Hyphoderma occidentale (-> Peniophorella praetermissa)

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 3.322 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von mollisia.

  • Liebe Pilzfreunde,

    ein Fund vom Sonntag letzter Woche machte mich ratlos. - Inzwischen steht meine Bestimmung: Hyphoderma subdefinitum, heute: Hyphoderma occidentale (lt. Index Fungorum)


    Hier die Beschreibung:


    Fundort: liegender, weitgehend vermorschter Laubholzast im Laubwald am Heiligen Meer

    MTB: 3611,243 Funddatum: 02.04.2022

    Fruchtkörper ca. 2x1 cm, weiß bis hellgrau, sehr weich und durchwässert, glatt mit einigen Warzen. Unter der Stereolupe sind die überstehenden Cystiden als Stacheln erkennbar

    Im Querschnitt nur Hymenium und Subhymenium erkennbar, Bild geprägt durch die Gloeocystiden, die über das Hymenium hinausragen.

    Hyphen aus dem Subhymenium dünnwandig, hyalin mit Schnallen

    Gloeocystiden farblos, schlauchartig mit Verengung im unteren Drittel und verjüngendem stumpf endenden apikalen Ende, teilweise geschnäbelt wirkend; vereinzelt auch andere

    Formen: bauchig, gebogen, mit konischem Ende meist aus einer Hyphe mit Schnalle entspringend, einzelne auch zweiseitige Basis, Inhalt SV-, in Kongorot nach einiger Zeit deutlich dickwandig

    53,0x9,3 (8,6/3,1) - 52,2x10,7 (4,1) - 40,9x10,3 (7,9/3,1) - 49,3x10,1 (10,8)

    Basidien keulig mit Einschnürung über dem unteren Drittel, mit Basalschnalle. 4-sporig, (auf einem Bild 4 Sterigmen komplett sichtbar)

    34,1x6,9 - 29,2x7,2 - 29,5x6,7

    Sporen zylindrisch bis suballantoid, teils mit granuliert erscheinendem Inhalt, meist jedoch klar, farblos und hyalin, glatt mit teilweise erkennbarem Hilus; J-, an einigen Stellen "Nester" von Sporen zu finden, die mit anderem Material zu Ballen verklebt sind und in Aufsicht 10-30 Sporen zeigen.

    in Wasser: 7,7x4,4 - 7,3x3,2 - 8,3x3,9

    in Wasser mit Kongorot: 8,2x4,4 - 8,3x4,3 - 8,9x4,9 - 7,7x3,3 - 9,0x4,5 - 10,6x4,8 - 8,0x4,4 - 8,5x4,3 - 8,2x4,2


    Und nun das Ganze in Bildern:


    01. Makroskopisch


    02. Noch größer


    03. Fruchtkörper im Querschnitt


    04. Cystiden in Kongorot 100er Obkektiv


    05. Cystiden in Kongorot 100er Obkektiv


    06. Cystiden in Kongorot 100er Obkektiv


    07. Basidien in Kongorot 100er Obkektiv


    08. Basidien in Kongorot 100er Obkektiv


    09. Sporen in Wasser 100er Objektiv


    10. Sporen in Kongorot 100er Obkektiv


    11. Schnallen in Kongorot 100er Obkektiv


    Die Bestimmungsversuche führten zu Hyphoderma subdefinitum. Laut Index fungorum ist die Art synonymisiert mit Hyphoderma occidentale.



    Mit herzlichen Grüßen aus dem Oberbergischen


    Harald

    3 Mal editiert, zuletzt von haruma () aus folgendem Grund: Ich habe einen Namen für den Pilz

  • haruma

    Hat den Titel des Themas von „Ratlos beim Rindenpilz“ zu „Hyphoderma occidentale“ geändert.
  • Hallo Harald,

    vor ein paar Wochen hatte ich mich in der Hyphoderma roeocremeum Gruppe auch mit H. occidentale (subdefinitum) beschäftigt.

    Was mich an deinem Sporenfoto etwas stört, ist die Sporenform. Im Vergleich mit CoNE und Bernicchia müssten deine Sporen eigentlich etwas schmaler bzw. länglicher sein?

    Ich kenne mich da nicht wirklich aus, war nur so mein erster Eindruck.

    Gruß Armin

  • Hallo Armin,


    wie Du siehst, warte ich dringend auf die Anmerkungen unserer Spezialisten - aber bis eben kam leider gar nichts.

    Daß die Sporen im Vergleich zur Literatur "etwas kurz" geraten sind, sehe ich auch. Aber kennst Du eine Alternative?

    Hyphoderma ist mir auch zum ersten Mal über den Weg gelaufen - aber ich hoffe immer noch, daß sich die Fachleute dazu äußern.


    Vielen Dank und viele Grüße


    Harald

  • Hallo Harald,

    ich kann dir hier nicht viel weiterhelfen. Vielleicht kannst du noch einmal mikroskopieren. Schau dir die Zystiden näher an, Wenn du vereinzelt apikale Inkrustationen siehst, könntest du mit Hyphoderma praetermissum vergleichen. Der sollte dann aber auch Stephanozysten haben, die aber schwierig zu finden und zu sehen sind.

    Gruß Armin

  • Hallo Armin,

    da hab ich ja die Wahl zwischen Pest und Cholera :)

    Du hast völlig Recht: an vielen Cystiden sind im apikalen Bereich Strukturen zu sehen, die auf einen amorphen Belag hindeuten. Auch die "Nester" mit den Sporen wären hierdurch gut erklärt und die Sporenmaße passen deutlich besser.

    Was ich mit dem ersten Satz meinte, ist die Tatsache, daß Hyphoderma praetermissum laut CoNE mit ein bis drei Arten von Cystiden auftreten kann. Was ist dagegen die Abweichung im Sporenmaß? :)

    Ich habe erst mal nur die nicht im Forum veröffentlichten Bilder gesichtet um dir zu antworten. Jetzt knöpfe ich mir das Teil noch mal vor - ich glaube, Ostern ist verplant.


    Viele Grüße


    Harald

  • Hallo Armin,


    nun hab ich alles auf den Kopf gestellt: Ich finde definitiv keine Stephanocystiden; die zylindrischen, kopfigen Leptozystiden, die das Hymenium überragen (mit oder ohne Kristallschopf) sind nirgends zu entdecken und die Goeocystiden überragen definitiv das Hymenium um 25-30%..

    Dagegen steht die nicht erreichte Sporenlänge und die zusammengeballten Sporengruppen. An einigen Gloeocystiden sind an der Spitze Exsudate zu sehen; vielleicht ist das die Ursache für das Zusammenballen.

    Was mich auch noch irritiert: laut Literatur sind die Sporen mit einer granulierten Struktur ausgefüllt (ölige Einschlüsse), die meisten meiner Sporen sind jedoch völlig strukturlos und transparent. In den Nächten von der Exkursion gab es in der Region noch einige Nachtfröste - könnte das die Abweichungen verursacht haben?


    Viele Grüße


    Harald

  • Hallo Harald,


    was du so an Angaben in der Literatur findest, resultiert immer aus Untersuchungen in 3-5 %iger KOH!

    Sporen der Gattung Hyphoderma haben immer eine deutliche innere Struktur, zumindest die meisten Sporen. Es gibt auch keine Hyphoderma mit "nur Gloeozystiden" und deutlich herausragende Gloeozystiden sind auch eher unwahrscheinlich. Schau dir deinen Fund nochmal in KOH an und zeig uns die Bilder.


    LG

    Frank

  • Hallo Frank,


    erst mal frohe Ostern und vielen Dank für die Info mit der KOH.

    Zu den Cystiden muß ich sagen, daß ich für die Form und den leicht strukturierten Inhalt keine andere Bezeichnung gefunden habe. Da die Zellen SV- sind, habe ich auch keinen Beleg, daß die Bezeichnung richtig ist. In CoNE ist leider auch nur die Rede von Cystiden.

    Bei meinen Recherchen konnte ich nur Hyphoderma subdefinitum finden, die nur mit einer Cystidenart ausgestattet ist und bei der die Cystiden deutlich über das Hymenium herausragen.

    Auch die Sporenform und -breite paßten. Was mit der Zeichnung in CoNE nicht überinstimmt ist das pfriemförmige apikale Ende der Cystiden


    Inzwischen habe ich den Fund in KOH 3% überprüft. Anbei die Bilder (alle in KOH 3%):


    01. Querschnitt durch den Fruchtkörper (60er Okular)


    02. Querschnitt durch den Fruchtkörper (60er Okular)



    03. Cystiden mit Exsudattropfen an der Spitze (100er Okular)


    04. Cystiden überragen Hymenium (100er Okular)


    05. Cystide komplett (100er Okular)


    06. Stephanocystiden ? oder Cystiden in Aufsicht?


    07. Spore (100er Okular)


    08. Spore in "Ballen" (100er Okular)



    09. Spore frei (100er Okular)


    Die Struktur in den Sporen ist bei den freien Sporen deutlich zu erkennen, der Sporeninhalt in Bild 8 weicht ab.

    Die Maße sind 9,6x5,3 - 9,5x5,2 - 9,3x4,5

    Die Cystiden waren bei der ersten Probe überwiegend zylindrisch, apikal konisch bis verjüngt mit schmalerem zylindrischem Ende (vergl. Bild 4 des ursprüngllichen Beitrags)

    Bei den weiteren Proben waren die Cystiden überwiegend fusoid, vereinzelt mit Verengung im unteren Drittel. 83,1x12,9 - 71,7x12,4 - 73,8x12,3

    Die meisten Cystiden ragen über das Hymenium heraus, aber weniger als die vorher genannten 25%.


    Hast Du eine Idee, was das sonst sein könnte, wenn das keine Hyphoderma ist?


    Viele Grüße


    Harald

  • Hallo,


    also ich würde hier an Peniophorella praetermissa denken. Diese Variabilität an Zystidenzusammensetzungen narrt einen so oft bei dieser Art! Am häufigsten finde ich aber tatsächliche diese mit lichtbrechendem Öl (?) gefüllten spitz zulaufenden Zystiden, aber vielleicht sind das auch einfach die auffallendsten. Stephanocysten sind wohl am seltensten zu finden, und wenn sie da sind dann vor allem in Holznähe, also im Bereich der Anwachsstelle des Fruchtkörpers.

    Makroskopisch ist die Art erahnbar, weil sie wie Peniophorella pubera eine fast schon gelatinös wirkendes Aussehen hat. So etwa wie Zuckerguss. Hyphodermas sind da fester, trockener.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Andreas,


    danke, deine Info ist schon mal ein Lichtblick!

    Aus der Literatur (FE12) ist für Peniophorella praetermissa nicht zu lesen oder zu erkennen, daß die zugespitzten Cystiden über das Hymenium hinausragen. Kopfige Leptocystiden konnte ich bei bisher 4 Proben nirgends finden. Auch mit Stephanocystiden hatte ich keinen Erfolg, obwohl drei der Proben Schnitte waren und Substrat enthalten war.

    Auch die Angaben zum Sporeninhalt halten sich in der Literatur "sehr in Grenzen" ("gutulate"). Damit hatte ich diese Möglichkeit ausgeschlossen.

    Die Konsistenz des Fruchtkörpers ist sehr weich und instabil (durchwässert) , zusammen mit der obersten Substratschicht.


    Damit hatte Armin doch recht mit seinem Hinweis.


    Frohe Ostern und viele Grüße


    Harald

  • Hallo Harald,


    sicher geklärt erscheint mir der Fund aber noch nicht! Die Sporen sind eigentlich zu klein für praetermissa. Aber eigentlich zu breit für pallida. Außerdem müsste pallida mit Harzkappe verklebte Zystiden haben, die man zwar oft nicht erkennt, aber die etwas gelblich gefärbten Harzkappen als solche dagegen schon. Nur hält man das meist für eine Verunreinigung des Präparats und beachte sie nicht .... Dein Bild 6 könnte solche Harzkappen zeigen, was dann eher für Peniophorella pallida sprechen würde.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Harald und Andreas,


    nach den jetzigen Bildern würde ich den Peniophorella praetemmissa-Komplex favorisieren. Die Sporen passen ganz gut und solche zugespitzten Zystiden kommen immer vor. Sie sind zwar meist eingeschlossen, aber die Variabilität dieses Komplexes ist schon sehr groß. Kopfige Zystiden kommen nicht immer vor und die Stephanocystiden sind schwer zu finden, meist nur basal in Holznähe oder im Holz, wie Andreas schont erwähnte.

    Peniophorella pallida hat schlankere, eher allantoide Sporen und die mit bernsteinfarbenen Harzkäpchen besetzten Zystiden sind sehr klein und tief eingeschlossen. Hyphoderma subdefinitum hat im Gegensatz extrem dünne Fruchtkörper und nur zylindrische Zystiden und längere Sporen.


    LG und schöne Ostern

    Frank

  • Hallo Andreas,


    das Material von Bild 06 habe ich noch eingefärbt unterm Mikroskop; beim Fokusieren zeigen sich alle Kreise als im Querschnitt getroffene Cystiden, die in der Forsetzung als solche zu erkennen sind.

    Was mich jetzt aber irritiert: Bernicchia schreibt: "... mit kopfigen Hyphenenden, die eine unregelmäßig runde, harzige braune Masse sezernieren." und zeichnet diese braunen Ballen in den Bereich zwischen Hymenium und Subhymenium.

    Wenn ich deinen Text richtig verstanden habe, sind die Zystiden mit der Harzkappe verklebt.

    Ich habe zwei Bilder gefunden, bei denen die Zystidenspitzen entweder eine beginnende Harzkappe zeigen oder dort eine Spore hängengeblieben ist.

    Bild 01


    Bild 02


    Beide Bilder hatte ich als hängengebliebene Sporen interpretiert.


    Irgendwelche kopfige Zystiden oder Hyphenenden habe ich in keiner der Proben gefunden.

    Die "Nester" (Bild 10) von Sporen zeigen auch keinerlei gelbbraune Verfärbungen, die erklären würden, daß Gelkappen beim Präparieren frei geworden sind und dann Kleinteile aus dem Präparat verklebt haben.


    Auf geht´s zur Probe 5


    Viele Grüße


    Harald

  • Hallo Frank, hallo Andreas,


    auch die neue Probe hat keine anderen Erkenntnisse gebracht.


    Ich würde mich gerne der Idee von Frank anschließen, denn ich finde auch keine kopfigen Zystiden mit Harzkäppchen.


    Vielen Dank euch beiden und frohe Ostern


    Harald

  • Hallo,

    Was mich jetzt aber irritiert: Bernicchia schreibt: "... mit kopfigen Hyphenenden, die eine unregelmäßig runde, harzige braune Masse sezernieren." und zeichnet diese braunen Ballen in den Bereich zwischen Hymenium und Subhymenium.

    Wenn ich deinen Text richtig verstanden habe, sind die Zystiden mit der Harzkappe verklebt.

    ich meinte mit den mit Harzkappen versehenen Zystiden nicht die spitzen, sondern die kurzen kopfigen. Bernicchia bezeichnet die als kopfige Hpyhenenden - meinetwegen. Ich kann den Unterschied zwischen Zystiden und kopfigen Hyphenenden nicht immer wirklich erkennen. Alles was deutlich anders aussieht als eine Basidie/Basidiole nenne ich halt Zystide .....

    Aber die neuerlichen Bilder und insbesondere die neuen Sporenmaße zeigen schon dass die Sporen einigermaßen passen, auch wenn sie eher am unteren Ende der Länge liegen.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Vielen Dank

    an Armin, Frank und Andreas für die konstruktiven Beiträge und die eigenen Erfahrungen und damit die weitgehende Klärung des Komplexes. Ohne eure Infos, also nur aus der verfügbaren Literatur, hätte ich das Problem nie und nimmer auflösen können.


    Viele Grüße


    Harald

  • MoinMoin!


    Die "subcapitaten Elemente" von Peniophorella praetermissa sehen meiner Ansicht nach nicht aus wie Hyphidien, sondern schon wie Zystiden. Eine (farblose!) Harzkappe darauf ist optional. Die Harzkappen bei Peniophorella pallida sind ja eher so bräunlich, und sitzen gerne auf eindeutigeren Hyphidien (die auch mal kopfig sein können). Oder bilden zimtbraunen "Schmodder" irgendwo im Subhymenium.


    Also... Das Einzige, was ich hier sonderbar finde für Peniohorella praetermissa agg. sind die irgendwie dickwandig wirkenden Sporen ohne Inhalt.
    Ansonsten passt das, aber solche Sporen (Bild 10, Startbeitrag: dickwandig!) kenne ich zB von Hypochnicium - nur kenne ich kaum Arten aus der Gattung, ob da was mit vergleichbaren zystiden und Sporenform vorkommt?



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,


    dann müssten die Sporen aber deutlich cyanophil sein - das dürften sie bei Peniophorella nicht sein. Ferner gbt es kaum glattsporige Hypochnicien, und die allermeisten Arten wenn nicht alle, haben breitelliptische bis rundliche Sporen, jedenfalls nie so leicht nierenförmige.


    beste Grüße,

    Andreas

  • JanMen

    Hat den Titel des Themas von „Hyphoderma occidentale“ zu „Hyphoderma occidentale (-> Peniophorella praetermissa)“ geändert.