Borstling (Scutellinia) aus dem Moor

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 2.951 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von mollisia.

  • Hallo Ihr Lieben,


    diese winzig kleinen Borstlinge habe ich heute in einem Kalk-Niederflachmoor gefunden. Könnte dies der Sumpf-Schildborstling (Scutellinia citrina) sein?

    Einen dieser Pilze habe ich mitgenommen und vielleicht sollte man den auch unters Mikroskop legen.


    Liebe Grüße und ich bin jetzt total gespannt


    Maria



    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    das ist einer langhaarigen Schildborstlinge. Geht nur mit Mikro.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Sehr schön eingefangen. :daumen:

    Hatte mich vor kurzem auch an der Bestimmung eines Schildborstling versucht und bin mit Mikroskop und etwas Hilfe auch zum Ergebnis gekommen.


    Biotope der Umgebung: da trifft mich doch die Keule ODER das Beste kommt zum Schluss ...


    Ich weiß nicht, ob man durch den Standort und die Makroskopie hier schon zu einer Aussage kommen kann. Es gibt eine Vielzahl sich ähnelnder Arten.


    Auf jeden Fall ein Blickfang ...


    LG Sebastian

  • Liebe Maria,

    das sind wunderschöne Bilder von Schildborstlingen!:thumbup:

    Leider gibt es von denen Dutzende Arten.

    Könnte dies der Sumpf-Schildborstling (Scutellinia citrina) sein?

    Könnte oder könnte auch nicht. Makroskopisch kann man die hübschen Zwerge nicht trennen.

    Einen dieser Pilze habe ich mitgenommen und vielleicht sollte man den auch unters Mikroskop legen.

    Nicht nur vielleicht, sondern unbedingt.

    Mikroskopie ist in der Gattung unverzichtbar, falls man seinen Namen wissen möchte.

    Man muss alle verfügbaren Mikromerkmale erfassen, um sich einer Art anzunähern und sie bestenfalls zu bestimmen.

    U.a. Länge und Breite der Haare, Randhaare vs. Haare der Außenseite, Septierung und Aufbau der Haarwurzel (einfach oder vielfach verzweigt).

    Ein wichtiges Merkmal ist auch die Ornamentierung der Sporenwand, die man unbedingt in "Baumwollblau" untersuchen sollte!

    Glatt, abgerundet oder abgestutzt warzig, stachelig, teilweise bis vollständig netzig usw.

    Liebe Grüße und ich bin jetzt total gespannt

    Du darfst weiterhin "total gespannt" bleiben, Maria!

    Vom Standort her könnte das eine sehr interessante Art sein, aber leider...

    Ohne Mikroskopie geht da nix.


    LG, Nobi

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    Chips: 72

  • Hallo miteinander,


    erst einmal vielen Dank für die Antworten.


    Dass hier ohne Mikroskop nichts geht war mir schon klar, deshalb habe ich ja einen Pilz mitgenommen. Ich selbst habe kein Mikroskop. Sofern jemand Interesse hat schicke ich das Pilzchen sehr gerne weiter.


    Was kann ich zum Pilz noch sagen? Der größere der Pilze hat einen Durchmesser von 6 mm und scheint auf den Wurzeln eines Grashalmes zu wachsen. Holzreste im Boden sind dort eher unwahrscheinlich aber natürlich möglich. Der Fundort war vielleicht 3 Meter neben einem Schilfgürtel in einem der seltenen Kalk-Niederflachmoore im Altmühltal und war sehr nass.

    Mehr kann ich leider erst einmal nicht beitragen.


    Also, falls jemand den Borstling unters scharfe Glas legen möchte dann bitte einfach melden.


    Liebe Grüße


    Maria

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    also wenn, dann sollte das jemand sein, der in der Gattung Ahnung und Erfahrung hat. Ich bin das schon mal nicht. Meine beiden Scutellinien dieses Jahr habe ich als S. crinita; nicht S. citrina bestimmt. Mal mit kleinem ?; mal mit einem größeren.


    Die Gattung ist nicht einfach; auch nicht mit der neuen Monographie von Henk Huijsers.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


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  • Sofern jemand Interesse hat schicke ich das Pilzchen sehr gerne weiter.

    Ich würde es mir schon gern anschauen, das Pilzchen, Maria.

    Natürlich ohne Bestimmungsgarantie. Ein Einzelfruchtkörper ist natürlich wenig, aber besser als gar nichts.;)

    Falls der Fruchtkörper reif ist, stehen die Chancen gar nicht schlecht.

    Meine Adresse per PN.


    Liebe Grüße, Nobi

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    Chips: 72

  • Hallo Nobi,


    super. Das freut mich!

    Ich habe an der Stelle nur zwei Fruchtkörper gesehen und den größeren, den mit 6 mm, habe ich mitgenommen. Der andere war nur halb so groß. Dort im Moor ist es reiner Zufall diese Winzlinge überhaupt zu entdecken.


    Ich schicke Dir den Pilz im Laufe der Woche, vermutlich am Dienstag, zu. Vielleicht bekommst Du ja etwas heraus :)


    Liebe Grüße


    Maria

  • Hallo,


    Scutellinien sind oft recht gut zu bestimmen, unter der Voraussetzung dass sie voll ausgereift sind und dass man nicht zwischen scutellata und crinita unterscheiden muss.

    Leider sind sie oft nicht wirklich reif und dann hat man eine falsche Vorstellung vom Ornament und bestimmt dann automatisch falsch.

    Ein gutes Beispiel dafür ist die Sporenabbildung von Scutellinia scutelata in Pilze der Schweiz, die das Ornament einer unreifen scutellata-Spore zeigt. Da ist es fast isoliert warzig, während scutellata bei Vollreife ein amöboid zusammengeflossenes flaches Ornament hat. Und nur dieses ist charakteristisch und auch nur dieses wird in den Schlüssel verschlüsselt. Nimmst Du die unreife isoliert warzige Spore, dann landet man irgendwo bei subhirtella oder sowas.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Ich schicke Dir den Pilz im Laufe der Woche, vermutlich am Dienstag, zu. Vielleicht bekommst Du ja etwas heraus

    Ich werde mein Bestes versuchen, Maria!:)

    Habe übrigens gerade im Myko-Shop bei Andreas zur weiteren Vertiefung die Scutellina-Monografie von Henk Huijsers bestellt.

    Mal sehen, wer schneller liefert! ;)

    Scutellinien sind oft recht gut zu bestimmen, unter der Voraussetzung dass sie voll ausgereift sind und dass man nicht zwischen scutellata und crinita unterscheiden muss.

    Da sagst Du was!

    Hatte einst Trond Schumacher zu dieser Problematik angeschrieben und leider nie eine Antwort bekommen.

    Er wird schon wissen, warum!


    LG, Nobi

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    Chips: 72

  • Könnte dies der Sumpf-Schildborstling (Scutellinia citrina) sein?

    Leider ist er es nicht, sondern "nur" Scutellinia crinita, was aber zumindest ein Anagramm ist, liebe Maria!;)

    Die breitelliptischen Sporen von 20-21 x 12-13(14) µm mit flachen und teilweise zusammenfließenden Graten (Foto in BWB)



    sowie die langen (hier bis 1100 x 50 µm) und mehrfach wurzelnden Haare



    lassen keine andere Deutung zu.

    Auch wenn die Bilder nicht wirklich gelungen sind, kann man die genannten Merkmale ganz gut erkennen.

    Danke nochmals fürs Schicken!:)


    Liebe Grüße, Nobi

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    Chips: 72

  • Vielen Dank Nobi für Deine Mühe.


    Ja, ich musste echt zweimal hinsehen bei den beiden wissenschaftlichen Namen - auch die sind ja zum verwechseln ähnlich.


    Egal welcher Scutellinia dies ist, hübsch ist er so oder so. Und ich kann ihn Dank Dir nun auch zum Kartieren eingeben in der Hoffnung, dass sich das weiße Kartierungs-Loch in meiner Gegend immer mehr mit Pünktchen füllt.


    Liebe Grüße


    Maria

  • Hallo Nobi,


    warum crinita und nicht scutellata? Wie trennst Du diese beiden? Wegen der Ornamenthöhe 0,5 µm gegenüber bis 1 µm (nach Huijser)?


    Tuppie: Das kannst Du aber nur dann sicher sagen, wenn Du die mikroskopischen Merkmale verglichen hast. Zumal der Wuchs auf Blumentopferde für scutellata/crinita eher ungewöhnlich ist.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Andreas mollisia !

    Ich konnte das nur behaupten, weil die Bestimmung ein erfahrener Scutellinia-Freund gemacht hat. Da bin ich noch weit entfernt von, das zu können.

    Die Scutellinchen fand ich in meinem Blumenkübel auf der Terrasse und PiWo, er wohnt nicht weit entfernt, hat sie sich mitgenommen und Sporen- sowie Haarwurzelananyse vorgenommen. Der Blumenkübel ist bei mir eher wie ein „Stück Natur im Kübel“, wird nicht jedes Jahr frisch bepflanzt sondern es wachsen Wildblumen und vor Jahren gepflanzte Pflanzen einträchtig zusammen. Es liegen alte Stängel vom Vorjahr darin, es wächst Moos, Gras und allerlei anderes Grünzeug.

    Hier in Post 38 zu sehen :sun:

    Mikro-Noobs erste Schritte...

  • Hallo Andreas, mollisia

    Hallo Nobi,

    warum crinita und nicht scutellata? Wie trennst Du diese beiden? Wegen der Ornamenthöhe 0,5 µm gegenüber bis 1 µm (nach Huijser)?

    Genau. Das ist ein Merkmal.

    Ein weiteres ist die Sporenform. Nach Beñat Jeannerot haben die scutellata-Sporen stumpfe Enden und sind mehr spindelförmig im Vergleich zu crinita (Q >1,7).

    Die gemischten langen und kurzen Randhaare sind ebenfalls typisch für crinita. Ob das scutellata auch kann, weiß ich im Moment allerdings nicht.

    Auch scheint crinita nicht so stark zu wurzeln wie scutellata. Zwei- dreifache Haarwurzeln sind die Regel.


    Was ebenfalls für Scutellinia crinita spricht, ist die offensichtliche Seltenheit von Scutellinia scutellata.


    So schreiben Neven Matocec et al "The genus Scutellinia in Croatia, 1995" in den Anmerkungen zu Scutellinia crinita:

    "Die makroskopisch ähnliche Art Scutellinia scutellata wurde noch nicht in Kroatien gefunden. Alle untersuchten älteren Kollektionen, die als Scutellinia scutellata bestimmt waren, sind in Wirklichkeit Scutellinia crinita!"


    Beñat Jeannerot hat sich vor einigen Jahren oft zum Unterschied der beiden Arten im Forum Ascofrance geäußert.

    Er kommt zu dem Schluss, dass 99% sogenannter Scutellinia scutellata falsch bestimmt sind!

    U.a. berichtet er von einem Herbar, wo er 200 vermeintliche scutellata überprüft hat, von denen nicht eine scutellata war.

    Seiner Meinung nach handelt es sich bei der wirklichen scutellata wohl um einen Komplex mehrerer, meist seltener und arktisch-alpin verbreiteter Arten.


    Abschließend möchte ich allen Fans der kleinen Schildborstlinge noch das bereits von Andreas erwähnte Buch von Henk Huijser empfehlen.

    Es heißt "Het geslacht Wimperzwam", hat 150 Seiten, beinhaltet 28 Arten, die alle mit traumhaften Fotos, Zeichnungen und z.T. REM-Aufnahmen vorgestellt werden.

    Das ganze ist zwar in holländischer Sprache, was man aber ganz gut verstehen kann. Einen englischen Schlüssel gibt es auch.

    Für schlappe 28.50 € incl. Versand könnt ihr das im Myko-Service von Andreas ordern!

    LG, Nobi

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    Chips: 72

  • Hallo Nobi,


    das wird also letztlich bedeuten, dass wir zukünftig eben statt Scutellinia scutellata die Teile Scutelinia crinita nennen. Wenn es die "echte" scutellata eh nur arktisch-alpin gibt, und dann auch noch eine Sammelart sein soll .....


    Das Linné ja nun ausgerechnet diese extrem seltene Art in der Hand gehabt hat, als er Peziza scutellata beschrieb und wir nun alle unsere Funde umbenennen müssen ist ja dann doch ein unglücklicher Zufall ....

    *Ironiemodus aus*


    Sporen spindelförmig, aber dann doch mit stumpfen Enden - kann ich mir nicht so richtig vorstellen.


    Aber egal, ich habe noch nie eine scutellata äh crinita gehabt mit einem hohen Sporenornament das an 1 µm herangekommen wäre. Und eine als spindelförmige Sporenform habe ich auch nie gesehen.

    Insofern betrifft mich dieses Problem auch weiterhin nicht, und wer gerne möchte kann dann alle meine bisherigen und zukünftigen scutellata-Funde crinita nennen. Ich tu's nicht, solange mir kein Paper eine gute Argumentation liefert, wieso die Linné'sche Art ausgerechnet die sein soll, die nie jemand findet ....


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Nobi,

    das wird also letztlich bedeuten, dass wir zukünftig eben statt Scutellinia scutellata die Teile Scutelinia crinita nennen.

    So sieht es meiner Meinung nach aus, Andreas. Es sei denn, es stellt sich heraus, dass die beiden Arten synonym sind.;)

    Das Linné ja nun ausgerechnet diese extrem seltene Art in der Hand gehabt hat, als er Peziza scutellata beschrieb und wir nun alle unsere Funde umbenennen müssen ist ja dann doch ein unglücklicher Zufall ....

    Vielleicht hat er ja Scutellinia crinita beschrieben? :D

    Jedenfalls hat Beñat Jeannerot wohl auch den Typus studiert, siehe folgende Diskussion bei Ascofrance von 2013.


    "In a lot of cases, even with those preparations, it’s not possible to propose a “good” name.Why ?

    Because a lot of misinterpretations, a lot of determinations with naked eye, a lot of certitudes not demonstrated…

    For example: S. scutellata is a name commonly adopted since several years all around the world and given on a lot of photos on forum, on a lot of herbarium exsiccata without scopic studies.

    In fact, I have seen typus and a lot of collections, I have seen DNA results and I continue to send specimens for DNA study. And globally, the results are: the most common species on wood in the world is S. crinita (even in North America, I have study a lot of collections from US) and S. scutellata is a great complex but, often, rare species.

    So, give the name scutellata is an error at 99%. In fact, today, I don’t know the borders of this species and I’m unable to put this name on a collection. I call it simply “S. scutellata complex”."


    Schwierig, schwierig - wie so vieles in der Mykologie.


    LG, Nobi

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    Chips: 72

  • Hallo Nobi,


    ja nun, wir werden nie wissen, was Linné und/oder Fries unter dem Namen verstanden haben. Einen echten Typus gibt es nicht, DENISON hat aufgrund nicht vorhandenen Typusmaterials in seiner Arbeit 1961 eine Kollektion von Lundell aus Femsjö zum Neotypus erklärt. Darauf basiert wohl die DNA-gestützte Interpretation von S. scutellata. Ebenso wurde für S. crinita ein Neotypus ausgewählt, von SCHUMACHER, weil es kein Originalmaterial mehr gibt. Das ist bei vielen alten Arten das Problem. Schade ist dann eben, wenn das alles dazu führt, dass ein sehr gebräuchlicher Name so interpretiert wird, dass er anschließend praktisch verschwinden wird.

    Allerdings wird es bei Mollisia cinerea ein wenig ähnlich sein, insofern sollte ich mich gar nicht so weit aus dem Fenster lehnen ....


    beste Grüße,

    Andreas