Gyromitra gigas vs. Gyromitra ticiniana

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 7.599 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Till R. Lohmeyer.

  • Hallo liebes Forum!


    Ein Freund von mir fand vor kurzem diese Gyromitra in der nähe von Leipzig. Angeregt durch dieses Thema >>HIER<< in dem Tricholomopsis etwas von einer Gyromitra ticiniana erzählte beschloss ich diesen Fund mal genauer unter die Lupe zu nehmen und mir bereitstehende Quellen zur Differenzierung beider Arten zu konsultieren. Leider Ende ich bei dem Punkt dass wohl beide Arten nicht so gut trennbar sind, so wie angegeben. Aber erstmal der Reihe nach...


    Alle Makrobilder sind durch © Daniel Rödiger entstanden.


    Fundbeschreibung:


    Fundort: Reiner Laubwald bei Birken, Espen und Erlen an wie es Scheint Laubholz, welches teilweise Vergraben ist.


    Makroskopie:


    Hut: Grobrunzelig Ocker-Rotbraun.


    Stiel: Kurzer weißer Stiel.


    Geruch und Geschmack nicht getestet.







    Mikroskopie:


    Sporen stammen allesamt aus einem Abwurfpräperat. 28-36 x 10-13 µm mit 3 Guttulen und kappen an jedem Ende. Aber wie ich finde in der Größe sowie in der Form sehr variabel.





    Ornamentik: Sehr schwierig abbildbar aber klar ornamentiert, zumindest die Abwurfsporen. Interessant dass diese Ornamentik beim betrachten der Sporen im Ascus nicht wahrnehmbar ist!



    Hier erkennt man mehr oder minder gut wodurch diese Ornametation entsteht und zwar durch aufreißen der Äußeren Sporenhülle. Aber direkt netzig konnte ich nur bei sehr wenigen Sporen beobachten, meistens war es eher Sandpapierartig, rauh halt. Übrigens wenn man die Sporen in Ammoniak untersucht kann man beobachten wie sich die "Ornamentation" sowie die Anhängsel auflösen.



    Sporen in Ammoniak ohne Anhängsel:



    Vergleicht mal das Thema >>HIER<< da wird das alles nochmal genauer besprochen ( Achtung italienisch! ). Wenn es um meine Meinung geht halte ich das Taxon G. ticiniana für unreife G. gigas oder halt andersrum, zu der These würden die etwas kürzeren Sporen und das fehlende Ornament passen, welches bei unreife ja nicht aufreißen kann. Van Vooren packt G. gigas in den Nadelwald meine bisher bekannten Funde stammen allesamt so wie dieser aus reinstem Laubwald. Ich bin ehrlich ich weiß nicht was ich davon halten soll. Was meint Ihr wie würdet Ihr mit dem Wissen den Fund einschätzen? Ich wäre hier bei G. gigas, der Sporenmaße schon halber. Aber was haltet Ihr von dem Taxon G. ticiniana? >>HIER<< Ist nochmal ein Portrait von G. ticiniana auf Asco-france welches auch fein rauhe Sporen zeigt, also darf der doch rauh obwohl in der Beschreibung glatt steht?

    So richtig seh ich da nicht durch...

    Liebe Grüße vom Enno  



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  • Hallo Enno,


    das ist etwas für Christoph. Für mich waren das bisher immer astreine G. gigas und mikroskopieren tu ich nicht.


    Sind deine Funde vom Lerchenberg?


    VG Jörg

  • Hallo Jörg!


    Laut Daniel stammen die aus Brandis, also nicht vom Lerchenberg, deshalb war meine Neugierde groß. Übrigens hieß der Entdecker auch Jörg :/ ^^


    "Meine persönlichen Funde" hab sie ja bis dato immer gezeigt bekommen stammen aus der Region um den Lerchenberg ja. Aber auch da just nur laubholz.

    Liebe Grüße vom Enno  



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  • Servus Enno,


    danke für den interessanten Beitrag!


    Ich erkläre mal kurz, wie ich generell auf Gyromitra ticiniana kam. Till Lohmeyer hatte mich mal vor vielen Jahren darauf aufmerksam gemacht, dass eine "Laubwald-G.-gigas" beschrieben wurde. Ich selber kannte Gyromitra gigas bis dahin nur im Nadelwald, bevorzugt montan bis hochmontan.

    Dass Gyromitra gigas auch im Laubwald wachsen kann, war mir selber damals (90er Jahre) unbekannt. Und so regen Austausch wie heute untger Pilzkundlern in Foren gab es ja noch nicht wie heute. Da ging alles noch etwas langsamer.


    Das änderte sich, als ich dann etwas bei einer Exkursionim Jahr 2012 in die Hand gedrückt bekommen hatte, was für mich genau wie Gyromitra ticiniana im Sinne dessen, was damals beschrieben wurde, aussah:




    Das Substrat ist im Boden vergabenes Laubholz, das sich als Linde herausstellte. Das Habitat war ein Laubmischwald (das Foto ist nicht vom Originalfundpunkt). Mir fielen die recht groben Windungen auf.


    Im Gegensatz dazu kannte ich Gyromitra gigas s. str. eben anders, nämlich enger gewunden und an Fichte:




    Hier war es auch vergrabenes Holz. Wir waren beim Fund in ca. 1400 m Höhe in Vorarlberg im Montafon - im Fichtenwald. Im Raum München finde ich Gyromitra gigas auch ab und zu, aber selten und dann auch an Fichte.


    Zurück zum Laubholzfund (bei Augsburg). Ich hatte reinmikroskopiert - natürlich noch nicht wirklich reif. Das ist ja das Problem mit den Morcheln. Dennoch, obwohl kein Abwurf möglich war und viele Asci unreif, konnte ich schon erkennen, dass sich ein Ornament bildete. Es war meist rau, teils schon feine Netzmaschen. Wenn die schon unreif ein Ornemant zeigen, dann kam ich zu dem Schluss, dass sie reif klar und deutlich ornamentiert waren.

    Langer Rede kurzer Sinn: ich habe die Lindenlorchel dann als Gyromitra gigas abgehakt.


    Meine Erklärung war, dass Gyromitra ticiniana als Art entweder nichts taugt oder sie zu wärmeliebend ist, um hier in Oberbayern oder schwaben aufzutreten.

    Die These, Gyromitra ticiniana sei nur eine unreife Gyromitra gigas im Laubwald hatte ich schon mit Till diskutiert gehabt und wir fanden es nicht unwahrscheinlich. Nur belegen kann man sowas ja nur schwer. Nichtdestotrotz hatte ich Gyromitra ticiniana bei mir quasi abgehakt.

    Bei dem Fund aus dem Jahr 2012 (das oberste Foto) war ich aber dennoch so unsicher - wegen der groben Waben - dass ich den Fund ins BMG-Forum gestellt hatte (wertneutral fragend). Die Diskussion war wie zu erwarten wenig tiefschürfend, da sich niemand mit Laubwaldfunden zu Wort meldete. Und Gyromitra ticiniana hatte ich da ja als Phantom abgehakt gehabt. Peter W. hat allerdings dankenswerterweise auf die Zeitschrift ascomycete.org verlinkt und ich fand die Monographie der Gattung von Van Vooren & Moreau. Und siehe da, sie erkennen Gyromitra ticiniana an.


    Meine Schlussfolgerung war: es gibt sie doch! Nur war das, was ich da an Linde hatte, eben doch nicht G. ticiniana wegen des Ornaments. Warum sollte ich aber, was die Existenz der Art angeht, den Spezialisten misstrauen? Pierre-Arthur Moreau war mir bestens bekannt durch seine Agaricales-Studien. Van Vooren war mir namentlich bekannt - und die Studien waren ja recht ausführlich.


    Für mich also wieder zurück auf Los - und wieder Gyromitra ticiniana auf den Schirm nehmen.


    Das Foto hatte ich ja schonmal gezeigt, das Van Vooren & Moreau als G.ticiniana bestätigen:


    Der rechte unten entspricht da wieder dem Fund an Linde von oben. Also folgerte ich logischerweise, dass zwischen den beiden eben makroskopisch doch nichts geht.


    Jetzt kommst du, Enno, mit den Verweisen auf Diskussionen und die Portraitseite von ascofrance, dass G. ticiniana doch ein Ornament haben könne. Die Diskussion kommt mir bekannt vor, denn das Gleiche ist bei einer Diskussion um Gyromitra aleucoxantha vs. Gyromitra accumbens passiert - Gernot hat hier auf Unstimmigkeiten bei Van Vooren & Moreau hingewiesen. Die Diskussion ist diesbezüglich sehr interessant, finde ich.


    Fazit:

    Ob die Laubwald-Funde aus dem Tiefland und die Fichten-Funde aus dem Bergnadelwald konspezifisch sind, lässt sich genetisch klären. Schön wäre es, wenn der Typus von Gyromitra ticiniana sequenziert werden könnte. Bis das Problem genetisch angegangen wird, kann man wohl nur spekulieren... Drei Möglichkeiten:


    1.) Es stimmt, dass Laubwaldfunde gröber und plumper gewunden sind, diese als Gyromitra ticiniana angesprochen werden sollten und diese Art entgegen der Originalinterpretation ornamentierte Sporen haben darf. (Dann wäre demnach der Lindenfund von oben wirklich Gyromitra ticiniana, obwohl die Sporen ornamentiert sind)


    2.) Alle Gyromitra ticiniana mit Ornament sind einfach nur falsch bestimmt und die "echte" (die ich dann nicht kenne), bleibt wirklich glatt, bis der Fruchtkörper zerfällt und überreif ist.


    3.) Gyromitra gigas gibt es im Laub- und Nadelwald. "Gyromitra ticiniana" ist nur eine nicht ganz reife Gyromitra gigas und deshalb ein späteres Synonym.


    Welche der drei Möglichkeiten stimmt?


    Was bleibt? Wenn ihr immer wieder Laubwaldfunde habt... wie eng sind die Fruchtkörper gewunden? Besteht da wirklich ein Zusammenhang mit der Art der Windungen?

    Was auch prüfbar wäre: gibt es Kollektionen, die auch schon zerfallend und überreif kein Netz auf den Sporen bilden? Dafür muss man auch die Laubholz-Gyromitrae mikroskopieren.

    Oder man hat die Kohle, einfach mal sequenzieren zu lassen...


    Ich finde das Thema jedenfalls sehr spannend.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Liebe Freunde,


    in diesem paper wird die Wahrscheinlichkeit zweier echter Arten befürwortet. Unterstützt wird dies durch ein Phylogram und ein Cladogram. Beide Arten werden ausführlich beschrieben.


    Carbone et.al. (2018) - Preliminary phylogenetic and morphological studies in the Gyromitra gigas lineage, Ascomycete.org, 10(5),187–199

    DOI: 10.25664/ART-0241


    Wer keinen Zugang hat bitte PN.


    Beste Grüße

    Stefan

  • Hallo Leute!


    Tricholomopsis


    Vielen Dank für dein Statement. Interessant dass du auch schon mal vor dem Problem standest. Die Lösung des Problemes könnte Bibliothekar liefern. Ich bin gespannt was da drin steht. Klar ist derzeit das für mich nichts klar ist. Und ich sehe es Wie Christoph mit den 3 Möglichkeiten.


    Das mit den Windungen ist mir noch nicht aufgefallen, da ich bis Dato nur Laubwaldfunde kannte. Ich versuche den Fund zu herbarisieren. Leider ist er schon arg in Mitleidenschaft gezogen, mal schauen was noch zu retten ist.

    Liebe Grüße vom Enno  



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  • Servus Stefan, servus Enno,


    das ist ja perfekt - kaum schreibt man drüber, schon hat Stefan den passenden Artikel parat. Da ich keinen Zugang zur Ascomycete.org habe (bis auf die open access-Ausgaben natürlich), hatte ich nicht gewusst, dass das Problem schon angegangen wurde.


    Es gibt also drei Arten aus dem Gyromitra-gigas-Aggregat:


    Gyromitra gigas s.str. (Europa)

    Gyromitra ticiniana (Europa und Nordamerika)

    Gyromitra spec. (Nordamerika)


    Wobei entweder Gyromitra spec. die Gyromitra korfii ist oder Gyromitra ticiniana Gyromitra korfii ist (der Typus von Gyromitra korfii wurde für die Studie nicht ausgeliehen und konnte nicht sequenziert werden... Dabei ist es nur ein nomenklatorisches Problem, wie die "Laubwald-G.-giga" mal heißen wird.


    Da Gyromitra ticiniana und Gyromitra gigas epitypisiert wurden, kann man die beiden nun definieren (egal, welchen Namen erstere später mal tragen wird).

    Von den Möglichkeiten, die ich aufgezählt habe, bleibt also, dass beide existieren und beide ornamentierte Sporen haben.


    Schaue ich mir die Fotos in dem Paper an, so kann ich die beiden nicht unterscheiden. Beide sind m.E. zu variabel. Man kann nur sagen, dass Gyromitra gigas eben eine typische Nadelwaldart ist. Ein sequenzierter Beleg stammt allerdings aus einem reinen Buchenwald und landete mit 100% bei Gyromitra gigas. Das sie selten mal auch im reinen Laubwald sein darf, ist für eine Bestimmung natürlich wenig hilfreich.


    Was bleibt?


    Gyromitra ticiniana hat schmalere Sporen und daher einen im Schnitt etwas größeren Quotienten: (22-) 25–31 (–34) × (9.5–) 10.5–11 (–12) μm. Q= (2.2–) 2.5–2.7 (–2.8)

    Gyromitra gigas hingegen hat breitere Sporen: (25-) 27–32 (–34.5) × (11.5–) 12–13 (–14) μm; Q= (2.1–) 2.2–2.5 (–2.75)


    Dann soll bei Gyromitra gigas das Ornament auch in Wasser sichtbar sein, bei G. ticiniana nur in Baumwollblau.


    Es wird dann wiederum eine Kollektion von G. gigas genannt, bei der die Sporen von einem Fruchtkörperstück nur 10-11 µm breit waren, von einem anderen Stück wiederum 12-13 µm breite Sporen hatte. Die Autoren erklären es damit, dass der Fruchtkörper noch nicht überall komplett reif war.


    So ganz sattelfest klingen für mich die Unterschiede noch nicht. Was "wir" aber machen können: Finden wir Riesenlorcheln, lassen wir sie komplett überreif werden, messen dann die Sporen aus und prüfen nach, ob das, was Carbona et al. (2018) schreiben, in der Form reproduzierbar ist.

    Jetzt, wo klar ist, dass G. ticiniana existiert und eine Laubwaldart ist, hat man eine andere Ausgangssituation. Falls diese Art aber nur genetisch erkennbar ist, wäre das für die Bestimmungspraxis ungünstig, da es eben leider nicht zu 100% über die Ökologie geht. Vielleicht aber zu 95%?

    Mich würde nicht wundern, wenn die sächsischen Laubwald-Gyromitrae, die keine Zipfellorcheln sind, nicht alle Gyromitra ticiniana sind.


    Ich werde, wenn ich den Artikel komplett durchgeackert habe, den Schlüssel natürlich korrigieren. Und so gefällt mir das - Wissenszuwachs, was gibt es schöneres? (Rhetorische Frage!)


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Christoph,


    danke für die schnelle Super-Anfangs-Auswertung des Artikels. Das hilft doch ein Stück weit weiter, die Augen , ja auch die scharfen, genau zu benutzen.

    Ich hoffe nun, daß meine Gyromitra gigas (?) von 2018 in einem überlebensfähigen Zustand wieder erscheint. Durch Schimmelbefall schon im Jungstadium, war die Diagnose auf Gyromitra gigas cf. nur an Hand sehr weniger unreifer Sporen möglich. Das Nachreifen lassen führte am Ende zum Totalverlust des Pilzes. Es war ein Jungfichten-Forst, aber der Fruchtkörper stand bei einem alten Stubben einer Birkenreihe. Ich hatte bei einer vernüftigen Spore nur nach den polaren Anhängseln geschaut und nicht nach einem Ornament. Man kann nur lernen... :daumen:


    Beste Grüße

    Stefan F.

  • Danke für diese äußerst interessante und konstruktive Diskussion, Enno, Christoph und Stefan!:thumbup:

    Beeindruckend, was ihr innerhalb eines Tages hier an Wissen zusammengetragen habt.

    So macht Forum Spaß!


    Auch wenn ich mich in diesem Fall wegen fehlender Funde nicht in die Diskussion einbringen konnte, bin ich begeistert!

    Und so kann es gern weitergehen!


    Liebe Grüße vom Nobi

    Hier geht es zu meinen Themen.

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    Chips: 72

  • Servus beinand,


    ich habe den Gyromitra-Schlüssel nochmal überarbeitet und dabei auch die Erkenntnisse aus diesem Thread eingebaut.


    (das nur zur Info - jetzt müsste die Bestimmung besser gehen)


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Liebe Freunde,


    es gibt ein ganz aktuelles update zum Gyromitra-Abenteuer:


    Xin-Cun Wang & Wen-Ying Zhuang (2019) A three-locus phylogeny of Gyromitra (Discinaceae, Pezizales) and discovery of two cryptic species, Mycologia, 111:1, 69-77, DOI: 10.1080/00275514.2018.1515456 http://


    ABSTRACT


    Gyromitra species are known as “false morels” and produce cerebriform or discoid ascocarps. The genus is widely distributed in the Northern Hemisphere, and some species are poisonous. Infrageneric phylogenies based on 28S nuc rDNA (28S) are available, but molecular analyses derived from other genes are lacking. In this study, Gyromitra specimens deposited in HMAS were reexamined. Phylogenies inferred from 28S, nuc rDNA internal transcribed spacers (ITS1-5.8S-ITS2 = ITS), and the translation elongation factor 1-α (TEF1) gene were obtained, and four clades were revealed among 13 species. Two new cryptic species of Gyromitra, G. pseudogigas, sp. nov. and G. tianshanensis, sp. nov., are described. Gyromitra pseudogigas has saddle-shaped apothecia similar to those of G. infula and is sister to G. gigas in the phylogeny. Gyromitra tianshanensis clusters with G. infula and G. xinjiangensis but differs in morphology and sequence data.


    Gyromitra pseudogigas und Gyromitra tianshanensis wollen in den Kreis aufgenommen werden. Werden sie Bestand haben?


    Ausleihe auf dem üblichen Weg über PN möglich.


    Beste Grüße

    Stefan F.

  • Servus Stefan,


    die beiden neuen Arten sind allerdings "Chinesen". Ob die bei uns vorkommen? Da Gyromitra ticiniana in dem Stammbaum nicht berücksichtigt wurde, hatte ich den Artikel hier gar nicht mit eingebracht.


    Nebenbei angemerkt - ich bin auf Lebenszeit Mitlgied in der MSA, die die Mycologia rausgibt. Falls jemand da ein Paper braucht, kann ich auch gerne weiterhelfen (falls Stefan nicht greifbar ist) ;)


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Christoph,


    dich als funktionierende Mycologia-Quelle auf Lebenszeit zu wissen finde ich super. :thumbup:

    Ich habe nur freien Zugang ab 2008, aber eben auch den Dokumentlieferdienst ...


    Beim Thema ist es für mich nützlich, über verschiedene Aspekte lernend in einen ganzen Komplex eindringen zu können, ohne die Pflicht zu haben alles gleich verstehen zu müssen. Methodisch war das als Lehrstoff für mich sehr wirksam.


    Beste Grüße

    Stefan F.

  • Hallo, Gyromitriker -


    leider schaue ich nicht immer ins Forum, wenn es einen interessanten Thread gibt, oder aber viel zu spät.


    Die G. ticiniana fasziniert mich, seitdem mein verstorbener Freund Hans-Gunnar Unger am 24.4.1992 im NSG Dummersdorfer Ufer bei Lübeck "auf nackter Erde (Muschelkalk, Humus) an einem Knick bei Carpinus" - der nächste Nadelbaum war vermutlich kilometerweit entfernt - eine Gyromitra fand, bei deren Bestimmung wir mehr nolens als volens bei jener Art landeten, die 1987 als G. ticinense beschrieben worden war. Galli & Littini hatten sie schon 1981 als "Gyromitra spec." vorgestellt (Mic. Ital. 1981: 43-46), und nur dieser Artikel stand uns anfangs zur Verfügung. Ich habe damals sogar mit R. Galli korrespondiert, der sich nicht mit der 1987 von Littini veröffentlichten "Arterhebung" zu G. ticinense anfreunden konnte. Nachdem sich inzwischen die These von der Eigenständigkeit durchgesetzt zu haben scheint, bin ich mir ziemlich sicher, dass Hans-Gunnar damals tatsächlich der erste Nachweis außerhalb Italiens gelungen war.


    Schöne Grüße

    Till


    PS: Ein "Knick" ist übrigens eine norddeutsche Wallhecke. Diese Landschaftselemente sind z. T. sehr alt und hochinteressante Pilzstandorte.