Nach dem Waldbrand

Es gibt 21 Antworten in diesem Thema, welches 2.389 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Sebastian_RLP.

  • Hallo zusammen


    Letzten Sommer gab es in meiner Gegend einen Waldbrand.

    Es wirkte zeitweise recht bedrohlich, aber zum Glück kam niemand zu Schaden.


    Mehrere Ortschaften wurden zur Sicherheit evakuiert. (17. Juli 2023)


    Zwangsläufig war für das Frühjahr eine Tour dorthin vorprogrammiert. Obendrein ein bisher guter Pilzfrühling, also los.


    Das Gebiet ist riesig (100 Hektar) und teilweise sehr schwer begehbar. Aber es gibt mehr als genug erreichbare Flächen. Heute sieht es etwa so aus:

    Es gibt Gebiete die wesentlich schlimmer aussehen, aber die sind schwer erreichbar.


    Die Pilzwert war wenig überraschend, halt das was man erwartet. Immer wieder die gleichen paar Arten, aber dafür in unglaublicher Menge.


    Geopyxis carbonaria wuchs wie ein Teppich in Abermillionen von Exemplaren.


    Ebenfalls häufig anzutreffen: Geoscypha tenacella.


    Sporen mit sehr feinen, isolierten Warzen, und zwei Tropfen.


    Vermutlich der zweithäufigste: Peziza lobulata (P. violacea ss. auct.)


    Sporen absolut glatt und ohne Tropfen.


    Das hier habe ich als Plicaria endocarpoides bestimmt, gab es auch immer wieder.


    Reife Sporen gab es nur sehr wenige, aber man sieht bereits dass sie rund ohne glatt sind.


    Auch bei den Basidiomyceten gab es wenig Überraschungen:

    Myxomphalia maura war stellenweise häufig.


    Nur vereinzelt gab es Tephrocybe atrata.


    Sporen elliptisch und meist 6-8 µm lang.


    Basidien deutlich siderophil.


    Ich wusste oft nicht wo ich hintreten kann...


    Soweit für heute, ich mache sicherlich noch einige Ausflüge dorthin und hoffe auf weitere Funde.


    Viele Grüsse

    Raphael

  • Hallo Raphael

    Sehr interessante Funde, bin gespannt auf weitere Beiträge von diesem Ort.

    Besten Dank. Andy

  • Hallo zusammen


    Ein kleines Update. Ich war letzte Woche mal wieder im Brandgebiet.



    Grösstenteils waren es die gleichen Arten wie bei der letzten Exkursion. Aber es gab doch einige neue Sachen:


    Psathyrella cf. pennata gehört zu den typischen Brandstellen-Bewohnern.


    Ich habe dazu bereits einen zweiten Thread erstellt, weil mir die Bestimmung nicht zu 100% passt.

    Mikrofotos siehe hier: Komische Brandstellen-Psathyrella



    Für Pholiota highlandensis war es letztes Mal zu früh, nun gab es sie zu tausenden.



    Mycena galopus var. leucogala wuchs am Rande des Brandgebiets.





    Das grösste Rätsel ist wohl diese Morchel, für die eine Sequenzierung fällig ist.

    Nach dem wunderschönen französischen Morchel-Buch sollte das Morchella tomentosa sein.

    Für die Art gibt es bisher nur in Italien einen gesicherten europäischen Nachweis.


    LG Raphael

  • Tolle Funde Raphael, danke für das teilen.

    BG Andy

  • Das grösste Rätsel ist wohl diese Morchel, für die eine Sequenzierung fällig ist.

    Nach dem wunderschönen französischen Morchel-Buch sollte das Morchella tomentosa sein.

    Für die Art gibt es bisher nur in Italien einen gesicherten europäischen Nachweis.

    Das Habitat würde ja passen. Die ist z.B. im amerikanischen Raum bekannt dafür, auf Brandstellen aufzutreten. Eine Google Suche spuckt übrigens interessante Dinge aus. Anscheinend lässt sich die Art sogar züchten.

  • Zitat

    Eer sich sowas in die Futterluke schiebt gehört eh eingesperrt.

    Echt jetzt....? - =O ich bin entsetzt...!

    Also ich hatte die Dinger eigentlich wirklich gesammelt, damit meine Familie sie essen kann.


    Aber dann hat sich herausgestellt, dass es etwas eher spezielles ist. Jetzt habe ich halt einen reichlichen Herbarbeleg. Sowas isst man wirklich nicht.


    Übrigens riechen die auch getrocknet nach praktisch nichts, kein typischer Morchelgeruch. Glaube nicht dass man da viel verpasst.

  • P.S.: hat die Sequenzierung zur "tomentosa" etwas ergeben. Clowez und Moreau schreiben, dass nicht bekannt ist, ob es neben tomentosa eine "eurasische" Art geben könnte, die aus Österreich beschrieben sein soll und auch in der Schweiz im Vallis gefunden worden sein könnte: "The mysterious 'Morchella esculenta var. atrotomentosa' [...] requires research and analysis".


    LG Sebastian

  • Hallo Sebastian


    Die Höhe war ca. 1500m.

    Und die Sequenzierung hat M. tomentosa bestätigt, habe die Doku auch noch Moreau geschickt, der war auch einverstanden.

    Inzwischen gibt es auch aus Italien einen Nachweis.


    Lg Raphael

  • Oh ja, großartiger Tipp, trocken genug ist es ja ... dann such ich mal einen geeigneten Standort für einen "heavily burned upland forest"


    LG Sebastian

  • Aber mach es gründlich. An meinem Fundort hörte ich von einem Kollegen: "ich war etwas enttäuscht vom Ausmass des Waldbrandes". Also bitte keine halben Sachen.

  • das kann bestimmt passieren, aber es sind auch andere Morchelarten schon auf Brandstellen nachgewiesen worden.

    Hi, ja tomentosa ist natürlich eine wirklich einzigartige Erscheinung. Das Morcheln gerne auf Brandstellen wachsen und das für eine Reihe für Morcheln beschrieben ist (z.B. auch elata, eximia und viele andere) ist mir bekannt. Das Paper von H. Ebert, der sicher viele Verdienste hat ist aber sehr veraltet, da zahlreiche veraltete Taxone verwendet werden oder auch Taxone die eher zur Konfusion beitragen ("Crassipes"), weil die namensgebende morphologische Besonderheit eben kein Artmerkmal ist. Auch werden verschiedene Arten synonymisiert, die gute Arten darstellen. Nichtsdestotrotz zeigt das Papier natürlich, das sowohl Morcheln der Sektion Distantes als auch der Sektion Morchella auf Brandstellen zu finden sind.

    LG Sebastian