Beiträge von Clavaria

    Hallo zusammen, Ditte


    Heute durfte ich meinen ersten Risspilz für dieses Jahr finden. Er wuchs neben einer Feuerstelle in der Asche.

    Allerdings vermute ich, dass das wenig zu bedeuten hat, er wuchs nämlich eigentlich auf der Erde unter der Asche.





    Geruch nicht spermatisch, etwas unangenehm säuerlich.

    Stielbasis gerandet knollig, Fleisch vor allem im Stiel braun, in der Knolle jedoch weiss.




    Sporen mit kleinen, rundlichen Höckern, 7.3-8.5-9.7 x 8.5-6.7-7.5 µm, Q = 1.15-1.28-1.44 (n=21)


    Cheilo- und Pleurozystiden recht kurz, zylindrisch oder etwas bauchig, oft gestielt, 40-49-54 x 13-16-18 µm.


    Stiel auf ganzer Länge bereift.


    Nach Funga Nordica und Bon komme ich zu Inocybe brunneorufa. Könnte das stimmen?

    Ich finde die Sporen unpassend. In den Portraits, die ich finde, sind die Höcker im Verhältnis zum Sporendurchmesser grösser.

    Auch scheinen die Fruchtkörper meistens schlanker zu sein.


    LG Raphael

    Hallo Andreas


    Oha, ein Schnecken-Hotspot! Vielleicht riechen die Schnecken nach Anis, und übertragen den Geruch? ^^


    Also vermutlich wird es dann doch bei cyathiformis bleiben.

    Mit dem Sporenpulver hast du recht, das hatte ich auf dem Foto nicht beachtet.

    Die dunklen Lamellen sind wohl altersbedingt so, oder eine Folge des regnerischen Wetters.


    Ich kenne einen Standort, wo die Art einige Jahre immer wieder kam, habe sie aber nur jung fotografiert.

    Inzwischen ist das Totholz dort "verbraucht", und das Vorkommen vorläufig erloschen.

    Alt sahen sie von oben auch so aus wie deine Kollektion 2.

    Allerdings habe ich da weder drunter geschaut noch dran gerochen, weil ich ja wusste was es ist.




    Also mir fällt keine andere Art ein, die ernsthaft in Frage kommt. Vielleicht hat noch jemand eine gute Idee.


    LG Raphael

    Hallo Andreas


    Hm, schwieriger Fall.


    So richtig überzeugt bin ich beim zweiten Fund nicht:


    Die Lamellen sind reichlich dunkel für Neolentinus cyathiformis.

    Der Lamellenansatz endet auf 3c abrupt, die sollten viel auslaufender sein.

    Allerdings gibt es nur das eine Bild, hast du andere Fotos von der Unterseite?

    Das alles könnten auch Anomalien dieser recht alten Fruchtkörper sein.


    Zum Geruch: Anisgeruch wäre wirklich untypisch.


    Kannst du noch etwas zum Habitat sagen? Man sieht nur Blätter, wuchs er an Holz?

    Was für Bäume wuchsen da in der Nähe?

    Sporenabdruck wäre auch wichtig.


    LG Raphael

    Hallo Hias


    Ja, von C. parvannulatus gibt es leider keine Typussequenz.

    In FAN8 wird trotzdem C. parvannulatus als Name akzeptiert, während C. pseudofallax, C. neofallax und einige andere als Synonyme aufgeführt sind.

    Eine weitere Unterscheidung macht in der Gruppe wohl wenig Sinn, ich bin geneigt mich dieser Meinung anzuschliessen.

    Wenn man es anders macht, muss man den Komplex um etliche (semi)kryptische Arten erweitern und kann C. parvannulatus mangels Typussequenz als nomen confusum verwerfen.

    Naja, ist vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis jemand den Versuch unternimmt.


    Auch morphologisch ist da wenig zu machen. Ich hatte letztes Jahr mehrere pseudofallax-Kollektionen, davon eine als neofallax und eine als cedriolens bestimmt.

    Die ITS ist bei allen praktisch identisch. Habitat von montan (1000m bei Picea, Betula, Salix caprea auf Kalk) bis hochalpin (2600m bei Zwergweiden).

    Was da an Unterschieden im AdC und in anderen Büchern aufgeführt ist, taugt nicht für eine morphologische Abgrenzung.







    LG Raphael

    Hallo zusammen


    Hier noch ein paar Updates nach der Sequenzierung:


    Nr. 2: Tricholoma triste wurde bestätigt.

    Nr. 4 ist nicht Lyophyllum maleolens, sondern das (auch genetisch) sehr ähnliche Lyophyllum aemiliae.

    Nr. 5 wurde als Cortinarius pseudofallax bestätigt, inzwischen gilt der Name als vermutliches Synonym von C. parvannulatus.


    LG Raphael

    Aber mach es gründlich. An meinem Fundort hörte ich von einem Kollegen: "ich war etwas enttäuscht vom Ausmass des Waldbrandes". Also bitte keine halben Sachen.

    Hallo Sebastian


    Die Höhe war ca. 1500m.

    Und die Sequenzierung hat M. tomentosa bestätigt, habe die Doku auch noch Moreau geschickt, der war auch einverstanden.

    Inzwischen gibt es auch aus Italien einen Nachweis.


    Lg Raphael

    Hallo Felli


    Bei der 347 (Langenau) wäre eine zweite Kollektion super. Durchaus möglich, dass das eine unbeschriebene Art ist.

    Aber um das herauszufinden, braucht es noch eine Menge Grundlagenarbeit.

    Es könnte auch die von dir erwähnte M. rubropunctata sein.


    Ich werde auch versuchen, von meinen beiden Arten eine zweite Kollektion zu ergattern.


    Kleine, schlecht bearbeitete Gattungen sind immer interessant. Immer wieder erstaunlich, es braucht gar nicht viel und man hat eine neue Art entdeckt.

    Aber für einen Artikel reicht das hier noch nicht, weil es eigentlich nur Ungewissheit gibt.

    Der nächste Schritt wäre das Untersuchen von Typusbelegen, sofern es überhaupt welche gibt und man sie bekommt.

    Daraus wird ein mittleres Projekt, dazu fehlt mir im Moment die Zeit (und die Erfahrung).

    Vielleicht hat irgendwann ein professioneller Mykologe Erbarmen und beschäftigt sich mit Mycenella's.


    LG Raphael

    Hallo zusammen


    Schon seit ein paar Wochen habe ich die Sequenzen, aber kam bisher nicht dazu das genauer anzuschauen.

    Nun habe ich mal etwas rumgebastelt, wohlwissend dass andere das besser können.


    Ich habe mal alles aus der Genbank zusammengekramt, was da unter Mycenella abgelegt ist.

    Das sind sage und schreibe 18 Sequenzen, einige davon nur aus Bodenproben.

    Und praktischerweise ist keine einzige Typussequenz dabei, dafür aber diverse die nur "Mycenella spec." heissen.


    Das ergibt dann folgenden Baum (den kann man sicher noch besser darstellen):



    Fett sind die vier Sequenzen, die ich habe machen lassen.

    - RR24.347 ist von Felli, Nr. 1 oben

    - RR24.348 auch von Felli, Nr. 2 oben

    - RR24.350 ist die hier: Tephrocyben und mehr (Nr. 8 dort)

    - RR23.017 aus dem Jahr 2023: Ein paar Sachen aus den Bergen


    Was kann man daraus nun erkennen? Eigentlich nur, dass in der Gattung ein riesiges Chaos herrscht, und wohl mehrere unbestimmte Arten rumschwirren:


    Nr. 1 von Felli:

    Die hat mit einer anderen Kollektion, die als M. trachyspora bestimmt wurde, wenig zu tun. Aber weil diese andere kein Typus ist, muss das nichts heissen.

    Ebenso könnte Felli's Kollektion die echte M. trachyspora sein, und der Eintrag in der Genbank eine Fehlbestimmung.


    Nr. 2 von Felli:

    Da haben wir zumindest zwei sehr ähnliche Kollektionen, die als M. salicina bestimmt wurden.

    Von der aus Birmensdorf CH habe ich beim Finder die Doku angefragt, die hatte auch zweisporige Basidien.


    Meine 24.350:

    Naja zumindest mit einer italienischen M. bryophila fast identisch. Was ist Chinesen so nennen, ist aber etwas anderes.


    Meine 23.017:

    Eine alpine Kollektion, die völlig quer reinkommt. Die hatte eckige Sporen wie M. salicina, ist aber näher an den bryophila-Kollektionen aus China.

    Entweder ist das eine namenlose Art, oder die "echte" M. salicina, dann hätte aber Felli eine namenlose Art gefunden.


    Ohne Typussequenzen ist das leider alles nur Raterei.

    Aber immerhin ist jetzt klar, dass wir mit diesen vier Kollektionen vier verschiedene Mycenella-Arten gefunden haben, von denen mindestens eine neu zu beschreiben wäre.


    LG Raphael

    Hallo zusammen


    Nur ein Kurzportrait einer Art, die vermutlich massiv unterkartiert ist.

    Laut GBIF gibt es (abgesehen von Bodenproben) nur in Norwegen Nachweise.

    Letzten Herbst im thermophilen, sandigen Kiefernwald gefunden. Birken gab es sicher auch.

    Corylus findet man auch in der Gegend, habe ich mir am Standort aber nicht notiert.

    Dank Sequenzierung bestimmt, morphologisch war das aussichtslos.


    Cortinarius subpuellaris Brandrud & Dima 2016


    Sporen in KOH


    Marginalzellen


    HDS


    LG Raphael

    Hallo Uwe


    Ja stimmt, es gibt eine Sequenz vom Isotype, die stimmt auch zu 99.5% überein.

    Das Foto in der Photoflora stimmt auch nicht schlecht, etwas gelber, aber das sollte tolerierbar sein.

    Eichen gab es auch. Somit scheint wirklich nichts dagegen zu sprechen.


    LG Raphael

    Hallo zusammen


    Nun habe ich eine Sequenz und bin etwas verwirrt.

    Offenbar haben wir uns alle zusammen geirrt. Die Sequenz passt exakt (100%) zu zwei Sequenzen von Cortinarius olivellus (=C. humolens gemäss Abbildungsverzeichnis).

    Sequenzen von C. caroviolaceus stimmen nur zu 92% überein.


    Wenn ich mir das Portrait von C. humolens bei Ludwig anschaue, dann kommen mir sanfte Zweifel, er zeigt da einen leuchtend gelbbraunen Pilz.

    Auch im AdC ist unter beiden Namen ein Pilz mit viel prächtigeren Farben abgebildet.

    Makroskopisch würde hingegen die Beschreibung in FND 41/42: 47 ganz gut hinkommen, die geringen Abweichungen der Sporenmasse will ich jetzt nicht überbewerten.


    Was meint ihr? Einfach den Sequenzen vertrauen?


    LG Raphael

    Hallo zusammen


    Der schon länger verstorbene Ramaria-Spezialist Edwin Schild hat seinerzeit eine wunderschöne Sammlung von Aquarellen erstellt.

    Diese Sammlung wurde nun digitalisiert und öffentlich zugänglich gemacht.


    Die Aquarelle sind taxonomisch längst nicht mehr aktuell und auch nicht geeignet zum Bestimmen, aber einfach schön anzuschauen.


    https://vsvp.com/assets/downloads/vsvp/dokumente/schild---ramaria-aquarelle.pdf


    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Lange Zeit war die Bestimmung kleiner Scheidlinge schwierig bis unmöglich.

    Je nach Autor und Literatur kam man auf ein anderes oder auf kein klares Ergebnis.


    Jetzt ist eine Studie zu den europäischen Scheidlingen herausgekommen, 14 bekannte und 14 (!) neu beschriebene Arten.

    https://www.researchgate.net/publication/387788255_Taxonomic_and_phylogenetic_overview_of_the_genus_Volvariella_Volvariellaceae_with_a_focus_on_European_species

    Mit Schlüssel, vielen Bildern und ausführlichen Beschreibungen.


    Unsichere Taxa wie V. murinella werden in dem Paper endlich "festgenagelt".


    Auf den ersten Blick wirkt das Paper vielversprechend, nun sollte man den Schlüssel mal an alten Kollektionen ausprobieren.


    LG Raphael

    Hallo zusammen


    Darf ich nochmal auf diesen Tintling zurückkommen? Irgendwas passt da nicht zusammen. Ich habe in anderem Kontext in diverser Coprinus-Literatur gekramt und dann auf folgendes gekommen:


    Enderle & Bender schreiben in der ZMyk 56(1), 1990:


    Schauen wir mal ob das stimmt:

    Bulliard beschrieb 1790 einen Pilz, der "sur les fumiers", also auf Mist wächst.

    Also wurde die Art wirklich später anders interpretiert.


    Dann beschreiben Keirle et al. 2004 ihre C. extinctoria aus Hawaii, das Dokument das weiter oben verlinkt ist.


    Nagy et al. 2013 in Mycologia 105(1) stellen die Art dann zu C. mitraespora:


    Und schliesslich beschreibt Voto 2019 in Boll. AMER 108(3) eine neue Art:.

    Er gibt C. extinctoria ss. Keirle (was oben zitiert wurde) den neuen Namen C. hawaiana.

    (...)



    Fazit:

    der gezeigte Pilz kann eigentlich nicht C. extinctoria ss.orig. sein.

    Also wäre es diese namenlose Art, von der 1990 die Rede war?


    Gruss Raphael

    Hallo Michael


    Naja egal ob man die Arten als Gott geschaffen anschaut oder nicht, so oder so war die Idee dahinter darin Ordnung zu schaffen.

    Wie menschliche Familien Namen hatten, damit man wusste wer zu wem gehört, so wollte man es auch bei den Pflanzen und Pilzen machen.

    Aber ok, vielleicht waren die allerersten Anfänge der Systematik noch etwas anders motiviert.


    Ja richtig, ich habe auch nie behauptet die Genetik sei das einzige brauchbare Artkonzept.

    Im Gegenteil, das morphologische und das genetisch Artkonzept sollten sich gegenseitig ergänzen, und idealerweise durch weitere angereichert werden, z.B. Kreuzungsversuche.

    Wo die Morphologie Mühe hat, die richtigen Grenzen zwischen Arten oder Gattungen zu erkennen, kann die Genetik helfen. Gattungen wie Cortinarius und Inocybe wären heute ohne Genetik noch der gleiche Sumpf von Fehlinterpretationen und verschiedenen Artkonzepten wie vor 15 Jahren.

    Und wo die genetischen Unterschiede klein sind, hilft die Morphologie zu entscheiden, ob in dem Artkonzept zwei Arten vertretbar sind oder nicht.

    Die Genetik hat gegenüber vielen anderen Konzepten den Vorteil, dass sie weitgehend reproduzierbar ist (ja ich weiss, nicht absolut immer), und zwar unabhängig von Umwelteinflüssen, Alter der Fruchtkörper und Lehrmeinungen. Ja sogar ohne Fruchtkörper ist anhand von Bodenproben oder mit Sporenfallen eine Aussage über Pilzvorkommen möglich. Zudem sind die Ergebnisse der Methode messbar und können in kompakter Form gespeichert werden, zwei unabhängige Mykologen kommen beim gleichen Fruchtkörper zur gleichen Sequenz.

    Man braucht keine individuellen Wahrnehmungsfaktoren wir Geruch oder Farbnuancen.

    Das sind doch recht gewichtige Vorteile, weshalb man die genetische Methode durchaus nutzen sollte.


    Aber: Niemals sollte man den Fehler machen, einen Pilz nur genetisch zu bestimmen!

    Die Fehlerquellen in dem ganzen Prozess sind zu vielfältig, von der falschen Beschriftung des Herbars bis zur Verunreinigung im Labor.

    Am Ende muss auch die Morphologie zum Ergebnis passen.

    Oder das genetische Ergebnis ist nicht eindeutig, dann kommt man oft morphologisch weiter.

    Darum ist es eminent wichtig, dass auch moderne Publikationen immer beides berücksichtigen, und die Morphologie auch in Zukunft seriös erforscht wird.

    Leider ist das nicht immer der Fall...


    LG Raphael

    Hallo Stephan,


    Da stimme ich dir völlig zu! Gattungen sind menschengemacht, aber schon vor der Genetik redete man immer von "verwandten Arten", nicht von "optisch ähnlichen Arten".

    Der Grundgedanke der Systematik war immer, die vermutlichen Verwandtschaftsgrade der Pilze irgendwie in eine menschengemachte Struktur zu zwängen.

    Nur: Nach welchen Merkmalen? Das haben uns die Pilze nie mitgeteilt!

    Oder habe ich ein Buch übersehen, das bezüglich Gattungen ohne jeden Widerspruch und für alle Zeiten über alle Zweifel erhaben ist, wenn man die Genetik mal aussen vor lässt?

    Früher musste man anhand verschiedener Theorien morphologische Merkmale für die Trennung auswählen.

    Zum Glück lagen die Mykologen in der Vergangenheit meistens richtig, sonst wäre das Chaos jetzt noch viel grösser.

    So konnten viele grosse Gattungen trotz Genetik beibehalten werden.


    Ich frage mich auch, ob die rein morphologische Bildung von Gattungen (vor ca. dem Jahr 2000) wirklich immer vorteilhafter war.

    Natürlich gab es da weniger Gattungen, das war auf den ersten Blick übersichtlicher. Aber es gab auch sehr unlogische Gattungen, einige Beispiele:


    Tintlinge:

    Warum genau muss ein winziger Rädchen-Tintling und der Schopftintling in der gleichen Gattung sein?

    Der eine wächst auf Mist, der andere auf dem Boden, noch andere auf Holz. Bei manchen Tintlingen zerfliessen die Lamellen, bei anderen welken sie nur.

    Es gibt knallrote und schneeweisse Tintlinge, solche mit oder ohne Seten. Selbst die Sporenform und die Velumstruktur sind sehr unterschiedlich.

    Es bleibt eigentlich kaum mehr als die Sporenfulverfarbe als Begründung.


    Rüblinge:

    Die winzigen, auf mumifizierten Pilzen wachsenden, weissporigen Sklerotien-Rüblinge und der terrestrische, rosasporige Butterrübling waren auch einmal in der gleichen Gattung. Nur warum? Da gibt es herzlich wenig Gemeinsamkeiten, den Lamellenansatz vielleicht.

    Ich sehe nicht, wie das die Pilzwelt einfacher machte. Eigentlich nur dadurch, dass die Liste von Pilzgattungen kürzer war. Einem Anfänger das Konzept des "Rüblings" zu erklären, war nicht wirklich trivial.


    Trichterlinge:

    Was haben die Nebelkappe, kleine hygrophane Trichterlinge, und die aerifer bereiften Wiesentrichterlinge nochmal gemeinsam? Vielleicht das weisse (oder zumindest helle) Sporenpulver, und dass sie keine Zystiden haben. Aber da braucht der Anfänger ja schon wieder ein Mikroskop, das will er auch nicht. Die Sporenform reicht von tropfenförmig über elliptisch bis spindelförmig. Trichterförmig sind sie nicht alle, sie haben nicht einmal alle herablaufende Lamellen. Es gibt Trichterlinge terrestrisch, auf Mist oder auf Holz. Da musste man sich einfach dran gewöhnen, dass es offenbar trotzdem alles Trichterlinge sind. Das scheint mir nicht weniger abwegig, als dass die drei Sklerotienrüblinge nun auch zu Clitocybe gehören sollen.


    Breitblatt:

    Das ist so eine Art, die von Gattung zu Gattung rumgereicht wurde, bevor es als Megacollybia zur Ruhe kam. Auch so eine Gattung, die wir inzwischen alle akzeptiert haben, und die auch genetisch bestätigt und seitdem nie mehr in Frage gestellt wurde. Man findet das Breitblatt aber auch unter Tricholomopsis, Clitocybula, Collybia, Oudemansiella, Hydropus und Gymnopus. Für jede dieser Zuordnungen gab es valide Argumente, je nachdem welche Merkmale ein Autor wie stark für die Gattungsunterscheidung gewichtete. Da gab es ja keine verbindlichen Vorschriften, also verschiedene Lehrmeinungen und hitzige Diskussionen ohne Ende. Also, in welche Gattung gehört das Breitblatt, wenn man die moderne Gattung Megacollybia aus Prinzip ablehnen möchte?


    Die Genetik löst nicht alle Probleme, sie ist kein Allheilmittel, und wird manchmal auch für vorschnelle Forschungsergebnisse missbraucht. Aber sie hat sich zumindest als einheitliches Werkzeug durchgesetzt. Es gibt nicht mehr die "französische Schule", die "deutsche Schule" und die "nordische Schule" mit verschiedenen Artkonzepten, hinter denen meistens wenige "gottgleiche" Mykologen mit einer Schar von Jüngern standen. Mir ist ein gemeinsames, weltweit anerkanntes Werkzeug lieber, als ein Chaos von verschiedenen Lehrmeinungen. Dafür nehme ich ein paar unbequeme Umkombinierungen gerne in Kauf.

    Aber ja, auch mit der Genetik wird nicht alles perfekt. So waren die Nordländer bei der Aufteilung von Cortinarius zu voreilig, und die Chinesen haben Clitocybe/Lepista unglücklich umkombiniert. Solche Sachen sind halt die Schattenseite der Genetik.


    So genug geschrieben, ich will hier eigentlich niemand umerziehen. Ich kann die andere Sichtweise auch gut nachvollziehen, also alles gut ;)


    LG Raphael

    Hallo zusammen


    Also die Tatsache, dass zwischen den Sklerotien-Rüblingen und den Rötelritterlingen eine sehr enge Verwandtschaft besteht, ist schon länger bekannt.

    So tauchen diese Collybia-Arten auch schon bei Alvarado et al. 2015 im phylogenetischen Baum mitten zwischen Lepista und Clitocybe auf.

    Im Text gehen sie auch darauf ein:

    "Results (FIG. 5) show that most whitish clitocyboid species analyzed (C. phyllophila, C. cerussata, C. rivulosa, C. dealbata) have a closer relationship with the Lepista-Collybia clade than to the type species of Clitocybe (C. nebularis)."

    In der folgenden Diskussion gehen sie auch auf die möglichen taxonomischen Konsequenzen ein. Sehen aber bewusst davon ab, diese Änderungen vorzunehmen.


    Die chinesischen Autorengruppe hat dann halt diesen Schritt vollzogen, der aus wissenschaftlicher Sicht grundsätzlich auch völlig richtig ist.

    Da wird nichts herbeigeredet, und es ist auch kein Fehler.

    Es ist lediglich eine suboptimale Umkombinierung von Namen, vielleicht unter Publikationsdruck oder auch nicht, ein erfahrener Mykologe hätte es wohl anders gemacht.

    Uns Hobby-Mykologen stört jetzt halt, dass kleine "Rüblinge" und "Rötelritterlinge" in der gleichen Gattung landen, aber das ist eine Tatsache. Nur weil sie anders aussehen, muss uns die Wissenschaft nicht einen Gefallen machen und sie in zwei Gattungen belassen.

    Es ist nämlich nicht Sinn der Mykologie, uns Laien das Leben so einfach wie möglich zu machen und dafür zu sorgen, dass wir nichts Neues lernen müssen.


    Da gab es vorher 200 Jahre lang nichts Vergleichbares, insofern ist der Nachholbedarf riesig.

    Dazu noch ein Hinweis: In den letzten 200 Jahren wurden auch fleissig umkombiniert, nur aus anderen Gründen.

    Schaut mal, was Quélet in den Jahren zwischen 1870 und 1890 alles an neuen Gattungen produziert hat. Er hat seine eigenen Konzepte sogar innert 10 Jahren verworfen und nochmal alles neu umkombiniert. Und dann gleich als Kundumschlag quer durch alle Gattungen.

    Davor hat Gray 1821 das gleiche gemacht und Kuntze 1898 auch nochmal. Singer hat sein System der Agaricales auch mehrmal umgebaut, und war jedes Mal der Ansicht dass es nun richtig sei. Wenn man heute Kühner & Romagnesi's "Flore analytique" aus den 1950er Jahren anschaut, findet man vertraute Arten in völlig anderen Gattungen, die heute gar niemand mehr kennt. Was waren nochmal die Gattungen "Galera", "Rhodopaxillus" oder "Psalliota"? Wenn sich nichts ändern darf, warum benutzt niemand mehr diese Gattungen? So lange ist das noch gar nicht her, sogar im Moser sind viele Rötlinge noch unter Rhodophyllus drin, und das alles hat sich ohne Phylogramme geändert! Man darf nicht den Fehler machen, ein auserwähltes modernes Werk als "den Anfang und das Mass aller Dinge bezüglich Pilznamen" zu betrachten. Jedes Pilzbuch gibt nur den Stand zum Zeitpunkt seiner Entstehung wieder. Der Wunsch, dass sich die Pilznamen seit dem Besuch der Pilzschule möglichst nicht mehr ändern, ist zwar menschlich und nachvollziehbar, aber eigentlich illusorisch.


    Ich finde, die genetischen Methoden werden oft viel zu voreilig verurteilt. Natürlich macht da nicht jeder Autor alles perfekt. Irrtum gehört zur Wissenschaft, das war früher so und wird auch in Zukunft so bleiben. Aber die Namen der Pilze haben sich schon immer geändert, das ist keine Erfindung der Genetik. Es ist einfach eine neue Methode, und wir müssen/werden uns mittelfristig an die neuen Namen gewöhnen.

    Das braucht seine Zeit, aber dass sich die meisten Namen irgendwann durchsetzen sieht man an Beispielen wie "Coprinopsis", "Gymnopus" oder "Rhodocollybia". Diese Gattungen haben erst etwa 20 Jahre auf dem Buckel, und wir haben uns daran gewöhnt. Natürlich muss nicht jeder Hobbypilzler jeden neuen Namen sofort lernen. Da kann man sich beliebig Zeit lassen. Das hat den Vorteil, dass man Namen, die sich nicht durchsetzen, nicht zu lernen braucht.


    LG Raphael

    Hallo Hias


    Meinst du das hier? https://onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/10.1002/tax.13149

    Ja, ich empfehle auch diese neuen Collybia-Kombinationen zu ignorieren. Das wird sich kaum durchsetzen, der Widerstand ist gleich gross wie bei Cortinarius.


    Was die Autoren des Papers vorschlagen, macht viel mehr Sinn, auch wenn es nicht der nomenklatorische Standard-Prozess ist.

    Die drei Sklerotienrüblinge, die bisher noch in Collybia s.str. laufen, sind genetisch mit einigen grossen Trichterlingen und Rötelritterlingen sehr nahe verwandt.

    Diese Tatsache kriegt man nicht vom Tisch.

    Aber da macht es viel mehr Sinn, diese drei Arten umzukombinieren, statt die meisten Rötelritterlinge und Trichterlinge. Genau das schlagen die Autoren hier vor.


    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Hier auch noch ein paar News:


    1:

    Offenbar ist das Hodophilus fuscofoetens, von der Art höre ich zum ersten Mal.


    10:

    Das ist wie erwartet nicht Entoloma pseudoturci, im Moment ist der beste Treffer E. kumraticum (eine Art aus Pakistan).

    Ich vermute aber schwer, dass das ein Synonym von Entoloma porphyrogriseum ist.


    Gruss Raphael

    Hallo Sebastian


    Ich habe jetzt das Resultat, es ist identisch mit "Entoloma aff. iodiolens", Voucher JC20110804 aus Spanien.

    Die Kollektion ist in zwei Papers erwähnt die ich habe, aber mehr finde ich so auf die Schnelle nicht dazu.

    E. iodiolens s.str. ist wohl was anderes.

    Ich hab es mal ins DGfM-Forum gestellt, vielleicht kommt da noch was raus.


    Gruss Raphael