Herbst im Winter

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  • Hallo liebe Pilzgemeinde,


    während es in den höheren Lagen bereits überall zugeschneit ist, sind am Rhein nach wie vor milde Temperaturen.

    Gestern auf einem kleinen Spaziergang dann großes Erstaunen als ich zahlreiche Fruchtkörper von Helvella crispa fand:



    Es gab aber auch noch ein paar Hausaufgaben. Um eine Eibe herum fand ich deutlich purpurne Psathyrellen. Insgesamt standen hier aber noch zahlreiche andere, insbesondere Laubbäume wie Buchen und Ahorn (Stadtpark):


    Es sollte sich um Psathyrella bipellis handeln (erstaunlich, da bei Ludwig angegeben wird "wahrscheinlich thermophil").


    Wegweisend waren schon die deutlich purpurnen Farben der Hüte und auch die purpur-rosalichen Stiele.

    Hüte ca. 3-4cm. Deutlich durchscheinend gestreift und gerunzelt. Hygrophan, ausblassende Mitte mit gelblichen Farben.


    Lamellen dunkel (auch Richtung purpur) mit hellen/weißen Schneiden, Schneiden ohne rötliche Töne.


    Mikroskopie:

    Basidien 4-sporig (siehe Bilder). Sporen 14-15µmx7,5µm, dunkelbraun, deutlicher KP ca. 1,8µm

    Cheilozystiden und Pleurozystiden fusiform (nur selten oder einzeln andere Formen, z.B. mit Kopf), dünnwandig, Pleuros ca. 75µm

    HDS kugelige Zellen


    Übersicht 100-fach in Kongorot


    Cheilos 400fach in Kongorot


    Cheilos 400-fach in Wasser mit ballonförmiger Parazystide


    Pleuros und Basidien 400fach in Kongorot



    In Wasser zeigen sich die Pleurozystiden in der Spitze häufig gefüllt


    1000-fach in Kongorot


    Sporen 1000-fach in H2O:


    HDS und Schnallen in Trama:



    Außerdem noch ein Rätsel an dem ich mir leider sehr die Zähne ausbeiße. Ein kleiner Weißer, mit ockerfarbenen Lamellen und einem gaaanz deutlichen Mehlgeruch, sehr gut wahrnehmbar, trotz der Kälte.

    Gesellig wachsend unter Buchen, in der Nähe auch Birken. Es standen da aber auch noch andere, für mich nicht zu identifizierende Gehölze. Sie auch die länglich gezackten Laubblätter auf den Bildern. Die Pilze wuchsen jedenfalls definitiv saphrophytisch auf den Blättern. Sie wuchsen sehr gesellig. Es waren zahlreiche kleine Fruchtkörper zu finden, im Schnitt 1,5cm große Hüte, nur vereinzelt etwas größer, viele jüngere Stadien.


    Hutfarben wirkten so bleigrau-weiß und überfasert. Stiele ebenso weiß überfasert.

    Lamellen ins ockerfarbene, deutlicher am Exsikkat.


    Basidien 4-sporig: Sporen: 6x3,5µm, ovoid, mit Öltropfen (leider gaben mehrere Hüten keinen rechten Sporenabwurf her). Basidien auch auf Schneide.

    Schnallen definitiv vorhanden

    Keinerlei Cheilo- oder Pleurozystiden aufzufinden.

    HDS mit hyphigen senkrechten Zellen (=Trichoderm?)


    Dachte erst an Clitopilus, aber da sollten die Sporen Längsgrate besitzen und ausserdem haben die wohl regelhaft keine Schnallen


    Vielleicht habt ihr noch eine Idee ...


    Habitus:


    Sporen:


    Schneiden in H2O


    HDS



    Schnallen


    Lamellentrama und Basidiolen



    Beste Grüße

    Sebastian

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    von deiner Psathyrella sind viele Zystiden eher mehr lageniform als fusiform...


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Hallo Stefan, danke für die Rückmeldung


    hmm, die Abgrenzung ist da für mich manchmal etwas schwierig, bei lageniform denke ich immer an eine stärkere Abgrenzung zwischen Bauchteil und Spitze. Hier fand ich die Übergänge schon häufig ziemlich "fließend", was mich auch an die Muskelform erinnert.


    Wahrscheinlich würde man aber nur die 1 (siehe Bild) als wirklich fusiform bezeichnen

    Und 2-3 + Fragezeichen schon als lageniform?


    2 (und vermutlich auch ?) hätte ich bisher auch als fusiform bezeichnet.


    Ludwig spricht von (stumpf) fusoid bis fusoid-lageniform. Das was er dort an Mikrozeichnung präsentiert passt meine ich von den Formen sehr gut zu den Mikrobildern. Ansonsten käme glaube ich als Verwechslungspartne eh nur der "weinbraune Mürbling" infrage und den kann man denke ich definitiv ausschließen: selten, deutlich thermophil, kopfige Pleurozystiden, Schnallen überall fehlend ...


    LG Sebastian

    • Offizieller Beitrag

    Hi,

    fusiform meint auch, dass der Bauch mittig der Längsachse ist; eben wie eine echte Spindel. So bald der Bauch deutlich zur Zystidenbasis hin "wandert", würde ich schon von lageniform sprechen.


    Zu deinem Bild


    1. fusiform; je nachdem wie die Zystide insgesamt geformt ist

    2. fusiform; der Bauch ist ja recht mittig der Längsachse; alternativ kannst du die auch fast schon subzylindrisch nennen, weil der Bauch eben nicht stark ausgeprägt ist.

    3. klar lageniform

    ? lageniform


    l.g.

    Stefan


    P.S. mit welchem Schlüssel hast du gearbeitet?

  • fusiform meint auch, dass der Bauch mittig der Längsachse ist

    Das macht Sinn, das habe ich in der Tat zu wenig beachtet. Danke für die Ausführungen dazu ...


    Gearbeitet habe ich mit Ludwig, allerdings habe ich nicht geschlüsselt. Ich komme mit den Schlüsseln für Psathyrella nicht zurecht. Wenn ich im Schlüssel von Andreas Melzer von P. bipellis (C2) rückwärts gehe, scheitere ich schon am nächsten Schritt: "Keimporus leicht abgeschrägt", das kann ich hier nicht durchgehend oder auch nur häufig erkennen. Bis dahin (also Hauptschlüssel C) wäre ich vermutlich gelangt. Wobei ich gerade sehe, dass der Hinweis auf bipellis unter C18 nochmal kommt, dann scheint das auch kein ganz entscheidendes Merkmal zu sein:


    18 (15) Sporen bis 15(18,5) μm lang.

    P. bipellis (QUEL.) A. H. SM.

    (siehe C 2)


    Aber unter Schritt C 15 hätte ich dann wieder "auffällige Anlagerungen" beurteilen sollen. Hier auch eher fraglich. Grünliche Anlagerungen von kleinem "Material" an den Zystiden finde ich bei zahlreichen Pilzen. Aber ich frage mich jedesmal, ob das was ich dort sehe mit dem Kriterium gemeint ist.


    Insgesamt stellt auch der 2. Schritt eingangs jedes mal für mich schon eine Hürde dar:


    2 Velum überwiegend aus +/- zylindrischen Elementen bestehend oder fehlend. 3

    2* Velum nur aus globosen Elementen bestehend, Hut mehlig-körnig bestäubt. 12


    Ich finde dieses Kriterium sehr schwierig zu beurteilen, gerade bei spärlichem oder auch zartem Velum die Strukturen bzw. Zellen (auf HDS? auf Stiel?) dem Velum zuzuordnen. Zumeist kann ich da gar nichts abgrenzen.


    Der Schlüssel im Ludwig hilft auch nicht, wenn ich da von bipellis rückwärts gehe, finde ich die Nummer von P. bipellis (98.50) subsummiert unter 8.2 und dort gibt es den Hinweis "Sporen max. bis etwa 10µm" lang??? Im Textteil von P. bipellis ist dann aber die Kollektion B mit Sporengrößen um die 16µm beschrieben. Das passt nicht.


    Es bleibt also schwierig, mit anderen Psathyrellen bin ich auch in der Bestimmung gescheitert. Beim Fund hier half definitiv auch das sehr augenfällige farbliche Merkmal in allen Pilzteilen.


    LG Sebastian

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    deswegen frage ich. Der Ludwig ist kein Bestimmungsbuch; er dient nur zur Absicherung einer Bestimmung bzw. zum Verständnis welches Verständnis er zur Art XY hatte. Bei einigen Gattungen hatte er ein eine abweichende Artauffassung zu den Gattungsexperten, wie z.B. bei den Schüpplingen oder Inocyben.


    Leider kenne ich mich mit den Psathyrellen nicht aus; ich habe mich "nur" auf die Tintlinge eingeschossen und bearbeite die ein bisschen weiter.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.