123pilze Kontakt für Korrektur

Es gibt 30 Antworten in diesem Thema, welches 901 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von matthias0.

  • Hallo zusammen,


    ich konnte das nicht herausfinden, wen schreibt man an für Korrekturvorschläge in der 123pilze Datenbank?

    Die rein "pilzbezogenen" Sachen maße ich mir nicht an korrigieren zu wollen, aber mir ist jetzt mehrfach aufgefallen das da Kommentare drinn stehen über forstliche Dinge (Baumarten, forstwirtschaftliche Methoden, Grundwissen über Hölzer) die falsch sind. Ich finde es super wichtig, schlimm genug das viele noch denken der harvester würde die Wege zerstören und auf "die Forstwirtschaft" einfach mal als ganzes schimpfen. (sprich keinerlei Ahnung haben aber hauptsache mal geschimpft :D ) Da muss in so einem Nachschlagewerk das keine gute Reputation hat aber dennoch von sehr vielen genutzt wird, wenigstens nichts faktisch falsches stehen das dies noch unterstützt.


    LG :)

  • Moin Joana,


    zumindest scheint das Wissen um die Zusammenhänge zwischen dem Einfluss von Mykorhizzapilzen auf die Gesundheit der Bäume und der Bodenverdichtung durch Großmaschinen, die mit der Zerstörung des Pilzmyzels den Bäumen Wasser und Nährstoffquellen nimmt, noch nicht angekommen zu sein.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Danke zuehli! :)


    Ja genau das meine ich wutzi, böse Großmaschinen, schimpfen auf Zersörung von Mycel, kein differenzierter Blick. Kein fragen "warum machen die das so" kein "wer ist da eigentlich zuständig". Mit dieser Sichtweise macht man sichs halt einfach, wenn es in Wirklichkeit sehr viel komplexer ist. Nur ein Beispiel zum Thema komplexer, ich habe letztes Jahr ein größeres Biotop geplant welches u.a. auch Fahrspuren enthalten hat, um kleine Trinkstellen zu erschaffen. Da ist dann ganz bewusst eine "Großmaschine" einfach nur reingefahren um genau sowas zu erstellen (neben dem das Bäume entnommen wurden um für mehr Licht zu sorgen und auch an drei Stellen Boden ausgehoben wurde für größere Wasserflächen plus Ast & Steinhaufen). Pionieramphibien finden solche kleineren Wasserflächen attraktiv, solange da halt nicht auch noch Betriebsmittel herum schwimmt. Wo wir schon wieder beim differenzierten Blick sind - man kann sich nicht alles schönreden / schlechtreden, es hat schlicht vielfältige Aspekte die genauso vielfältige Gründe & Auswirkungen haben. ;)

    Vor allem die Frage nach dem warum fehlt oft, es wird garnicht erst versucht zu verstehen.

  • Hallo Joana,


    du bist hier nun mal in einem Pilzforum unterwegs, und die meisten User hier sind Pilzfreunde und Pilzsammler, keine Förster. Wenn du eine freundlichere Gesinnung dem Harvester und der dazugehörigen "modernen" Forstwirtschaft gegenüber erleben willst, müsstest du in ein Forstwirtschafts-Forum umziehen. Die Ansicht, dass der Harvester oder gar die Waldkalkung der Todfeind der meisten schönen und wertvollen Pilzarten und der Hauptgrund für ihr Verschwinden/Aussterben ist, wirst du hier nicht ausrotten können.


    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • das viele noch denken der harvester würde die Wege zerstören


    Macht er ja auch, was soll daran nicht stimmen? Man kann allenfalls sagen, nicht der Harvester selber zerstört, sondern der ihn fährt :D .

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Oehrling vielleicht liest du meinen Beitrag nochmal, wenn ich auf deine Nachricht jetzt so antworte drifte ich massiv ab vom eigentlichen Thema.

    Nicht böse gemeint. Ich bin übrigens auch kein Förster.

    Liebe Grüße

  • Antwort auf deine Nachricht Nr.6: Oehrling

    Genau das meinte ich, danke fürs fragen.

    Dem Harvester sein Job ist einfach Bäume fällen, entasten, näher an die Gasse ziehen. Dabei nimmt der Harvester meist nur solche Bäume die etwa 7-10m+/- (je nach Kranlänge) entfernt von der Gasse sind. Weiter entfernte Bäume werden motormanuell gefällt und z.b. zur Gasse gezogen mit Seilwinde/Harvester/Pferd u.ä. . Beim typischen Harvesterfahrer (sprich ein effizienter Fahrer) heißt das einmal reinfahren und max. einmal rausfahren (oft gehts am Ende der Gasse dann in eine andere rein). Die tiefen Spuren werden vom Forwarder verursacht, zu Deutsch "Rückezug". Manchmal sieht man noch sogenannte "Bänder" (ähnliches Prinzip wie Winterketten fürs Auto aber besteht eher aus langgezogenen Platten die je nach Boden und Zweck unterschiedlich geformt sind) Hauptzweck ist Druckverteilung aber auch Gripp. Jedenfalls fährt dieser je nachdem wie die Rückegassen eben angelegt sind immer wieder rein und raus, während er voll beladen mit Holz ist. (sein job ist Holz raus an den Forstweg zu bringen)

    Wenn mir jedenfalls jemand gegenüber steht der auf den harvester schimpft und seine Bodenverletzungen, weis ich a) der Boden war in einem Zustand in dem er niemals hätte befahren werden dürfen b) der Fahrer / das Rückegassennetz ist schlecht oder der allerhäufigste Grund c) die Person vor mir hat noch nie mit jemandem wirklich drüber geredet.

    LG :)


    Edit: Ich möchte einfach nur Dinge die falsch sind korrigieren, nicht Dinge allgemein schönreden. (das wär nicht besonders differenziert was mir aber wichtig ist)

  • Ok, hab was dazu gelernt. Es zerstört halt nicht der Harvester meine Pilze, sondern der Forwarder. Das Mycel ist halt recht dicht unter der Oberfläche und das schwere Gerät zerwühlt es bzw. verdichtet den Boden. Beides schlecht für den Pilz. Holzwirtschaft ist nötig und heutzutage ernten halt die Maschinen, kann man nix ändern.

    Ich geh halt durch den "Lieblingswald" und heul fast, wenn ich die Zerstörung seh. Das darfst Du mir nicht krum nehmen. In der nächsten Zeit braucht man als Pilzsammler auch nicht mehr hin. Es ist traurig anzusehen. Die Pilze wachsen nicht mehr an den zerstörten Stellen und man bricht sich eh die Beine, weil überall Äste herum liegen.

    Mittelfristig bin ich bei Dir Joana, wenn der "Eingriff" gut durchdacht ist, wirds mit der Zeit wieder besser. Äste verotten und bilden neues Substrat. Die verbliebenen Bäume haben mehr Platz, neue Bäume sind ggf gepflanzt oder siedeln selbst an ... die Zeit richtet es. "Mittelfristig" ist in Pilzsammleraugen dummerweise nicht die gleiche Zeitspanne wie aus Forstwirtschaftlicher Sicht.


    Was mir in letzter Zeit aufgefallen ist: ich dachte immer Forstarbeiter haben eine grüne Seele. Da lieg ich häufig falsch. Bei der Pause wird Plastemüll liegen gelassen und Flaschen und neulich hab ich neben den gefällten markierten Stämmen, nen Stapel der weggeworfenen Markier-Sprüdosen gefunden - zack in den Wald damit. Da frag ich mich - was sind das für Leute? Billig Lohnarbeiter denen das ganze Wumpe ist?


    Beste Grüße

    Dominik

    Etwaige Bestimmungen meinerseits sind mit keiner "Verzehrfreigabe" verbunden. Bitte sucht hierfür einen Sachverständigen auf, der sich die Pilze vor Ort genau ansehen und sie hinsichtlich Verzehr viel besser bestimmen bzw. ihren Zustand bewerten kann.


    100-10(APR2024)+3(APR2024)=93

  • Hey durnik, danke für deine Nachricht.

    Ich teile deinen Schmerz, an meinem ersten Lieblingswald kamen 10Jahre lang keine Pfifferlinge mehr nachdem alles geräumt wurde.

    Das die Fichte dort nunmal vom Käfer gefressen war und nun die gepflanzten Buchen (übrigens in Monokultur...) gut gewachsen sind hat mich in keinster weise darüber getröstet.

    Das durch den schnellen Eingriff die umliegenden Fichten noch geschützt wurden hat mich da auch nicht gekümmert. Ich habe einfach nur 10Jahre lang jedes Jahr kaum Pfifferlinge gefunden.


    Zu den Ästen kann ich sagen, wenn du die meinst welche auf dem Maschinenweg liegen, die werden dort absichtlich platziert um den Druck zu verteilen.


    Zu durchdachten Eingriffen kann ich sagen, viele sind nicht gut durchdacht, viele sind einfach nur reaktiv, weil sie mehr den "Katastrophen" hinterher rennen. Oft ist es auch schwierig zu sehen was dabei gedacht wurde, wenn man das jeweilige Ziel nicht kennt. Die meisten Flächen sind in Privathand, da gibt es von "Totholz ist ein zu Hause für Käfer und Käfer fressen Fichten also mach' ich alles Totholz raus" bis hin zu "ich lasse Natur, Natur sein" alles. Oft sieht man aber auch bei einem frisch ausgezeichneten Wald sofort was hier gedacht wurde und freut sich das hier mit Ziel klimastabiler Wald ausgezeichnet wird. (z.b. wenn um Eichen und Birken Bäume entnommen werden, damit die sich durchsetzen können)


    Puh zu dem Müll kann ich nur sagen, Forstarbeiter sind auch nur Menschen. Letztes Jahr hatte ich eine Position da konnte ich Müll den ich gefunden habe den Forstwirten melden, welche sich drum gekümmert haben, das war super. Ich habe auch selbst mal eine Dose im Wald gelassen, weil ich überzeugt war ich würde die wiederfinden wenn ich sie "hinter dieser Buche" abstelle. (man hat ziemlich viel was man mitschleift, deswegen erschien mir das als praktische Idee) Ich habe sie nie wieder gefunden. Die Kappen die auf den Dosen sind verliert man leider auch recht häufig, man nimmt sie mit damit man sich nicht selbst vollsprüht, dann durch ein Gestrüpp gekämpft, x Minuten später festgestellt "Kappe weg". Ich denke das ist wirklich schwierig zu sagen, aber es ist jedenfalls nicht alles Absicht. "Waldarbeiter" sind ja oft auch Kleinstprivatwaldbesitzer, oder Angstellte einer kleineren Firma oder von Nachbarländern angeworbene Arbeiter (die super hart arbeiten also nichts gegen Menschen die keinen deutschen Pass haben). Also zusammenfassend kann ich nicht sagen das die Menschen welche im Wald arbeiten eine besonders grüne Seele hätten, aber sie haben bestimmt eher einen Bezug dazu als solche die ihre Arbeits&Freizeit indoor verbringen.


    Liebe Grüße,

    Joana

  • Also gut, dann heißt die Waldwegzerstörermaschine nicht Harvester, sondern Forwarder. Wieder was gelernt. Eine Waldwegzerstörermaschine ist und bleibt es. Nachdem diese gearbeitet hat, wirst du dort nicht in 10 Jahren schon wieder Pfifferlinge finden, das dauert eher 40 bis 50 Jahre. Wenn sie denn überhaupt nochmal kommen, und der Wald nicht in der Zwischenzeit komplett umfällt (was dann gerne dem allgemeinen "Waldsterben" aufgrund des Autoverkehrs und der Industrieabgase angelastet wird). Und zu der Aussage, die Waldbesitzer schmissen ihre Sprühdosen ja nicht mit Absicht in den Wald: wenn das auch noch Absicht wäre, wäre es noch schöner, und eine Anzeige wert.

    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Ich habe diese Saison in genau diesem Bestand meinen Hauptsaisonkorb randvoll gefüllt.

    Ehrlich gesagt ich glaube es ergibt wenig Sinn wenn ich jetzt hier einen auf "ich erklär alles" mache.

    Aber wenn du dich jemals zu etwas forstlichem frägst "warum" (nicht als Beschwerde sondern weil du es tatsächlich wissen möchtest) beantworte ich dir gerne alles was ich kann, so ausführlich wie mir möglich ist.

    Liebe Grüße,

    Joana

  • Man nehme 4 Leopard II Panzer, Fahre damit einmal von Nord nach Süd, einmal von Ost nach West und einmal diagonal durch ein Waldstück und deklariere dies denn als naturnahe Waldbewirtschaftung. Wenn Harvester und Forwarder durch sind, dann sieht es genau so aus als wäre eben dies geschehen. Die Pfifferlings und Fliegenpilzpopulation ist hernach in der Regel nahezu zu 100% vernichtet; das Steinpilzaufkommen um 70% reduziert, und zwar auf Jahrzehnte. Bin ein älteres Semester, und in den Wäldern, wo nach den Winterstürmen Vivian und Wiebke Anfang der 90er diese Fahrzeuge zum Einsatz kamen hat es bis 2020 gedauert, bis sich alles etwas erholt hatte. Pfifferlinge bis heute (nach 35 Jahren!) totale Fehlanzeige, Amanita Muscaria Einzelexemplare, vormals der Boden rot jeden Herbst .


    " Doch gottgleich, wie auf Engelsflügeln schweben und gleiten sie durch den Wald", diese Wunderwerke der Technik. Die hauen alle 300 Meter eine Schneise in den Wald,die Sonne knallt gnadenlos rein, und beim nächsten Sturm liegt alles, aber das war dann der Klimawandel. Dann werden Douglasien gepflanzt.


    Mir muß man überhaupt nichts erklären. Ich sehe es jedes Jahr wie wieder gewütet wurde. Und es fällt mir einigermaßen schwer meine Erziehung nicht zu vergessen bei diesem Thema. ;)

  • Auch ein Studium der Forstwirtschaft kann den gesunden Menschenverstand nicht ersetzen ( gilt auch für Maschinenbau und Betriebswirtschaft). Wenn ich etwas zu diesem Thema wissen mag, dann frage ich den 85-jährigen Landwirt im nächsten kleinen Nachbardorf. Der hat zu diesem Thema in seinem Leben schon mehr vergessen als die Kameraden an der Uni jemals lernen können. Belassen wir es dabei bitte.

  • tscho6730 Mir fällt auf, dass du hier Erfahrung und Wissenschaft gegeneinanderstellst, obwohl sie sich in der Forstwirtschaft ergänzen.

    Das Wissen aus Jahrzehnten Praxis ist wertvoll, genauso wie Forschung, die erklärt, warum bestimmte Dinge funktionieren - oder eben nicht. Die besten Ergebnisse entstehen, wenn man beides zusammenbringt, statt es gegeneinander auszuspielen.

  • harvester würde die Wege zerstören

    Hi Joana,


    wenn es nur die Wege wären...


    in "meinen" Revieren sind rücksichtslos (weil die 2spurigen Waldwege zu schmal waren - Hohlwege) kerngesunde Bäume geschrammt worden an den Wurzeln, am Stamm, manche harzen nun heftig...diese Verletzungen schmerzen mich.

    Nicht die Wege werden zerstört, sondern lebende gesunde Bäume werden geschrammt.

    Ich frage mich, ob dieser Harvester-Fahrer überhaupt eine Ausbildung, Spezial-Führerschein hat?

    Es gibt derzeit viel ausländisches Personal unter den Waldarbeitern, die unter Zeitdruck dem Wald Holz entnehmen müssen.

    Die Schrammen und Verletzungen der nicht geernteten Bäume sind denen egal.

    Eine Führung mit einem Förster: er stellte sich der Gruppe als Holzfabrikant vor...


    Zu vielen der Bäume habe ich eine Vierteljahrhundert-Beziehung, ich habe ihr Wachsen erlebt, wenn dann die Großschlachtung losgeht, werde ich traurig.

    Um manche Bäume trauere ich mehr als um Menschen, die eben nicht umgebracht werden, sondern an Alter, Krankheit sterben dürfen.

    Welcher Baum darf noch 200 Jahre alt werden?


    In Respekt für alles, was lebt

    inge

  • Moin,

    eigentlich ist es ja gar nicht so schwer. Der Wald ist keine große Menge von Holzstämmen, sondern ein komplexes Ökosystem. Auch die kleinsten Organismen sind wichtig für das Funktionieren des Ökosystems Wald und wenn das System funktioniert sind auch die Bäume gesund.

    Der Bayrische Wald zeigt, wie ein Plantagenwald wieder zu einem klimastabilen Ökosystem mit einer großen Artenvielfalt werden kann, zu einem Wald, der in der Lage ist, CO2 zu speichern, Sauerstoff zu produzieren und Feinstaub zu binden.


    Blöderweise lernt niemand daraus. Die hiesigen Fichten-Plantagen sind krank und sterben vor sich hin. In 10 Jahren sind sie Geschichte. Die Forstwirtschaft in meinem Umkreis beschränkt sich auf das Verwerten von Holz, preisgünstig, durch den Einsatz schwerer Technik. Von den Erträgen beschaffen die Forstämter technische Geräte. Die sind nach 10 Jahren abgeschrieben, der Wald ist weg, und dann? Die Bewirtschaftung mit schwerer Technik führt zu hoch verdichteten Böden, die das Wachstum von Pilzen und Mikroorganismen erschweren und Bäumen schaden.


    In zehn Jahren wird es keine Bäume mehr geben, die verkauft werden können. Dumm gelaufen. Was machen eigentlich die Forstverwalter, wenn das Holz weg ist? Irgendwelche Jobs im Öffentlichen Dienst. Vieleicht erklärt das die fehlende persönliche Motivation und das Engagement der Verantwortlichen, deren Schwerpunkt neben der Holzverwertung die Jagd ist, die Treibjagd, um genauer zu sein. Jäger umschreiben sie gern als Drückjagd. Kürzlich waren hier wieder Waidmänner und -Frauen aus der ganzen Republik über zwei Tage dabei. Zwei schwere Verkehrsunfälle mit Wild und eine Schwerverletzte blieben auch auf der Strecke und mein Waldspaziergang fand wieder einmal ein jähes Ende, weil völlig überraschend Treiber auftauchten. Informationen über Jagdtermine sind hierzulande nicht üblich.


    Ein weiser Spruch besagt, dass man die Kuh nicht schlachten sollte, die man melken kann. Doch genau das tun die Forstämter mit ihrer rücksichtslosen Art der Bewirtschaftung. Der Waldboden, also die Basis für einen gesunden Wald wird zugunsten kurzfristiger Gewinne kaputt gemacht. Langfristige Überlegungen zur Zukunft und Rolle des Waldes gibt es nicht. Dabei ist Fak: in 10 Jahren gibt es hier keinen wirtschaftlich verwertbaren Wald mehr.


    Es ist doch eigentlich ganz einfach. Es braucht die Einsicht, dass es die kurzfristigen Gewinne nicht wert sind, die Zukunft des Ökosystems Wald aufs Spiel zu setzen. Es braucht Respekt vor und einen anderen Umgang mit der Natur.


    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hey Inge,

    danke fürs Teilen deiner Erfahrungen - ich habe versucht, auf deine Fragen ausführlich einzugehen.


    Zu den Harvesterfahrern:

    Einen speziellen „Führerschein“ gibt es nicht, aber das Fahren ist sehr anspruchsvoll. Ein Harvester ist ein rollender Computer: Der Fahrer muss in Sekunden entscheiden, welche Längen geschnitten werden, die Holzqualität beurteilen und dabei immer die Sicherheit im Blick haben. Viele bauen die Maschine bei Störungen selbst auseinander - das ist weit mehr als „nur fahren“.


    Führungen:

    „Holzfabrikant“ ist ein interessanter Begriff … ich stelle mich bei einer Führung einfach als „Forstmensch“ vor. Je nachdem, was man vermitteln möchte, kann man Jagd, Waldbau oder Naturschutz verbinden. Ich selbst mache meist etwas Jagdpositives und erkläre nebenbei, warum bestimmte Bäume entnommen werden (z.B. Licht für Eichenverjüngung). Wenn Teilnehmer Moos, Pilze, Käfer oder Vögel ansprechen, gehe ich gern darauf ein - auch wenn ich bei Vögeln zugeben muss, dass ich die nie so gern gelernt habe. :D


    Alte Bäume:

    Eichen dürfen regelmäßig sehr alt werden, und es gibt inzwischen Förderprogramme, die Waldbesitzer dafür bezahlen, besonders alte oder seltene Bäume stehen zu lassen oder freizustellen. Bei Buchen ist es schwieriger, weil ihr Holz mit zunehmendem Alter oft stark an Wert verliert. Die richtig alten Bäume sind meist außerhalb des Waldes zu finden (Dorflinden, Grenzbäume). Manche Baumarten sind auch "von Natur" her nicht so dass sie besonders alt werden. Waldbaulich hat sich die letzten Jahrhunderte enorm viel getan: Ich glaube, dass wir in Zukunft wieder mehr alte Bäume sehen werden - wenn auch nicht in der Menge, die manche sich wünschen.


    Schäden an Bäumen:

    Solche Verletzungen sind auch für Waldbesitzer unerwünscht. In den Arbeitsaufträgen an Unternehmer steht genau, welche Schäden zu vermeiden sind. Trotzdem gibt es Situationen (z.B. Käferbefall nach Regen), in denen dringend eingeschlagen werden muss. Dann hängt viel von der Sorgfalt des Unternehmers ab - und leider gibt es nicht immer Alternativen. Auch Försterinnen und Förster sitzen manchmal fassungslos in Beständen, wenn etwas schiefgelaufen ist. Ich kann nicht sagen das ausländische Waldarbeiter schlechter seien, alles was ich bisher gesehen habe war gleichwertig und es kam mehr darauf an was der Unternehmer als Priorität hatte - sorgsames arbeiten oder schnell den Auftrag abarbeiten. Und der Unternehmer macht sich als Priorität was er sich erlauben kann - je nach Druck (und Prioritäten) vom Auftraggeber.


    Abschließend:

    Ich habe Forst studiert, arbeite aber auch praktisch im eigenen Wald. In jedem meiner Wälder gibt es Biotope, die ich selbst von Hand angelegt habe. Im Studium ging es viel um klimastabile Wälder, Naturschutz, Totholz, Zertifizierung usw. - und im Staatswald sehe ich, dass diese Ideen umgesetzt werden. Aber es gibt viele kleine Privatwälder, in denen andere Vorstellungen gelten, das macht die Praxis so bunt.

    Liebe Grüße

  • Wutzi , ich habe Absatz für Absatz mich durch deine Nachricht gearbeitet, ich hoffe du liest es, es waren 2h Arbeit. :)


    Moin,

    eigentlich ist es ja gar nicht so schwer. Der Wald ist keine große Menge von Holzstämmen, sondern ein komplexes Ökosystem. Auch die kleinsten Organismen sind wichtig für das Funktionieren des Ökosystems Wald und wenn das System funktioniert sind auch die Bäume gesund.

    Der Bayrische Wald zeigt, wie ein Plantagenwald wieder zu einem klimastabilen Ökosystem mit einer großen Artenvielfalt werden kann, zu einem Wald, der in der Lage ist, CO2 zu speichern, Sauerstoff zu produzieren und Feinstaub zu binden.

    Dass der Wald ein komplexes Ökosystem ist, unterschreibt wohl jeder Forstmensch. Gerade deshalb arbeiten viele Forstleute daran, weg von Reinbeständen hin zu stabilen Mischwäldern zu kommen - nicht nur im Bayerischen Wald, sondern bundesweit. Aber solche Umstellungen brauchen Jahrzehnte und müssen auch für tausende Waldbesitzende mit sehr unterschiedlichen Zielen und Besitzgrößen umsetzbar sein. "Gesunde Bäume" ist nicht das Ergebnis eines stabilen Systems. Es wird immer vor sich hin kränkelnde&absterbende, tote, beschädigte Bäume geben - dies ist super wichtig hinsichtlich Struktur. Beim Verhältnis wieviele gerade am absterben/geschwächt/tot sind zu vitalen Bäumen gibt es auch kein Optimum, wenn durch Eingriffe dies nicht so beeinflusst würde, würde sich stetig ändern (im Zeitraum von mehreren hundert Jahren). Forstwirtschaft ist auch mehr als einfach nur Bäume ernten und Bäume pflanzen, es ist sehr viel komplexer und vielschichtiger. Die Ökosystemdienstleistungen die du kurz anschneidest sind fundamental wichtig, hier gehört noch deutlich mehr dazu wie z.b die Erholungsfunktion (für Besuchende), Lebensraumfunktion (für alles was eben darin lebt), die Schutzfunktion die du bereits angesporchen hast (hier ist aber z.b. auch Schutz vor Erosion drin) und auch die Nutzfunktion (Holz, andere nicht-Holz Produkte). Wälder als CO2 Senke wird keinen retten hinsichtlich Klimawandel. Im Studium mussten wir da groß hin und her rechnen wieviel gespeichert werden kann und wieviel ausgestoßen wird - die Zusammenfassung ist das der Wald ein Tropfen auf den heißen Stein ist, wenn der Mensch (bewusste Verallgemeinerung) sein bestes gibt den Klimawandel zu pushen. Ganz abgesehen davon das deutsche Wälder keine Senke, sondern CO2 Quelle inzwischen sind. Das heißt nicht das es nicht wichtig wäre den Wald zu erhalten, ich möchte damit lediglich die Bedeutung hinsichtlich CO2 Speicherung einordnen die von vielen überschätzt wird. Sauerstoff ist garnicht so DAS Waldprodukt, also klar wir brauchen das zum Überleben, aber die Konzentration in unserer Athmosphäre ist hoch und der Hauptproduzent ist der Ozean (durchs Plankton), relevanter für uns ist da die Kohlenstoff speicherung.


    Blöderweise lernt niemand daraus. Die hiesigen Fichten-Plantagen sind krank und sterben vor sich hin. In 10 Jahren sind sie Geschichte. Die Forstwirtschaft in meinem Umkreis beschränkt sich auf das Verwerten von Holz, preisgünstig, durch den Einsatz schwerer Technik. Von den Erträgen beschaffen die Forstämter technische Geräte. Die sind nach 10 Jahren abgeschrieben, der Wald ist weg, und dann? Die Bewirtschaftung mit schwerer Technik führt zu hoch verdichteten Böden, die das Wachstum von Pilzen und Mikroorganismen erschweren und Bäumen schaden.


    Das wichtigste für diesen Abschnitt ist wohl zu sagen das es nicht "die Forstwirtschaft" in deiner Umgebung gibt. Genausowenig wie man "die Landwirtschaft" sagen kann - die Verallgemeinerung ist einfach zu groß um danach noch irgendwas von Bestand sagen zu können weil die Gruppe super divers ist.

    Es stimmt das die Fichtenmonokulturen besonders betroffen sind, was ich definitiv nicht glaube ist das die in 10Jahren schon weg sind. Wenn man aktuell Forst studiert hört man oft den Spruch "eure Generation wird die sein, die ihr ganzes Leben noch Fichte erntet und den Waldumbau voran treibt". Ein Försterleben ist nichts im Vergleich zu den Zeiträumen im Wald, aber mehr als 10Jahre. Schwere Technik ist teuer, besonders wenn es nicht in effizienten Baumstärken eingesetzt wird. Sprich es wird stehts bei jedem Hieb geschaut was ergibt hier Sinn? Zu dünnes oder zu starkes Holz beispielsweise geht nicht effizient. Häufige Gründe für den Einsatz eines Harvesters sind z.b. Sicherheit und Personalmangel (Forstwirt:innen). Viele Förster haben nichtmal mehr "eigene Forstwirte" sondern müssen rein mit Unternehmern arbeiten. Technische Geräte (Maschinen?) beschaffen können sich viele garnicht leisten weil der Gewinn nicht besonders hoch ist und es sich auch nicht lohnt (die Maschienen müssen ja ausgelastet werden), besonders in Gegenden mit viel Schadholz (reduzierter Wert) oder Laubholz (schwieriger für den Harvester, aber nicht unmöglich). Anschaffungen sind da eher mal ein neues Tablet für den Förster (Digitalisierung) oder ein upgrade von der Forstsoftware die aussieht als wär sie locker 30Jahre alt. "Hoch verdichtete Böden", genau deswegen gibt es Rückegassen und Regeln das Maschinen dort bleiben müssen. Was auch interessant ist, ist der Trend zu größeren Gassenabständen, sprich es werden Gassen "stillgelegt" (oft mit Bepflanzung mit Pflanzen die eine Hohe Wurzelenergie haben, sprich durch die verdichteten Böden auch durchkommen). Ebenfalls interessant ist hier die "Rückeraupe" die erstaunlich wenig Verdichtung auslöst und um Welten besser ist als Rückung mit Pferd. Aber das ist auch kein Wunder, Pferde haben naturbedingt eine kleine Trittfläche zu ihrem Körpergewicht (im Vergleich zur Raupe), daher ist die Verdichtung natürlich auch konzentrierter. Es ist beeindruckend Pferde bei der Arbeit zu sehen, ich war in der Nachmittagsgruppe und das Pferd was am Vormittag gearbeitet hatte war richtig grantig weil es nichtmehr arbeiten durfte. :D Meiner Ansicht nach ist es aber gut, das wir darüber hinweg sind. (viele Gründe, Tierschutz ist einer, Effizienz ein weiterer...). Verdichtete Böden erschweren definitiv das Wachstum, auch Wurzeln der nahegelegenen Bäume findet man kaum. (Im Studium verbringt man Zeit im Wald und gräbt die Rückegasse im Prinzip um und siebt alles was im Boden ist plus wissenschaftlichere Untersuchungen vom Boden)


    In zehn Jahren wird es keine Bäume mehr geben, die verkauft werden können. Dumm gelaufen. Was machen eigentlich die Forstverwalter, wenn das Holz weg ist? Irgendwelche Jobs im Öffentlichen Dienst. Vieleicht erklärt das die fehlende persönliche Motivation und das Engagement der Verantwortlichen, deren Schwerpunkt neben der Holzverwertung die Jagd ist, die Treibjagd, um genauer zu sein. Jäger umschreiben sie gern als Drückjagd. Kürzlich waren hier wieder Waidmänner und -Frauen aus der ganzen Republik über zwei Tage dabei. Zwei schwere Verkehrsunfälle mit Wild und eine Schwerverletzte blieben auch auf der Strecke und mein Waldspaziergang fand wieder einmal ein jähes Ende, weil völlig überraschend Treiber auftauchten. Informationen über Jagdtermine sind hierzulande nicht üblich.



    In 10Jahren wird es noch Bäume geben, wie gesagt, 10Jahre ist ein Wimpernschlag für den Wald. Treib und Drückjagd sind zwei verschiedene Dinge. Sie findet an verschiedenen Orten und auf verschiedenes Wild statt. Erklärung Treib- vs. Drückjagd Ich kann dir zu deinem Jagderlebnis nur sagen wie es Standard ist, Standard ist das Jagden angekündigt werden, am Tag selbst werden Schilder und Absperrungen aufgestellt "Achtung Jagd, Lebensgefahr" und es gibt für Jeden Teilnehmer eine ausführliche Einweisung die besonders auf Sicherheit auch fokussiert. Vielleicht wurde das bei dir nicht gemacht, vielleicht ist es aber auch einfach deine Warnehmung und eigentlich wäre die Information verfügbar gewesen, ich weis es nicht. Jagd ist jedenfalls fundamental für einen klimastabilen Wald, ohne Jagd ist im Jungwuchs nur Bonsaibäumchen zu sehen und die "wirklich interessanten" Bäume wie Eiche usw. schmecken einfach zu gut als das sie überleben würden.



    Ein weiser Spruch besagt, dass man die Kuh nicht schlachten sollte, die man melken kann. Doch genau das tun die Forstämter mit ihrer rücksichtslosen Art der Bewirtschaftung. Der Waldboden, also die Basis für einen gesunden Wald wird zugunsten kurzfristiger Gewinne kaputt gemacht. Langfristige Überlegungen zur Zukunft und Rolle des Waldes gibt es nicht. Dabei ist Fak: in 10 Jahren gibt es hier keinen wirtschaftlich verwertbaren Wald mehr.



    Dazu habe ich eigentlich schon viel gesagt, aber ich dachte gerade, ist dir bewusst das wir als Mensch eine sehr lange Geschichte mit "Waldboden schädigen" haben? Forstlich ist es noch nicht lange her, da wurde noch jeder Ast gesammelt, sogar Wurzeln ausgegraben, Laub zusammengerecht, das Vieh in den Wald getrieben, die Flächen zu 100% befahren und unseren Wald mit Schwefel beregnet. Heutzutage existiert ein ganz anderes Verständnis, was z.b. auch zu diesen Astansammlungen auf den Rückegassen führt (Druckverteilung) oder eben stillgelegte Gassen, strenge Richtlinien hinsichtlich der Maschinen und Wegezustände, generell Richtlinien für alles mögliche. Kurzfristige Gewinne gibts jedenfalls nicht im Forstbereich, Forst ist immer ein Generationenvertrag, es wird nicht von Jahr zu Jahr sondern in 10Jahres Abständen (Forstinventur) geplant, darin werden dann z.b. Pflegemaßnahmen festgelegt, nach 10Jahren kommt wieder einer von der Forstinventur, schaut sich den Bestand an und legt die Maßnahmen für die nächsten 10Jahre fest. Ganz im Gegenteil, Zukunft & Rolle des Waldes ist fundamental für alle Überlegungen. So wird je nach Waldfunktion der Wald unterschiedlich behandelt. "wirtschaftlich verwertbar" wird der Wald immer sein, dafür ist der Begriff viel zu breit und beinhaltet auch nicht-Holz-Produkte.


    Es ist doch eigentlich ganz einfach. Es braucht die Einsicht, dass es die kurzfristigen Gewinne nicht wert sind, die Zukunft des Ökosystems Wald aufs Spiel zu setzen. Es braucht Respekt vor und einen anderen Umgang mit der Natur.


    Zu deinem letzten Absatz möchte ich sagen, vielleicht braucht es auch die Einsicht, das Forstwirtschaft nicht umsonst ein Studium ist, dass die Dinge eben NICHT einfach sind, sondern komplex und vielschichtig. Sie sind komplexer als von mir hier dargestellt, aber ich wollte diesen Beitrag jetzt auch nicht ausarten lassen. Wichtigste take-home message: Es gibt nicht "die Forstwirtschaft".

    Liebe Grüße,

    Joana

  • Guten Tag Joana,


    danke für Deine elaborierte Antwort.

    Allerdings enthält sie ein Statement, dem ich nicht zustimmen kann,

    Naturschutz, Totholz, Zertifizierung usw. - und im Staatswald sehe ich, dass diese Ideen umgesetzt werden

    im Staatsforst Baden-Württemberg jedenfalls NICHT:

    Derzeit werden schmale Waldwege massiv verbreitert mit Schotter, teils in größeren Serpentinen angelegt, dabei werden lange gewachsene Moos-Flechten-Orchideen-Biotope (auf der Höri) rücksichtslos geopfert.

    Die staatliche Vorgabe zur Vorranggebietserklärung für Windkraftindustrie bereitet sich gerade vor, damit die Schwermaschinen (mit XL-Länge und Schwer-Tonner den Berg hochkommen.

    Pro WindKraftAnlage werden 8000 qm abgeholzt für einen Riesenbetonsockel.

    Der Staat verrät unsere Orchideenwiesen, Rotmilan-Brutplätze werden geopfert dafür, damit Subventionen kassiert werden können.

    Ich sehe nur die sinnlose Profitgier am Werk.

    By the way, auf der Höri ist die Windhöffigkeit ineffizient - aber die kurzfristigen Subventionsprofite lassen eine "grüne" Landesregierung (BW) mal Naturschutz zu "Klimaschutz" umpropagieren...

    Nun, Joana, Du siehst Deine Statements lösen ganze Kaskaden aus...dürfen aber unwidersprochen so nicht stehen bleiben.


    ciao, inge

  • Hallo Inge,


    ja ich sehe schon, kaum ist eine Nachricht beantwortet ist hier schon die nächste, dabei wollte ich nur den Kontakt für Korrekturen von Fehlern beim 123pilze Datensatz. :D

    Aber ich mache das auch gern, solange es zeitlich möglich ist. Finde es auch wichtig, wie soll man denn sich gegenseitig verstehen wenn man nicht gemeinsam spricht.


    Das mit deinen Biotopen finde ich super schade. Vor Bauprojekten (wie einer Windkraftanalage) wird eine naturschutzfachliche Prüfung gemacht. Da gibt es aber auch Ausnahmen oder Kompromisse (z.b. Windrad abschalten zu bestimmten Zeiträumen), wie trotz festgestelltem schützenswerten Objekt/Tier/ect. dennoch das Projekt durchgeführt werden kann, wenns z.b. öffentliches Interesse ist (Strom definitiv) keine Alternativen gibt (örtlich) und viele weitere Gründe die hart geprüft werden, jenachdem dann mit auferlegten Maßnahmen um den verursachten Schaden auszugleichen, ich kann nicht sagen was da bei dir dem zugrunde liegt. Aus deiner Nachricht habe ich interpretiert das es über klassische Wegepflege hinaus geht mit Ziel Windkraftanlage.


    8.000m2 ist das absolute Maximum und nicht Standard. Viel davon wird auch wieder angepflanzt, teils mit Waldbäumen (gillt rechtlich nichtmehr als Wald sieht aber so aus) teils mit Sträuchern (direkt um den Windradsockel). Also ich möchte sagen "8000 qm abgeholzt für einen Riesenbetonsockel" ist falsch wenn du damit nicht einbeziehst was wieder bepflanzt wird. (fürs aufstellen wird mehr Platz gebraucht) Ich spreche natürlich nicht für ForstBW, aber aus derren Sicht ist es ein stabiles Einkommen, in einer Zeit in der alles nur noch unsicherer wird von Jahr zu Jahr, Diversifizierung der Einkommensströme wird wichtiger um Krisen zu überstehen. Die Zuständigen seitens der Windkraftanlage zahlen sehr großzügig für die Wege, der typische Forstbezirk hat sonst immer eher wenig Geld für Wegepflege. Auch für aufwändige Biotoperstellung - und noch viel schlimmer - Pflege - hat der typische Forstbezirk eher wenig Geld. Solche "Ausgleichszahlungen" können auch dafür genutzt werden. Ich möchte nicht sagen das Windkraftanlagen toll seien, ich möchte aber sagen das da mehr Aspekte beteiligt sind. Sinnlose Profitgier finde ich jedenfalls fehl am Platz, schlichtweg weil ich gelernt habe was da alles durchgeprüft werden muss an Bürokratie & Gesetz (wir sind schließlich in Deutschland :D ) und man nicht einfach mal so ein Windrad baut nur weil man dann Gewinne macht.


    Liebe Grüße :)

  • Ach Jona,

    du hast dir so viel Mühe gemacht. Und ich bin sicher, es gibt Menschen, die aus Enthusiasmus Forstwirtschaft studieren. Wie viel Wohlleben und wie viel Nachhaltigkeit wird da wohl heutzutage vermittelt? Und wie viel von dem Erlernten bleibt in der Praxis auf der Strecke?


    Und ich kann nur über meine Region berichten, über die Wälder in meiner Gegend, die ich täglich durchlaufe oder mit dem Rad durchstreife. Deshalb schreibe ich nur darüber wie ich die praktische Forstwirtschaft in meiner Region erlebe. Wie sie bei dir praktiziert wird, kann ich nicht bewerten.


    Ich kann Inges Anmerkungen übrigens nur zustimmen. Ich bin von Staatsforst umzingelt und genau der ist hier das Problem, nicht die wenigen kleinen Waldbesitzer.


    Als vor 10 Jahren ein Downburst die Fichtenplantage am mir gegenüberliegenden Hand hinweggefegt hat, hat der Revierleiter des Forstamtes die zügige Aufforstung veranlasst - mit Fichten!

    Du schreibst: Wenn man aktuell Forst studiert hört man oft den Spruch "eure Generation wird die sein, die ihr ganzes Leben noch Fichte erntet und den Waldumbau voran treibt". Das ist definitiv eine ganz steile These. Die nächste Generation wird hier keine Fichten mehr ernten, die übernächste auch nicht, in 70- 80 Jahren vielleicht wieder.


    Es ist richtig, dass nicht alle Fichten in 10 Jahren verschwunden sein werden. Aber die großen Fichten, die Gewinne abwerfen, gibt es dann nicht mehr. Die sind schon heute zu 80% abgestorben und verkauft worden. Die jungen Fichtenplantagen sind ebenfalls stark geschädigt, teilweise abgestorben und die Fichten aus der Naturverjüngung brauchen viele Jahrzehnte, bis sie marktfähig sind. Die werden es nur im Verbund mit anderen Bäumen schaffen, groß zu werden. Die Zeit der Plantagenfichte ist hier vorbei.


    Wir haben es ja nicht mit einzelnen kränkelnden Bäumen zu tun, die in jeden Wald gehören. Es geht hier um Holz-Plantagen, die auf einen Schlag kaputt gehen, weil die Fichte den klimatischen Veränderungen nicht gewachsen ist. Aktiv wird der Waldumbau durch die hiesige Forstbehörde nicht betriebenen auch nicht unterstützt. Wo nur Fichte steht kommt auch nur Fichte in der Naturverjüngung nach. Da müssten andere Baumarten integriert werden.


    Dass die Menschen nicht erst in der Gegenwart den Wald falsch bewirtschaften, macht die Sache nicht besser. Zum Thema Bodenverdichtung empfehle ich dir tatsächlich, dich mit den Erkenntnissen zu befassen, die aus der Entwicklung des Bayrischen Waldes gewonnen wurden - der Unterschied des Baumwachstums auf Flächen, die direkt im Naturschutz-Kerngebiet liegen im Vergleich zu Flächen, auf denen die toten Bäume zunächst mit schweren Maschinen geerntet wurden und die erst dann sich selbst überlassen wurden, ist riesig.


    Ich will nicht auf alle deine Anmerkungen eingehen, aber ich danke dir für die Aufklärung zu den Jagd-Begrifflichkeiten. Einmal wird also Hoch- und ein anderes Mal Niederwild gehetzt. Ich finde beides unethisch. Gewissenssache. Die früheren Ansitzjagd, bei der tatsächlich Hege noch eine Rolle spielte, finde ich vertretbar. Aber dass es ohne die konventionelle Jagd nicht geht, ist ein Jägermärchen.


    Im Kanton Genf wurde Ende des letzten Jahrhunderts per Volksentscheid die Jagd abgeschafft. Statt dessen fand ein Wildtier-monitoring und ein gezielter Abschuss der überzähligen Tiere durch Natur-Ranger im November statt, auch Nachtsichtgeräte waren erlaubt. Die Tiere wurden nicht gehetzt und beunruhigt. Starke Tiere mit guten Trophäen durften sich vermehren, während gezielt schwache Tiere geschossen werden. Die Erfahrungen waren durchweg positiv. Verträgliche Wildbestände, weniger Verbiss, das Wild wurde tagaktiv, keine jagdbedingten Wildunfälle, es wanderten Wildarten ein, die zuvor nicht vorhanden waren. Nur die Jäger fanden es blöd. Sie waren zuvor Sturm gelaufen und hatten den Untergang des christlichen Abendlandes prophezeit.


    Das Institut für Zoo- und Wildierforschung hat übrigens Untersuchungen zum Abschuss von Rehen mit interessanten Ergebnissen gemacht. In den Folgejahren großer Abschusszahlen haben die Rehe mit Gemini-Geburten reagiert und so die Verluste durch die Abschüsse umgehen kompensiert. Es gibt sehr interessante Untersuchungen auch zu andren Wildarten, wie z.B. Füchsen.

    In dich finde es unverständlich, dass dennoch an den alten wenig erfolgreichen Jagd-Praktiken festgehalten wird.


    Ich nehme eigentlich sehr gut wahr, wie hier über die Jagdausübung informiert wird und ich weiß auf, dass und wie theoretisch werden müsste. Die Praxis hier hat nichts mit der Theorie zur tun.


    Sagen wir mal so: viele Entscheidungen die den Wald und die Jagd betreffen sind in erster Linie interessengeleitet. Wissenschaftliche Erkenntnisse, Studien und vergleichende Untersuchungen stören da eher und werden lieber ausgeblendet.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hallo Wutzi,


    danke für deine ausführliche Antwort - man merkt, dass dir der Wald und seine Zukunft wirklich wichtig sind.


    Mir fällt aber auf, dass in deiner Nachricht einige Schlagworte stecken („Wohlleben“, „hetzen“, „Jägermärchen“), die eine Wertung mittransportieren. Damit wird es schwer, fachlich zu bleiben. Wenn wir über Forstwirtschaft oder Jagd sprechen wollen, lohnt es sich, die Begriffe so zu benutzen, wie sie in der Fachsprache gemeint sind: „Hetzen“ etwa ist ein Begriff aus der Hundearbeit, nicht das, was bei einer Drückjagd passiert. Drückjagd wird z.b. nicht nur auf Hochwild, sondern auf Schalenwild ausgeübt (das steht auch in der Quelle die ich dir geschickt hatte). Wie alles zuvor, ist Jagd auch komplexer als man meint. Deine Aussage mit Verkehrsunfällen aufgrund von Gesellschaftsjagd, ist ein klassisches Beispiel für eine Übertreibung, um die Jagd emotional zu diskretitieren - hat aber nichts mit der Realität zu tun. Die meisten Wildunfälle passieren außerhalb organisierter Jagden und in Zeiten, in denen Tiere nachts oder in der Dämmerung die Straßen überqueren. Ich verstehe gut, was du subjektiv wahrnimmst, aber um über Waldzustand, Wildbestände oder Bodenbelastung zu urteilen, greifen wir in der Wissenschaft auf Daten, Inventuren und standardisierte Erhebungen zurück. Einzelne Wahrnehmungen können interessant sein, sind aber kein Maßstab für Managemententscheidungen oder die "generelle Situation" in Deutschland.


    Was Peter Wohlleben schreibt, kann man mögen oder nicht - er ist ein guter Erzähler, aber kein forstwissenschaftlicher Referenzautor. Seine Bücher eignen sich, um Menschen für den Wald zu begeistern, doch wenn es um Bewirtschaftung, Jagd oder Bodenschutz geht, braucht man belastbare Daten statt Bestseller-Zitate. In der Wissenschaft werden Inhalte kritisch geprüft, egal von wem sie stammen. Das Ziel ist, wissenschaftliche Erkenntnisse, Praxiserfahrung und gesellschaftliche Erwartungen zusammenzubringen, nicht ein „Lagerdenken“ zu pflegen.

    Ich freue mich über jede sachliche Debatte, gerade weil der Wald so komplex ist. Wenn wir die Emotionalität etwas rausnehmen, können wir viel leichter klären, wo es Missverständnisse gibt und wo wirklich unterschiedliche Ziele. Wohlleben ist so als würde ich jetzt mit der Amanita Therapie ankommen, die wenn man sich einliest erschreckend unwissenschaftlich ist.


    Zum Thema Jagd: Du schreibst, sie sei „nicht effektiv“, gleichzeitig betonst du die Bedeutung starker Trophäenträger und bringst ein Beispiel von Genf, wo der Bestand fast ausgerottet wurde und es genau deswegen zum Volksentscheid kam, weil die Jagd zu effektiv hinsichtlich Abschüssen war. Effektive und wissenschaftlich fundierte Jagd kümmert sich nicht um Trophäen, sondern um die Gesundheit der Population und den Zustand des Lebensraums. Ein gesunder Bestand heißt: genug Raum, Nahrung und geringe Krankheitslast - das erreicht man, wenn die Dichte zum Standort passt.Traditionelle Jagd fokussiert auf Trophäen. Diese sind jedoch Welten entfernt von denen der forstlichen Jagd die notwendig ist um einen klimastabilen Wald ohne Schutz zu erreichen. Nur als Beispiel damit man ein Gefühl hat, Abschusszahlen werden immer auf 100ha angegeben. Traditionell sind das meist 6Rehe offiziell (inoffiziell oft weniger). Forstlich sind es mind. 15Rehe, in meinem Revier z.b. 45, es ist eben mehr als einfach nur eine Zahl festlegen sondern da spielen viele Faktoren mit rein, allen vorran das Verbissgutachten. In Genf spielen Trophäen keine Rolle. Es wird nicht nur im November dort gejagt, sondern das ganze Jahr. Die schießen dort 150Tiere/Jahr, durchgeführt von einer Vollzeitstelle. Viele der Jagdpraktiken in Genf sind abosluter Standart für forstliche Jäger (da wissenschaftlich fundiert). Dein Beispiel ist in keinster weise repräsentativ mit dem, was in Deutschland vorliegt - denn "zu viel Jagd/Abschüsse" ist nicht das Problem bei uns.

    So wie es eben "die Forstwirtschaft" nicht gibt, gibt es auch nicht "die Jagd". Bei der Jagd ist es sogar noch viel schlimmer, differenzierter, Menschen mit krassen "Meinungen" und wenig wissenschaftlicher Basis. Eine Verallgemeinerung führt auch hier, zu nichts.


    Übrigens: Du hattest vorgeschlagen, ich solle mir mal ansehen, was man im Bayerischen Wald gelernt hat. Das ist witzig, denn genau dort habe ich studiert 😉. Die Erkenntnisse aus dem Nationalpark und den angrenzenden Wäldern gehören fest zum forstlichen Grundwissen - ich kenne die Untersuchungen zu Bodenverdichtung, Naturverjüngung usw. also durchaus aus erster Hand. Genau deshalb wollte ich auch betonen, dass sich die Forstwirtschaft über die Jahrzehnte weiterentwickelt hat. Heute gibt es klare Richtlinien zu Rückegassen, Maschinenführung, Verdichtungsvermeidung und Bodenschutz, die die Situation deutlich verbessern. Historische Vergleiche, wie die Entwicklung des Bayerischen Waldes, sind interessant, spiegeln aber nicht den aktuellen Standard wider.


    Viele Grüße

    Joana