Arrhenia spathulata - Gezonter Adermoosling ?

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 2.535 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Hallo und guten Abend!

    Auf einer Feldsteinmauer in Hornberg fand ich heute an Moos solche kleinen, vielleicht 5-10 mm großen Pilzchen.

    Viel mehr als auf den Fotos zu sehen ist kann ich nicht dazu sagen, ich hab sie mangels Möglichkeit weiterer Untersuchung nicht mitgenommen.

    Ich denke es könnte sich um Arrhenia spathulata handeln.

    Wer kann dies bestätigen, korrigieren oder ergänzen?

    Danke!

    Chris


  • Ahoj, Chris,

    ich würde sagen: stimmt.


    LG

    Malone

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    Galerie: Pilzfotos "zum Anfassen"/Stereobilder

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  • Hallo Felli,

    nach der Artbeschreibung hier im Forum wäre Arrhenia retiruga immer ungestielt und nie zoniert, während spathulata die tief geschlitzten Fruchtkörper mit kleinem Stielchen und +/- zonierter Oberfläche typisch sein sollten. Arrhenia retiruga kenne ich ganz gut, der ist irgendwie schmächtiger und immer ohne Stiel angewachsen.

    Deshalb kam ich drauf, ich lass mich aber gerne korrigieren.

    Gruss Chris

  • Hallo Chris,

    Auf deinen Fotos ist meiner Meinung nach kein Stiel , nur die schmalere Basis des Fruchtkörpers.

    Lamellenähnliche Strukturen fehlen auch.

    Also plädiere ich auch für retiruga.

    Bild von retiruga von gestern (mikroskopisch überprüft)

    Gruß

    Norbert

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  • Servus Chris,

    ja, ich muß dir recht geben , der Stiel ist schon auffallend.

    Und wenn du A.retiruga gut kennst, lieg ich verm.mit meiner Annahme daneben.

    Mal sehn, vielleicht gibts ja noch andere Meinungen dazu.

    Grüße

    Felli

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Leute!


    Der Fund von Chris ist aus meiner Sicht schon ein (recht frischer) Gezonter (Arrhenia spathulata).
    Je jünger die Fruchtkörper, desto undeutlicher die "Zonierung" und desto weniger ausgeprägt die Aderung des Hymenophors.

    Aber: Die Wuchsform spielt hier die entscheidende Rolle. Wobei man vielleicht nicht unbedingt das Hauptaugenmerk auf "gestielt oder nicht" legen kann.
    Wichtig ist die Form von der Anwuchsstelle aus. Den tütenförmigen Habitus hat nur spathulata, retiruga nie. Bei retiruga ist die Ansatzstelle dorsal oder lateral, darum die Position des Hymenophors anders ausgerichtet, darum entsteht niemals so eine aufstrebende "Pommestüte".

    Bei Hohenbuehelia sieht das ganz ähnlich aus: da gibt es die Arten mit tütenförmigem Habitus um Hohenbuehelia petalodes und die mit dem ohrförmigen Habitus um Hohenbuehelia grisea, mastrucata usw. Das ist in den Fällen schon ein ziemlich hartes Merkmal und hängt wohl mit der Wuchsweise bzw. mit der ökologischen Amplitude zusammen. Bei Hohenbuehelia: Die bodenbewohnenden Arten oder Arten auf völlig zerfallenem, urmorschem Holz bilden tütenförmige Fruchtkörper, weil die vom Boden irgendwie in die Höhe rauf müssen. Die Arten, die weniger morsches, oft sogar im Luftraum hängendes Totholz verwerten, die brauchen sich nicht nach oben zu strecken. Die können auch den fruchtkörper einfach zur Seite ausbreiten (lateraler Ansatz) oder an Substratunterseiten aufhängen (dorsaler Ansatz).
    Bei Arrhenia hat es wohl auch mit dem Substratspektrum zu tun: Arrhenia spathulata ist ziemlich strikt auf aprokarpe Moose fixiert. In aller Regel Tortula. Diese Moose bilden Polster aus gerade aufstrebenden Einzelpfänzchen. Die Arrhenia verwertet die abgestorbenen Teile des Mooses, muss dann also die fruchtkörper von diesen unten liegenden Pflanzenteilen irgednwie nach oben und durch die vitalen Moospolster hindurch schieben.
    Arrhenia retiruga hat ein viel weiteres Substratspektrum, bewohnt aber eher selten aprokarpe, sondern meistens pleurokarpe Moose sowie Grasreste, Krautstengel usw.
    Pleurokarpe Moose und liegende Grashalme sind aber viel mehr horizontal ausgerichtet, so daß da die Fruchtkörper einfach seitlich oder dorsal drangeklebt werden können, die müssen sich nicht nach oben orientieren und können es deshalb bei der Bildung von Schüsselchen, Öhrchen, Läppchen und so weiter belassen.


    Soweit mal die ausschweifende Erklärung, vielleicht hilft's hier und da oder verwirrt wenigstens gänzlich. :gzwinkern:


    Mikroskopisch wüsste ich nichts, woran man Arrhenia retiruga und Arrhenia spathulata trennen könnte.
    Neben der Wuchsform und der ökologischen Amplitude sind nach meiner Erfahrung nur noch die Färbung (inklusive Pseudozonierung bei spathulata falls vorhanden) sowie die Konsistenz und Haptik relativ verlässliche Trennmerkmale der beiden Arten.



    LG; Pablo.

  • Hallo, Leute!


    Der Fund von Chris ist aus meiner Sicht schon ein (recht frischer) Gezonter (Arrhenia spathulata).
    ...Die Wuchsform spielt hier die entscheidende Rolle. ... Wichtig ist die Form von der Anwuchsstelle aus. Den tütenförmigen Habitus hat nur spathulata, retiruga nie. Bei retiruga ist die Ansatzstelle dorsal oder lateral, darum die Position des Hymenophors anders ausgerichtet, darum entsteht niemals so eine aufstrebende "Pommestüte".

    Vielen Dank für die ausführliche, nachvollziehbare Erklärung. Da wird mein Pilz ja eine richtige "Persönlichkeit" ;)

    Und Gruß von Chris

  • Liebe Pilzfreunde


    Ich befasse mich seit kurzem etwas intensiver mit Arrhenia und finde deshalb die Erläuterungen von Pablo besonders interessant.

    Dazu eine Frage.

    Mikroskopisch wüsste ich nichts, woran man Arrhenia retiruga und Arrhenia spathulata trennen könnte.

    Neben der Wuchsform und der ökologischen Amplitude sind nach meiner Erfahrung nur noch die Färbung (inklusive Pseudozonierung bei spathulata falls vorhanden) sowie die Konsistenz und Haptik relativ verlässliche Trennmerkmale der beiden Arten.

    Sind es denn wirklich zwei verschiedene Arten? Gibt es DNA-Untersuchungen dazu? Hat jemand ein Kladogramm von Arrhenia?

    Welcher Schlüssel empfiehlt sich zum Schlüsseln von Arrhenia?


    Gruss


    Paul

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Paul!


    Ob das mittlerweile etwas besser aufgedröselt und auch genetisch untersucht ist, kann ich leider nicht sagen.

    Mein Stand ist im Grunde kaum weiter als Funga Nordica, bzw. Gröger und Ludwig.


    Was richtig Schönes, zusammenhängendes zu der Gattung (inclusive der ganzen in letzter Zeit dahin transferierten Arten) wäre ganz interessant.
    Ich kenne die beiden vor allem aus Erfahrungswerten, sowohl das, was nach gängiger Literatur spathulata sein soll und das, wass nach gängiger Literatur retiruga sein soll inzwischen rehct gut, denn beide Arten sind in meienr Gegend stark verbreitet und an den entsprechenden Standorten häufig.

    Bisher hatte ich nie Schiweirgkeiten, die zu trennen. Auch ohne MIkroskopie, da sie makroskopisch meiner Meinung nach eben schon sehr verschieden Aussehen.

    Oben den Hinweis auf die Konsistenz und Haptik kann man noch genauer spezifizieren: retiruga ist eher fluffig - fast schon ein wenig wattig, spathulata dagegen mehr knorpelig.

    So kommen schon einige Merkmale / Faktoren zusammen, die auch nach meinen Beobachtungen konstant sind. Jedenfalls habe ich selbst noch keine wirklcihen Übergänge beobachten können.



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo


    Vielen Dank für deine weiteren Ausführungen. Vor drei Tagen habe ich Arrhenias auf einer Betonmauer auf Moos gefunden, die ich als A. spathulata bezeichnen würde. Die Konsistenz ist allerdings nicht knorpelig, eher häutig-dünn. Sie sind aber tütenförmig.



    Vielleicht werden wir mal im Rahmen des Pilzvereins Zürich einige Arrhenias sequenzieren lassen. Ich wäre dann gespannt ob z.B. die Unterscheidung spathulata/retiruga den bisherigen Kriterien entspricht.


    Liebe Grüsse


    Paul

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Paul!


    Optisch sind das für meinen Begriff typische spathulatas, genau. :thumbup:

    Vielleicht nicht ganz frisch, darum nicht "knorpelig", wobei das bei den dünnen Pilzchen auch nicht ganz einfach ist zu beschreiben.
    Man müsste am besten mal mit einer Hand ein paar retirugas knuddeln, mit der anderen ein paar spathulatas.
    Und dann natürlich gleich zum sequenzieren geben. Bin ich mal gespannt, was ihr da raus bekommt!



    LG; Pablo.