Alpin - es geht los, und zwar so richtig

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 630 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Clavaria.

  • Hallo zusammen


    Nach einer seeehhhhhr langen Durststrecke gibt es hier endlich wieder Pilze, vor allem in der Höhe:


    Hier die Blick vom "Roc de la Vache" (also vom Kuhfelsen) Richtung Zinal im Val d'Anniviers.


    Manchmal ist man auch nicht alleine dort oben. Er kratzte sich dauernd mit seinen Hörnern, eigentlich recht praktisch.


    Der viele Regen, kombiniert mit frischen Temperaturen (5-10 Grad in den Bergen), lässt auch kleinere Pilze überleben.

    Die folgenden Kollektionen stammen alle aus einem kalkreichen Gebiet auf ca. 2350m, mit viel Salix reticulata und Salix repens.


    1:

    1: Arrhenia's sind kaum bestimmbar, und es gibt noch etliche unbeschriebene Arten.

    Das hier könnte Arrhenia griseopallida sein, ohne Gewähr.


    Die Sporen sind gross, bis über 12 µm lang, Basidien zweisporig, Schnallen überall häufig.



    2:

    Diese Arrhenia hat einen fein samtigen Stiel. Davon gibt es (leider) nicht nur eine, aber hier ist es wohl die stinknormale Arrhenia velutipes.


    Sporen gedrungener und kürzer. Basidien 4-sporig, mit Schnallen.



    3:

    Dieser Trichterling ist recht häufig und wurde jahrzehntelang mit einem falschen Namen versehen (Clitocybe dryadicola).

    Inzwischen hat er einen neuen Namen bekommen, nämlich Clitocybe lamoureae.

    Die Art gibt es auch nicht-alpin, ich habe einen sequenzierten Beleg aus einem Auwald auf 550m bei Populus.


    Typisch sind die winzigen Sporen.



    4:

    Das hier sollte Clitocybe paxillus sein. Muss aber erst in die Sequenzierung.

    Im Gegensatz zum ähnlichen Clitocybe festivoides stinkt er überhaupt nicht, und hat kein inkrustierendes Pigment.

    Und das Sporenpulver war tatsächlich cremerosa.


    Sporen auch recht klein.



    5:

    Alpine Telamonien, naja... ich nenne es mal Cortinarius minutalis.

    Ohne Sequenzierung geht da vorläufig nichts.


    Sporen etwa 8.0-9.5 x 5.0-5.5 µm.



    6:

    Alpine Galerina's sind meistens vittiformis, aber das hier nicht.

    Nach langem Stöbern halte ich es für Galerina minima. Der Fund passt gut zu der Kollektion von Armada et al. 2023.


    Sporen kaum warzig, 8.0-9.0 x 5.0-5.5 µm. Basidien 4-sporig.


    Die Cheilozystiden haben einen recht breiten Hals, was es nur bei wenigen Galerina's gibt.

    Pleurozystiden konnte ich in mehreren Lamellenschnitten nicht finden.


    Kaulozystiden gab es (reichlich) im oberen Stieldrittel, unten nichts mehr.



    7:

    So eine schöne Gruppe Trichterlinge sollte doch bestimmbar sein? Weit gefehlt.

    Am ehestens passt Infundibulicybe subsalmonea, nur der Habitus mit den trichterigen Hüten stört.

    KOH auf dem Hut übrigens negativ.

    Leider sind diese Trichterlinge auch genetisch schändlich vernachlässigt, weshalb eine Sequenzierung keine Erleuchtung bringen wird.


    Die Sporen sagen in der Gattung wenig aus.


    Wichtig ist das HDS-Pigment, das stellenweise deutlich inkrustierend ist.



    8:

    Eine Gruppe roter Becherchen auf frischem Sand. Könnte ich mich Melastiza carbonicola richtig liegen?

    Wie ich gelesen habe, kommt die Art trotz ihres Namens auch auf sandigen Böden vor, nicht nur auf Brandstellen.



    Die Sporen sind schön in Baumwollblau. Ein ziemlich regelmässiges Netz, nur an den Enden grössere Auswüchse.


    Brav nach Schulbuch hier nochmal in Wasser gemessen, etwa 14-15 x 9.10 µm.


    Paraphysen


    Haare am Rand




    Die folgenden Sachen stammen aus einem anderen Gebiet, auch mit Kalk, ca. 2500m.

    Hauptsächlich Salix reticulata, herbacea, retusa.

    Ausserdem gab es riesige Wiesenpilz-Flächen, leider noch wenig ertragreich.


    9:

    Ein Samthäubchen auf altem Kuhdung. Da kommt schon mal nicht sooo viel in Frage, ich komme auf Conocybe nitrophila.


    Sporen um 11-12 x 6-7 µm.


    Cheilozystiden wie sie halt sind...


    Stiel ohne lecythiforme Zystiden, nur polymorphe Elemente und Haare.



    10:

    Einfach schön, nicht mitgenommen. Aber es sollte Cortinarius alpinus sein.



    11:

    In den Bergen auch leicht zu erkennen: Cortinarius subtorvus.



    12:

    Leider nicht mehr taufrisch, aber diese kleine Gruppe brauner Rötlinge machte mich neugierig. Hut bis 20 mm breit.

    Vielleicht einfach Entoloma conferendum? Oder doch nicht?


    Sofort war klar, dass er kreuzförmige Sporen hat. Die sind aber für Entoloma conferendum fast alle zu gross, 9.5-11.5 µm lang.

    Damit könnte es auch das ähnliche Entoloma milthalerae sein. Oder auch nicht, und es ist nur ein untypisches conferendum.



    13:

    Entoloma porphyrogriseum ist ja wirklich nicht selten, aber immer wieder schön.



    14:

    Noch eine Galerina, dieses Mal die häufige Galerina vittiformis f. bispora.


    Auch hier sind die Sporen fast glatt, aber etwas grösser als bei der Kollektion weiter oben.

    Basidien 2- oder 1-sporig, Schnallen vorhanden.


    Die Zystiden sind (meistens) schlanker spindelig.



    15:

    Dieses Pilzchen lässt sich sehr einfach nach seinem Standort mitten in den Kratzdisteln bestimmen:

    Phloeomana ochrogaleata (früher Hemimycena).

    Wo es viele Kratzdisteln gibt, ist die Art häufig. Aber es braucht Nerven, um ohne Gartenhandschuhe an sie ran zu kommen.


    Sporen oft angedeutet zitroform mit kräfitgem Apikulus.


    Zystiden schlank, mit wellig-spitzem Apex.


    Die HDS ist schwierig zu mikroskopieren, aber man kann die typischen Auswüchse mit etwas gutem Willen sehen.





    Es folgt dann noch eine Wagenladung Risspilze. Später...


    LG Raphael

  • Hi Raphael,


    Wahnsinns-Strecke. Ich fühle mich bei deinen Berichten immer wie der letzte Anfänger, weil ich die meisten Arten noch nie gesehen habe und dann oft auch noch nicht einmal davon gehört habe. :|


    LG,

    Schupfi

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  • Hallo zusammen ( Ditte )


    Nun folgen noch die Risspilze. Wie üblich habe ich versucht sie zu bestimmen, aber mit viel Unsicherheit.


    Habitat für alle: 2350m, Salix reticulata und Salix repens, auf Kalk.


    1:

    Eine auffallend gefärbte Gruppe, wo man von oben zuerst nicht an eine Inocybe denkt. Geruch spermatisch.



    Sporen: 7.4-8.3-9.4 x 4.1-4.8-5.5 µm, Q = 1.57-1.74-1.96 (n=20)


    Die Zystiden waren insgesamt recht spärlich für einen Risspilz. Auffallend dickwandig, viele kahl oder nur mit wenig Kristallen.

    Cheilos: 51-61-72 x 13-15-17 µm (n=10)

    Pleuros: 46-52-58 x 13-17-20 µm (n=7)


    Pleuro


    Pleuro


    Cheilos, hier waren einige deformiert, die habe ich nicht gemessen.

    Kaulozystiden nur im oberen Stieldrittel, ohne ausgeprägten Hals, fast zylindrisch.


    Nach Bon kam ich auf Inocybe rufolutea, die aber nach Favre deutlich grössere Sporen haben soll.

    Stimmt also vermutlich nicht.



    2:

    Eine schöne Gruppe ohne deutlichen Geruch.



    Sporen: 9.2-10.2-10.8 x 5.0-6.2-7.2 µm, Q = 1.46-1.65-2.12 (n=20)


    Zystiden sehr dickwandig.

    Cheilo: 53-62-67 x 14-16-18 µm (n=7)

    Pleuro: 47-60-72 x 13-17-21 µm (n=7)


    Pleuro


    Cheilo


    Im oberen Stieldrittel mit ziemlich unregelmässigen Kaulozystiden.


    Nach Bon komme ich (wie schon oft) auf Inocybe hypotheja, aber ich denke das ist Unsinn.

    Vermutlich habe ich mal wieder die häufige Chamäleon-Art erwischt, Inocybe canescens.



    3:

    Eine Gruppe mit auffallend dunklem Stiel, Geruch spermatisch. Am Hutrand sieht man vereinzelte weisse Velumreste.

    Bei der Nachbearbeitung habe ich gemerkt, dass die Mikrobilder dieser Kollektion Schrott sind. Hoffentlich lässt sich trotzdem etwas dazu sagen.



    Sporen: 8.6-9.6-10.8 x 4.8-5.3-5.9 µm, Q = 1.59-1.81-2.04 (n=20)


    Zystiden:

    Cheilo: 61-66-77 x 12-14-16 µm (n=7)

    Pleuro: 62-67-75 x 13-15-19 µm (n=7)


    Pleuros


    Cheilos


    Kaulozystiden am ganzen Stiel vorhanden


    Gegen die Stielbasis werden die dickwandigen Zystiden seltener.


    Könnte ich da mit Inocybe fuscescentipes richtig liegen?

    Da habe ich schon eine nicht-alpine Kollektion, wo die Sporen und Zystiden aber etwas kleiner waren.



    4:

    Eine besonders hübsche Gruppe mit knolliger (aber nicht gerandeter) Stielbasis. Geruch schwach, nicht spermatisch.



    Die Sporen sind entolomatoid, eher eckig als höckerig. Somit kommen gar nicht sooo viele Arten in Frage.

    9.9-11.0-13.0 x 7.4-8.0-8.6 µm, Q = 1.25-1.37-1.55 (n=20)


    Zystiden: Auffallend lang und schlank, dickwandig mit wenig aufgeprägtem Hals.

    Cheilos: 65-75-87 x 13-15-19 µm

    Pleuros: 65-76-88 x 14-16-20 µm


    Pleuro


    Cheilo


    Kaulozystiden am ganzen Stiel vorhanden. Hier gemischt, einige sehr lang mit zylindrischem Hals, andere lageniform oder subfusiform.


    Unten am Stiel dominieren die kürzeren Zystiden.


    Auch hier habe ich nach Bon geschlüsselt, am besten würde Inocybe concinnula passen.

    Aber dieser struppige Hut gefällt mir nicht so recht - vermutlich liege ich hier auch daneben.



    5:

    Inocybe helobia gab es auch noch, die findet man in dem Gebiet dauernd. Da lasse ich die weiteren Details weg, der Fall ist klar.


    Die Sporen typisch trunkat und etwas unregelmässig geformt.


    LG Raphael

  • Grüß dich, Raphael, also ich hab leider sehr wenig Zeit.... daher hier nur meine ad hoc Bemerkungen zu deinen Funden:

    1. rufolutea: Die ist nach dem mageren Protolog und dem Holotyp-Befund zu urteilen (was natürlich trügen kann) kaum von I. nemorosa zu unterscheiden . Aber deine Sporen sind in der Tat für beide Arten zu klein, vor allem sehr schmal (die Breite ist meist ein konstantes Merkmal). Lass die sequenzieren, ich hab im Augenblick keine Zeit, da weiter zu recherchieren....

    2. Ist meiner Ansicht nach I. canescens.

    3. Glaube nicht an I. fuscescentipes, jedenfalls nicht, nach den Zystiden zu urteilen, denn deren Zystiden sehen ganz anders aus. Vielleicht I. rupestroides, falls die Zystiden unten nicht sehr reichlich sind. Die Stiele von der sind teilweise braun, aber da müssten sehr lange Caulos dabei sein (bis ca. 120 µm), die seh ich bei dir nicht. Schau vielleicht nochmal ganz oben am Stiel.

    4. Ist meiner Ansicht nach I. oreina.

    5. Nicht ganz so schnell mit den jungen Pferden: Es ist ja jetzt auch die I. undatolacera beschrieben worden. Vergleich mal...

    Das wars in Eile, herzlich Ditte

  • Liebe Ditte


    Auch hier vielen Dank, eine ad hoc Bemerkung von dir ist immernoch sehr hilfreich.


    1: Geht in die Sequenzierung

    2: Lege ich so ab


    3:

    Von rupestroides habe ich eine sequenzierte Kollektion etwa 200 Meter entfernt (die wir anfangs auricomella genannt haben, hier).

    Die hatte kleinere Sporen und Zystiden mit einem breiteren Hals. Ob das in der Variantiosbreite der Art liegt, kann ich nicht beurteilen.

    Lange Kaulos habe ich nicht gesehen, habe keine über 70 µm gemessen. Wird auf jeden Fall sequenziert.


    4:

    I. oreina hatte ich auch in Betracht gezogen, aber verworfen weil sie noch etwas grössere Sporen haben müsste. Auch diese lasse ich sequenzieren.


    5:

    Ach schade, nachdem ich bereits zwei sequenzierte helobia-Kollektionen aus unmittelbarer Nähe habe, wollte ich diese nicht mehr aufbewahren.

    Ich mal wohl zu voreilig.


    LG Raphael