Unklarer Rindenhelmling (Mycena-Experten gefragt)

Es gibt 20 Antworten in diesem Thema, welches 5.767 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von JanMen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,


    diesen Rindenhelmling fanden wir auf einer regnerischen Exkursion am Samstag am Moos eines stehenden Laubbaumes im Grugapark in Essen. Ich brauche Hilfe, denn von den möglichen Kandidaten passt bei den Igel-Zystiden und der Sporengröße (bei 4-sporigen Basidien!) keiner so recht.


    Makroskopisch passt die Hutfarbe und -zeichnung perfekt zu Aronsens Mycena hiemalis (The Genus Mycena), aber da passen sowohl Stielfarbe als auch die Mikros nicht. Ebenfalls ganz gut gefällt mir eigentlich Mycena supina, vor allem weil die Stacheln der Zystiden mir sehr kurz erscheinen, aber da passt die Sporengröße eben nicht (laut Literatur nur 7-9 x 6,5-9 µm. Besser zu der Tatsache, dass es sich um viersporige Basidien handelt (zur Erklärung: Zweisporige Kollektionen haben größere Sporen), passen von der Sporengröße her Mycena meliigena und Mycena pseudocorticola, die ich aber beide kenne und die beide farblich nicht hinhauen. Auch sind mir die Zystiden zu sackartig, vor allem für M. meliigena. Was nun? Ich brauche Hilfe! :) Ich tippe mal am ehesten anhand der gesammelten Merkmale auf Mycena pseudocorticola in ungewöhnlicher Farbausprägung.


    Makroskopisch





    Sporen




    Basidien



    Zystiden





    Kaulozystiden



    Huthaut



    Vielleicht hat ja jemand eine zündende Idee. In jedem Fall: Danke!


    LG, Jan-Arne

                                                                               
    Im Forum gibt es keine Verzehrfreigaben, nur Hilfestellungen zu eigenständigen Vergleichen!


    Ich habe eine kleine Homepage gebastelt, auf der ich Tiere und Pilze in Kurzportraits zeige.

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    schwierig. Ich sage mal nix weiter dazu; aus Mangel an Erfahrung bei Mycenas im Winter. Aber eine Frage habe ich doch noch. Mit tintinnabulum hast du auch verglichen?


    l.g.

    Stefan

    • Offizieller Beitrag

    Hi Stefan,


    danke für deine Idee. Der passt leider mikroskopisch gar nicht und makroskopisch nicht ganz. Meine Pilze waren sehr klein (Die Größe ergänze ich gleich mal oben - gute Idee!), wuchsen nicht büschelig. Den Winterhelmling kenne ich im Ganzen dunkler und von der Hutzeichnung weniger gerieft. Der hat kleine ellipsoide Sporen und keine Igel-Zystiden.


    LG, Jan-Arne

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    na ja Idee. Ich hab leider gerade nicht die Mycena-Monographie da, sonst hätte ich das gleich abgeglichen.


    Aber schreib doch dem Jürgen Miersch an und verlinke deine Anfrage oder aber Dr. Karl-Heinz Rexer von der Uni Marburg. Beides sind ja ausgewiesene Mycena-Experten. Bei letzterem liebe Grüße von mir, da weiß er gleich bescheid. Ich war bei ihm zum letzten Fachberaterkurs. Falls du Jürgen schreibst, dann natürlich auch liebe Grüße von mir. :) Ich glaube hier im Forum wird dir außer Tricholomopsis-Christoph, Mreul oder Pablo niemand groß weiter helfen können.


    l.g.

    Stefan

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    wenn einer von den dreien die Lösung weiß, reicht das doch vollkommen aus. :)

    Und stimmt. Eine Mail an einen Gattungsexperten ist sicher eine gute Alternative, falls auch hier die zündende Idee hilft.


    LG, Jan-Arne

    • Offizieller Beitrag

    MoinMoin!


    Ich hätte die wohl einfach als meliigena bestimmt.

    Der wird schon hin und wieder etwas rotbraun, im Alter sogar mal graubraun, also die hübschen Purpurtöne blassen dann etwas aus.
    Die mikroskopischen Unterschiede zwischen pseudocorticola und meliigena sind vielleicht nicht so konstant? Ich habe beide allerdingsselten mikroskopiert, aber bei richtig schön satt roten meliigenas hatte ich die Zystiden auch schon so:


    Wenn pseudocorticola auch so gefärbt sein könnte, dann bliebe nur noch eine sehr vage Tendenz in der Zystidenform als Trennmerkmal - dann wäre für mich persönlich die Trennung eigentlich gar nicht mehr nachvollziehbar.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Pablo,


    danke für deine Antwort. Genus Mycena sagt: " [...] but with age they both turn more brownish and can be hard to identify macroscopically and also microscopically." Schlankere und längere Kaulozystiden bei M. meliigena werden genannt. Die Mikro-Bilder beider Arten unterscheiden sich aber dann in Bezug auf die Länge der Auswüchse der Zystiden. Die kann man bei mir leider nicht gut erkennen, aber die sind schon schmaler und kürzer als auf deinen Bildern. Das würde im Vergleich dann eher zu Mycena pseudocorticola passen. Wenn die Kollektion durch ihr Alter nicht mehr (so leicht) bestimmbar ist, ich aber nicht völlig in der falschen Ecke unterwegs war, ist das für mich aber schon einmal eine erfreuliche Erkenntnis. :thumbup:


    LG, Jan-Arne


    Edit: Also, in Kongorot waren die Zystiden rot... Nee... Gut, dass du es erwähnst, denn tatsächlich meinte ich unter der Stereolupe einen deutlichen Rosaschimmer in den Lamellen zu sehen. Ich schau vielleicht noch einmal die Zystiden in Wasser an und hoffe, dass dies eventuell Klarheit verschafft. :thumbup:

    • Offizieller Beitrag

    Hi.


    Ja, die Länge der Auswüchse...
    Das kann schon noch ein Hinweis sein. Bei Mycena pseudocorticola hatte ich die dann so:


    Das ist tatsächlich deutlich länger als bei meliigena, aber auch irgendwie länger als bei deinem Fund, oder?



    LG; Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Edit: Also, in Kongorot waren die Zystiden rot...

    :grofl::grofl::grofl::grofl:

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen,

    genau. Deutlich länger als bei meinem Fund. Da sehe ich die kürzesten Auswüchse. Dann ist das als Merkmal auch hinüber, weil es auf jeden Fall deutliche Überschneidungen gibt. M. pseudocorticola sollte ja nach Bildern tendenziell kürzere Auswüchse haben.


    LG, Jan-Arne

    • Offizieller Beitrag

    Salut!


    Oh ja, der Schlüssel ist auch wichtig! :thumbup:

    Hatte ich bei den ersten Funden auch mit gearbeitet, und gernots Beobachtungen sind da ja anscheinend ähnlich, daß die Mikromerkmale tendenziell nicht so konstant sind.

    Ich farge mich, ob das mit den Auswüchsen der Zystiden nicht auch abhängig sein könnte vom Reifegrad der Fruchtkörper. Da müsste man aber selbst noch deutlich mehr Kollektionen angeschaut haben, als ich.



    LG; Pablo.

  • Hallo Jan-Arne,


    was anderes als pseudocorticola oder meliigena kann das nicht sein.

    Vom Gesamteindruck her und auch, weil Du Lilatöne an den Lamellen erwähnst, wäre ich hier ebenfalls bei meliigena.


    Wie schon erwähnt, die Länge der Auswüchse der Cheilos ist kein zuverlässiges Merkmal. Die sind ziemlich variabel, sicherlich auch altersbedingt und zusätzlich neigen viele Mycenas dazu, am Übergang von der Lamellenschneide zum Hutrand längere Auswüchse zu haben als in der Mitte der Lamelle. Besonders extrem ausgeprägt z.B. bei silvae-nigrae, da meint man zwei Arten vor sich zu haben, aber das nur nebenbei.


    Das einzige recht zuverlässige Mikromerkmal zur Unterscheidung meliigena - pseudocorticola sind die Kaulozystiden. Dein Foto zeigt allerdings ausgerechnet eine, die eher für pseudocorticola typisch wäre. Man müsste hier schauen, wie die Mehrzahl der Kaulos aussieht, einzelne können da durchaus abweichen.

    Die von meliigena sind viel langgestreckter, sehen typischerweise so aus:





    Wenn solche Kaulos vorhanden sind, dann ist es endgültig eindeutig, wenn nur solche knubbeligen, kurzen, wie auf Deinem Foto zu sehen sind existieren, dann müsste es pseudocorticola sein, wobei dann aber Lilatöne seltsam wären.


    Solche Rindenhelmlinge ohne typische Farbausprägung können ziemlich verzwickt sein, wie man hier ja schön sieht. :)


    Viele Grüße,

    Matthias


    PS: Dein Foto der Huthaut zeigt Zellen unterhalb der eigentlichen Deckschicht, die HDS selbst besteht aus Zellen mit starken igeligen Auswüchsen, ist aber für die Bestimmung nicht entscheidend, da das bei beiden Arten so ist.

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Karl-Heinz,


    danke für den Link. Den sehr guten Artikel kannte ich bisher nicht.


    Hallo Matthias,


    danke für den hilfreichen Input. Schön, dass du den Thread entdeckt hast. :)


    Ich habe noch einmal Kaulos geprüft. Hier das Ergebnis. Die allermeisten Kaulozystiden waren sehr kurz, ein paar länglich. So lang wie bei dir dargestellt waren keine. Spräche wieder für M. pseudocorticola, oder? Ich habe mich nun aber entschieden, den Fund unbestimmt zu lassen. Bei untypischer Ausprägung mache ich das auch ohne schlechtes Gewissen.


    Danke auch für den Hinweis zu den Zellen unter der Deckschicht. :thumbup:









    LG, Jan-Arne

  • Hi,


    jetzt hätte ich keine Bedenken mehr gegen pseudocorticola, nach den Kaulozystiden kann das keine meliigena sein.

    Was Du an lila Farbtönen gesehen hast, kann ich nicht beurteilen, aber wenn es meliigena wäre, gäbe es keine mikroskopische Unterscheidungsmöglichkeit mehr.


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

    • Offizieller Beitrag

    Salut.


    Ui, bei mir auf dem Monitor kommen die echt rotbraun raus.


    Das Blöde ist jetzt: Unterscheidet man nun nach den Kaulozystiden, sind die Pigmente für die Bestimmung dann wertlos...?



    LG, Pablo.

  • Servus Pablo,


    das ist jetzt ein bisschen das Dilemma, von hier aus wäre ich rein optisch auch eher bei meliigena gewesen, allerdings bleibt dann wie oben gesagt kein Mikromerkmal mehr zur Unterscheidung. Meliigena kenne ich mikroskopisch eben nur mit hauptsächlich Zystiden wie denen, die ich oben gezeigt habe und das ist auch laut der Seite von Aronsen das einzige verwertbare Mikromerkmal.

    Nach den Fotos würde ich pseudocorticola makroskopisch nicht ausschließen wollen, daher würde ich hier den Kaulozystiden mehr Gewicht einräumen als der ohnehin im Alter variablen Farbe. Natürlich bleibt die Restunsicherheit, ich hab den Pilz ja nicht selbst live und frisch gesehen, dann wäre das vielleicht klarer.

    Ich fürchte das wirklich sicher aufzuklären ginge dann nur noch per Sequenz.


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Matthias!


    Das ist für mich auch irgendwie eine verpasste Gelegenheit. Bei so vielen Kollektionen mit (potentiell) beiden Arten in diesem Jahr, hätte ich lcoker mal einige durchmikroskopieren können. Ob das eben konstant ist (Kaulos - Farbe) oder ob es "Ausrutscher" gibt.

    Im Alter gleichen die sich ein wenig an, weil sowohl pseudocorticola als auch meliigenaa ihr Pigment verlieren und mehr oder weniger graubraun werden.

    Klar, daß es dann verzwickt wird.

    Vielleicht finde ich ja noch ein paar, dann kann ich mal mehr auf die Kaulos achten.



    LG; Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,


    abschließend noch einmal lieben Dank für die Unterstützung. Der Input war sehr hilfreich und ich durchschaue die Rindenhelmlinge nun ein wenig mehr - zumal ich mir beide "Bunten" bisher nur recht oberflächlich mikroskopisch angesehen hatte.


    LG, Jan-Arne

                                                                               
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    Ich habe eine kleine Homepage gebastelt, auf der ich Tiere und Pilze in Kurzportraits zeige.