Vuilleminia alni

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 2.753 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Tomentella.

  • Hallo zusammen,


    vor 2 Tagen konnte ich am 05.02.2021 eine Vuilleminia auf Alnus finden.

    Aufgrund der schmalen Sporen und fehlenden Zystiden, bin ich auf Vuilleminia alni gekommen.

    Hier sind die Bilder:

    1.


    2.


    VG : Thorben

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    hast du das mit dem Schlüssel auf Franks Seite abgeglichen?


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Hallo Stefan,

    hast du das mit dem Schlüssel auf Franks Seite abgeglichen?

    Ja das habe ich. Ich habe auch einen identischen Schlüssel von Sergio Pérez Gorjón zu Rate gezogen.

    Manche Autoren schreiben auch, dass die Vuilleminia comedens = V. alni ist und geben V. alni als Synonym an.

    Ob man da mitgehen sollte oder nicht weiß ich nicht.


    VG : Thorben

  • Hallo Thorben,


    ob man V. alni und V. comedens gut trennen kann und trennen sollte, macht mich zunehmend unsicher.

    Die Sporenmaße deines Fundes sind auch wieder die obere Grenze von V. alni und würden auf Eiche auch für V. comedens reichen!?


    Hallenberg und Ghobad-Nejhad (2010) schreiben in ihrer Arbeit "Phylogeny and taxonomy of Vuilleminia":

    (automatisch übersetzt!)

    "Vuilleminia alni lässt sich weder morphologisch von V. comedens noch in den

    phylogenetischen Analysen trennen. Daher betrachten wir sie als Synonym von V. comedens. Sporen

    in einigen Sammlungen auf Alnus sind homogener in Form und Größe und neigen dazu, guttulös zu sein,

    aber diese Merkmale sind auf anderen Wirten weniger ausgeprägt. Selbst auf Alnus allein, kann die Sporengröße signifikant variieren, wenn mehrere Proben verglichen werden"


    LG

    Frank

    • Offizieller Beitrag

    Danke für die Aufklärugn Frank. ==Gnolm8


    l.g.

    Stefan

  • Servus beinand,


    ich finde, die Sporen von Vuilleminia alni sind deutlicher gekrümmt. Gobad-Nejhad et al. (2010) zeichnen das sogar so, diskutieren das aber nicht. Sie schreiben nur was von "variabel". In der Länge unterscheiden sich beide auch m.M.n. nicht, aber V. alni kenne ich als im Schnitt schmaler - und eben stärker gekrümmt.


    Der Stammbaum basiert nur auf ITS und LSU. Das ist vielleicht noch zu dünn. Und Vuilleminia comedens setzt sich da schon ab - aber es bleibt eine Basis mit V. comedens plus V. megalospora und V. alni. Ob da alle richtig bestimmt sind.


    Mich überzeugt das paper noch nicht. Ich bin allerdings ja auch eher ein Spalter ;-).


    Liebe Grüße,

    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Christoph!


    Wenn der Unterschied in der Sporenform konstant wäre, dann wäre das auf jeden Fall ein Hinweis, klar. :thumbup:

    Vermutlich würde das aber eine größere Menge an Datensätzen erfordern, um das irgendwie statistisch nachweisen zu können - und, ja, vielleicht könnte das hilfreich sein, nach weiteren Sequenzen zu suchen, die ein detaillierteres Bild geben als nur ITS und LSU.

    Vorerst kann man ja ruhig mal ein "s.l." stehen lassen, aber eben dokumentierte (!) Belege sammeln.



    LG; Pablo.

  • Servus Pablo,


    ganz genau ;-). Meine Beobachtung, dass die Sporen bei V. alni im Schnitt stärker gekrümmt und schmaler als bei V. comedens sind, ist natürlich nur auf eine sehr begrenzte Stichprobenzahl zurückzuführen.


    Bei sowas lohnen sich gemeinsame Projekte. Wenn sich da eine Gruppe zusammenschließt, mit vergleichbarer Methodik Sporen von Vuilleminia von Quercus/Fagus mit Funden von Alnus (nach Prüfen auf fremdgehende V. coryli) zeichnet, fotografiert und misst, dann kann man als "Citizen Science" hier schnell solche Punkte klären.


    Ich hatte immer mal vor, viele Aufsammlungen durchzuackern - aber es kommt immer was dazwischen, ich interessiere mich für sehr viele Pilze, man hat Projekte, fährt auf Tagungen (etc.). Also hat man's im Hinterkopf und fängt nicht mit der Fleißarbeit an.


    Autoren von Studien wie der hier zitierten arbeiten gerne genetisch. Das Prüfen morphologischer Merkmale auf der Basis vieler Kollektionen kommt da oft naturgemäß zu kurz (ist auch weniger Neuland, weniger "spannend" als neue Stammbäume). Wenn ich dann aber sehe, dass selbst da die Beispielzeichnung der Sporen genau das widerspiegeln, was ich als Trennmerkmal kenne und die Autoren, obwohl sie unterschiedliche Sporen zeichnen, das nicht einmal diskutieren, lese ich daraus, dass die Morphologie "halt mitgemacht" wurde.


    Dann sehe ich, dass auch V. megalospora in dem Gießkannenstammbaum mit V. alni und V. comedens p.p. zusammenfällt, aber trotzdem als eigene Art anerkannt wird. Das bedeutet aber, dass die Autoren dem Stammbaum selber nicht ganz trauen, weil er eben ungenau auflöst (in dem Teilbereich). Und da wird es dann wieder spannend, inwiefern man da als Amatuer (der aus Liebe zu den Pilzen handelt) konkret beitragen kann, das zu klären (Fleißarbeit, am besten im Team).


    Folgende Thesen wären zu klären:


    1. Vuilleminia alni und V. comendens sind Synonyme, die Merkmale überlappen so klar, dass sie nicht tennbar sind - es gibt keine zwei trennbare Sporentypen.

    2. Vuilleminia alni und V. comendens sind eigenständige Taxa, aber V. comedens kann auf Alnus fremdgehen, weshalb Kollektionen an Alnus variable Sporen zu haben scheinen.

    3. Vuilleminia alni und V. comendens sind eigenständige Taxa, aber V. alni kann auch Quercus/Fagus fremdgehen, weshalb Kollektionen an Quercus/Fagus variable Sporen zu haben scheinen.

    4. Vuilleminia alni und V. comendens sind eigenständige Taxa, aber beide können fremdgehen, weshalb auf beiden Substraten beide Sporentypen vorkommen.

    5. Vuilleminia alni und V. comendens sind eigenständige Taxa, die nicht fremdgehen und nur durch ungenaues Erfassen der Sporenform / -maße bzw. genetisch in Frage gestellt wurden.


    1 bis 5 sind Thesen in Bezug auf morphologisches Artkonzept.


    Sollte 2, 3 oder 4 der Fall sein, würde es teuer werden, denn das Fremdgehen müsste genetisch geklärt werden, was vielleicht sogar per ITS/LSU geht (da sich ein eigener V. comedens-Clade abzeichnet) oder nur über andere Gene...

    1 und 5 lässt sich aber durch Fleißarbeit klären. Arbeitsgruppe Vuilleminia und los gehts (oder ein Einzelkämpfer mit sehr viel Zeit und Ausdauer).


    Ich finde es "cool", wie relativ einfach man als Amateur echte wissenschaftliche Beiträge erstellen kann. Man muss es nur mögen, denn es muss ja aus Liebe geschehen, da man dafür ja nichts bezahlt bekommt.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Moin,


    wenn ich mir die Diagramme von Frank anschaue, da stellt sich mir noch die Frage, kann man eigentlich ausschließen, dass das Substrat in irgendeiner Weise Einfluss auf die Parameter haben kann, die als artspezifisch (das wäre hier wohl die Sporenform und -größe) angesehen werden. Ein anderes Substrat kann ja durchaus ein anderes Bereitstellen von chemischen Substanzen bedingen, was wiederum anderes Wachstum ermöglicht. Denn wenn eine Art auf ein bestimmtes Substrat spezialisiert ist, bedeutet das doch wohl, das sie hier die optimalen Bedingungen und Rohstoffe vorfindet, wohingegen auf einem anderen Substrat die Bedingungen suboptimal sind. Und sollte sich suboptimale Bedingungen nicht auch irgendwo niederschlagen? Oder betrifft das nur makroskopische Merkmale wie Größe und Farbe?

    Oder aber, gibt es solche Fälle, wo das Substrat nachweislich erhebliche Auswirkungen auf bestimmungsrelevante (mikroskopische) Merkmale hat - die dann aber wohl nicht mehr bestimmungsrelevant sein werden, sobald man weiß, dass sie ökologischer Natur sind oder sein können.


    LG, Bernd

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Bernd!


    Ja, vorstellbar ist das schon. Zumindest sollte man mit Unterschieden im Stoffwechsel der Mycelien rechnen. Ob und wenn ja wie das Auswirkungen auf die Sporenbildung hat, wäre aber fraglich. Je nach Substrat sind innerhalb einzelner Arten manchmal Unterschiede zu beobachten in der Fruchtkörperbildung, also zB Wuchsweise, Färbung und ähnliche Details. Noch mehr Einfluss auf diese Faktoren scheinen aber äußere Einflüsse zu haben, Lage und Position des Substrates, Struktur der Fläche, wo die Furchtkörper gebildet werden (auf der Rinde oder unter der Rinde kann einen Unterschied machen, wie die Furchtkörper angelegt und geformt werden), auch die Konkurrenz oder Vergesellschaftung mit anderen Arten bzw. deren Fruchtkörpern wirkt sich auf die Fruchtkörperformen aus.

    Was allerdings nach meinen Beobachtungen am wenigsten von solchen Abweichungen betroffen ist, sind die sexuellen Eigenschaften, und dazu gehören eben in erster LInie die Basidien und Sporen (sie sind in der Regel recht konstant, variieren vor allem nach Reifegrad der Fruchtkörper, aber Unterschiede je nach Substrat bzw. Wuchsweise oder Feruchtkörperanlage sind eher nicht feststellbar).
    Dennoch kann und soll man nichts ausschließen, und darauf zielt ja die Thesenliste von Christoph ab. Man würde damit dann nämlich die Genetik als weiteres merkmal hinzuziehen, um die morphologischen und ökologischen Eigenschaften besser vergleichen zu können.

    Ist aber natürlich viel Arbeit. In diesen Fällen wünsche ich mir immer, es gäbe ein oder noch besser mehrere Institute in Deutschland, so nach dem Vorbild von "unite" in Estland, die für den Erhalt der Belege und den Ausbau ihrer Datenbank Sequenzierungen durchführen - ohne Kosten für die Kontributoren.


    Danke dir, Frank, für die Statistik der Substrate je nach Sporenform!

    Das ist ja genau der Ansatz, und da lässt sich schon mal eine Arbeitsthese draus ableiten. :thumbup:



    LG; Pablo.

  • Servus Frank,


    genau sowas meine ich - sehr cool. Demnach scheint es aber schon so zu sein, dass die Sporenbreite und -form aussagekräftig ist, denn die Zahl der möglichen Fremdgänger ist ja sehr überschaubar (z. B. V. comedens an Alnus).


    Ich habe mir überlegt, wie man die Sporenbiegung quantifizieren könnte - man könnte den Biegungswinkel bestimmen / messen.


    Man müsste eine Kurve in die Sporen legen, die immer genau zwischen den beiden Sporenwändenn verläuft (deren Steigung immer das Mittel zwischen den beiden Steigungen der Sporenränder ist) und an die Enden jeweils eine Asymptote legen und den Winkel der Asymptoten messen. Ich habe mal nach "Gefühl" nur die Geraden eingezeichnet, die an den Sporenende ungefähr die Mittellinie darstellen.


    Das sieht dann so aus:


    Ich habe eine vergleichende Zeichnung von mir verwendet. Natürlich wäre es am Foto besser und die Stichprobenzahl ist noch viel zu gering. Ich habe hier aber mal Spaßes halber die Winkel vermessen.


    Bei Vuilleminia comedens komme ich hier auf einen Mittelwert von 149°, bei V. alni auf einen Mittelwert von 126° (und wenn man die Extremform rauslässt von 134°)


    Die Einzelwinkel sind bei V. comedens hier:

    136°
    138°
    148°
    151°
    154°
    167°


    Und bei Vuilleminia alni

    (78°)
    113°
    116°
    132°
    140°
    151°
    154°


    Man bräuchte natürlich deutlich mehr Winkel. Bei dieser Grobmethodik dürfte die Fehlergrenze wohl bei so plusminus 3° liegen?


    Hatte die EU nicht einmal den Krümmungsgrad von Bananen festgelegt. Gibt es da eine automatisierte Software, die am Foto einer Banane deren Krümmung bestimmt?


    Jedenfalls könnte der Krümmungsgrad der Sporen oder der Krümmungswinkel bestimmt werden und das statistisch erfasst werden. War nur mal so ein Gedanke. Das würde über Länge, Breite und Q hinausgehen. Was Q angeht, müsste man ja eigentlich die Sporen erst geradebiegen und dann Q berechnen, also die Länge der mittleren Kurve als Länge verwenden...


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Moin Christoph,

    das waren die Gurken, nicht die Bananen. Und überraschenderweise hat die EU es fertiggebracht, die Verordnung über die Gurkenkrümmung für ungültig zu erklären, ohne sie mit einer doppelt so langen Verordnung über die Unsinnigkeit der Gurkenkrümmung im Kontext des Klimawandels zu ersetzen.


    Hier würde ich es als schwierig erachten, einem Algorithmus zu erklären, wo nach deiner Methode der Knickpunkt ist.


    Man kann relativ einfach die maximale Ausdehnung messen, die maximale Breite senkrecht dazu, die relative Lage dieser maximalen Breite zu den Endpunkten - mittig oder (gurkenförmig) eher näher an einem Ende. Das Verhältnis der Flächen beidseitig einer Verbindungslinie der Punkte maximaler Ausdehnung. Eventuell die Lage des Flächenschwerpunkts und dann in Bezug auf die Punkte maximaler Ausdehnung einen Winkel messen - das dürfte aber nicht ganz mit Deinen Zeichnungen zusammenfallen. Alles Sachen, die softwaremäßig einfach zu ermitteln sind.


    LG, Bernd

  • Servus Bernd,


    ah, Gurken, danke!


    Ich dachte daran, für die beiden Umrandungen (Wandlinie) jeweils eine Funktion zu finden (z. B. Polynom n-ten Grades, das in dem Bereich die Umrandung trifft). Dann hat man zwei Funktionsgraphen und bestimmt dann einen mittleren Graphen zwischen beiden. Solange beide gekrümmt sind und nicht zu stark geknickt sind, sollte das gehen. Man kann z. B. alle 0,5 µm einen Punkt auf dem Sporenrand definieren und durch die Punktmenge den Graphen legen. Die zwei Graphen werden dann gemittelt, um einen durchschnittlichen mittleren Graphen zu haben. Von dem kann man die Steigungen an den Enden nehmen (man sollte an den Sporenenden jeweils z.B. definiert zwei µm abschneiden, um die starke Krümmung durch das Zusammenfließen beider Graphen rauszunehmen. Irgendwie so...


    Ich habe ja wirklich nur mal Pi mal Daumen versucht, die Geraden so zu legen, dass sie an den Enden ungefähr die Sporenwandverläufe mitteln.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Christoph,


    ganz interessante neue Idee in der Morphologie von Pilzsporen. Besser wir warten nochmal neue genetische Erkenntnisse ab. Für mich reicht der nachvollziehbare morphologische und ökologische Unterschied beider Arten höchstens für Vuilleminia comedens var. alni!


    LG

    Frank