Wiesenexkursion NRW

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 4.661 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Sennepilz.

  • Hallo zusammen,


    die letzten zwei Wochen war ich öfter in Magerwiesen unterwegs, teils mit mäßigem Erfolg (von ein paar Highlights werde ich in einem extra Thread berichten). Ganz anders dann gestern, bei einem außerordentlichen APV-Treffen im südlichen NRW führten uns Karl W und andere Mykologen durch Magerwiesen mit einem herrlichen Artenreichtum. Insgesamt konnten ca. 60 Arten dokumentiert werden, ein Großteil davon Wiesenpilze.


    Gerne zeige ich ein paar Bilder, Karl wird sicher noch etwas ergänzen. Ich vermute, dass er bei der ein oder anderen Gruppe mit seiner Erfahrung noch ästhetischere Bilder hinbekommen hat als ich. Zudem habe ich auch nicht sämtliche Arten selbst fotodokumentiert. Hier wäre also zu ergänzen.


    Beginnen wir mal mit 01 Hygrocybe coccinea - Der kirschrote Saftling:


    In größeren Mengen und verschiedenen Stadien und Farbvariationen gab es 02 Hygrocybe punicea - der purpurrote Saftling (für mich die erste Begegnung):


    Desweiteren 03 Hygrocybe conica - der schwärzende Saftling


    Für mich ebenfalls neu und ebenfalls in unterschiedlichen Variationen (z.B. auch mit ungewöhnlich orangenen Stielen)
    04 Hygrocybe quieta - der Blattwanzensaftling mit typischem Geruch und orangenen Reflexen in den Lamellen:


    05 Hygrocybe Gliophorus psittacina - der Papageisaftling - Hier in tollen Gruppen und farbintensiv! Insbesondere von der zweiten Gruppe gibts glaube ich noch schönere Bilder als meine:


    Es geht weiter mit 06 Hygrocybe ceracea - der brüchige Saftling, den ich in diesen enormen Mengen auch noch nicht angetroffen habe:


    hier eher etwas orangefarbiger, Karl hat das nochmals überprüft (siehe Beitrag unten):


    Auch 07 Hygrocybe chlorophana - der stumpfe Saftling war anzutreffen, wenn auch deutlich seltener.


    Weiter mit 08 Hygrocybe insipida - der Gelbrandige Saftling auch in unterschiedlichen Ausprägungen, von sehr typisch bis farblich etwas variabler:


    Es gab ihn auch mit deutlich ausgeprägter roter Stielspitze (leider nicht fotografiert, diese Kollektion war jedoch eindeutig)


    Ansonsten, ebenfalls für mich neu) 09 Cuphophyllus fornicatus - der blassrandige Saftling (leider sind mir da nicht so schöne Bilder gelungen):


    In großen Mengen und an einer Stelle mit deutlicher Bildungsstörung 10 Cuphophyllus pratensis - der orangefarbene Wiesenellerling (hier mal nur die Teile mit den Bildungsstörungen, ansonsten gar nicht groß fotografiert):



    11 Cuphophyllus virgineus - der Jungfernellerling (ebenfalls in rauen Mengen):


    und 12 Hygrophorus agathosmus - der Marzipanschneckling (unter solitärer Fichte):


    Ein absolutes Highlight und ebenfalls neu für mich 13 Entoloma madidum - der blaue Rötling hat als Verwechslungspartner E. bloxamii, dieser, wei Karl erklärte allerdings mit größeren Sporen (hier isodiametrisch unter 7x7µm) und nicht ganz so dunklen Farben:


    Bei den weiteren Entoloma halte ich mich mal vornehm zurück, vielleicht postet Karl noch Bilder von E. conferendum, E. infula, E.prunuloides, die wir beispielsweise auch noch auf der Liste hatten.


    14 Mycena pura fm. lutea cf. - der gemeine Rettichhelmling mit ockerfarbenem Hut und kräftig purpurbraunem Stiel. Büschelig auf Magerwiese.


    15 Cystoderma granulosum - der Rostbraune Körnchenschirmling:


    Ansonsten gab es noch allerlei Wiesenkorallen und -keulen.


    16 Ramariopsis robusta - die große Wiesenkeule


    Wunderschön und in großer Menge 17 Clavulinopsis luteoalba - das Gelbweiße Keulchen. Ich finde den Namen aprikosefarbenes Keulchen hier eigentlich angebrachter, den obwohl die Bilder das leider schlecht transportieren (habe die Farbe wirklich nicht besser eingefangen bekommen, wirkt hier eher gelb) war sie im Sonnenlicht besehen tatsächlich eher apricot-farben; Sporen 6,8x3,5µm, mandelförmig (teils wie ich persönlich finde auch birnenförmig):


    Weiter 18 Clavulinopsis corniculata - die geweihförmige Wiesenkoralle in unfassbaren Aufkommen, kräftige Fruchtkörper, teils über einen Meter verteilt an einzelnen Stellen und sonst überall häufig dort.


    Nicht selbst fotodokumentiert habe ich 19 Clavulinopsis laeticolor - die schönleuchtende Wiesenkeule und 20 Clavulinopsis helvola - die goldgelbe Wiesenkoralle.


    Ansonsten gab es noch vieles vieles mehr, was keiner großen Bearbeitung mehr zugeführt wurde. Eine Hemimycena an Grashalmen habe ich leider nicht makroskopisch fotodokumentiert (worüber ich mich sehr ärgere), da ich sie schnell weitergereicht habe. Studioaufnahmen machten dann auch keinen Sinn mehr, da kaum noch zu sehen am Grashalm. Mit den Mikrobildern alleine komme ich zumindest zu keinen aussagekräftigen Ergebnissen:


    Cheilozystiden lageniform:


    Kaulozystiden:


    Sporen:


    Nichtsdestotrotz lernt man daraus, denn ein Blick in den Schlüssel hat mir nur eine erste Idee gegeben, worauf zwingend zu achten wäre.


    LG Sebastian

  • Hallo Sebastian,


    da warst du aber ganz schön schnell mit dem tollen Bericht :daumen:.

    Ich durfte ja gestern auch bei dieser tollen Exkursion dabei sein :) - wir haben sicherlich eine vierstellige Anzahl an Saftlingen gefunden.

    Dann will ich mal ein paar Bilder ergänzen ...


    20 Entoloma prunuloides - der Mehlrötling



    21 Macrolepiota mastoidea - der Zitzenriesenschirmling


    Und weil sie so schön sind, noch mal ein paar Saftlings-Fotos:








    Unser Meister voller Demut bei der Arbeit


    Es war ein toller Tag auf dieser Wiese - daher noch mal vielen Dank an Karl und Bernd!

    Und es war schön, weitere Pilzverrückte kennenzulernen :).


    Bis bald mal

    Gerd

  • Hallo Sebastian

    Sehr schöner Bericht!
    Korrigiere bitte das zweite Bild von H. insipida. Die Kollektion habe ich mikroskopiert. Die Stiele waren absolut trocken und ohne gelifizierte Hyphen. Das ist eindeutig H. ceracea. Boertmann schreibt dazu: bright yellow to orange.yellow, rarely orange und adnate to decurrent gills, was ja dann auch makroskopisch passt.

    Einige Bilder kann ich gerne ergänzen:

    Hygrocybe coccinea - Der kirschrote Saftling mit breit angewachsenen Lamellen


    Hygrocybe coccinea - Der kirschrote Saftling darf auch mal gebuckelt sein. Boertmann: sometimes with a distinct papilla or small umbo


    Hygrocybe punicea - der purpurrote Saftling in etwas ungewöhnlicher Ausprägung


    Hygrocybe psittacina - der Papageisaftling aktueller Name ist inzwischen Gliophorus psittacinus


    Cuphophyllus pratensis - der orangefarbene Wiesenellerling an dem Grüppchen kam ich dann doch nicht ohne Foto vorbei


    Cuphophyllus virgineus - der Jungfernellerling ohne roten bakteriellen Befall ;)


    Entoloma prunuloides - Mehl-Rötling


    Entoloma conferendum - Kreuzsporiger Glöckling


    Entoloma conferendum - Kreuzsporiger Glöckling


    Lycoperdon nigrescens - Stinkender Stäubling


    LG Karl

  • Hallo Gerd und Karl, danke für die Überprüfung und die die schönen Bilder und Ergänzungen. Habs nochmal angepasst, leider hatte ich H. insipida mit der roten Stielspitze nicht mehr fotografiert.


    Wirklich ein toller Tag!


    LG Sebastian

  • Hallo Gerd,

    da haben wir uns wohl überschnitten und trotzdem keine doppelten Bilder. Es stand aber auch derartig viel, dass jeder seine eigenen Kollektionen fotografieren konnte.
    Vierstellig waren wir sicher schon jeweils bei H. coccinea, C. pratensis, C. virgineus und zwei der Keulchen. Wirklich rar war von den Saftlingen erstaunlicherweise nur H. chlorophana.

    LG Karl

  • Hallo ihr Wiesenpilzsucher, genial! Ich bin begeistert von dieser Artenvielfalt so spät im Jahr. Ganz besonders erhellend sind deine Fotos von den papillierten H. coccinea, Karl W . Mir schwant, dass meine vermeintlichen H. papillata auch nur profane kirschrote Saftlinge waren. Nun ja hübsch sind sie trotzdem.

    Bei uns in den Bergen sind nur noch wenige Wiesenpilze übrig. Die Nachtfröste waren wohl zu heftig.

    Erstaunlich fand ich die zu Erdsternen deformierten Wiesenellerlinge auf dem Foto von Sebastian_RLP . Die hätte ich als Wiesenellerlinge nie erkannt.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hallo zusammen,

    das es sich bei dem blauen Rötling nicht um E. bloxamii sondern eher um E. madidum handelt, hatte Bernd ja schon im feld angesprochen.


    Nach umfangreicher Mikroskopiererei (Sporenmessung aus Abwurf und HDS) , Literaturstudium und Kontakt zu einem britischen Mykologen, komme ich bei dem blauen Rötling jetzt zu dem aus England beschriebenen Entoloma atromadidum. Typisch sind neben geringfügig größeren Sporen und etwas anderem Aufbau der HDS die deutlich gerippten Fruchtkörper.
    Die standen an gleicher Stelle schon 2020 da und wurden ohne nähere Untersuchung als E. bloxamii angesehen. Die Rippen waren mir damals nicht aufgefallen und ich kante auch die erst 2018 beschrieben Art noch nicht.




    LG Karl

  • Hallo Karl,


    an E. atromadidum habe ich bei meinen Funden bisher nicht gedacht, da die Abbildungen, die Ainsworth seiner Beschreibung von E. atromadidum beigefügt hat, sehr dunkle Fruchtkörper zeigen, die dem "atro" (schwarz) im Artnamen auch gerecht werden. Solche Pilze konnte ich bei mir bisher nicht beobachten, sehr wohl aber hellere Exemplare mit mehr oder weniger ausgeprägten Rippen (und Sporen durchschnittlich knapp unter 7 x 7 µm). Siehe das folgende Foto:



    LG Ingo

  • Hallo Ingo

    Ich bin aus England auf E. atromadidum aufmerksam gemacht worden. Schau mal in die Entoloma-Gruppe bei FB.
    Letztlich hat mich neben den deutlichen Rippen auch die Untersuchung der HDS von E. madidum weggebracht. (Pileipellis: a very gelatinous ixocutis at centre).

    LG Karl

    PS. Auf Pilze Deutschland ist E. madidum noch als Synonym zu E. bloxamii geführt und E. atromadidum nicht enthalten. Das wir sicherlich in absehbarer Zeit geändert und evt. alle Altfunde von E. bloxamii auf E. bloxamii agg. gesetzt, was sicherlich Sinn macht.

  • Hallo Karl,


    vielen Dank für den Hinweis. Nach den Abbildungen, auf die Brian Douglas (in der Entoloma-Gruppe bei FB) verweist, darf Entoloma atromadidum auch mal etwas heller daherkommen. Bleibt die Frage, ob die andere Art, also E. madidum, auch mal etwas gerippt sein darf. Werde bei meinen nächsten Funden die HDS mikroskopieren und hoffe, dass die Ergebnisse eine Artdiagnose ermöglichen.


    LG Ingo