Gibt es invasive Pilzarten?

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  • Hallo Leute,

    bei weltonline (Welches mir nicht angezeigt wird, weil ich Welt-Leser bin, sondern weil es um Pilze ging, man muss sich nur mal die ekelhaften Kommentare unter dem Artikel durchlesen, in denen invasive Arten mit Migranten verglichen werden, die man man angeblich ausmerzen sollte, was stimmt nicht mit den Leuten!?) gab es einen Artikel über den Tintenfischpilz und seinen Nutzen für das Ökosystem. In dem Artikel (Neben der politischen Ausrichtung brauchen wir auch nicht über das inhaltliche Niveau sprechen, die Welt ist nicht die ZMykol) wurden Tintenfischpilze als invasiv bezeichnet, was bei mir die Frage aufgeworfen hat, können Pilzarten überhaupt invasiv sein? Verdrängt das eine Myzel das andere und werden Arten seltener, wenn neue Arten einwandern? Oder können verschiedene Arten im gleichen Substrat nebeneinander leben? Von einigen Arten die auf Holz wachsen, weiß ich, dass sie sich gegenseitig fernhalten können, aber gilt das auch für Streu zersetzende Pilze, wie den Tintenfischpilz? Und generell gibt es unter den Pilzen wirklich invasive Arten, wie etwa im Reich der Pflanzen, wo etwa der Staudenknöterlich wohl unzweifelhaft Schaden in unserem Ökosytem anrichtet? Freue mich über erhellendes zu dem Thema, beste Grüße vom Stefan.

  • Hallo,

    Soweit ich weiß gelten tatsächlich auch manche Symbiosepilze als invasiv. Ich habe gehört der Fliegenpilz wurde in Neuseeland mit der Waldkiefer eingeführt und geht jetzt auch mit einheimischen Bäumen eine Symbiose ein, wobei er wohl einheimische Mykorrhizaarten verdrängt. Ähnlich sieht es mit dem Grünen Knollenblätterpilz in der Westlichen USA aus.

    Viele Grüße

  • Verdrängt das eine Myzel das andere und werden Arten seltener, wenn neue Arten einwandern?

    Moin,

    das wurde z.b. mal diskutiert, bzw. wird noch, in Bezug auf die sogenannte Falsche Rotkappe - Aureoboletus projectellus.

    Zumindest habe ich das mal so zu denen gelesen, daß man da eventuell was vermutet hatte.

    Inwiefern da an der Vermutung etwas dran ist, keine Ahnung, ich weiß es nicht.

    Die sind, so wie ichs verstanden hatte, zuerst im Baltikum gefunden worden und breiteten sich dann aus. Sind auch schon im östlichen Niedersachsen angekommen, irgendwo nahe Wolfsburg.

    So wie ich es gelesen hatte, stammt die Art ursprünglich aus Nordamerika.


    LG

    Daniel

    Ein Bestimmungsvorschlag von mir ist keine Verzehrfreigabe, dafür müsstest du bitte einen Pilzsachverständigen oder Pilzberater kontaktieren, schau mal unten der Link zur DGfM, da kannst du eine Auflistung für Deutschland finden.


    Liste von Pilzsachverständigen:

    https://www.dgfm-ev.de/service/pilzsachverstaendige

  • Ist halt die Frage wie man "invasiv" definiert. Bei Pilzen seh ich das nicht so. Es gibt einige Pilzarten, die jetzt hier zu finden sind, und die es vorher nicht gab. Das ist ja noch nicht invasiv. Saphrobionten - es gibt soviel zu zersetzten, ich glaub nicht, dass es da großes Gerangel gibt. Selbst, wenn die neuen Pilze Bäume beanspruchen die auch heimische Pilze nutzen, seh ich das nicht als invasiv an. Von daher...

    Gegenbeispiel. Bei uns in den Flüssen gibt es seit einiger Zeit die Grundeln (Fische) als wahre invasive Plage. Die vermehren sich fast explosiv. Fressen so ziemlich alles und vor allem auch die Fischeier heimischer Arten. DAS ist invasiv.

    Etwaige Bestimmungen meinerseits sind mit keiner "Verzehrfreigabe" verbunden. Bitte sucht hierfür einen Sachverständigen auf, der sich die Pilze vor Ort genau ansehen und sie hinsichtlich Verzehr viel besser bestimmen bzw. ihren Zustand bewerten kann.


    100-10(APR2024)+3(APR2024)=93

  • Zuerst muss man al definieren, was man mit "Invasiv" meint. Hier mal die Definition laut Wikipedia:


    Als biologische Invasion bezeichnet man allgemein die durch Menschen verursachte Ausbreitung einer gebietsfremden Art in einem Gebiet, in dem sie ursprünglich nicht heimisch war.[1]

    nach dieser Definition ist der Tinenfischpilz in Deutschland/Europa eine "invasive Art". Aber biologische Invasion an sich ist ja nicht gut oder schlecht. Sie ist zunächst schlicht die Folge der modernen Gesellschaft, die durch Schiffs- und Flugverkehr topologische Grenzen (die ursprünglich dafür sorgten, dass Arten nicht aus/einwandern können) aufhebt, dazu kommt der Handel mit lebenden Pflanzen, nicht selten mit Mycel im Substrat. Eine weitere wichtige Ursache ist der Klimawandel. All diese Effekte kann man im Grunde kaum beherrschen.

    Wichtiger ist die Frage, was die biologische Invasion einer Art in ein Gebiet dort auslöst. Es kann durchaus zu paralleler Koexistenz kommen, aber eben auch zu Verdrängung oder gar Schädigung einheimischer Arten. Gute Beispiele für Verdrängung sind Pflanzen wie das Orientalisches Zackenschötchen oder Sommerflieder. Die Arten breiten sich in freier Wildbahn stark aus und verdrängen so einheimische Arten. Beispiele für invasive Arten, die die heimische Fauna aktiv schädigen sind bspw. das Falsches Weißes Stängelbecherchen, welches bekanntermaßen für das Eschentriebsterben verantwortlich ist und mittlerweile eine europaweite Bedrohung für die heimische Eschenpopulation darstellt.


    Aber es gibt eben auch Arten, die einigermaßen folgenlos eingeschleppt wurden und keine nennenswerten Auswirkungen auf die heimische Flora und Fauna haben. Dazu würde ich auch den Tintenfischpilz zählen, aber auch Insekten wie die mittlerweile sehr häufige Schwarzblaue Holzbiene.


    Neuseeland ist ein Sonderfall, weil die Inseln weit abgelegen vom Festland liegen und sich deshalb über Millionen von Jahren eine ganz eigene Fauna/Flora entwickeln konnte. Viele Pflanzen und Tiere gibt es nur dort. Werden Arten dort verdrängt, sind sie ganz ausgestorben. Bspw. gab es in Neuseeland keine Nesträuber, weswegen sich viele Laufvogelarten (bspw. der Kiwi) entwickeln konnten. Leider wurde das Opossum eingeschleppt, welches zahlreiche Vogelarten zum Aussterben oder kurz davor gebracht hat. Auch wurden insbesondere Fichte und Kiefer "importiert", um die abgeholzten Urwälder wieder aufzuforsten. In diesen Forsten kann man dann klassische europäische Kiefer-/Fichtenpilze finden wie Steinpilze, Butterpilze etc. Diese Forste haben aber allerdings mit der Ursprünglichen Fauna gar nichts mehr zu tun.
    Insofern sind eingeschleppte Tiere und Pflanzen dort ein großes Problem und werden örtlich stark bekämpft. In den zahlreichen Nationalparks werden invasive Bäume und Pflanzen aktiv bekämpft, so kann man dort oft abgestorbene Kiefern beobachten (diese werden von Park-Rangern "vergiftet" und so zum absterben gebracht). Opossum-Fallen sind überall gegenwärtig, und es gibt sogar eine Fangprämie.

  • Hi,


    ja genau, A. projectellus steht zumindest im Verdacht invasiv zu sein. Die einzige Chance das zu validieren besteht in der Erforschung der Mykorrhizen in Gebieten wo der noch nicht aufgetaucht ist vs Gebieten, wo der wächst. Zumindest ist die Fruktifikation von Maronen zurück gegangen, wo A. projectellus nachgewiesen wurde.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Hallo.


    wenn es um Neomyceten geht, empfehle ich immer diese Schrift zu lesen.


    Neomyceten
    SwissFungi ist ein Verbreitungsatlas mit Fundnachweisen von allen sicher unterscheidbaren Pilzen der Schweiz.
    swissfungi.wsl.ch


    Beste Grüße

    Stefan F.