Diatrypella favacea an Erlenast (PP-0000)

Es gibt 19 Antworten in diesem Thema, welches 4.618 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Bernd Miggel.

  • Hallo,


    gestern habe ich einen mit Pyrenomyzeten übersäten Erlenast gefunden. Die Stromata sind meist bis 1 mm breit, schwarz und brechen unter der Rinde hervor.
    Die Asci sind vielsporig und besitzen einen in Baralscher Lösung äußerst schwach blau reagierenden Porus (Färbung kaum erkennbar).
    Die Sporen sind einzellig, allantoid, und meines Erachtens hyalin, Größe 5,5-8 x 1-1,5 µm.
    Nach Björns synoptischem Schlüssel:


    Wenn man als Stromaform "valsoid oder diatrypoid" in den Schlüssel einsetzt und für die Sporen einzellig und allantoid vorgibt, dann bekommt man bei vielsporigen Asci die beiden Gattungen Eutypella und Diatrypella.


    Hier ergeben sich bereits zwei Probleme:
    a) Lt. Schlüssel sind die Sporen beider Gattungen braun, für mich sind sie auf den ersten Blick hyalin.
    b) Der Ascus-Porus beider Gattungen ist lt. Schlüssel IKI-negativ, bei mir nach sehr scharfem Hinsehen IKI positiv blau.


    Wer kann weiterhelfen?


    Herzliche Grüße


    Bernd


    Nachtrag:
    Fund-Nr. Ex1704-01 am 29.03.2017, Fundort: B.-W., Enzkreis, Gemeinde Keltern-Ellmendingen, NSG 2.125 - Ellmendinger Roggenschleh, MTB 7017/34, Höhe 170 Mtr, Schwemmboden.


    P.s.: Meine anderen Pyrenomyceten-Portraits: Suchbegriff "PP-0".



  • Hallo Bernd


    Schlüssel werden oft von Leuten gemacht, die keine Schlüssel mehr benötigen. Die wissen ganz genau, was sie unter den einzelnen Begriffen verstehen und vergessen völlig jede Erläuterung oder Erklärung für Anfänger. Schreib am Besten mal den Kursleiter an.


    LG Karl

  • Hallo Karl,


    der Kurs, den ich zum Thema bei Björn besuchen wollte (Einführung in die Schlauchpilze) ist leider ausgefallen. Björn hätte meine Fragen sicher erschöpfend beantwortet.


    Aber zu meinem Bestimmungsversuch (Eutypella vs. Diatrypella): Kann es sein, dass Eutypella-Arten gar nicht vielsporige Asci besitzt.
    Mir war von früher her in Erinnerung, dass die Arten der Pyreno-Gattungen, die mit "ella" enden, allesamt vielsporige Asci besitzen.
    Bin leider blutiger Anfänger.



    Herzliche Grüße


    Bernd


  • Hallo Bernd


    Eutypella besitzt soweit ich weiß 8 sporige Asci und allantoide Sporen.


    LG Karl

  • Hallo Bernd,
    Karl hat ja schon alles gesagt, was die angebliche –˜Vielsporigkeit–™ von Eutypella angeht. Dein Fund sollte schon in Richtung Diatrypella gehen. Früher wäre er wahrscheinlich als D. tocciaeana bestimmt worden, vor allem wegen des Substrats. Mittlerweile ist dies ein Synonym von D. favacea. Ebenso wie D. verruciformis. Zumindest laut Index.
    Ich weiß nicht, ob die Gattung schonmal sequenziert worden ist (?). Ansonsten hält sich bei manchen noch die Auffassung: Funde an Birke = D. favacea, Funde an Eiche, Erle, Hasel, Hainbuche = D. verruciformis. Mikroskopisch tut sich da nicht viel.
    Die Asci kann man auf den Bildern leider nicht komplett sehen; sie sollten aber auf jeden Fall langgestielt sein. Und Paraphysen sollten vorhanden sein.
    Die J+-Reaktion verstehe ich nicht; sehe sie aber auch nicht unbedingt. Ansonsten halte ich mich von Pilzen mit allantoiden Sporen im Bereich 6-8 1-2 µm eher fern ...
    Schöne Grüße,
    Klaus

  • Hallo Bernd,


    vergleiche doch mal mit Diatrypella favacea.


    Ich hatte aus Neugier mal im Ellis&Ellis nachgeschaut, Bei Alnus/Erle "on wood and bark" wird im Schlüssel von "other Ascomycetes" nach Sporenzahl der Asci aufgegliedert. Vielsporig (also nicht 8 oder 16) ist Diatrypella favacea.
    Verbreitet auf toten Zweigen von Erle (und anderen Wirten).


    Beschreibung dann unter Betula/Birke:
    "Perithecia clustered in large erumpend grey to blackish-brown stromata. Asci polysporous, spores allantoid, pale golden brown in mass (*), 5-6x1. on attached and newly fallen branches which max be completely colonised by it, Nov.-Mar., extremely common everywhere."


    (*) meine Anmerkung: also nicht die einzelne Spore unterm Mikroskop


    Sporengröße passt halt nicht ganz.
    Eutypella wird bei Ellis&Ellis auf Alnus nicht erwähnt.


    Grüße
    Günter

    Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben. (A. Gide)

  • Spannende Erstanfrage, Bernd!


    Inzwischen hast Du ja reichlich kompetente Antworten bekommen.
    Eutypella möchte ich ebenfalls gern ausschließen. Sind die nicht alle achtsporig?


    Bleibt also Diatrypella.
    In der Tat gibt es neben der inzwischen synonymisierten D. tocciaeana und D. verruciformis eine weitere Alnus-Art (Diatrypella placenta), allerdings mit winzigen Sporen (4-6 x 1 µm).
    Ich vermute bei Deinem Fund eher Diatrypella favacea, die ich z.Z. ebenfalls sehr oft an Erlenzweigen finde.
    Jedenfalls glaube ich, dass es diese Art ist. Oder sollte es doch verruciformis sein!?:shy:
    Am besten vergleichst Du mal mit Björns schöner Vorstellung.


    Die Asci sollten wie von Klaus erwähnt auffällig langstielig sein.


    Liebe Grüße vom Nobi

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  • Hallo,


    Diatrypella favacea passt recht gut.
    Im Bild die Paraphysen und ein typischer Ascus, meiner Meinung nach langstielig.
    (Beide Präparate in Lugol, Fotos mit Weißabgleich auf den Hintergrund).


    Herzliche Grüße


    Bernd


  • Hier ergeben sich bereits zwei Probleme:
    a) Lt. Schlüssel sind die Sporen beider Gattungen braun, für mich sind sie auf den ersten Blick hyalin.



    Schlüssel werden oft von Leuten gemacht, die keine Schlüssel mehr benötigen. Die wissen ganz genau, was sie unter den einzelnen Begriffen verstehen und vergessen völlig jede Erläuterung oder Erklärung für Anfänger.



    Asci polysporous, spores allantoid, pale golden brown in mass (*), 5-6x1. on attached and newly fallen branches which max be completely colonised by it, Nov.-Mar., extremely common everywhere."


    (*) meine Anmerkung: also nicht die einzelne Spore unterm Mikroskop


    Hallo Günter
    Eine tolle Ergänzung zum oben angeschnittenen Problem :thumbup:


    Bernd
    Jetzt würde mich noch interessieren, mit welchem Schlüssel Du gearbeitet hast.


    LG Karl



  • Hallo Karl,


    ich hab mir Björns neues Buch "Handbook of Ascomycota, Volume Ia, Pyrenomycetes mit 0-1fach septierten Sporen" geleistet. Dort sind die Sporen von Diatrypella mit "braun" angegeben. Vielleicht interpretiere ich das aber auch falsch. Demnächst werde ich Björn darauf ansprechen.


    Noch eine Frage zu Pyrenomycetenfunden vom mir: Ist das eigentlich ok, wenn ich in den nächsten Wochen und Monaten meine Funde hier im Forum vorstelle? Natürlich mit Fotos und ausführlichem Text? Es sind dann sicher etliche Arten dabei, die ihr "alten Hasen" als "trivial" bezeichnen würdet.


    L.G. - Bernd

  • Hallo Bernd,



    ich hab mir Björns neues Buch "Handbook of Ascomycota, Volume Ia, Pyrenomycetes mit 0-1fach septierten Sporen" geleistet. Dort sind die Sporen von Diatrypella mit "braun" angegeben. Vielleicht interpretiere ich das aber auch falsch. Demnächst werde ich Björn darauf ansprechen.


    die Sporen der Gattungen Diatrype (?), Diatrypella, Eutypa und Eutypella haben schwach gefärbte Sporen, manchmal nur etwas schutzig gelblich, manchmal sogar blass braun mit bläulichem Stich. Für "in mass" reichen dann auch ein paar Sporen, die im Mikroskop übereinander liegen. Wann die Sporen welche Farben annehmen, weiß ich aber auch nicht. Arten lassen sich damit aber offenbar nicht trennen. Oder es verbergen sich noch ein paar bisher unbekannte Arten dahinter...


    Zitat


    Noch eine Frage zu Pyrenomycetenfunden vom mir: Ist das eigentlich ok, wenn ich in den nächsten Wochen und Monaten meine Funde hier im Forum vorstelle? Natürlich mit Fotos und ausführlichem Text? Es sind dann sicher etliche Arten dabei, die ihr "alten Hasen" als "trivial" bezeichnen würdet.


    Na klar ist das ok.


    Viele Grüße
    Steffen


  • Noch eine Frage zu Pyrenomycetenfunden vom mir: Ist das eigentlich ok, wenn ich in den nächsten Wochen und Monaten meine Funde hier im Forum vorstelle?


    Ich bitte darum, Bernd!


    Auch wenn ich nur ein Lernender bin. ;)
    Aber sind wir das nicht alle!


    Und jede Anfrage hilft letztlich, unser Wissen zu erweitern.


    Viele Grüße, Nobi

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  • Hallo Steffen,


    dein Tipp mit der Sporenfarbe ist genial: Es reicht oft schon, wenn im Ascus 2 Sporen übereinanderliegen.


    Herzliche Grüße


    Bernd

  • Nachtrag und Frage an alle


    Hier im Foto das 10 mm dicke Roterlenästchen mit drei Diatrypella-Stromata im Schnitt.


    Meine Frage:
    Was sind "Stromata with whitish ectostromatic disc" (Stromata mit weißlicher ektostromatischer Scheibe)?


    Diesen Begriff (ectostromatic disc) finde ich in verschiedenen Angaben zu Pyromyceten, z.B. im Bestimmungsschlüssel in "Pyrenomycetes of the Great Smoky Mountains National Park" oder in "Neuere Aufsammlungen stromatischer Pyrenomyceten aus Österreich, insbesondere der Steiermark".


    Herzliche Grüße


    Bernd




  • Hallo zusammen,


    am 26.04.2020 konnte ich eine Diatrypella auf einer Betula pendula finden.

    Nachdem ich mir im Internet ein paar Arbeiten und auch andere Funde angeguckt habe, bin ich zu dem Entschluss gekommen, meinen Fund als Diatrypella favacea agg. zu bezeichnen.

    Die Asci sind bei mir lang gestielt und auch sehr lang (bis 147 Mikrometer lang und 10-12 Mikrometer Breit), was komischerweise in keiner Arbeit steht.

    Hier sind die Bilder:

    1.


    2.


    3.


    4.


    5. Ascus lang gestielt


    6. einzelne Sporen hyalin


    7. Sporen im Ascus leicht bräunlich


    8. in Lugol grüne Verfärbung


    Ich vermute, dass sich hinter der Diatrypella favacea mehrere Arten verbergen, aber man dafür mehr Kollektionen bearbeiten muss und genauer die Sporen und Asci messen.

    Vielleicht hat der ein oder anderer auch mal Lust eine Diatrypella favacea zu bearbeiten.

    Ich will jetzt nicht behaupten, dass es Spaß macht sich diese Gattung anzuschauen, aber es ist mal eine Abwechslung.

    Falls die Zeit und Lust da ist, dann werde ich mir weitere Diatrypella favacea agg. anschauen und hier reinstellen.

    Interessant ist auch die Variationsbreite der Sporen und Asci von Chlebicki (1986) (Siehe hier).


    VG : Thorben

  • GriasDi Thorben,

    die auffallend lang gestielten Asci hat der Klaus schon mal zum Initialbeitrag vom Bernd erwähnt. (s.o.)

    Aufgrund Deines Posts hab ich mir den Thread durchgeschaut, was sehr interessant war. Ich hab diese warzigen Eckenscheibchen an Birke immer als D. favacea abgetan und wusste gar ned, dass die auch an andere Hölzer gehen.

    Auch die von Dir verlinkte polnische Arbeit ist interessant, wobei es da hpts. um Unterschiede bei den Konidien der Anamorphen geht. Krass ist das untersuchte Wirtsspektrum.

    Ich wär übrigens sehr interessiert an einer aktuellen Arbeit über die europäischen Diatrypellaarten. Wenn da jemand was parat hätte für mich, würd mich das sehr freuen.

    An liabn Gruaß,

    Werner

  • Hallo Werner,


    ich hatte auch anfangs gedacht, dass diese Art nur auf Birke vorkommt, aber das scheint nicht der Fall zu sein.

    Am besten finde ich an der Arbeit die Diagramme mit den Längen der Asci, aber auch die Tabelle wo die Größen der Sporen angegeben werden.

    Meiner Meinung nach verbirgt sich hinter der favacea ein Aggregat, weshalb ich auch an eine aktuelle Arbeit (glaube nicht das es die schon gibt) interessiert wäre.


    VG : Thorben