Sicherheit in der Pilzbestimmung

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 1.210 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Norbert.S.

  • Hallo, ich habe einige Beiträge bei euch gelesen und bin begeistert von dem Wissen und den Erfahrungen vieler Mitglieder.

    Ich stelle mir derzeit die Frage, wie man am sichersten seine Pilzfunde 100%ig bestimmt, und nicht am schnellsten.


    - Welche Sinnesorgane präferiert ihr? (Pilzgerüche aussagekräftig?)


    - Worauf ist beim Sehen zu achten? (Farbvergleich von Stiel, Lamelle/Pore, Hut aussagekräftiger als die Strukturbestimmung der einzelnen Pilzglieder? )


    - Hat jede Pilzart überhaupt ein einziges, individuelles Hauptbestimmungsmerkmal, was sie zu 100% bestimmbar macht? (Wie geht man mit dem unsicheren Gefühl beim ersten Pilzfund einer bisher nicht selbst-bestimmten Art um, obwohl man zu ähnlichen Pilzarten die Merkmale bereits verglichen hat?)


    - Wäre zum Beispiel die mikroskopische Sporenbestimmung vollständig aussagekräftig? (Vergrößerungen unter x100)


    Also ganz allgemein, wie geht ihr da methodisch heran?


    Ich frage, weil gerade jetzt Gifthäubling und Samtfußrübling durch optische Ähnlichkeiten, das Alpha-Amanitin und sogar gleiche Standorte schon erhöhte Gefahr mit sich bringen. Ich sammle erst seit einem Jahr.


    Alles/Liebe, Juni

  • Hallo nihey,


    eine 100%ige Pilzbestimmung kann es eigentlich gar nicht geben, weil schon das Artkonzept der Pilze in Deutschland noch völlig unzulänglich ist. Gerade sind z.B. in der Gattung Dermoloma (Samtritterlinge) genetisch 29 Arten in Europa unterschieden worden, von denen die meisten keinen Namen haben. Ich kannte nur 3 (immerhin). Aber auch bei scheinbar einfachen Arten wird es noch Überraschungen geben.


    "Den" Gifthäubling gibt es auch nicht, ebenso wie "den" Samtfußrübling, beides sind komplizierte Arten-Aggregate.


    Was Du an Merkmalen nennst ist alles wichtig, aber gerade mikroskopisch sind die Sporen (Größe, Form, Ornament, Chemische Reaktionen, ... ) erst der allererste Einstieg in eine riesige und oft verwirrende Mikro-Welt. Dort gibt es in jeder Gattung einen etwas unterschiedlichen Satz an Merkmalen,von denen man heute glaubt, dass sie bestimmungsrelevant sind. In den meisten Fällen sind das aber vorläufige Annahmen.


    Grüße,


    Wolfgang

  • Vielen Dank, Wolfgang, für die sachlichen Informationen. Danke für die Richtung. Also ein Themengebiet, um sich absolut zu verlieren im Kategorisieren.


    Wenn mensch nun auf der Artenebene bleibt, kann er davon ausgehen, dass sich die körperliche Wirkung bei Verzehr als vorherbestimmbar und "sicher" erweist?

    Angenommen ich habe Samtfußrübling und Gifthäubling, kann ich dann bereits durch Untersuchung der Sporen auf mikroskopischer Ebene eindeutig die Art bestimmen? Du meinst, das ist nur auf Gattungsebene möglich.

  • Hallo nihey,


    korrekt, mit den Sporen allein kommst Du bei Häublingen nicht zur Art. Bei Samtfußrüblingen weiß ich das gerade nicht auswendig, zumindest das Substrat sollte man kennen.


    Für Speisepilzsammler reicht aber nach heutiger Kenntnis in den genannten 2 Fällen die Gattung ( weil kein Mensch die möglichweise ungiftigen, aber nur mikroskopisch vom Gifthäubling unterscheidbaren Galerina-Arten auf den Speisewert untersucht hat, gelten alle als giftverdächtig).


    Gruß,

    Wolfgang

  • Ich danke dir für den kurzen und guten Einblick! Das löst einige Fragen.

    Wahrscheinlich ist der beste Weg für "sicheres" Bestimmen vor allem die giftigen Gattungen persönlich kennenzulernen.

  • Hallo Juni,


    ich sammle seit einigen Jahren, mal mehr, mal weniger intensiv.

    Was ich aus Erfahrung sagen kann: Die Kombination aus Theorie und Praxis ist sinnvoll. D.h.: viel sammeln, viel mit Gleichgesinnten sprechen, Experten befragen, eigene Bestimmungen Schritt für Schritt versuchen und weiterentwickeln.

    Pilzwanderungen mit Experten resp. alten Hasen sind sehr zu empfehlen - auch seriöse Filme über YouTube; da gibt es eine Handvoll toller Typ*innen :)


    Bücher lesen. Seminare besuchen...


    Auf diese Weise habe ich viel gelernt. Übung macht den ...


    Wir brauchen immer eine Weile, ehe wir was Neues essen. Manchmal dauert es Jahre, ehe wir einen für uns neuen Pilz probieren.


    Letztlich ist die Frage auch: wozu bestimmen? Allein des Interesses wegen, oder zu kulinarischen Zwecken? Das ist wesentlich.


    Liebe Grüße

    Paula

  • Danke für deinen Beitrag, Paula. Dein Geschriebenes widerspiegelt sehr gut die derzeitige Stimmung. Und zurückgedacht hat immer das Losgehen am besten funktioniert. Mittlerweile sammle ich alles, was ich finde, und gebe mir zuhause Zeit und Ruhe mit vielen Büchern zur Bestimmung. Auch wenn die Erfolgsquote noch gering ist, macht es am Ende wohl die Ausdauer und Vielfalt der Herangehensweisen, wie du sagst. Du ermunterst.

  • Hallo,

    Lernen ist bei diesem Thema unbedingt wichtig , Mitgehen bei Exkursionen von Pilzsachverständigen auch.

    Auch in Foren kann man viel lernen. Onlinebestimmungen können aber auch böse ins Nirwana führen.

    Ich empfehle aber auch diesen Beitrag gründlich zu lesen (wenns auch dauert)

    Angaben zur Pilzbestimmung

    Nicht nur wegen Anfrage in Foren , sondern auch für eigenes Vorgehen bei Bestimmungen.

    Wenn man sich diese Mühe macht , lösen sich manche Probleme und Irrwege von selbst.

    Gruß

    Norbert

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    Pilzchips = 100 -5 APR 2015 +12 APR 2016 = 107 -7 Für APR 2017 = 100 + 5 APR 2018 =105 +5 APR 2019 =110+6 APR 2020=116+5+4 APR2021=125

    -15 für APR 2022 = 110

    Pilzbestimmung im Netz ist keine Essfreigabe

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