Beiträge von Clavaria

    Hallo Björn


    Du hast völlig recht... ich habe mich bewusst mit der Kritik zurückgehalten, bin ja auch kein Akademiker.


    Ich finde es auch problematisch, wenn solche Umkombinierungen in einem Paper gemacht werden, das eigentlich ein völlig anderes Thema hat.

    Es hätte hier völlig ausgereicht darauf hinzuweisen, dass die Helmlinge polyphyletisch sind, und dass dies auch anhand der neu erhobenen Daten belegt werden konnte.

    Die bisher völlig unbekannten Arten kann man natürlich trotzdem beschreiben, da spricht nicht viel dagegen.

    So haben die Autoren ihre Namen trotzdem hinter eine neue Pilzart geschrieben.


    Aber die Umkombinierung und das Splitten einer etablierten Gattung gehört in eine spezialisierte Veröffentlichung, die das Thema breiter erforscht.

    Vielleicht nicht gleich allumfassend, es gibt etliche hunderte Helmlinge, niemand kann das alles in einem Rutsch analysieren.

    Aber doch immerhin etwas mehr als ein paar wenige Arten, die zufällig in eine Studie geraten sind.


    Leider ist das Ganze trotzdem formell gültig.

    Aber eben, zum Glück sind die Mycena-Namen jetzt nicht falsch, man darf sie auch weiterhin brauchen, bis es eine solidere Arbeit dazu gibt.

    Ich werde es vermutlich genauso handhaben, genau wie bei diesem Schnellschuss bei Collybia/Lepista/Clitocybe.


    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Kürzlich ist ein längeres Paper von chinesischen Mykologen erschienen, das sich unter anderem mit Helmlingen beschäftigt:

    https://www.mdpi.com/2309-608X/11/10/749


    Es ist ja schon lange bekannt, dass die Gattung Mycena polyphyletisch ist, und einige Gattungen wurden bereits abgetrennt (Phloeomana, Atheniella)

    Der Fokus des Papers ist nicht auf einer vollständigen Überarbeitung der Gattung, deshalb ist das nur ein Anfang von vermutlich sehr vielen neuen Namen.


    Folgende neue Gattungen werden vorgeschlagen bzw. ältere Gattungen aus der Versenkung geholt:


    Prunulus Gray 1821: für die Sektion Calodontes (Gruppe um Mycena pura).

    Der Name wurde ja schon öfter für die Gruppe vorgeschlagen, und auch hier wieder bestätigt.

    Prunulus purus, diosmus, pearsonianus, pelianthinus, lammiensis sollte man also als die aktuellen Namen ansehen.

    Es gibt weitere Arten in der Sektion, die formell noch nicht umkombiniert wurden (z.B. Mycena rosea).


    Pruinomycena K.L. Yang et al. 2025: Für Europa trifft das erstmal nur eine Art, Mycena acicula heisst nun Pruinomycena acicula.


    Linopodium Earle 1909: Die Gattung ist auch keine Neuerfindung.

    Vorläufig wird auch nur eine Art umkombiniert, aus Mycena filopus wird Linopodium filopes.

    Ich nehme an, dass in absehbarer Zeit noch viele andere Helmlinge in diese Gattung wandern.


    Basidopus Earle 1909 ist eine weitere alte Gattung, die "reaktiviert" wird.

    Hier werden einige Helmlinge mit Basalscheibe untergebracht: Basidopus amictus, cyanorhizus, stylobates, tenerrimus


    Es gibt weitere neue Gattungen ohne europäische Vertreter, auf die gehe ich jetzt nicht ein.


    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Das Buch verwendet unter anderem auch diese Räder aus den FOTE-Bänden.

    Der Artenschlüssel ist klassisch ausgebaut, aufgepimpt durch sehr viele Makrobilder und Mikrozeichnungen.

    Der Artenumfang ist aber grösser als bei der Funga Nordica.


    Die Bestimmungstexte sind kürzer als in der Funga Nordica, Fokus ist auf den Unterscheidungsmerkmalen.

    In der FN ist ja bei jeder Art noch eine Ultrakurz-Beschreibung dabei, das ist hier nicht mehr immer so.


    Also ja, das Buch lohnt sich.


    Ein Eindruck aus der dänischen Ausgabe, Cortinarius-Schlüssel:



    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Ich habe neulich (zum Spass) eine alpine Telamonia von ChatGPT anhand eines Fotos bestimmen lassen.

    Zunächst wollte die KI sich zu keinem konkreten Namen hinreissen lassen, was ja auch völlig ok ist.

    Dann wollte ich zumindest eine Liste der Arten, die in Frage kommen.

    Da kam dann das:



    Tönt ja ganz vernünftig! Aber wenn man dann genauer schaut, gibt es Cortinarius pseudoobtusus und Cortinarius salicis-reticulatae gar nicht.

    Immerhin kann die neue Version im Gegensatz zu älteren Versionen ihre Fehler eingestehen:



    Naja - solange die KI in diesem Umfang fantasiert und man jede Antwort in Frage stellen muss, ist der Nutzen (in der Mykologie) eher beschränkt.


    Dann weiter: In der ersten Antwort behauptet die KI, dass diese Arten alle in neueren Bearbeitungen der Obtusi auftauchen, und molekular abgesichtert sind.

    Das interessierte mich natürlich, vielleicht fehlt mir ja noch ein wichtiges Paper (die Obtusi sind noch sehr schlecht aufgearbeitet).

    Nach langen Ausflüchten und dem Zitieren einiger allgemeiner Cortinarius-Literatur kommt auch hier das Eingeständnis, dass die Aussage übertrieben war:



    Generell - die KI basiert ja auf der verfügbaren Datenmenge für ein Thema. Je kleiner die Datenmenge, desto schlechter die KI.

    Deshalb funktioniert eine Speisepilz-Erkennung im Korb recht gut, während bei der alpinen Telamonia dann die wenigen Informationen falsch verknüpft werden.


    Gruss Raphael

    Hallo Felli


    So, noch als Nachtrag: Mit KOH konnte ich keine Verfärbung feststellen.


    Ich lege ihn mal so ab, denke eine Sequenzierung wird nicht schaden.


    Danke dir für die Hilfe!


    LG Raphael

    Hallo Felli


    Gestielt waren sie nicht.

    Geruch: Ja richtig, verletzt riechen sie übel spermatisch wie ein Risspilz.


    Ob sie ganz reif sind, ist immer schwer zu sagen.

    Es gab zwar reichlich freischwimmende Sporen, aber das kann auch vom Quetschen kommen.


    Hier noch zwei Sporen in Baumwollblau, sie waren nur leicht punktiert, man sieht es auf dem Foto kaum.



    Und die Lugol-Reaktion habe ich irgendwie verpennt in die Anfrage zu tun:



    KOH kann ich morgen testen. Spannend fand ich noch die Paraphysen in Baumwollblau.

    Da sieht man den Inhalt sehr gut, aber sie sind nicht vollständig ausgefüllt.



    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Ich habe gestern diese hübschen Becherchen mitgehen lassen.


    Habitat: Trockener Kiefernwald, zwischen Moos und pflanzlichen Resten, ohne sichtbare Verbindung zu Holz.


    Die Aussenseite ist deutlich warzig-punktiert.

    Fleisch ohne Latex, allenfalls etwas farblose Flüssigkeit.


    Die Sporen sind multiguttulat und etwas unregelmässig im Umriss, 13.5-14.7 x 8.5-9.8 µm


    Paraphysen septiert, mit hellbraunem Inhalt


    Excipulum als textura globulosa


    Mit diesen multiguttulaten Sporen komme ich auf Hansenopezia (Peziza) retrocurvata, könnte ich damit richtig liegen?

    Muss ich noch etwas untersuchen? Die Fruchtkörper wohnen noch im Kühlschrank.


    Ich rufe mal nach Felli .


    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Ja, Gurkenschnitzlinge immer mitnehmen!

    Ich glaube es sind sieben oder acht Arten, morphologisch bereits festgelegt, einen provisorischen Namen haben sie auch alle.

    Es fehlt wohl nur noch der letzte Schliff der Phylogenie. Sollte hoffentlich im Winter rauskommen.


    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Für Lichenomphalia gibt es einen halbwegs aktuellen Schlüssel:

    https://www.researchgate.net/publication/314086195_Une_nouvelle_espece_mediterraneenne_de_Lichenomphalia_L_cinereispinula_Neville_Fouchier_nov

    Ob der hier gross weiterhilft, ist aber fraglich.


    Die Arten aus dem mediterranen Raum darf man übrigens nicht voreilig ausschliessen.

    L. meridionalis wurde erst 1999 aus Sardinien beschrieben, ist aber zumindest in der Schweiz recht häufig und wurde wohl früher anders genannt (vielleicht L. velutina).


    Gruss Raphael

    Hallo Steffen


    Ja, Inocybe lilacina wurde 1874 in Nordamerika beschrieben.

    Europäische lila Risspilze wurden dann viele Jahrzehnte auch so genannt.


    Genetisch sind die europäischen Kollektionen aber anders als das Material aus Nordamerika.

    Korrekterweise müsste man sagen: Inocybe lilacina s.str. wurde in Europa bisher nicht nachgewiesen.

    Inocybe lilacina ss. auct. europ. ist ein Artenkomplex aus mindestens fünf anderen Arten.


    Gruss Raphael

    Hallo Matthias


    Die Gruppe um Pl. cinereofuscus wurde noch nicht überarbeitet, wenn ich mich nicht irre. Vermutlich kommen da irgendwann auch neue Arten ans Tageslicht.

    Ich werde meinen auch sequenzieren lassen, kann nie schaden.


    Gruss Raphael

    Hallo Rainer


    Schöne Funde, aber du brauchst dringend ein Mikroskop...

    Diese interessanten Kollektionen aus Spezialhabitaten wären dann meistens bestimmbar, ohne Mikroskop fischst du nur im Trüben.


    LG Raphael

    Hallo zusammen


    An der Tagung unserer Wissenschaftlichen Kommission gab es einige sehr spannende Sachen.


    Tag 1: Auf dem Weg zur Tagung in einem Auwald am Genfersee.


    1:

    Nicht unbedingt mein Ding, aber einfach bestimmbar: Multiclavula mucida.


    Sporen waren schwer zu finden.



    2:

    Ein Dachpilz auf einem liegenden Stamm (Pappel?): Pluteus cinereofuscus.


    Dachpilztypische Sporen.


    Cheilozystiden


    HDS hymeniform.



    Tag 2: In einem Buchenwald


    3:

    Myochromella boudieri, typisch dieser dunkle Stiel mit hellen Fasern.


    Sporen wenig aussagekräftig.


    Basidien siderophil.



    4:

    Tricholomopsis sulfureoides wurde am gleichen Tag von drei verschiedenen Teilnehmern gefunden, offenbar doch nicht so selten.



    Tag 3: Auf einer Saftlingswiese, wo es leider kaum Saftlinge gab.


    5:

    DIeser kleine Rötling mit konischem Hut und Papille lässt sich schon im Feld (mit Unsicherheit) ansprechen: Entoloma cuspidiferum.


    Sporen nur mit angedeuteten Ecken


    Basidien 2- oder 1-sporig


    Typisch kopfige Kaulozystiden.



    6:

    Ein kleiner Häubling auf Holz. An dem dunklen Stiel und der Papille erkennt man ihn sogar makroskopisch: Galerina triscopa.


    Sporen klein für die Gattung.


    Zystiden zylindrisch oder etwas lageniform-bauchig.


    Kaulozystiden ähnlich.



    7:

    Ein Schüppling, scheinbar terrestrisch, vielleicht auf vergrabenem Holz: Pholiota gummosa.


    Sporen klein


    Cheilozystiden teilweise als Chrysozystiden.



    8:

    Porpolomopsis calyptriformis



    9:

    Tricholoma atrosquamosum. Später wurde die Stielbasis knallblau.



    Tag 4: Ein alter Laubmischwald mit Fichten


    10:

    Callistosporium luteo-olivaceum


    Sporen im Ammoniak mit dem typisch grünlichen Tropfen


    Zystidoide Elemente an der Lamellenschneide



    11:

    Eine Telamonia, bestimmt als Cortinarius umbrinolens.


    Sporen recht schlank



    12:

    Kleine Schirmlinge sind immer schön... das hier sollte Lepiota boudieri sein.


    Sporen gespornt.



    Tag 5: Ein Buchen-Fichtenwald



    13:

    Callistosporium pinicola

    Schon verrückt. Die Gattung suche ich seit Jahren, und hier gab es zwei Arten in einer Woche.


    Die Sporen sind deutlich kleiner als bei C. luteo-olivaceum.


    Zytidoide Elemente gab es hier auch.



    14:

    Cortinarius anserinus



    Sporen in KOH, grob wartzig



    15:

    Noch ein dunkelstieliger Häubling auf Holz, aber das ist ein anderer: Galerina camerina


    Sporen glatt, zumindest im Lichtmikroskop.


    Cheilozystiden kopfig.



    16:

    Gymnopilus bellulus, immer wieder schön. Es gibt jetzt auch einen Gymnopilus subbellulus, der ist es aber nicht.


    Sporen winzig


    Zystiden kopfig.



    17:

    Ein kleiner Risspilz, der auch makroskopisch ansprechbar ist: Inocybe petiginosa.


    Sporen höckerig und klein.


    Die Zystiden sind in KOH wunderschön gelb.



    18:

    Tricholomopsis decora, schön im Vergleich zu Tr. sulfureoides oben.


    Den Sporenabwurf haben sie verweigert.


    Zystiden breit keulig.



    Tag 6: Trockenrasen mit Pinus sylvestris auf dem Heimweg


    19:

    EIn kleiner Nabelrötling, dazu sollte in Kürze ein neues Paper herauskommen.

    Im Moment nenne ich es mal Entoloma flocculosum.


    Sporen mehr oder weniger isodiametrisch.


    Basidien 4sporig, ohne Schnallen, keine Zystiden.



    20:

    Noch so ein Rötling, man könnte meinen es ist der gleiche, aber nein: Entoloma cf. phaeocyathus.


    Sporen wieder fast isodiametrisch.


    Basidien 4sporig, ohne Schnallen.


    An der Schneide gibt es zahlreiche zylindrische oder blasige Zystiden.



    21:

    Rhodocybe caelata mit dem typisch radial-rissigen Hut.


    Sporen höckerig, wie es sich gehört.


    Pseudozystiden in KOH


    Die Pseudozystiden sind stark dextrinoid, schwarzbraun in Melzer.


    HDS deutlich inkrustiert.



    22:

    Eine unbestimmbare Rhodocybe aus dem caelata-Aggregat.


    Sporen wie oben.


    Wieder mit schlank fusiformen Pseudozystiden.


    Die sind auch wieder stark dextrinoid.


    HDS kaum inkrustiert, dafür aber gelatinisiert.



    23:

    Rhodocybe zum Dritten, dieses Mal wieder bestimmbar: Rhodocybe brunnea.

    Die Art wurde aus Sardinien beschrieben, kommt aber hier auch vor.


    Die Sporen helfen nicht weiter.


    Pseudozystiden hat er auch.


    Aber dieses Mal sind sie viel schwächer dextrinoid.


    Die HDS ist leicht inkrustiert.


    Korrekturen/Fragen immer willkommen.


    LG Raphael

    Hallo zusammen


    Im September war ich eine Woche mit ibex an der mykologischen Studienwoche in Escholzmatt.

    "Leider" war ich Gruppenleiter, deshalb hatte ich kaum Zeit um eigene Kollektionen zu bearbeiten.

    Hinzu kam, dass es "zu viel des Guten" gab, es hat nämlich die ganze Woche geregnet.

    Aber ein paar nette Sachen gab es dann doch:


    1:

    Ein Erlenschnitzling, vielleicht Alnicola longicystis.


    Sporen typisch für die Gattung.


    Die Zystiden haben verglichen mit anderen Arten der Gattung einen enorm langen Hals, daher der Name der Art.



    2:

    Ein flockiges Pilzchen auf Überresten von Salix oder Alnus, Flammulaster carpophilus.


    Sporen in KOH


    Zystiden schmal fusiform


    HDS bedeckt von Sphaerozyten



    3:

    Chamaemyces fracidus scheint ein gutes Jahr zu haben, die standen überall herum.

    Auch wenn die Art sofort klar ist, schadet es nicht mal ins Mikroskop zu schauen.


    Kleine Sporen...


    Und auffällige Zystiden.



    4:

    Das hat mir Freude gemacht, Dermoloma magicum.


    Sporen amyloid


    HDS hymeniform


    Kaulozytiden auffallend, gestielt-keulig.



    5:

    Ein winziger Rötling auf einem stark bemoosten Baumstumpf. Ich komme auch Entoloma brunneoserrulatum.


    Sporen heterodiametrisch, etwas wellig im Umriss.


    Cheilozystiden zahlreich, mehr oder weniger zylindrisch


    HDS zumindest im Zentrum trichodermal.



    Das war's schon.


    LG Raphael

    Hallo zusammen


    Ja, es könnte auch eine abnormale Hymenopellis radicata sein.

    Ich hatte neulich das hier, völlig reif aber weniger als 2 cm im Durchmesser.

    Das war dann mikroskopisch eindeutig auch H. radicata.



    Diese schwärzliche Lamellenschneide hatte mein Fruchtkörper auch.


    Ich würde erst jemand suchen, der sich wenigstens kurz die Sporen anschaut, daran lässt sich Xerula/Hymenopellis sofort erkennen.

    Die 20 Euro bei Pablo sind verlorenes Geld, wenn am Ende sowas triviales rauskommt.


    LG Raphael