Spätherbst und schwindende Pracht

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 436 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Schrumz.

  • Hallo zusammen,

    auf der Ostalb pilzt es noch aber die Hauptsaison geht definitiv dem Ende zu. Vor allem die Phlegmacienpracht schwindet leider rapide.

    1. Der Pilz der gerade noch am häufigsten ganz frisch kommt ist Hygrophorus abieticola, ein schöner oranger Farbtupfer im Herbstwald

    2. Nur vereinzelt ist er in Begleitung eines noch farbenfreudigeren Schnecklings, Hygrophorus capreolarius

    3. Auch Hygrophorus chrysodon kommt noch recht frisch

    Sowie auch die verschiedenen weißen Laubwaldschnecklinge, die ich aber nicht fotografiert habe.

    4. Kommen wir zur schwindenden Pracht. Die Phlegmacien werden alt. Hier eine Gruppe Calonarius odorifer vor einer Woche:

    Und hier von heute:

    Bei dieser Art gab es aber tatsächlich nich frische Fruchtkörper

    Da der Pilz durch den Geruch unverwechselbar ist, habe ich mir heute das erste Mal die KOH Reaktion angeschaut, die auch ziemlich beeindruckend ist

    5. Weiter Arten bei denen die Pracht vergeht sind Calonarius aureofulvus vor einer Woche

    Vs heute:

    6. Calonarius aureopulverulentus vor einer Woche:

    vs heute:

    7. Calonarius pseudoglaucopus

    8. Und Phlegmacium terpsichores

    9. Arten die dagegen noch frisch kamen waren dieser hübsche Calochroi (cf. barbaricus)

    10. Und dieser Calonarius sect. Humolentes (mit dickem cf) anaunianus

    11. Phlegmacium glaucopus auch nochmal mit frischen Fruchtkörpern

    12. Wie auch sein bitterer Laubwaldbruder Phlegmacium olidoamarum


    14. Aber natürlich gibt es nicht nur Cortinarien. Es gibt noch seeeehr viele Trompetenpfifferlinge, die jetzt auch eine Größe haben bei der sich das Sammeln lohnt

    15. Sowie auch ein paar Totentrompeten

    16. Und graue Leistlinge

    17. Und sogar noch ein paar frische Amethystpfifferlinge

    18. Für die Täublinge exemplarisch ein alter Goldtäubling (der hoffentlich dieses Mal der Prüfung durch Werner Edelmann standhält :D)


    19. Und Russula integra ist auch noch mit frischen Fruchtkörpern am Start

    20. Bei Tanne stehen neben vielen Lachsreizkern jetzt oft gewaltige Exemplare von Lactarius intermedius herum

    21. Bei den Amaniten ist nur noch A. junquiella häufig

    22. Während A. pantherina, die sowieso ein schlechtes Jahr hatten, schon durch ist

    23. Tatsächlich ist aber A. phalloides noch mit moderat frischen Fruchtkörpern am Start

    24. Ähnlich giftig aber Nadelholz besiedelnd, gerade sehr häufig, der Gifthäubling

    25. Nicht zu verwechseln mit dem Stockschwämmchen

    26. Wieder giftig aber an totem Laubholz zu finden, Pluteus salicinus, der auch mal vorschriftsmäßig geblaut hat

    27. Nicht giftig, an oft vergrabenem Holz, Pholiota lenta

    28. Leicht giftig aber katastrophal riechend ist der Schwefelritterling

    29. Allgemein gibts bei mir außer Erd- und Tigerritterlingen wenige Ritterlinge, der hier ist mir noch aufgefallen, bei Fichte und Tanne

    Mit Gelbschimmer im Fleisch, blieb unbestimmt.

    30. Und dann gabs noch letzte Öhrlinge

    31. Und Kuhmäuler

    Aktuell kommen durchaus noch Pilze frisch und es gab noch keinen Frost, also kann man eventuell noch 1-2 Wochen mit Nachzüglern rechnen. Jetzt ist übrigens die Zeit um Trompetenpfifferlinge zu sammeln, die sind jetzt schön groß aber noch komplett frisch und stehen absolut überall. Das war wieder mal ein zu langer Bericht, Respekt für die, die durchgehalten haben.

    Viele Grüße

    Edit: Die habe ich bei den Phlegmacien vergessen, aber da die Bilder schon hochgeladen sind:

    Phlegmacium varium

    Und Phlegmacium sect. Aureochristophili

  • Hallo Schrumz,

    jetzt muß ich ja mal ganz blöd fragen, aber was bitte ist ein Calonarius? Sowas wie ein Cortinarius? Ich hätte die gezeigten Pilze schon unter den Cortinarien vermutet. Der Name steht in keinem meiner Pilzbücher, auch nicht in den FotE. Gut, die sind auch schon von 2019, aber eine ganz neue Gattung...?!? :gkopfkratz: Warum habe ich davon sonst noch nirgends gelesen? Hab ich nicht richtig aufgepaßt? Ist das eher Spezialistenwissen?

    Mich hat es jetzt jedenfalls verwirrt.

    Ich war immer davon ausgegangen, daß die Cortinarien zwar in Sektionen wie Phlegmacien, Telamonien, Dermocyben etc. aufgeteilt sind, aber trotzdem alle mit "Vornamen" (Gattungsnamen) als Cortinarius xyz bezeichnet werden. Die Sektion Calonarius , und daß man den Sektionsnamen als Gattungsnamen nimmt, muß neu sein? Bitte erhelle mich!

    Pilzige Grüße,

    Grüni/Kagi  ==12


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  • Hi,

    in diesem Paper von 2022

    Taming the beast: a revised classification of Cortinariaceae based on genomic data - Fungal Diversity
    Family Cortinariaceae currently includes only one genus, Cortinarius, which is the largest Agaricales genus, with thousands of species worldwide. The species…
    link.springer.com

    wurde die Gattung Cortinarius aufgespalten. In der neuen Gattung Calonarius sind hauptsächlich die Klumpfüße aus der ehemaligen Sektion Calochroi. Ebenfalls relevant ist die neue Gattung Phlegmacium in der die meisten der restlichen Phlegmacien untergebracht sind, sowie die Gattung Thaxterogaster. Dann gibts noch ein paar Kleingattungen, z.B. auch Cystinarius. Der Großteil der Cortinarien (Leprocybe, Dermocybe, Telamonia und Cortinarius im engsten Sinn steht weiterhin bei Cortinarius. Diese Aufteilung ist zwar genetisch gestützt aber nicht ganz unumstritten, laut diesem Paper sollte sie (noch) nicht erfolgen

    https://www.researchgate.net/publication/380993045_The_genus_Cortinarius_should_not_yet_be_split

    Ich benutze Calonarius und Phlegmacium, da diese für die gezeigten Arten sinnvoll erscheinen und z.B. auf iNaturalist und anderen Seiten auch verwendet werden und weil ich außerdem glaube, dass definitiv in Zukunft ein Split stattfinden wird und diese Gattungen wohl benutzt werden werden. Thaxterogaster dagegen benutze ich nicht, da dort die Phylogenie wacklig ist und außerdem der Gattungsname damals für gastroide Arten verwendet wurde; wogegen Phlegmacium und Calonarius (Calochroi) schon als Sektionen/Subgenera verwendet wurden und schon eher in der Mykollogensprache verankert sind. Außerdem scheint mindestens Calonarius phylogenetisch solide; Phlegmacium zu großen Teilen auch. Das kann man auch anders machen und da ist sicher das letzte Wort noch nicht gesprochen. Zum Beispiel sagen viele zu einigen Arten, die aktuell bei Phlegmacium stehen noch "Fulvi" (die Gruppe um P. percome zum Beispiel), die sollen aber mit der ebenfalls als Fulvi bezeichneten Gruppe um Calonarius splendens und C. elegantior tatsächlich gar nicht so nah verwandt sein. Schauen wir mal was die Zukunft bringt.

    Viele Grüße

  • Danke dir für deine ausführliche Antwort! ==Pilz24

    Ich kann nicht wirklich sagen, daß ich nun viel weniger verwirrt bin, oder das Kladogramm vollständig durchblicke, aber wenigstens verstehe ich es nun, wenn von Calonarien die Rede ist, und warum du die Sektionsnamen teilweise als Gattungsnamen statt "Cortinarius" voranstellst. Bei dir habe ich es halt zum ersten Mal gelesen.

    Diese neue Aufteilung und somit Umbenennung ist wohl momentan eher was für die wissenschaftlichen, professionellen Mykologen, nicht für Laien wie mich, die gerade mal so anfangen, das bestehende Gattungsgerüst halbwegs zu durchblicken.

    Wobei, ich weiß, "Panta rhei", alles fließt, und das natürlich auch bzw gerade in der Wissenschaft. Es gibt kein ewig bestehendes Gerüst.

    Ich warte dann mal, bis die Neuerungen, die sich als etwas langlebiger herausstellen, unten bei mir durchgesickert kommen...um dann wieder von den nächsten Erkenntnissen überholt zu werden...

    Der Titel "taming the beast" trifft es jedenfalls sehr gut! ==19

    Pilzige Grüße,

    Grüni/Kagi  ==12


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    2 Mal editiert, zuletzt von Grüni/Kagi ()

  • Ja, die Studie hatte ich ja oben auch verlinkt. Manche Mykologen akzeptieren die Aufspaltung, einige nicht. Ich erkläre oben warum ich persönlich Calonarius und Phlegmacium verwende, Thaxterogaster aber zum Beispiel nicht. In Amerika wird die Aufspaltung zum Beispiel noch akzeptiert, Index Fungorum hält auch noch an ihr fest. Die revidierende Studie hält übrigens die Aufspaltung auch nicht grundsätzlich für falsch, zweifelt aber an einigen phylogenetischen Schlüssen und fordert vor Aufspaltung mehr Klarheit. Gerade Calonarius scheint aber solide, Phlegmacium grundsätzlich mit Ausnahmen auch. Ich erwarte da in nicht allzu ferner Zukunft Klärung (und könnte mir vorstellen dass gerade die Zwei dann auch weitreichend akzeptiert werden). Phlegmacium zum Beispiel gab es ja auch schon früher und ein paar Namen die man heute gebraucht können auch phylogenetisch nicht 100% gehalten werden (Die Rauköpfe, Leprocype, sind da ein Beispiel).

    Viele Grüße