ein einsamer Champignon...

Es gibt 16 Antworten in diesem Thema, welches 4.623 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Pilzerkenner!


    Dies ist ein schwieriger Fall und vermutlich nicht lösbar. Die Krux ist: Es handelt sich um ein Einzelexemplar, und zudem hat sich der Beleg auch noch zersetzt, weil nicht anständig getrocknet.
    Aber herzeigen kann man den Fund ja trotzdem mal, auch wenn es vielleicht nicht zu einer Bestimmung kommt. Aber ein paar Anregungen und Ideen kommen vielleicht zusammen, also schaun mer mal.


    Gefunden am 15.08.2017 auf einem Autobanhparkplatz bei Viernheim, auf sandigem, ziemlich trockenem Boden in schütterem Gras.
    Der Fruchtkörper ist fleischig, die Hutoberfläche nach Stunden ockerlich gilbend, die Stielbasis im Anschnitt erst für vielleicht 1 Sekunde gelblich, dann orangerötlich. Der Geruch ist interessant: Im Schnitt riecht die geriebene Schnittfläche im Hutbereich unbedeutend, also quasi nach Zuchtegerling. Die Stielbasis riecht jedoch im Schnitt (beim Rubbeln der Schnittfläche) deutlich Jodartig (=Desinfektionsmittel, Krankenhaus, "Karbol").
    Der Ring ist einfach, unterseits nicht belegt, und hängend (nach oben abziehbar).

    Theoretisch könnte der Falsche Wiesenchampignon - Agaricus pseudopratensis - eine Option sein, aber der sollte wohl eine sterile Lamellenschneide mit Cheilozystiden haben. Hier sind keine wirklichen Cheilos zu finden, auf der Lamellenschneide sind Basidien, Basidiolen und basidiolenartige, sterile Elemente (teils auch wie kurze Hyphidien wirkend) vermischt.







    Nuja, Champignon, Einzelfruchtkörper und dann auch noch eine schwere Gruppe...
    Vielleicht lässt der sich ja mal wieder finden, mit ein paar mehr Exemplaren.



    LG, Pablo.

  • Hmm- ichbekomme die Bilder nicht auf.


    Gruß Nosozia

    Frei nach dem Stenkelfeld Motto: Pilze braten - Symptome raten!

  • Hallo Pablo,


    ich auch nicht. Dienlich könnte ich dir in dieser Gattung eh nicht sein, ist nicht mein Revier. Vlt. in einzwei Jahren, Zukunftsmusik :gpfeiffen:


    LG

    Peter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan

  • Hallo Pablo,


    ist die stielbasis wirklich so orange wie es auf den Bildern erscheint?

    Eine nur rötende Stielbasis ohne rötung im hutfleisch mit karbolgeruch hab ich bei nem champignon jedenfalls noch nie gesehen. Vor allem das er rötet und nach jod karbol riecht klingt spannend da bin ich echt gespannt was die experten dazu sagen.

    Ich wünsche viel Spaß beim weiterrätseln8o


    Lg Stefan

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    mal ne saublöde Idee. Wie wärs denn mit bitorquis? Ich meine unter dem deutlichen Ring eine 2. Ringzone andeutungsweise zu erkennen. Auf Gerüche würde ich mich eh nicht so verlassen; zumal ja auch dein wahrgenommener Geruch auf erste Zersetzungsprozesse hinweisen könnte.


    Ich hatte schon einige unangenehm riechende Champis in der Mache und viele waren keine Karbolis...


    l.g.

    Stefan

    • Offizieller Beitrag

    Hi.

    Die Verfärbung in der Stielbasis war vielleicht sogar noch ein Stück farbenfroher, als es auf den Bildern rüberkommt. Den Anflug von Gelb direkt nach dem Anschnitt habe ich nicht auf Bild bekommen, das färbt zu schnell ins Rote um. Jedenfalls weiß ich noch, daß ich die Assoziation zu einem Safranschirmling (Chlorophyllum olivieri) im Anschnitt hatte, das ist so ziemlich die Farbe.


    Ein Stadtchampi (Agaricus bitorquis) ist das nicht, der Ring ist völlig intakt und nicht doppelt. Das VP wird bei dem Fruchtkörper erst kurz zuvor geöffnet haben, vielleicht seit zwei bis vier Stunden.
    Wenn der nicht in so einem überragend guten Zustand gewesen wäre, hätte ich den auch gar nicht angeguckt. Insofern dürfte der Geruch auch absolut in Ordnung gewesen sein, zumal er eben nach Jod roch (nur Stielbasis, wie Boletus impolitus), und nicht nach "ollem Champignon" (den Geruch kenne cih auch sehr gut, ist aber anders). Nichts an dem Fruchtkörper hat auf irgendwelche Zersetzungsprozesse hingewiesen, der war zwar nicht ganz frisch geschlüpft (bei noch geschlossenem Velum hätte ich den auch ignoriert), aber absolut frisch, keine einzige Made (sieht man ja auf den Bildern), fest und quietschfidel.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    war ja auch nur ne Idee. ;) Hast du denn mal mit dem Gröger schlüsseln können?


    l.g.

    Stefan

  • Hallo Pablo,


    Ich werfe mal den Weißschuppigen Egerling (Agaricus benesii) ins Rennen. Geruch könnte vielleicht vom Alter kommen.


    Liebe Grüße

    Rotfüßchen

    "Pilze sind erst einmal nicht anwesend, sie verstecken, verbergen, verschließen und tarnen sich, aber es gibt eine Wahrscheinlichkeit und eine Hoffnung, sie zu finden. Die Suche bedeutet Aufbruch, Verheißung, Abenteuer, und je vergeblicher und erfolgloser der letzte Pilzgang war, desto mehr Spannung, Erfüllung, Belohnung verspricht der nächste." (Hans Helmut Hillrichs: Pilze sammeln)


    Pilzmärchen

  • ...der Feinschuppige Egerling (Agaricus squamulifer) könnte von der Makrobeschreibung noch besser passen...:/

    Alles nur Ideen und Spaß an der Recherche :)


    Lieber Grüße

    Rotfüßchen

    "Pilze sind erst einmal nicht anwesend, sie verstecken, verbergen, verschließen und tarnen sich, aber es gibt eine Wahrscheinlichkeit und eine Hoffnung, sie zu finden. Die Suche bedeutet Aufbruch, Verheißung, Abenteuer, und je vergeblicher und erfolgloser der letzte Pilzgang war, desto mehr Spannung, Erfüllung, Belohnung verspricht der nächste." (Hans Helmut Hillrichs: Pilze sammeln)


    Pilzmärchen

  • Servus Pablo,


    puh, wirklich schwierig. Ich meine, Agaricus pseudopratensis einmal in Österreich gefunden zu haben. Die Cheilocystiden sind keulig, auffälliger, wie ich finde. Und die Art rötet weiter den Stiel hinauf, nicht nur in der Stielbasis. Mein Fund hat fast bis zum Hut im Stiel gerötet, dafür aber nicht so intensiv. Ein Gilben kam bei meinem nicht vor, muss es auch nicht, kann aber (Bohus' Originaldiagnose ist ohne Gilben - später hat er das dann mit hinzugenommen als Merkmal). Der Geruch war im Gelände null, später kam der Karbolgeruch in der Stielbasis.


    Unter den Xanthodermatei rötet vermutlich nur Agaricus freirei so stark wie bei deinem Foto, aber mehr blutrot wie ein Waldchampignon und im gesamten Fleisch. Er ist auch weniger kompakt und gilbt nicht. Der ist echt tricky, weil er sofort für einen Blutegerling gehalten wird.


    Zurück zu A. pseudopratensis - der Ring ist bei dieser Art nur einfach, das Velum universale ist sehr undeutlich, kann aber am Ringrand noch erkennbar sein. Bei dir sehe ich deutlich ein häutiges Velum universale (sieht man auf dem ersten Foto), das aber auch hinfällig ist.


    Schwer zu sagen... Zudem erscheint er mir im Habitus schon sehr kräftig (dicker Stiel, viel Fleisch)... rein gefühlsmäßig wäre ich auch eher in der Sektion Bivelares. Zumal die Arten auch so kräftig und manchmal auch nur partiell röten.


    Auch für Agaricus xanthdermulus ist mir der Fruchtkörper viel zu kompakt und der gilbt auch recht deutlich. Mir fallen sonst keine Xanthodermatei ein, die passen könnten. Zumal nicht so viele Arten röten und von denen eben die wenigsten so intensiv röten.


    Ich kann Agaricus pseudopratensis nicht ausschließen, bin da aber skeptisch. Bei dir können aber einige eigentlich mediterrane Arten vorkommen. Und da gibt es bei den Bivelares ja doch so manches.


    Ansonsten wäre ich auch bei einem untypischen Agaricus bitorquis, zumal der eben auch recht schräg riechen kann.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo,


    war früher ne Zeit lang Friedhofsgärtner und hatte Agaricus bitorquis fast täglich im frühsommer in der Hand, den würde ich ausschließen.

    Bei so einem jungen frischem Exemplar müsste der Ring schon deutlich aufsteigend zu sehen sein.


    Lg Stefan

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!


    Danke für euer Interesse und die vielen Ideen. :thumbup:

    Mit Agaricus bitorquis bekomme ich den nicht zusammen. Da sträubt sich alles bei mir im Vergleich mit dieser sehr häufigen Art. Stadtgebiet Mannheim: Klar, daß ich da jedes Jahr etliche Dutzend Fruchtkörpern von A. bitorquis begegne. Die sind schon ziemlich variabel, aber allgemein ist mir so eine Rinsgtruktur da noch nie untergekommen, auch kein auch nur annähernd vergleichbares Verfärbungsverhalten und auch noch nie ein jodartiger Geruch (muffig, wenn sie oll sind schon, auch nach komischen Sachen, wenn Hunde draufgepinkelt haben).


    Nö, der muss noch irgendwo anders hin gehören. Aber wie schon geahnt: Eine solide Bestimmung lässt sich da nicht draus backen, ich muss den wieder finden, möglichst mit etwas mehr Exemplaren.


    Was ich mir eher noch vorstellen könnte: Hier wächst in der Umgebung an einigen Stellen eine Champi - Art, die ich gerne als "Agaricus litoralis" bestimme. Müsste man wohl auch "s.l." setzen. Sieht dem hier sehr ähnlcih, aber mit noch einigen kleinen Unterschieden in Struktur der Lamellenschneide (deutlichere "Cheilos", wenn auch meist mit Basidien gemischt), Geruchsverläufen, Verfärbungsverhalten, Hutoberfläche.
    Die sehen so aus:




    Aber auch das kann ja wieder noch eine andere Art sein. :gzwinkern:


    Das ist übrigens eine der Alternativen, je nachdem, nach welchem Schlüssel (a,b,c,d) ich bei Gröger schlüssele. Und in welchen hauptschlüssel man kommt, ist da ohne Schäffer Reaktion irgendwie eher Zufall.


    Agaricus squamulifer ist ein mehr auch im oberen Stielteil (und Hutfleisch) rötender, fetter Champignon mit angenhmem Geruch und deutlichen Cheilos und viel kleineren Sporen:




    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Karl!


    Der Beleg ist leider im Tütchen vergammelt: Besser macht man bei so kompakten Pilzen mehr Einzelteile als nur zwei Hälften, um die wirklich richtig durchtrocknen zu können.
    Schäffern konnte ich leider nicht, die entsprechenden "Gifte" habe ich gar nicht im Chemiebaukasten vorrätig. Aber wenn ich den wieder auffinden kann, wird auch das getestet. Im Pilzverein sind die Substanzen jedenfalls vorrätig.



    LG, Pablo.