Sistotrema confluens = Kreiselförmiger Schütterzahn

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    Sistotrema confluens Pers.
    Kreiselförmiger Schütterzahn


    Synonyme:
    - Hydnum sublamellosum Bull.
    - Sistotrema sublamellosum (Bull.) Quel.
    - Hydnotrema confluens (Pers.) Link
    - Irpex confluens (Pers.) P. Kumm.


    Familie: Hydnaceae
    Ordnung: Cantharellales
    Klasse: Agaricomycetes



    makroskopische Eigenschaften: Fruchtkörper eher klein und schmächtig (Hütchen so um die 1-5 cm); weißlich, aber in allen Teilen bald ockergelblich bis bräunlich verfärbend / fleckend; normalerweise gestielt oder kreiselförmig, wo sich Hölzer oder ähnliche Strukturen zum rumklettern finden auch effus-reflex; Stielchen meistens relativ dünn, manchmal recht kurz (<1cm bis 2,5 cm) mit glatter, mehlig wirkender Oberfläche; Hütchen unregelmäßig geformt, oft zusammenwachsend; von der Mitte her bräunend und dadurch undeutlich zoniert; Hutoberfläche anfangs feinfilzig, bald verkahlend und nur noch am Rand fein wollig-flaumig, völlig ohne radiär anliegende oder abstehende Haare, Fasern oder Fransen; Hymenophor anfangs netzig –“ porig, bald mit geschlitzten Porenwänden und dann labyrinthisch bis plattig –“ stachelig / irpicoid; Hymenophor am Stiel herablaufend; Fleisch weißlich, frisch recht weich und brüchig, getrocknet hart und bröckelig; mit komischem Geruch, der möglicherweise je nach Alter zwischen süßlich –“ vanilleartig und unangenehm süßlich –“ modrig schwankt, aber auch ziemlich undeutlich ausgeprägt sein kann.


    mikroskopische Eigenschaften: Hyphenstruktur monomitisch, Hyphen in der Regel dünnwandig, oft mit Öltröpfchen, Septen mit Schnallen, an den Septen bisweilen ampullenförmig angeschwollen; Basidien unreif blasig, reif urnenförmig mit 4-8 Sterigmen; Zystiden fehlen, aber an den Röhrenmündungen / Zähnchenspitzen mit zylindrischen Hyphidien; Sporen glatt, dünnwandig, inamyloid, schlank elliptisch bis subzylindrisch, oft leicht gekrümmt (suballantoid); 4,5-6 x 2-2,5 µm (nach –žCorticiaceae of North Europe–œ & –žCorticiaceae s.l. / Fungi Europaei–œ)


    Vorkommen: Die Art dürfte in Mitteleuropa / Deutschland insgesamt eher selten sein und nur gebietsweise verbreitet. Jedenfalls sollte man davon ausgehen, daß ein so auffälliger und auch makroskopisch gut bestimmbarer Pilz nicht unbedingt unterkartiert ist. Die Verbreitungskarte bei >Pilze Deutschland< lässt für Nord- und Ostdeutschland gebietsweise eine dichtere Verbreitung vermuten.
    Die Fruchtkörper des Schütterzahns werden meist auf dem Boden gebildet, überwachsen (und umwachsen) dort auch Detritus wie Laub, Nadeln, Zweige, Moose etc. Funde direkt an Holz dürften Zufall sein, die hölzernen Strukturen dienen dem Pilz möglicherweise als praktischer Standort für die Fruchtkörper. Nach –žCorticiaceae s.l. / Fungi Europaei–œ vermutet man mittlerweile bei einigen Sistotrema –“ Arten, daß sie auch Mykorrhiza –“ Verbindungen eingehen können.
    Die beiden hier gezeigten Kollektionen befanden sich beide auf lockeren, sandigen Böden an etwas feuchteren Standorten (hoher Grundwasserstand, sogar Staunässe); einmal in einem stark bodensauren, sehr nährstoffarmen Flechten –“ Kiefernwald direkt auf dem Boden in der Nadelstreu zwischen Moosen und abgefallenen Zweiglein; einmal in einem Bestand aus Pappel, Birken und Weiden (umgeben von Kiefernwald) direkt neben und an einem liegenden, stark durchmorschten Laubholzstamm auf teils mineralischem (kaum saurem) Flugsandboden mit niedrigem Stickstoffgehalt.



    Bilder (zum Vergrößern anklicken)
    Fund bei Speyer:


    Fund bei Dresden:




    Verwechslungen: Wenn die Fruchtkörper einigermaßen gut und typisch entwickelt sind, sollte sich diese Art ohne größere Probleme auch makroskopisch ansprechen lassen. Die meisten Verwechslungsmöglichkeiten (siehe unten) unterscheiden sich entweder durch die Größe und Dicke der Fruchtkörper, aber auch durch andere Konsistenz (fester, zähelastisch), durch die Strukturen der Hutoberflächen, durch die Form des Hymenophors (zB bei Bankera, Phellodon und Hydnum deutlich stachelig) oder auch durch die Wuchsweise (ungestielt, ausschließlich effus-reflex und immer direkt an Holz zB bei Steccherinum / Irpex, Spongipellis, Trametes cervina).
    Mikroskopisch wird es dann sehr schnell sehr eindeutig bei makroskopisch dubiosen Kollektionen: Von den genannten Verwechslungsmöglichkeiten wäre Hydnum (albidum) zB der einzige, der mehr als 4 Sporen an einer Basidie bildet. Dafür sehen dort zB die Basidien selbst ganz anders aus (nicht urnenförmig). Und alle anderen in Europa heimischen Arten der Gattung Sistotrema sehen schon makroskopisch total anders aus.


    Links zu verwandten und ähnlichen Arten im Archiv:
    >Abortiporus biennis = Rötender Saftwirrling<
    >Abortiporus fractipes = Bruchwald –“ Saftporling<
    >Phellodon confluens = Verwachsener Duftstacheling<
    >Bankera fuligineoalba = Schmutziger Weißsporstacheling<
    >Hydnum albidum = Weißer Semmelstoppelpilz<
    >Steccherinum oreophilum = Berg –“ Resupinatstacheling<
    >Irpex lacteus = Milchweißer Eggenpilz<
    >Spongipellis pachyodon = Breitstacheliger Schwammporling<
    >Schizopora paradoxa = Veränderlicher Spaltporling<
    >Trametes cervina = Hirschbraune Tramete<

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Pablo,


    sehr schönes Portrait einer wunderbaren und interessanten Art. Nur noch eine Ergänzung zum Geruch. Für mein Empfinden haben meine Funde immer einen Geruch gehabt, der Toluol, bzw. Xylol sehr ähnlich war. Ich vergleiche den Geruch immer gern mit den Bastelleimen aus der DDR. ;)


    l.g.
    Stefan

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Stefan!


    Ja, diese Definition hat was. Ich finde den Geurhc selbst irgendwie ganz schwer zu fassen und zu begreifen. Wenn man sich so die Beschreibungen in der Literatur anguckt, bin ich damit immerhin wohl nicht der einzige.



    LG, Pablo.

  • Hallo!


    Wir hatten das irgendwo schon mal diskutiert, aber ich klemme hier meine Empfindung trotzdem nochmal mit ran.


    Ich empfinde den Geruch wie das, was man als Vanillezucker in kleinen Tütchen zu kaufen kriegt.


    In der Riechecke bei Pilzausstellungen haben dieses Geruchsempfinden etliche Riech-Interessierte nachvollziehen können.
    Natürlich nicht alle! Schätze mal so ca. ein Drittel der Test-Kandidaten, das ist kein schlechtes Ergebnis.


    Bei meinen 2,3 Funden war jedesmal (Zitter)Pappel anwesend.



    VG Ingo W

    ________________________________________________________________
    "Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten"

    150-15 (APR 2022) = 135-5 (GnE-Wette verloren "über 11 gelöst") = 130 + 4 (am nächsten an der 222.Schnapps-Punktzahl) = 134 + 7 (7.Platz im APR 2022) = 141 + 4 (KISD-Prozente von GnE) = 145 -15 (APR 2023) = 130 + 3 (10. Platz) = 133 + 3 (Unbewusst-Phal) = 136 + 5 (Lupus-Wette-APR-Sieger=ü300) = 141 + 5 (GnE-Gewinnsteuer-APR23) = 146 + 7 (Phalplatz 1) = 153

    Link: Gnolmengalerie

    Link: APR 2023

    Link: Phalabstimmung 2023

    Link: Nanzen

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Ingo!


    Zitterpappel gab's auf jeden Fall bei dem Speyerer Fund am Fundort.
    Bei dem Dresdner weiß ich es nicht genau, aber das könnte Stefan bei Gelegenheit mal nachgucken. Der kennt den Standort besser als ich.


    Vanillezucker: So ähnlich lesen sich auch manche Quellen zu der Art. Es kann aber auch sein, daß dieser Pilz ein Geruchswechsler ist. Ich müsste mal wieder eine schöne Kollektion davon finden um genauer drauf zu achten. Und auch eine schöne Mikrodoku nachliefern zu können.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hi.


    Hier noch ein Fund vom Samstag; Pfälzer Wald bei Weisenheim am Berg; Kiefernwald mit eingestreuten Birken und Esskastanien, Pappeln waren da keine anwesend. Geruch: Komisch und auch etwas merkwürdig. dabei recht sonderbar und schwer zu definieren. Ich hätte da eher zum Baukleber tendiert, aber eine süßliche Note war schon drin. Wenn auch ich nicht in der Lage war, Vanillezucker rauszuriechen. X/







    LG, Pablo.

  • Servus beinand,


    zur Ökologie... Ektomykorrhizen wurden in der Tat in der Gattung Sistotrema nachgewiesen:
    NILSSON R. H., LARSSON K. H., LARSSON E. & KÕLJALG U. (2006): Fruiting body-guided molecular identification of root-tip mantle mycelia provides strong indications of ectomycorrhizal associations in two species of Sistotrema (Basidiomycota). –“ Mycol. Res. 110: 1426–“1432.


    Es geht hier um S. albolutea und S. muscicola. Dass S. confluens auch Ektomykorrhizen bildet, ist daher sehr wahrscheinlich.


    Simmel J. & Gleixner C. (2015): Zur Ökologie von S. confluens gibt es einen recht aktuellen Artikel in der Mycologia Bavarica:
    Sistotrema confluens Pers.: Fr., ein humusfliehender Mykorrhizabildner –“ Störung als Pflegemaßnahme für Pilze? Mycologia Bavarica 16: 71-83.


    LG
    Christoph