Phlegmatie mit gelben Lamellen und auffälliger KOH-Reaktion - Cortinarius aurilicis?

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 256 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Mykollege_Günter.

  • Hallo,


    gestern besuchte ich die Landespilzausstellung der Thüringer Arbeitsgemeinschaft für Mykologie in Ilmenau und habe einige dort ausgelegte bzw. zurückgehaltene Phlegmatien näher angeschaut. Eine davon möchte ich hier gern vorstellen:


    Fundort war ein wärmebegünstiger, trockener Südhang auf Muschelkalk unter Eichen/Buchen (Schönberg, südlich von Jena). Der ganze Fruchkörper ist gelblich gefärbt mit ganz leicht grüner Nuance, Hutmitte dunkler und bräunlich). Die Lamellen sieht man auch noch im Alter an, dass sie mal gelblich waren. Die Knolle ist rundlich und nur schwach ausgeprägt. Das Fleisch ist hell grüngelb, im Bereich der Stielrinde auffällig dunkler (grünlicher) gefärbt. Geruch ist eher unauffällig, leicht malzig (wobei die Gerüche bei älteren Exemplaren, die schon eine Nacht in Alufolie gewickelt herumlagen, eher mit Vorsicht zu genießen sind).

    Auffällig die KOH-Reaktion: Auf Hut schwach grünlich, auf Basismycel ebenso. Im Fleisch sofort rosa und nach wenigen Minuten intensiv weinrot.

    Sporen 11,66 x 6,86; Q = 1,70, grob warzig.


    Insgesamt erinnert mich der Fruchtkörper sehr an einen eigenen Fund vom letzten Jahr, den ich als Cortinarius aurilicis zur Diskussion gestellt hatte. Diesen Fund hier würde ich ebenso nennen. Ist meine Bestimmung schlüssig?


    Cortinarius Mykollege_Günter Geht ihr da mit? Bitte beachtet unten noch ein P.S.














    P.S.: Die Art ist nicht so leicht zu schlüsseln. In der FN kommt man nur hin, wenn man über "KOH in bulb flesh negative" geht, und in der Beschreibung wird die KOH-Reaktion nicht erwähnt; de facto ist die Art hier also nicht schlüsselbar. Ludwig nennt die Art immerhin "Rotreagierender Steineichen-Klumpfuß" und erwähnt zumindest eine "wundrote Reaktion mit KOH 3% im Stielfleisch". In der Flora Agaricina Neerlandica vol. 8 wird die Art nicht erwähnt. In Großpilze BaWü ist die Art ebenfalls nicht enthalten (und damit schlüsselbar), wird aber in der Beschreibung von C.nanceiensis zumindest erwähnt. Im Kibby kann man sich nur zum "Key" schlüsseln und muss dann blättern; allerdings kommt man dann wegen der expliziten Darstellung der KOH-Reaktion im Fleisch zu einem Ziel.


    Daher die Frage an die Experten: Woran kann ich mich hier halten? Wie verhält man sich überhaupt, wenn man auf derartige Inkonstistenzen in der Literatur stößt?


    Laut Literatur scheint die Art ja eher in wärmebegünstigten Eichenwäldern Südeuropas vorzukommen. Nun gibt es aber bereits zwei Funde in der Region um Jena, weswegen ich davon ausgehe dass die Art hier gar nicht selten vorkommen kann. Da in den Gebiete um Jena in den vergangenen Jahrzehnten verhältnismäßig intensiv kartografiert wurde (gerade was die Cortinarien anbetrifft), muss ich davon ausgehen dass die Art jetzt häufiger geworden ist. Könnt ihr das aus Euren Beobachtungen heraus bestätigen? Oder wurde die Art früher mit anderen Arten zusammengewürfelt?

  • Hallo Thomas

    aurilicis würde früher als Varietät bulbopodium von C.nanceiensis geführt und dabei sicher bei der Kartierung mit C.nanceiensis vermischt.

    Ich finde C.nanceiensis im Nadelwald auch manchmal mit angedeuteter Knolle.

    Aber ebenso auch bei Buche im reinen Laubwald, auch die nenne ich nanceiensis.


    Dann gibt es wohl noch C.bulbopodius der laut FN bei Hainbuchen und Linde wachsen soll, den kenne ich gar nicht.


    C.aurilicis kenne ich aus Kroatien und Italien bei diversen mediterranen Eichen auf Kalk. Der kann dort richtig häufig sein


    In wie weit diese Arten gut trennbar sind kann ich nicht wirklich beurteilen. Ohne die Bäume und das Biotop zu kennen könnte ich die Arten sicher nicht auseinanderhalten

    Vielleicht hat Mykollege_Günter da einen Artikel an der Hand, mit einem genetische Baum der Gruppe, dann könnte man die Arten besser beurteilen.

    Generell beobachte ich aber schon, dass gewissen eher südliche Arten bei uns häufiger werden.

    Z.B. kommen bei mir mittlerweile die Kaiserlinge jedes Jahr , vor 10 Jahren war immer ein paar Jahre Pause zwischen der Fruktifikation

    LG

    Uwe

  • Hallo,

    Nanceiensis und russeoides/mussivus hatten bei mir beide definitiv Knollen, die sogar bei einem Fruchtkörper fast gerandet aussahen. Denke da könnte Verwirrung aufgekommen sein, gerade mussivus hielt ich initiell auch für einen Klumpfuß.

    Viele Grüße

  • Hallo,


    ich danke Euch für Eure Kommentare, das hilft mir die Sachlage besser einschätzen zu können

    Hallo Thomas

    aurilicis würde früher als Varietät bulbopodium von C.nanceiensis geführt und dabei sicher bei der Kartierung mit C.nanceiensis vermischt.

    Ich finde C.nanceiensis im Nadelwald auch manchmal mit angedeuteter Knolle.

    Aber ebenso auch bei Buche im reinen Laubwald, auch die nenne ich nanceiensis.

    [..]

    Ich frage nochmal nach: welchen Name würdest Du meinem obigen Fund geben? C.nanceiensis? C. aurilicis?

    Den Fund vom letzten und diesen Jahr werde ich zur Sequenzierung geben.

  • Ich halte den Namen C. aurilicis für gerechtfertigt. Die eher blassen Fruchtkörper ohne viel gelb/grüne Töne, die KOH-Reaktion sowie der fehlende Bananen-Geruch deuten darauf hin. Ich habe die Art letztes Jahr am Schönberg südlich Freiburg unter Eichen gefunden und es gibt weitere Nachweise in Deutschland aus der Eifel, dem Huy und dem Saale-Unstruth-Gebiet, alle unter Eiche/Buche oder Eiche/Hainbuche. Ansonsten ist das eine südliche Art, die bei uns nur Vorposten an wärmebegünstigten Standorten hat.

    Die Schwesterart C. stjernegaardii (= C. nanceiensis var. bulbopodius, CFP: D14) hat mehr Grüntöne, den typischen Bananenschalengeruch wie nanceiensis und ist wohl ein Linden/Hasel-Symbiont mit fast ausschließlichem Vorkommen in Norwegen und Schweden. Ich hatte 2012 das Glück, den einzigen (mir bekannten) Stabndort in Mitteleuropa am Kaiserstuhl in einem Winterlinden/Haiinbuchen-Bestand zu entdecken.

    Günter

  • Ich halte den Namen C. aurilicis für gerechtfertigt. Die eher blassen Fruchtkörper ohne viel gelb/grüne Töne, die KOH-Reaktion sowie der fehlende Bananen-Geruch deuten darauf hin. Ich habe die Art letztes Jahr am Schönberg südlich Freiburg unter Eichen gefunden und es gibt weitere Nachweise in Deutschland aus der Eifel, dem Huy und dem Saale-Unstruth-Gebiet, alle unter Eiche/Buche oder Eiche/Hainbuche. Ansonsten ist das eine südliche Art, die bei uns nur Vorposten an wärmebegünstigten Standorten hat.

    Die Schwesterart C. stjernegaardii (= C. nanceiensis var. bulbopodius, CFP: D14) hat mehr Grüntöne, den typischen Bananenschalengeruch wie nanceiensis und ist wohl ein Linden/Hasel-Symbiont mit fast ausschließlichem Vorkommen in Norwegen und Schweden. Ich hatte 2012 das Glück, den einzigen (mir bekannten) Stabndort in Mitteleuropa am Kaiserstuhl in einem Winterlinden/Haiinbuchen-Bestand zu entdecken.

    Hallo Günther, danke Dir für Deine Bestätigung. Das der Fundort Luftlinie keine 8 km von der Saale entfernt ist, passt damit gut ins Bild. Wie ich schon schrieb möchte ich den Fund gern sequenzieren lassen um Klarheit zu erlangen. Die Art wird mir hier sicher noch oft begegnen, und ich würde sie künftig gern auf Basis gesicherter Informationen ansprechen können.