Pilze kennen keinen Kalender...

Es gibt 15 Antworten in diesem Thema, welches 3.497 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Uwe58.

  • Danke für den Titel, Björn! :thumbup:


    Angeregt von Ingo's Beitrag hier, wäre es interessant, eure Beobachtungen über den Wachstum der div. Pilzarten mitzuteilen.
    Die derzeitigen Wetterkapriolen (17 Grad plus am 25. Dezember etc.) sind sicher Faktoren, die die Natur durcheinander bringen. In unserem Garten spriesst die Petersilie 8| die Tulpenzwiebeln waren Ende Dezember sichtbar!
    Dies hat sicher auch Auswirkungen auf die Welt der Pilze.


    "Pilze kennen keinen Kalender", schrieb unser Björn.


    Habt ihr schon (zeitlich gesehen) aussergewöhnliche Funde gemacht? Wenn ja, welche?


    Ich bin gespannt, wann hier der erste Steinpilzfund gepostet wird, wann die ersten Morcheln, die letzten Nebelkappen usw.


    Es grüsst ein gespannter


    Günter

    • Offizieller Beitrag

    Na klar Günterchen :)


    Da hätte ich tatsächlich was...obwohl...kennste schon....egal! :)


    am 28.12.2012 eine noch recht ansehnliche Krause Glucke (gut....anfassen musste man sie nicht unbedingt...;) )




    herzliche Grüße,
    dM

    Gnolmige Gnüße, Gnelmanie die Rote

    "In den Wäldern sind Dinge,
    über die nachzudenken,
    man jahrelang im Moos liegen könnte."

    -Franz Kafka-
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  • Hallo Tribun,


    prinzipiell kann man folgendes zur Erscheinungszeit von Pilzen sagen:


    * Mykorrhizapilze leben in Symbiose mit Bäumen und sind abhängig von der Nährstoffzufuhr, die der Baum oft erst dann in ausreichenden Mengen bereitstellt, wenn er sie selbst nicht braucht. Das ist die Zeit ab etwa Ende Juli, wenn der Baum seine Laubschicht nicht weiter aufbauen muss. Anscheinend ist der Prozess bei Nadelbäumen ähnlich, die sich wohl auch auf das Winterhalbjahr vorbereiten und den Pilzen dann mehr "Futter" geben.


    * größere Pilze, die als Saprobionten leben, sind unabhängig von anderen Organismen, sie bauen totes, organisches Material ab, welches im Wald normalerweise in großen Mengen vorhanden ist.
    Daher ist ihr Erscheinen nur noch von der Witterung (Feuchtigkeit, Temperatur) abhängig, und die verläuft Jahr für Jahr unterschiedlich. Die Erscheinungszeiten z.B. von Nebelkappe oder Violetter Rötelritterling sind daher schwer einzuschätzen, Funde gelingen bisweilen ganzjährig (wir hatten letzteren im BL schon noch Mitte Januar).


    * Kleinpilze, die als Saprobionten leben, sind abhängig nicht nur von der Witterung, sondern auch vom Zustand der Verwitterung des Substrats. Ich habe über längere Zeit Kernpilze an Grashalmen beobachtet und kann praktisch schon beim Angucken der Grasbüschel sagen, ob da was drauf ist oder nicht.




    lg björn

    Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

    Band 2a: Pezizomycetes, Hypogäische Eurotiomycetes, Lecanoromycetes, Arthoniomycetes

    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau

  • Danke für die sehr ausführliche Antwort Björn!


    Und doch ist ein grober zeitlicher Rahmen gesetzt, wie du selber schreibst im Falle der Mykorrhizapilze ab Ende Juli zum Beispiel.


    In der Regel.


    Aber eben Ausnahmen bestätigen diese als solche, wie wir wissen. Und solche Ausnahmen interessieren mich.


    Gruss


    Günter


    Edit: Danke für die Glucke Melanie! :thumbup: So hab ichs gemeint...eben ungewöhnlich für den 28. Dezember!;)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo!


    Joa, die Totholzzersetzerpilze fühlen sich bei dem Wetter offenbar wirklich wohl. Allerdings musste ich in der letzten Woche mit Entsetzen feststellen, daß die ganzen Becherchen auf Buche mit einem Mal spurlos verschwunden waren!
    Und ich habe zig Stämme nach Bisporella und Lachnum etc abgegrast, auch solche, die noch zwischen den Jahren regelrecht mit diesen Arten gepflastert waren.



    Eine andere Frage betrifft die Mykorrhiza:
    Eigentlich sollten die ja weitestgehend Pause haben. Insofern alles gut: Die ganzen Röhrlinge sind fort, ebenso die Schleierlinge, Risspilze und Wulstlinge.
    Aber dann finden sich ja doch recht hartnäckig immer noch diese hier:



    Tompiffge (C. Tubaeformis); 4.1.2013



    Semmlstoppler (H. Repandum); 20.12.2012 / ohne Bild auch am 4.1.2013


    Das sind doch auch beides Mykorrhiza - Pilze, necht?
    Machen die was falsch?



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,


    nein, die machen es genau richtig. Die beiden Arten sind fast immer auch noch im Winter zu beobachten. Ist eine Sondereigenschaft von denen ;)


    lg björn

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    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

    Band 2a: Pezizomycetes, Hypogäische Eurotiomycetes, Lecanoromycetes, Arthoniomycetes

    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
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  • N' Abend, Günter!


    Also auf Steinis und Morcheln wirste wohl noch eine Weile warten müssen.
    Die Erklärung dazu hat Björn ja schon geliefert.


    Bei uns gibt es zur Zeit Violette


    Knorpelschichtpilze (sehr üppig, aber nicht unbedingt etwas Besonderes im Winter)



    und Rötelritterlinge. Über diesen frischen, knackigen Burschen habe ich schon gestaunt:



    Beide gefunden am 07.01.2013!


    Lieben Gruß vom Nobi

    Hier geht es zu meinen Themen.

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    Chips: 72

  • Ich glaube, wir versuchen hier hochkomplexe Vorgänge und Zusammenhänge der Natur in Schubladen zu packen.:)


    Günters Ansinnen sind wohl eher Arten, die eigentlich im Sommerhalbjahr fruktifizieren, und die man im Winterhalbjahr eigentlich nicht finden sollte. So wie die Pfifferlinge, die ich letztes Jahr kurz vor Heiligabend, nachweislich frisch gewachsen, finden konnte.


    Ich lehne mich da an das Pflanzenreich und erkläre das mit einer Art Not- oder Nachtrieb.


    Eine Art, die normalerweise innerhalb einer bestimmten Jahreszeit fruktifiziert kann das nicht tun, weil grade zu dem Zeitpunkt beginnender Fruktifikation die äußeren Bedingungen plötzlich nicht mehr stimmen (z.B. Kälteeinbruch, Trockenheit).
    Meistens sterben grade aus dem Myzel heranwachsende Fruchtkörper dann ab, bzw. die Bildung von Fruchtkörpern wird eingestellt.


    Ganz "schnelle" Arten, wie z.B. Tintlinge, könnten dann später, bei geeigneten äußeren Umständen eine Art Nottrieb entwickeln, um noch schnell die versäumte Sporenproduktion nachzuholen.


    Ich halte es aber auch für möglich, z.B. bei "meinen" Pfifferlingen, dass die Fruchtkörperbildung im sehr frühen Stadium unterbrochen wurde, die "Fruchtknoten" aber nicht abgestorben sind, weil die äußeren Bedingungen sie förmlich konserviert haben. Sie stehen quasi in den Startlöchern und warten auf geeignete Umweltbedingungen. Passen die, bevor zu starke Kälte sie endgültig absterben lässt, treiben sie aus.


    Reine Theorie von mir, die ich nicht wissenschaftlich untermauern kann.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Nobi!


    Der Lepista Nuda ist ein Ding! 8|
    Die letzten davon habe ich im November gefunden, die hatten aber schon deutliche Frostschäden. Danach nichts mehr, so daß ich dachte, daß die Art nach den ersten Frösten erstmal nicht mehr in der Lage ist, Fruchtkörper zu produzieren. Denn das gibt es ja auch, siehe Hallimasch. Da geht nach Frost ja gar nichts mehr.


    Allerdings: Das dachte ich ja von Stockschwämmchen auch, wurde hier ebenfalls eines Besseren belehrt:

    Fund vom 30.12.2012


    Insofern lässt sich wohl sagen, daß es auch unter den Saprophyten Pilze gibt, die auf die warme Jahreszeit angewiesen sind, bzw keinen Frost vertragen. Wenn sich das Wetter aber so gestaltet wie in diesem Winter, gibt es eben doch Ausreißer.


    Jetzt muss ich aber noch mal was nachhaken:
    Ich meine mal gelesen zu haben, daß Pilzfruchtkörper sich aus Primordien entwickeln. Das wären quasi Anlagen für Fruchkörper, die unterirdisch (bzw im Substrat) vom Mycel gebildet werden, wenn das Mycel dazu angeregt wird. Ich nehme mal an, anregend wirken bestimmte Verhältnisse / Bedingungen über einen gewissen Zeitraum.


    Generell werden nur aus einem Bruchteil der angelegten Primordien über den Sommer auch Fruchtkörper entwickelt. Je nach Bedingungen und Bedarf. Auch hier regt wieder günstige Witterung / gutes Nahrungsangebot die Ausdifferenzierung von einem Primordium zum fertigen Fruchtkörper an. Dieser Prozess ginge dann auch recht schnell. Theoretisch kann so ein Pilz immer wieder mal neue Fruchtkörper nachschieben, er hat sie ja sozusagen schon "in petto".


    Nur vermute ich ganz stark, daß bei vielen Arten der Frost die Primordien zum Absterben bringt. Folge: Ein kurzfristiges Ausbilden neuer Fruchkörper bei geeigneter Witterung (20 ° an Heiligabend) ist gar nicht mehr möglich. Ansonsten hätte ich nämlich sehr wohl Steinpilze in den letzten Wochen gefunden, denke ich mal.


    Nun stellt sich die Frage, wie lange ein Pilz braucht, um neue Primordien bilden zu können...



    LG, Pablo.



    E.:
    Ralf war schneller. Geht aber gedanklich sehr schön da lang, wo ich auch unterwegs war. ;)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Ralf!


    Die sehen ja sogar noch einigermaßen frisch aus. Müsste man mal fühlen und riechen, die könnten sogar essbar sein.


    Da frage ich mich nun, wie in dem Jahr die Temperaturen im Dezember und Januar waren. Da war doch auch eine ziemlich heftige Frostperiode im Januar? Oder bringe ich da was durcheinander?


    In diesem Herbst (2012) hat es hier im Südwesten ja im November doch etliche deutliche Nacht (und auch Tag-) Fröste hintereinander gehabt.


    Aber wahrscheinlich muss ich Lepista Nuda von meiner Liste der schlimmen Frostbeulen streichen. :D



    LG, Pablo.

  • Hallo!


    Ich denke auch, dass verschiedene Pilze ganz verschiedene Konzepte haben.
    Es gibt Arten, die sind nach dem ersten Frost mit einem Male weg und kommen nicht mehr. Die packen zusammen und sind weg.
    Hier gab ´s den ersten Frost im Oktober, damit war der Großteil der Cortinarien mit einem Male verschwunden.


    Und dann gibt ´s die, die Fröste tolerieren, solange der nicht oft oder in bissiger Weise auftritt. Die in günstigen Witterungslagen noch mal in kleiner Stückzahl nachlegen können.
    Bei denen meine ich, dass die eine einmalige anhaltende Frostperiode besser vertragen als ständiges Auftauen und wieder Einfrieren.


    Und schließlich gibt es die, die sich auf den Winter +- spezialisiert haben mit Frostschutzmittel und solchen Scherzen.


    Die Ansprüche mancher Arten sind wirklich mitunter sehr speziell. Die winzigen Rindenhelmlinge, die ich hier zeigte....
    http://www.pilzforum.eu/board/…t--16669?highlight=supina
    ..... die wollte ich eine Woche später reif ernten. Die waren weg bis auf ein paar Trockenleichen.


    Bei den Bechern, die ich bisher zeigte, sind übrigens keine dabei, die ich nicht auch in den anderen Wintern finde. Also mir begegnete bisher noch nichts, was außergewöhnlich für die Jahreszeit wäre.


    Ich befürchte, dass es sich auch bei dem größten Teil eurer Pilze nicht um Absonderlichkeiten handelt, bloß dieses Klima lädt vielleicht eher ein, einen Waldspaziergang zu machen und fehlender Schnee sorgt für besseres Erkennen.


    VG Ingo W

    ________________________________________________________________
    "Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten"

    145-15 (Teilnahme APR 2023) = 130+3 (10. Platz) = 133+3 (Unbewusst-Phal) = 136+5 (Lupus-Wette-APR-Sieger=ü300) = 141+5 (GnE-Gewinnsteuer-APR23) = 146+7 (Phalplatz 1) = 153-20 (Teilnahme APR 2024) = 133+5 Honorar APR = 138+8 (APR-Treppchenwette 2.Pl.) = 146+4 (APR-Früh-Joker-Bonus 1.Pl.) = 150+15 (Phalprämierung 2. + 5. Pl) = 165


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  • Hallo Pablo,


    die waren zwar groß, aber noch recht frisch. Wir hatten letzten Winter auch recht frühe Fröste und Schnee, dazwischen eine längere, wärmere Phase. Und genau da müssen die gewachsen sein.
    Der Standort war ein recht trockener Südhand, ziemlich frei am Wegrand. Daher sicher von der Sonne auch etwas besser beheizt.


  • Hallo
    Am 31.12.2011 haben wir ganz frische Spechttintlinge gefunden. Die sind normalerweise um dieZeit bei uns schon lange "Tinte"!


    Hallo Uwe!


    Interessanter Fund!
    Wie war denn der Dezember wettertechnisch auf Rügen?


    LG


    Günter

  • Hallo Günter
    Der Dezember war eigentlich zu mild. Feuchtigkeit zum Pilzwachstum war auch vorhanden. Insgesamt gab es im Dezember mehr Pilzwachstum als in einigen anderen Monaten im Jahr.