Der Riesenträuschling (Stropharia rugosoannulata) - Vorstellung inklusive seiner Nematodenfangapparate

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  • Servus beinand,


    bei mir in Mammendorf wächst im Rindenmulch am Bürgerhaus unter anderem auch ab und zu der Riesenträuschling. Meist wird er leider schon jung rausgerupft und man findet nur liegende, kaputte Fruchtkörper. Gestern hingegen stand ein fast ausgewachsenes Exemplar bereit zum fotografiert Werden:







    Der Hut ist fein schuppig-schürfelig und nur etwas klebrig (hier aufgrund der Wärme/Sonne völlig abgetrocknet), der Stiel ist (im Gegensatz zu dem von Stropharia hornemannii) glatt bzw. längsrillig und der Ring ist (namensgebend - rugoso-annulata) auf der Oberseite rau-buckelig (insgesamt aber etwas gerieft).


    Die Sporen sind im Mikroskop weinrot-violettlich, dickwandig und haben einen deutlichen Keimporus:



    Die Sporen sind in Aufsicht etwas breiter als von der Seite betrachtet - der Effekt ist aber recht gering, optisch aber auffallend. Das spiegelt sich ein bisserl im Quotienten wider:


    9,0-10,7-11,75 x 6,25-6,7-7,25 x 6,5-7,3-7,75 µm;

    QSeite = 1,53-1,60-1,64; Qoben = 1,34-1,47-1,58


    Die Cheilocystiden sind keulig bis aufgebläht blasig, seltener zylindrisch und messen 33,5-43 x 13,25-21,5 µm (bei diesem Fruchtkörper):



    Interessant ist aber vor allem die Biologie des Riesenträuschlings bzw. der Gattung Stropharia: Träuschlinge sind Nematodenjäger mittels spezieller Fangzellen, den Acanthocysten. Diese sind sehr klein, haben aber auffällige, lange Stacheln, an denen sich die Nematoden verletzen/aufspießen - der Träuschling wächst dann in den Wurm hinein und verdaut diesen. Das Besondere: die Acanthocysten sind isolierte Zellen und nicht mehr im Kontakt mit den Hyphen des Träuschlings. Nach der Mahlzeit verschmilzt dann das aus der Fangzelle ausgewachsene Teilmyzel mit dem Hauptmyzel und gibt die aufgenommenen Stoffe ab/weiter.


    Um die Fangzellen mal selber zu sehen, habe ich einfach etwas des Substrats mitgenommen. Der Träuschling bildet ein üppiges Myzel mit kräftigen Rhizomorphen. Man sieht aber immer wieder Substrat, das wie bepudert erscheint:


    Im Bino bei 40-facher Vergrößerung erkennt man dann schon gerade noch die Stacheln der Acanthocysten (hier ist das Bild leider nix geworden, aber es soll zeigen, wie klein diese Zellen sind).



    Streift man diesen "Puderzucker" in einen Wassertropfen, sieht man im Mikroskop sofort die Fangzellen:





    Die Stacheln brechen allerdings leicht ab. man darf also nicht quetschen. Manchmal liegen die Fangzellen in dicker Lage übereinander - sehr beeindruckend.

    Es war erstaunlich einfach, diese Fangzellen zu finden, zu erkennen, zu präparieren. Ich kann nur empfehlen, das mal selber zu machen. Ich habe nur ein Bino und eine Präpariernadel benötigt. Und schon sieht man Träuschlinge mit anderen Augen.


    Nebenbei angemerkt: die Fangzellen sind im Moment das Gattungsmerkmal für Stropharia s.str. - so hat z.B. Protostropharia keine Acanthocysten, sondern nur ähnliche Strukturen, die aber Teil des Myzels bleiben (Acanthocystiden).


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Coole Bilder - übrigens hatten wir hier neulich eine Diskussion zur Einwanderung des Riesenträuschlings nach Deutschland, seinen Erstfunden und dass er in der DDR auch kultiviert wurde (hab selber mal gemacht, Winnetou).

  • Hallo Christoph,


    danke für die schöne Doku. Wegen dessen gelber Variante hätte ich einmal eine Frage. Ich finde die oft in jungem Zustand mir brauner Hutfärbung die im Alter gelb wird. Hast Du sie auch schon einmal jung mit gelber Hutfärbung gefunden?


    und dass er in der DDR auch kultiviert wurde (hab selber mal gemacht, Winnetou).

    Hallo Hagen,


    das hat mein Vater einmal gemacht und wir fanden die geschmacklich eher minderwertig.


    VG Jörg

  • Mir hadden doch nüscht :)

  • Wegen dessen gelber Variante hätte ich einmal eine Frage. Ich finde die oft in jungem Zustand mir brauner Hutfärbung die im Alter gelb wird. Hast Du sie auch schon einmal jung mit gelber Hutfärbung gefunden?

    Servus Hannes,


    ich kenne den Riesenträuschling auch jung gelb - es gab vor ein paar Jahren diese gelbe Varietät in einem abgeernteten Maisfeld. Ich hatte leider keine Kamera dabei und kam nicht mehr dazu, das Maisfeld nochmal zu besuchen. Im Nachhinein ärgert es mich, keine Fotos und keinen Beleg gemacht zu haben.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Christoph,


    diese Minidolche sehen ja richtig fies aus.

    Weiß man etwas über die Zusammensetzung? Bestehen die aus Pilzchitin oder sind das kristalline Strukturen?


    Liebe Grüße

    Ralph

  • Servus Ralph,


    dass Stropharia rugosoannulata Nemtoden mit Hilfe der Acanthocysten fängt und frisst, haben Luo et al. (2006) entdeckt. Sie haben aber nur die Wirkung der isolirten Acanthocysten auf Nematoden untersucht und die Acanthocysten licht- und rasterelektronenoptisch untersucht und dabei festgestellt, dass die Stacheln wirklich sehr spitz enden. Sie haben ferner die Verletzungen an den Nematoden darstellen können und auch gezeigt, dass die Nematoden verdaut werden.


    Über die Zusammensetzung der Acanthocysten haben sie aber leider nichts geschrieben. Es ist aber recht wahrscheinlich, dass das mittlerweile untersucht wurde. Wenn ich was drüber finde, gebe ich Bescheid.


    Literatur:

    Hong Luo, Xuan Li, Guohong Li, Yanbo Pan & Keqin Zhang (2006):Acanthocytes of Stropharia rugosoannulata Function as a

    Nematode-Attacking Device. Applied and Environmental Microbiolgy 74(2): 2982–2987.


    Liebe Grüße,

    Christoph