Bestimmungshilfe - Lactarius zonarius kann es eigentlich nicht sein....?!

Es gibt 20 Antworten in diesem Thema, welches 3.227 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Cortinarius.

  • Alljährlich findet sich in einem Kalknadelwald im Mittleren Schwarzwald eine für mich unbestimmbare Milchlingsart ein, die ich hier beschreiben möchte.


    Eckdaten:

    • Pilzart: Lactarius spec.
    • Lebensweise: mykorrhizisch, hier mit Abies alba und/oder Picea abies.
    • Fundort: Tannen-Fichten-Altholz bei Loßburg, Baden-Württemberg.
    • Boden: Muschelkalk-Fließerde über Unterem Muschelkalk
    • Funddatum: 14. August 2021
    • Belegnummer: Miggel hor21005,dot

    Makroskopische Merkmale:


    Hut gelblich, oft mit charakteristischem lachsrosa Farbeinschlag (Bild 2), bis knapp über 120 mm im Durchmesser, stabil, meist konzentrisch gezont, glatt, schon jung ausgebreitet und mittig vertieft, alt trichterförmig, bei Feuchtigkeit klebrig. Stiel kurz, fest, zylindrisch, meist cremefarben, mitunter bräunlichgelb gefleckt (rechtes Exemplar in Bild 1). Lamellen blass, bis 6 mm breit, bogenförmig, in Stielnähe oft ungleichmäßig gekräuselt-gewellt, vom Rand her stark mit Lamelletten untermischt; Schneide glatt, in gleicher Farbe wie die Fläche. Fleisch weiß, im Stiel voll. Milch weiß, unverändert. Geruch fruchtig; Geschmack von Fleisch und Milch scharf.


    Bild 1 - Gelbliche Fruchtkörper am Fundort.


    Bild 2 - Fruchtkörper mit lachsrosa Farbeinschlag am Fundort, Foto Peter Reil, 2010.


    Bild 3 - Fruchtkörper am Standort, Blick auf die Lamellen, weiße Milch.


    Bild 4 - Hutoberfläche.


    Bild 5 - Lamellen im Bereich des Stielansatzes.


    Bild 6 - Lamellen im Bereich des Hutrandes.



    Makrochemische Farbreaktionen:

    • KOH 20 % - Milch gelblich ausflockend, im Fleisch gelblich, auf Stieloberfläche negativ.
    • FeSO4 - negativ.

    Bild 7 - KOH-Reaktion auf Stielfleisch (links) und Stieloberfläche (rechts).


    Hymenialzystiden (nach Peter Reil):

    Zystiden SV+, spindelförmig, schmal, oft verbogen, nach oben zugespitzt, oft mit ein oder zwei aufgesetzten Köpfchen, Pleurozystiden sehr zahlreich, 38-53 x 5-7,5 µm, Makrozystiden vorhanden, besonders am Lamellengrund, 72-91 x 5-7,5 µm.


    Lamellenschneide steril. Basidien 2- und 4-sporig.


    Bild 8 - Hymenialschicht mit 2- und 4-sporigen Basidien, Präparat in NH3-Kongorot.


    Bild 9 - Hymenialschicht mit 2- und 4-sporigen Basidien, Präparat in NH3-Kongorot.


    Sporen breitellipsoid,warzig-gratig-teilnetzig; Ornamentation bin 0,7 µm hoch und stark amyloid; Hilarfleck nicht amyloid.

    Unter Zugrundelegung eines 95-prozentigen Vertrauensintervalls ergaben sich bei einer Probe von 30 repräsentativen, ausgefallenen Sporen folgende Schätzwerte:

    • Populationsgrenzen L x B = 6,6-8,6 x 5,7-7,4 µm.
    • Mittelwert Lav x Bav = 7,4-7,8 x 6,4-6,7 µm.
    • Mittlwert des Schlankheitsgrades Qav = 1,14-1,18
    • Mittelwert des Volumens Vav = 160-185 µm3


    Bild 10 - Sporen in Melzers Reagenz.


    Bild 11 - Sporen in Melzers Reagenz.



    Hier noch REM-Aufnahmen der Sporen mit einem großen Dankeschön an Stefan Diller:


    Bild 11a - REM-Scan einer Spore.


    Bild 11b - REM-Scan von vier Sporen.




    Die Huthaut ist eine Ixokutis, wobei die obersten ca. 100 µm sich als stark gelatinös mit lockerer Hyphenstruktur erweisen. Die darunter liegende Hyphenschicht ist dichter und weniger stark verschleimt:


    Bild 12 - 20 µm dicker Querschnitt der Huthaut, gefärbt in H2O-Kongorot


    Herzlichen Gruß

    Bernd



    Benutzte Literatur:

    • Basso, T. (1999): Lactarius Pers.
    • Heilmann-Clausen et al. (1998): The Genus Lactarius.
    • Kränzlin, F. (2005): Pilze der Schweiz, Band 6 Russulaceae.
  • Hallo Bernd


    L. zonarius passt nicht , dein Fund hat keine echte Stielgrübchen


    zu vergleichen L. zonarius


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    Dein Fund erinnert an L. evosmus - Stiel ohne Grübchen auch Geruch kann + - passen


    LG

  • Hallo beli 1,


    Geruch siehe oben, ist fruchtig. Muss L. zonarius unbedingt Grübchen am Stiel haben?


    lg - Bernd

  • Hallo Bernd


    L. zonarius muss Grübchen haben , L. evosmus ist Doppelgänger und hat nie Grübchen nur Flecken an Stiel . Beide sind mir gleiche schärfe Geschmack und haben gleiche Geruch

    L. zonarius ist siecher die häufigste Lactarius nähe Dubrovnik Mediterranraum Kroatien . Habe Fotografiert viele und alle mit Stielgrübchen


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    LG

  • Hallo Beli,


    das finde ich sehr interessant! Mal sehen, was andere hier im Forum dazu meinen.


    Viele Grüße - Bernd

  • GriasDi Bernd',

    die "zonarii' aus den Bergnadelwäldern, z.B. aus dem vorderen Zillertal hab ich immer ss FNE 2 Heilmann /Klausen makroskopisch als L. zonarioides bestimmt. So hätt ich Deinen Fund auch genannt.

    Lt. FNE 2 sind Deine Sporen aber deutlich zu klein und würden entsprechend besser zu L. zonarius passen.

    Die Frage ist halt, ob L. zonarius auch mal an Fichte / Tanne gehen kann.

    Außerdem wär interessant, ob die Synonymisierung von L. bresadolanus Singer und des Friesschen L. insulsus mit L. zonarioides tatsächlich gerechtfertigt ist, oder da doch eine kleinersporige Art verborgen ist.

    An liabn Gruaß,

    Werner

  • Hallo Werner,


    danke für deinen Kommentar! Da die Sporen konstant zu klein für L. zonarioides sind, und da die Begleitbäume und der lachsrosa Farbstich in den meisten Hüten so gar nicht zu L. zonarius passen wollen, bin ich selber ratlos. L. evosmus würde ich eher unter Laubbäumen suchen. Möglicherweise bringt die DNA einen zusätzlichen Hinweis.


    Liebe Grüße

    Bernd

  • Hallo,


    der von Bernd vorgestellte Milchling beschäftigt mich schon seit Jahren.

    Er passt nirgendwo so richtig rein. Und wenn er mal auftaucht, dann gleich in Mengen.


    Freundliche Grüße

    Peter


    PS: Lactarius zonarius hat zwar meist, aber leider nicht immer die Stielgruben. Manche gehen sogar so weit, dass sie denen keine taxonomische Bedeutung zumessen.

  • Hallo Bernd,

    war der Geschmack "nur" scharf oder auch gleichzeitig bitter?

    L. zonarioides soll sich laut FNE 2 (Heilmann-Clausen et al.) durch den neben scharfem auch bitteren Geschmack von den "nur" scharf schmeckenden L. evosmus und L. zonarius unterscheiden. Ich hatte bisher zwei Aufsammlungen im Hochgebirge (ca. 1700 m NN, Fichte), die scharfen und gleichzeitig bitteren Geschmack hatten, dazu Stiele ohne jede Gruben. Bei meinen einschlägigen Laubwaldfunden habe ich dagegen nie Bitterkeit neben der Schärfe festgestellt.

    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Hallo Oehrling,


    sowohl das Fleisch als auch die isolierte Milch schmeckten nur scharf, ohne bittere Zusatzkomponente.


    Viele Grüße - Bernd

  • Ja, dann hast du da in der Tat einen Pilz, den es eigentlich nicht geben dürfte, da stimme ich dir zu. Die schulmäßige Trennung der Arten läuft über die Sporengröße und das Habitat, und beides passt hier nicht zusammen.

    Leider habe ich bei meinen eigenen "zonarioides"-Funden die Sporen nicht vermessen. Das nächste Mal mache ich es aber.

    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Es gibt wohl einen zweiten evosmus, den einen unter Quercus, den zweiten unter Populus und Salix. Inwieweit der auch im NW vorkommen kann??? Das wird aber sicher die Jorinde Nuytinck in NL-Leiden interessieren, die derzeit an Lactarius arbeitet. Also unbedingt dort zur Sequenzierung anbieten, würde ich meinen.

    lG Günter

  • Hallo,


    die Fundbeschreibung oben habe ich noch um Bild 12 = Huthaut-Querschnitt erweitert.


    L.G. - Bernd