Lentinellus ursinus?

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 474 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Tomentella.

  • Liebe Pilzmenschen


    Hab heute wieder einmal einen Zähling gefunden. Aber der ist glaub nicht wirklich bestimmbar...


    Ich denke hier an Nadelholz. Fichte?


    Die noch recht jungen Fruchtkörper schauen zungenförmig (aber eigentlich stiellos) aus den Löchern im morschen Stamm hervor :)


    Gesägte Lamellen:


    Erst leicht filzig/reifig im Zentrum:


    Die Lamellen ziehen sich bis an den Ansatz durch:


    Ich hab hier im Forum den Hinweis auf diese Diskussionen gefunden:

    - Biber oder Bär - Lentinellus castoreus oder ursinus?

    - https://forum.dgfm-ev.de/threa…ng/?highlight=Lentinellus


    Gemäss Nobis Definition im Beitrag von 2020 hätte ich wohl einen Lentinus ursinus gefunden. Der Geschmack ist scharf, doch er wuchs auf Nadelholz. Gemäss anderen Interpretationen wäre es wohl ein L. castoreus, weil er auf Nadelholz wuchs.


    Hat sich die Fachwelt eigentlich noch immer nicht geeinigt, was genau ein Lentinellus ursinus, was ein L. castoreus ist und wo genau die Grenze zum L. vulpinus ist?

    Weiss jemand von euch mehr? Ich wäre sehr interessiert dran!


    Übrigens hatte ich im Januar vermeintlich Lentinellus vulpinus. Aber im Winter, war die Diskussion dessen nicht wirklich in Gang gekommen...


    Auch dazu dürft ihr natürlich gerne noch was schreiben:-)


    Ich bin sehr gespannt auf eure Antworten. Danke schon im Voraus!


    LG Andreas

  • Hallo noch einmal


    Schade, ihr seid alle so still!


    Nun habe ich selbst recherchiert - wie ich glaube, erfolgreich. Ich habe mich etwas durch die Gattungsmonografie Lentinellus (Peterson 2004) gekämpft (welche hier im Forum 2020 empfohlen wurde) und hab der Homepage von Michael Kuo verglichen. Ich glaube, das deckt sich. Kuo führt Peterson auch u.a. als Quelle an. Er hat aber eigene Beobachtungen dazu gemacht und dokumentiert sie super auf seiner Homepage. Praktisch ist, dass Kuo eine Anleitung gibt, die drei Arten L. ursinus, castoreus und vulpinus makroskopisch mittels Trocknen und Melzers auseinanderzuhalten. Das habe ich so eindeutig in der Monografie nicht gefunden, mich dünkt aber, es klingt schlüssig und sich nicht wiedersprechend. Kuo ist offenbar nicht irgendwer, sondern hat in den USA mehrere Pilzbücher geschrieben (was auch immer das heissen mag...).


    Hier die Essenz von Michael Kuo (automatisch übersetzt):

    "Lentinellus ursinus weist eine dünne schwarze Linie auf, die die Hutoberfläche vom Fleisch trennt und am besten mit mäßiger Vergrößerung und an getrockneten Exemplaren zu erkennen ist. Außerdem führt ein Tropfen Melzer-Reagenz auf dem getrockneten Fleisch zu einer sofortigen, stark amyloiden Farbveränderung zu Schwarz. Diese beiden Merkmale unterscheiden ursinus zuverlässig von vulpinus, der inamyloides Fleisch hat und keine schwarze Linie aufweist, sowie von castoreus, der zwar eine schwarze Linie haben kann, aber keine starke amyloide Reaktion zeigt."
    Und:

    "Das getrocknete Fleisch von Lentinellus castoreus verfärbt sich mit Melzers oder Lugols Reagenz braun bis rotbraun, wodurch es sich von ursinus unterscheidet, dessen Fleisch sich sofort schwarz verfärbt (eine starke Amyloidreaktion). Lentinellus vulpinus ist schwieriger zu vergleichen, da er die gleiche inamyloide Reaktion auf Melzer oder Lugol wie Lentinellus castoreus zeigt."


    Nun zu meinen Pilzen:

    Lentinellus vom letzten Samstag (siehe Anfrage oben) :

    Der getrocknete Querschnitt zeigt schön die "Ligne noire" zwischen Hutfleisch und Lamellen.


    Und ein Tropfen Melzers liess sofort alles schwarz werden.


    Das heisst, ich habe Lentinellus ursinus, den Geschichteten Zähling oder frei übersetzt den Bären gefunden:-)



    Lentinellus vom letzten Januar (siehe Link hier) :

    Hier finde ich nicht wirklich eine schwarze/dunkle Linie zwischen Hutfleisch und Lamellen (nur zwischen dem Pelz und dem Hutfleisch). Wenn ich Peterson richtig verstehe, gibts die auch nicht ganz immer.



    Auch hier wird mit einem Tropfen Melzers alles sofort schwarz.


    Das heisst, ich hatte auch damals Lentinellus ursinus, den Geschichteten Zähling oder frei übersetzt den Bären gefunden.



    Diejenigen, welche Lentinellus im 2020 diskutiert hatten, sind leider nicht mehr alle unter uns.

    Werner Edelmann

    Tricholomopsis

    Mich würde sehr interessieren, ob ihr mein Vorgehen und meine Resultate teilt. Natürlich interessieren mich auch die Meinungen von allen anderen hier. Ich merke aber, dass kaum jemand etwas sagt zu den Lentinellus ursinus/vulpinus/castoreus-Anfragen in den letzten paar Jahren...


    Herzlichen Dank und liebe Grüsse

    Andreas

  • Servus Andreas,


    derselbe Lentinellus, den du auf Nadelholz (ja) gefunden hast, ist gestern auch mir und Werner über den Weg gelaufen.

    Ich bin hinsichtlich der Unterscheidung leider auch nicht schlauer als du, aber was du schreibst, klingt plausibel. Ich habe meine scharfen Fund auf Nadelholz auch als L. ursinus bestimmt.


    Beste Grüße

    Matthias

  • Hi,


    das große Problem ist, dass die Lentinellus-Arten von jedem Autor anders interpretiert werden. Wir in Dresden haben uns auf die Grögersche Unterscheidungsmethode verständigt über den Geschmack.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Hallo Stefan

    Das ist ja interessant. Gemäss Peterson und Kuo sind sowohl der Biber, als auch der Bär einigermassen scharf im Geschmack. Wie unterscheidet ihr da. Gemäss Peterson dauerts beim Biber glaub etwas länger, bis die Schärfe kommt (wenn ich mich richtig erinnere).

    So wie ich die Expertendiskussion hier im Forum verstanden hab, waren sich die Teilnehmenden schliesslich mehr oder weniger einig, dass die Monografie Petersons vermutlich am gültigsten sei. Ich kann das jedoch nicht beurteilen.

    LG Andreas

  • GriasDi Andreas,

    es ist ja nicht so, dass sich L. castoreus und L. ursinus nur nach scharf (sehr und auch sehr schnell scharf) und nicht scharf (bzw. nur langsam und leicht scharf) unterscheiden.

    Ich hatte erst letzte Woche einen Sägeblättling als L. castoreus bestimmt, an einem Hainbuchenstamm. Der hatte Hüte, die keine 50mm erreichten, waren komplett, bis auf die äußerste Zuwachskante dunkelbraun befilzt/behaart, relativ dünnfleischig und komplett mild im Geschmack.



    Hier noch ein Fund auch an Hainbuche vom letzten Jahr



    Die Hüte des vom Matthias oben erwähnten L. ursinus-Fund an Fichtenstamm waren teilweise über 10cm im Durchmesser, dickfleischig, sofort sehr scharf und die Befilzung/Behaarung beschränkte sich nur auf den Wuchsansatz und war nicht so braun.



    Das sind also auch makroskopisch zwei komplett unterschiedliche Pilze.

    Wenn die Arten dann in der Literatur immer wieder anders interpretiert werden, musst Du dich halt nach einer dieser Interpretationen richten, und den Fund entsprechend benennen. Hier also "senso Gröger", also entsprechend Petersen 2004, nach dessen Monografie sich sein Schlüssel hpts stützt.


    An liabn Gruaß,

    Werner

  • Hallo Werner

    Danke für deine Antwort. Interessant, nach deinen Worten bin ich mir wieder nicht mehr so sicher, was ich da gefunden habe... Denn extrem scharf war mein Pilz nicht. Da sind sich wohl alle einig: Ursinus ist der schärfere als castoreus. Ich las jetzt an verschiedenen Orten, dass eine rein makroskopische Bestimmung, wie du sie vorschlägst, ziemlich unmöglich sei. Sehe ich das richtig, du beachtest die schwarze Linie und Melzerreaktionen (auch von Sporen) gar nicht?

    Ich werde die Pilze wohl kommendes Wochende nochmals aufsuchen und schauen, wie sie sich entwickeln. Auch den Fundort von Januar behalte ich im Auge. Nimmt mich Wunder! Gegebenenfalls werde ich berichten.

    LG Andreas

  • Hallo Zusammen

    Ich war hier bei meinem Fund auch unsicher, die Sequenzierung ergab dann 100% L. ursinus

    Ausserdem gelang es mir die Skeletthyphen recht gut sichtbar zu machen mit Melzer.

    Vielleicht wäre das noch eine Option zu prüfen.

    LG Andy

  • Danke, Andy, für den Input. Genau, das ist wohl die klassische Methode - wenn ein Mikro vorhanden ist - um Ursinus festzumachen. Gemäss dem erwähnten Michael Kuo müsste es nach der beschriebenen Methode möglich sein, die Bestimmung auch ohne Mikro zu machen. Wenn du wieder einmal einen Zähling findest, CH-Andy , wärs interessant, die Mikromethode und die Kuo-Methode einander gegenüber zustellen!

    LG Andreas

  • Guten Morgen, Ihr Lentinellologen,

    auch ich battle mich mit jedem Lentinellus-Fund und bin mir am Ende nicht schlüssig. Was Kuo schreibt, finde ich auch erst mal schlüssig und werde das beim nächsten Fund prüfen.

    Letztens hatte ich vulpinus gefunden und der ist schon makroskopisch und danach auch mikroskopisch/chemisch gut abtrennbar.

    Übrigens, laut einer mir vorliegenden selbstgebastelten Phylogenie gibt es je eine castoreus und vulpinus, aber auch 2 relativ gut getrennte ursinus-Kladen. Möglicherweise gibt es also in Europa 2 ursinus-Arten! Dazu kommen noch je eine flabelliformis und eine micheneri-Klade.

    Und was auch spannend ist, in der Phylogenie ist kein einzige Typus verarbeitet, was die Nomenklatur zusätzlich schwierig macht.

    LG Günter

  • Wenn du wieder einmal einen Zähling findest, CH-Andy , wärs interessant, die Mikromethode und die Kuo-Methode einander gegenüber zustellen!

    Hallo Andreas, ich bin immer auf der Suche und hoffe eben mal L. castoreus zu finden. Ich lasse dich wissen wenn es soweit ist. LG Andy

  • war dein Fund auf Laubholz?

    Hallo Frank, ja genau mein Fund fruktifizierte auf Laubholz. LG Andy

  • Hallo Frank

    Also meine beiden Funde waren auf Nadelholz. Ich habe jedoch verschiedentlich gelesen, dass sowohl Bär als auch Biber beides können und das eben nicht so klar zu trennen sei.

    LG Andreas