Russula fragilis

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  • Liebe Täublingsfreunde,


    beinahe wäre ich über diesen unscheinbaren, kleinen, schon halb angefressenen Täubling drüber-gelatscht und hätte damit einen neuen Erstfund dem Erdboden gleichgemacht.


    Diesen relativ kurzen Wiesenabschnitt am Waldrand mit Eiche, Buche und einer Birke besuche ich ja öfters und er hat mir mit seiner dauerhaften Bodenfeuchte mit Moos und Gras den ein oder anderen schönen Fund beschert. Auch dieser Fund war mit seinem rosa Hut-Rand, dem Grünanteil und seiner dunkel violetten Mitte wunderschön anzusehen, nur die Bergung dieses fragilen Teiles im Gras war eine chirurgische Meisterleistung.

    Vor allem war er aber beim probieren so richtig schön scharf und mit seinem fast weissen Sporenpulver Ib kam ich dann später im Bestimmungsteil bei EINHELLINGER damit in die Sektion der Atropurpurinae. Die Sporen waren überwiegend rundlich und am Fundort war ja auch keine Erle vorhanden, zur Auswahl standen dann nur R. fragilis und R. cavipes.

    Ein Test "rosa/rot" mit Chemie-NH3 auf den Lamellen verlief negativ, so schied R. cavipes aus und es blieb nur R. fragilis übrig.

    Hier die Funddaten zu meinem Pilz:


    R20-037 fragilis

    03.10.2020 - 13:08

    Standort: Gef, re Wiese

    Eingestuft - Name: fragilis? etc.

    Anz. Exemplare: 4

    Haupt Baumpopulation: Ei, Bu, Bi

    --------

    FUNDORT, Laubwald, Waldrand, Grünfläche/Wiese, Moos, Gras, feucht, nass, Kollin 440m,

    BÄUME 20m UMKREIS, Buche (Fagus), Eiche (Quercus), Hainbuche (Carpinus), Birke (Betula),

    EXEMPLARE, jung, mittel, paarweise,

    HUT GRÖSSE, 1 - 3 cm, 4 - 6 cm,

    HUT FARBE, grün, violett/purpur,

    HUT OBERFLÄCHE, gedrückt/vertieft, matt, seidig, samtig,

    HUT MITTE, dunkler, vio/purp,

    HUT RAND, leicht gerieft, 1/3 abziehbar, 1/2 abziehbar,

    UNTER HUTHAUT, weisslich,

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    LAMELLEN, spröde, weiss bis creme,

    SCHNEIDE, wellig/gesägt,

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    STIEL OBERFLÄCHE, weisslich/creme,

    STIEL KONSISTENZ, zerbrechlich, weich, hohl, wattig, wässrig,

    STIEL VERLETZUNG, ins cremeliche,

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    GERUCH, neutral, schwach, fruchtig, Brot/Gebäck,

    GESCHMACK, sofort, scharf (es gibt Schlimmere)


    SpP Farbe: Ib


    FeSo4: rosa, oberste Stielspitze

    Guajak (8sec) Stiel: 0, neg, blass-gn 20sec

    Guajak (8sec) Lamellen: 0, neg, br/blass-gn 20sec

    Phenol: neg

    KOH Stielbasis: neg

    SV: Stielmark hellblau und grau

    NH3: neg, auf Lamellen


    Sonst. Angaben: gleicher Standort wie R20-022 velenovskyi, Geruch feuchter dünner Obst-Kuchenboden


    1) Hut mit schönem violett, Rand leicht rosa


    2) leicht oliv-grüner Anteil vor der dunkel-violetten Hutmitte


    3) die Lamellen rein weiss, unauffällig, Geruch so gut wie neutral


    4) der Stiel dagegen auffällig lang, auch rein weiss, sehr zerbrechlich


    5) die Huthaut lies sich fast zu 2/3 1/2 abziehen, darunter weiss, Rand leicht gerieft


    6) bei der Bestimmungsarbeit wurden gesägte Lamellen festgestellt


    7) auch eine notierte hellblaue SV-Reaktion im Stielfleisch wurde bestätigt


    8) KF, Incrustationen wurden in der Huthaut nicht festgestellt


    9) SV, gut angefärbte kurzgliedrige Pileozystiden waren dagegen zahlreich vorhanden


    10) Kongo, Exsikkat, DZ zylindrisch, keulig, kopfig, mehrfach septiert


    11) Kongo, Exsikkat, sehr oft zu sehen diese Tröpfchen in den Zystiden


    12) Kongo, Exsikkat, Haare unscheinbar, fast hyalin, zylindrisch, abgerundet


    13) Wasser, die Sporenform kann man schon überwiegend rundlich nennen


    14) Melzer, die Warzen stumpfkeglig und um die 0,5mü hoch


    15) Melzer, das Ornament überwiegend engmaschig, aber auch dazwischen teilnetzig


    16) Messprotokoll, das Sporenmass dürfte ein wenig grösser sein, aber passt


    Danke für euer Interesse, bis bald und passt auf wo ihr gedenkt im Wald hinzutreten...

    Grüsse


    claus

  • Hallo Claus,

    Ich finde R. fragilis üblicherweise bei Eiche, die Du ja auch mit angegeben hast. Wenn die schartigen Lamellen nicht ausgeprägt sind und man den Geruch nicht kennt, ist eine sorgfältige Mikroskopie wie Du sie zeigst unbedingt erforderlich. Wie viele andere Täublinge ist R. fragilis extrem farbvariabel doch In typischer Ausprägung ist die lange dunkel bleibende Hutmitte ein guter Hinweis. Ich habe aber schon Extreme gesehen, die ich nie für möglich gehalten hätte und die zur Sicherheit von Felix Hampe oder Werner Jurkeit bestätigt wurden.

    Zu der perfekten Mikrodarstellung greife ich mal in meinen Russulaordner :).

    Die ersten drei Kollektionen sind ja noch im Rahmen und alle vom gleichen Tag am gleichen Standort unter einer einzelnen Eiche.
    Einmal alle anwesenden Farbvariation zusammengestellt


    Einmal typische Exemplare wie ich sie meistens finde


    und hier nochmal ein Auswahl unversehrter, frischer Exemplare


    Jaaaaa, das sind sie auch.


    Ohne Rottöne ist ebenfalls möglich


    Zur Abrundung noch in gelb. Ich bleibe hier bei dem Namen R. fragilis var. gilva auch wenn Sequenzierungsergebisse gegen den Variationsrang sprechen. Schartige Lamellenschneide, typischer Fragilisgeruch, Sporenpulver weiß und absolut identische Mikros. Der Gelbton in den Lamellen war leider nicht zu vermeiden, da ich schattieren musste, damit nicht Alles überstraht wird.


    LG Karl

  • Hallo Karl,


    ich finde es einfach klasse, dass du zu dem Portait noch ein paar Bilder mit angefügt hast.
    Das zeigt wunderbar wie gerade dieser Täubling doch in den Farben unterschiedlich sein kann und eine makroskopische Einschätzung manchmal sehr schwer fallen kann.

    Herzlichen Dank für diese Ergänzung.

    Grüsse

    claus

  • Sehr schön, Claus!


    LG Rudi

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  • Hallo Karl,

    enorm, wie farbvariabel R. fragilis daherkommen kann. Eine zusätzliche Schwierigkeit beim Bestimmen ist sicherlich auch, dass R. fragilis mehrere verschiedene Baumpartner hat.

    Ich hätte noch zwei Fragen dazu:

    1) Du schriebst vom typischen fragilis-Geruch, der bei der Erkennung der Art im Feld sehr helfen würde. Womit assoziierst du den fragilis-Geruch? Das angebliche "Englische Bonbon" bzw. "Eisbonbon" aus der Literatur habe ich im Feld noch nie erriechen können. Vielleicht rieche ich was, wenn ich eine Assoziation habe.

    2) Wie passt die R. olivaceoviolascens EINHELLINGERs, zitiert in Großpilze Baden-Württembergs Band 2, in diesen Koplex rein? Die Pilze auf Foto Nr. 2 und 3, vielleicht auch einige auf Foto 1 hätte EINHELLINGER möglicherweise R. olivaceoviolascens genannt. Oder doch nicht?

    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Hallo Oehrling,

    sichere R. fragilis incl. var. gilva, finde ich bei mir nur unter Quercus robur. R. laccata mit nahezu gleichem Geruch aber ohne gesägte Schneiden nur unter Weide, darunter auch ein Fund ohne rotviolette Töne sondern mit grüner Mitte. R. atrorubens, ebenfalls mit mehr oder weniger gleichem Geruch, hatte ich bisher nur bei Fichte. Im Mischwald lasse ich die Dinger gewöhnlich stehen.

    Ich habe bewusst geschrieben Fragilisgeruch, weil sich mir der Vergleich mit "Englische Bonbon" bzw. "Eisbonbon" nicht erschließt. Ich habe mir vor mehr als 20 Jahren extra mal solche Bonbons besorgen lassen :). Esterartig wie Peter schreibt, trifft es für mich auch nicht so ganz da ich meine es wäre immer noch eine Kokoskomponente mit enthalten.

    R. olivaceoviolascens wird wohl R. atrorubens mit Grünanteilen sein und sollte ebenfalls im Nadelwald stehen. Habe ich selber jedoch noch nicht gefunden.

    Noch eine kleine Episode zur Farbvariabilität, die ca 15 Jahre zurückliegt. Ich kannte damals R. fragilis nur so wie den Fruchtkörper im Bild rechts oben, als mir von einem niederländischen Täublingspezialisten Exemplare wie die drei weiteren im Bild als R. fragilis gezeigt wurden. Auf meinen überraschten Einwand bezüglich der Farbe meinte er grüne Fruchtkörper seien bei ihm häufiger als rotviolette. Auch am damaligen Fundort war Eiche im Spiel und die Frk. auf dem Bild wuchsen unter Quercus robur.


    LG Karl