich in die sterile Oberfläche, die fertile Unterseite und dazwischen ganz viel Glibber unterteilt. Der Glibber ist zum Glück flexibel, so daß man den Pilz schön auseinander ziehen kann. Anschließend nimmt man sich die fertile Seite mit etwas Glibber dran und schabt den Glibber mit der Rasierklinge ab, so als würde man eine Täublingshuthaut präparieren. Das hat ziemlich gut geklappt und anschließend kann man dann mit 2 Rasierklingen einen feinen Schnitt durch das Hymenium erzeugen. Etwas mit Kongorot anfärben und dann in KOH geben, ordentlich mit dem Radiergummi quetschen und man erhält dieses Ergebnis:



    Die Fruchtkörper waren sehr jung, deshalb sind noch keine Sporen zu sehen und die Basidien sind noch unseptiert, aber es scheint, als habe diese Methode Potential.


    Björn