Anamorphe?

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 3.674 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Helmut Krisch.

  • Hallo Pilzfreunde.

    Ich habe neulich (Februaur) diesen Pilz gefunden (Bild1+2). Er wuchs ohne Basisstruktur direkt

    auf Rinde (Fagus), war nicht als Ganzes ablösbar. Die Konsistenz ist weich-krümelig, anfangs

    satt rot, später mehr braun-rot. Die Sporen (Bild3) sind sehr unterschiedlich: ellipsoid, grünlich,

    8-12 x 6-10 und eiförmig, farblos, 16-20 x 12-15, diese mit kurzem zylindrischem Fortsatz,

    der aussieht, als ob sie mal irgendwo festgesessen haben. In Masse ist die Sporenfarbe braun.

    Weil ich trotz großer Menge von Sporen keine Basidien finden konnte, bin ich auf die Idee

    gekommen, dass es sich vielleicht um Mitosporen handeln könnte, also der Pilz eine Anamorphe

    ist. Ich habe dazu in 'Pilze der Schweiz' Bd. 1 Nr. 68 etwas gefunden, was in einigen Punkten

    bei meinem Pilz zutrifft. Die dort gezeichneten Konidiophoren konnte ich allerdings nicht finden,

    dafür die in Bild4+5 gezeigten sehr auffälligen, häufigen, gelb-braunen Hyphen mit dicken

    Ausbeulungen, die wiederum bei Nr. 68 nicht vorkommen.


    Kennt sich da jemand aus?


    Grüße, Helmut

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    also doch ein Zygomycet; hätte ich mir ja denken können.:| Auf dem Smart-phone vorhin habe ich die Bilder gesehen und geschwankt; jetzt am Rechner sehe ich auch, dass es eindeutig ein Zygo ist.


    Schön, dass Thorben den benamsen konnte. Die sind nicht ohne in der Bestimmung. :daumen::daumen::daumen:


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Noch eine kleine Anmerkung.

    Die Nematogonum ferrugineum ist nicht selten, sie wird aber gerne übersehen.

    Ich sehe diesen Pilz im Wald oft an gestapelten Stämmen (überwiegend Eichen und Buchenstämmen).

    Vielleicht kommen bald ein paar mehr Funde zusammen :)


    VG : Thorben

  • Hallo Thorben,

    du bist Dir offenbar sehr sicher in der Bestimmung. Ich höre jetzt zum ersten mal von solchen Jochpilzen.

    Deine mikroskopischen Bilder zeigen ja eine große Übereinstimmung mit meinen, aber die makroskopischen

    nur wenig. Sind die so veränderlich?

    Ich will in den nächsten Tagen nochmal zum Fundort gehen, ob ich da Veränderungen feststellen kann.

    Melde mich dann nochmal.

    Auf jeden Fall schonmal vielen Dank,

    Helmut

  • Servus Helmut,


    Nematogonum ferrugineum ist ein Ascomyzet (also dessen Nebenfruchtform) und kein Zygomyzet. Er erinnert nur ein bisserl an einen Zygomyzet, wobei... eigentlich auch nicht, da ja kein Joch zu sehen ist. Es geht da nur um die spärliche Septierung, die bei Zygomycota. bei Glomeromycota usw. vorkommt (oft: gar keine Septen, siphonales Myzel bzw. siphonocladiales Myzel).

    Das hier ist aber ein "ganz normaler", recht häufiger imperfekter Pilz, der aber eben ein Ascomyzet ist. Er scheint auf Nectria-sensu-lato-Arten zu parasitieren - siehe z.B.: 21_houston_wo37.pdf


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Helmut,

    Deine mikroskopischen Bilder zeigen ja eine große Übereinstimmung mit meinen, aber die makroskopischen

    nur wenig. Sind die so veränderlich?

    Also die Bilder in dem verlinkten Thread sind von Fredi Kasparek, dieser hatte mich auch bezüglich des Pilzes angeschrieben.

    Erst durch das Ascofrance-Forum konnte dieser doch sehr häufige Pilz bestimmt werden.

    Vor 2 Tagen hatte ich an Dich gedacht und einen eigenen Fund eingesammelt, sowie Mikroskopiert.

    Ich werde dazu später einen Thread aufmachen, dann wirst du auch sehen das alles seine Richtigkeit hat :)


    VG : Thorben

  • Noch kurz als Nachtrag:


    In diesem Artikel - (PDF) New and Interesting Fungi. 1 - auf den Seiten 192-193 wird die Art schön abgebildet und auch diskutiert. Sie parasitiert demnach an Neonectria, Chaetomella, Cladosporium, Graphium, Melogramma, Tritirachium und Verticillium und gehört selbst zu den Sordariomycetes, hier zu den Hypocreomycetidae und wohl in die Melanosporales - es konnte von den Autoren aber nur die ITS verwertet werden, da sie sonst keine DNA sequenzieren konnten (es hat nicht geklappt).

    Es handelt sich um einen obligaten Pilzparasiten, der das Holz nicht angreift. Mir war das vorher nicht klar - daher unabhängig von den schönen Fotos des Einstiegsbeitrags danke für den Thread. Es war eine schöne Gelegenheit, ein bisserl was über diese auffällige Art nachzulesen und deren Lebensweise mal genauer zu betrachten.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Christoph,


    danke für den Link zu diesem interessanten Artikel, den ich noch nicht kannte.

    Ich finde es sehr interessant, dass N. ferrugineum tertiäre Konidien bildet.


    VG : Thorben

  • Liebe Thorben und Christoph,

    ich war nochmal vor Ort, der Pilz hatte sich äußerlich kaum verändert in den 3 Wochen.

    Die Oberfläche war nur von weich/krümelig zu weich/feinst-filzig verändert.

    Aber ich konnte im Mikroskop eine wichtige Entdeckung machen:

    die Entstehung der eiförmigen Sporen mit dem kurzen Fortsatz.

    An dicken Hyphen voller Plasma werden sie offenbar abgeschnürt (Bild6+7).

    Ich denke, wenn das Plasma aufgebraucht ist, werden diese Hyphen zu den

    gelbbraunen in Bild4+5.

    Passt das zu der von Dir bestimmmten Zygomycetenart?


    Viel Grüße,

    Helmut

  • Hallo Helmut,


    das passt zu der Nematogonum ferrugineum.

    Diese großen Konidien die an den Konidienträger gebildet werden (Bild 6 und Bild 7) sind die Primärkonidien.

    Auf deinem Bild 3 sieht man diese Primärkonidien ebenfalls, dass sind die größten Konidien, die zweitgrößten Konidien sind die Sekundärkonidien und die kleinsten Konidien die Tertiärkonidien.

    Nach der verlinkten Literatur von Christoph (Crouz et.al. 2018) werden folgende Größen für die Konidien angegeben:

    Primärkonidien:

    15-21 x 12-14 Mikrometer


    Sekundärkonidien:

    11-15 x 8-9 Mikrometer


    Tertiärkonidien:

    7-10 x 6-7 Mikrometer


    Du kannst deinen Fund beruhigt als Nematogonum ferrugineum abspeichern.


    VG : Thorben

  • Lieber Helmut

    Passt das zu der von Dir bestimmmten Zygomycetenart?

    es ist kein Zygomyzet, sondern ein Ascomyzet (siehe oben) ;)


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Christoph und Thorben,

    jetzt habe ich es auch kapiert. Also die imperfekte Form eines Ascomyceten.

    Da lag ich ja mit meiner ersten Vermutung nicht so daneben, habe aber vielleicht den

    falschen Begriff verwendet. Ich wollte schon noch fragen, wie sich die verschiedenartigen

    Konidien erklären, aber Thorben hat das ja schon beantwortet.

    Die Welt dieser Pilze ist schon exotisch!


    Vielen Dank für die Aufklärung und

    Grüße von

    Doofi Helmut