Ein Mürbling und ein Rübling

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,


    ich habe mal wieder Anfragen zu gestern gefundenen Pilzen. Ich hoffe, ihr könnt mir auf die Sprünge helfen.


    1)


    Diesen Pilz fand ich gestern, aber auch schon in den vergangenen Wochen häufiger und kann ihn einfach nicht zuordnen. Dabei sieht er nicht unbedingt aus wie ein Allerweltspilz, aber seht selbst:


    - Größe der Fruchtkörper: ca. 5 cm Hutdurchmesser - 7 cm Stiellänge


    - Hut: dunkelbraun, kaum schleimig trotz Regen, leichte Riefung am Hutrand


    - Fruchtschicht: engstehende, weiße Lamellen, diese sind möglicherweise frei oder ganz eben angeheftet


    - Stiel: dunkelbraun, schimmernd, hohl, irgendwie platt (siehe Bilder)


    - Verfärbungen: keine


    - Geruch: ganz leicht pilzig


    - Geschmack: /


    - Begleitbäume, Substrat: Laubwald, auf dem Boden wachsend, oft mehrere in näherer Umgebung


    - Vermutung: Ist das der Kastanienbraune Rübling oder seine graue Form: Der Horngraue Rübling (der ja trotzdem braune Farbe am Hut besitzt)?





    2)


    - Größe der Fruchtkörper: 5 cm Hutdurchmesser, ca. 8 cm Stiellänge


    - Hut: braungrau, leicht hygrophan und mit Strukturen, die von der Hutmitte wegführen


    - Fruchtschicht: bräunliche Lamellen, angeheftet


    - Stiel: weiß und schimmernd, hohl, kleine bräunliche Schuppen im unteren Bereich


    - Verfärbungen: /


    - Geruch: unbedeutend, eventuell leicht mild, nicht unangenehm


    - Geschmack: /


    - Begleitbäume, Substrat: auf einem Baumstumpf (leider unklar, ob Nadel- oder Laubholz), büschelig wachsend


    - Vermutung: Irgendein Faserling, aber ich denke nicht, dass der Wässrige Mürbling im Alter so grau ist, oder?





    Einen hätte ich noch, aber irgendwie gehe ich erstmal selbst noch weiter auf die Suche. Vielleicht folgt die Anfrage nachher.


    Danke schon mal im Voraus für jeden Hinweis. :)


    lg,


    Jan-Arne


    Edit:


    Falls es sich bei meinem Rübling um den Kastanienroten handelt, ist das hier dann möglicherweise die graue Form, also der Horngraue Rübling?




    Danke! :)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Jan - Arne!


    Ob man den Rhodocollybia butyracea nun in die beiden Varietäten (var. butyracea und var asema) spalten will, ist so eine Sache. Ich sehe da in den letzten Wochen so viele fließende Übergänge, daß ich die wohl wieder zusammenschmeiße, so für mein eigenes Artverständnis.


    Farblich würde ich deinen eher zum Butterrübling (var. butyracea) packen.


    Den Faserling kannst du wahrscheinlich ohne Mikro vergessen. Ich glaube, von diesen etwa mittelgroßen, farblich unbedeutenden, fast glatten Psathyrellen mit dem Habitus gibt es mindestens ein Dutzend. Da kann jede Art genau so aussehen, oder dummerweise auch ganz anders. Ich hab' die jedenfalls aufgegeben (höchstens irgendwann mal mit Mikro), und konzetriere mich da auf Arten, die zumindest mal ein markantes Aussehen haben.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Pablo,


    vielen lieben Dank für die Antwort. Den Faserling speichere ich dann mal als spec. ab. Hast du die unteren Rüblinge im Edit auch gesehen? Würdest du, falls man die Art spalten sollte, diese auch dem 'horngrauen Bereich' zuordnen?


    lg,


    Jan-Arne

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Huch, nein, den Anhang hatte ich übersehen, sorry.
    Könnte schon hinkommen, aber da siehst du dann, wie die beiden eben ineinander übergehen, vor allem, wenn beim Abtrocknen der hygrophane Hut noch zuschlägt.
    Übrigens musst du da noch eine weitere Art im Auge behalten, nämlich den Drehstieligen Rübling (Rhodocollybia prolixa s.l.). Dafür sind mir deine eigentlich aber zu hell, ein wenig verdrehte Stiele darf der Horngraue / Butterrübling wohl auch mal haben.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Übrigens musst du da noch eine weitere Art im Auge behalten, nämlich den Drehstieligen Rübling (Rhodocollybia prolixa s.l.). Dafür sind mir deine eigentlich aber zu hell, ein wenig verdrehte Stiele darf der Horngraue / Butterrübling wohl auch mal haben.


    An den hatte ich auch ganz am Anfang meiner Überlegungen gedacht, weil der Stiel ja wirklich stark verdreht ist, aber optisch hat das für mich einfach nicht gepasst. Dann weiß ich jetzt Bescheid. Danke. ;)


    lg,


    Jan-Arne

  • Hallo JanMen,


    ich verfolge deine Beiträge seit einiger Zeit und finde sie sehr niveauvoll. Es freut mich auch zu hören, dass du auch Pilze aus solchen "na-ja"-Gattungen wie Psathyrella genauer anschauen willst.


    Leider sind Pilze aus solchen Gattungen keine, die man wie eine Marone oder einen Horngrauen Rübling (um mal willkürlich zwei Pilze zu nennen) einfach mal so aus der Hand bestimmt, schon gar nicht anhand von Internet-Bildern. Selbst die besten Psathyrella-Spezialisten müssen meistens vorgefundene Exemplare mikroskopieren, bevor sie was Belastbares sagen können. Dies liegt in keiner Weise an mangelnden Fachkenntnissen, sondern ist der Unübersichtlichkeit der Gattung geschuldet. Laien haben meist keine Vorstellung davon, dass es fast 100 Psathyrella-Arten gibt, von denen sich viele makroskopisch enorm ähnlich sehen und daher kaum auseinanderzuhalten sind (leider manchmal auch nicht NACH dem Mikroskopieren!).


    Wenn du also anfängst, in Gattungen dieses Kalibers herumzuforschen, dann wäre der allererste Schritt herauszufinden, welche Bestimmungsmerkmale in dieser Gattung überhaupt die relevanten sind, d. h. welche Merkmale man vor dem eigentlichen Bestimmungsvorgang (Vergleich mit Literaturreferenzen) erheben muss. Was in Gattung X notwendiges B-merkmal ist, kann in Gattung Y völlig irrelevant sein, da nicht sauber trennend. Ein Beispiel: Bei der Bestimmung von Täublingen ist der Geschmack der rohen Pilze sozusagen das Bestimmungsmerkmal Nr. 1, dagegen ist Amyloidität des Sporenpulvers irrelevant, da alle Täublingssporen amyloid sind. Bei Amanita ist hingegen äußerst wichtig, ob die Sporen amyloid sind oder nicht, dafür ist der Geschmack zur Bestimmung irrelevant, da alle Amaniten mild schmecken (und obendrein noch tödlich giftig sein können!). Noch ein Beispiel: zur Bestimmung von Rüblingen ist ein Schnittbild völlig irrelevant ( ;) ), bei Röhrlingen dagegen quasi zwingend.


    Schritt Nr. 2 ist die Erlangung des Wissens, wie man die Merkmale überhaupt fachmännisch erhebt. Z. B. ist es bei Täublingen überhaupt nicht egal, WO MAN IN DEN PILZ HINEINBEISST, um eine eventuelle Schärfe festzustellen. Man muss ein bis zwei Lamellen junger Exemplare kosten, sonst erhebt man möglicherweise das Merkmal falsch. Das geht sogar so weit, dass man bei der Präparierung der Huthaut für das Mikroskop diese an ganz bestimmten Stellen des Hutes abziehen muss, da sich sonst Bestimmungsfehler ergeben können. Usw.


    Danach brauchst du einen gescheiten Bestimmungsschlüssel für Psathyrella, wie er nicht in "Handbüchern für Pilzsammler", ja nicht einmal in Standardwerken mit 1200 Pilzen enthalten ist, sondern nur in spezieller Literatur, im Extremfall in Gattungsmonographien (das sind dickste, teuerste Pilzbücher, in denen nur eine einzige Gattung beschrieben ist), sonst findest du trotz sorgfältigster Merkmalserhebung deinen Pilz nicht heraus.


    Ich schreibe dies nicht, um dich abzuschrecken, sondern um dir eine Vorstellung davon zu verschaffen, was es heißt, eine Psathyrella seriös zu bestimmen. Das kommt nicht immer so rüber, wenn ein Spezialist mal eben so in den Ring wirft: "der von dir gezeigte Pilz sieht mir nach Psathyrella maculata aus". Man denkt dann immer: "das hat der auswendig gelernt", doch weit gefehlt.

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

    Einmal editiert, zuletzt von Oehrling ()

  • Hallo JanMen,
    ich habe "aus der Ferne" kein Problem damit, Pilz 2 als Wässrigen Mürbling zu benennen. Die Hutfarbe sagt da wenig aus (frisch, ausgeblasst, wieder-befeuchtet?), aber immerhin wuchs der Pilz büschelig auf Holz. Der erste Verdacht ist immer P. candolleana, aber der scheidet schon mal wegen der nicht eng gedrängten Lamellen aus. Der zweite Verdacht ist dann halt P. piluliformis, der Wässrige. Und weil nix dagegen spricht, würde ich den per Auge so abhaken. Natürlich gibt es ein paar unwahrscheinlichere Alternativen, aber da muss wirklich ein Mikroskop ran.
    Beste Grüße!
    Andreas

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Oehrling und hallo Andreas,


    vielen Dank für eure Antworten.


    @ Oehrling. Danke erstmal für das Kompliment und vielen Dank auch für deine Ausführungen. Toll, wenn sich jemand Zeit nimmt, mir als Noch-Anfänger zu erklären, wie es eigentlich läuft, in der Welt der Mykologie. Ich versuche gelegentlich tatsächlich, über den Rand der Allerweltspilze herauszublicken. Doch ich habe auch schon früh gemerkt, dass Vieles einfach nicht makroskopisch zu lösen ist. Und weil ich mir nie im Leben ein vernünftiges Mikroskop leisten könnte, bleibe ich ( wie Pablo, der in dem Sinne mein Vorbild ist :P ) auf der rein makroskopischen Ebene.


    Mein erster Schritt ist daher wohl, zunächst die Gattungen herauszufinden, bei denen ein Mikroskop nötig ist und diese außen vor zu lassen, nachdem ich die makroskopisch bestimmbaren Arten 'herausgesucht' habe. Bei Helmlingen beispielsweise weiß ich genau, dass bei vielen einfach nichts geht. Bei Tintlingen häufig ebenso. Und als ich letzten Winter in die Becher-Welt hereinschaute, war die Ernüchterung natürlich umso größer. Da muss ich doch immer auf die PNs an Ingo W zurückgreifen.


    Dann weiß ich jetzt, dass ich die Faserlinge zu den Gattungen ordnen kann, bei denen einfach nicht so viel für mich zu entdecken ist. Zumindest bis ich vielleicht in frühestens 5 Jahren den Schritt zum Mikroskop wage. Und Fachliteratur und Gattungsschlüssel sind momentan auch einfach noch zu viel für mich. Es würde mir auch jeglichen Spaß rauben, von 0 auf 100 zu starten. Wie gesagt: Ich bin erst seit einem Jahr und einem Monat aktiv dabei und mich jetzt schon mit Fachliteratur zu beschäftigen würde einfach über das Ziel hinausgehen. Da bleib ich doch erstmal lieber bei den GPBWs und leichteren Pilzen, um so Schritt für Schritt erstmal die Gattungszugehörigkeiten sicher klären zu können und die bekanntesten und wichtigsten, immer wieder auftauchenden Arten sicher bestimmen zu können.


    @ Andreas: Danke auch für deine Antwort. Schön, dass du zeigst, dass auch ein makroskopischer Blick zumindest konkrete Vermutungen anstellen kann. Den Wässrigen Mürbling kenne ich in jüngerer Form und auch Vergleichsbilder im Internet ließen mich ihn ausschließen. Dafür war er in meinen Augen einfach zu grau. Aber deine Aussage, dass es doch sein könnte, ist ein toller Einwand, der mich nochmal nachdenken lässt und aus dem ich Einiges lernen kann. Ich lasse ihn dann aber einfach mal mangels Mikroskop unbestimmt in meinen Ordnern. Immerhin die Gattung stimme. Für mich ist das ein Teilerfolg. :)


    lg,


    Jan-Arne


  • .... mir als Noch-Anfänger zu erklären, wie es eigentlich läuft, in der Welt der Mykologie.


    Oh!


    Das sehe ich schon längst anders, Jan-Arne!


    Geh mal ins Licht! Du hast allen Grund dazu!!!


    Günter