Servus beinand,
wow, danke für die interessanten und reichhaltigen Reaktionen!
Den Begriff Biotop wollte ich eigentlich nur am Rande reinnehmen, da gerade hier viele unterschiedliche "Definitionen" zu finden sind, teils auch in sich widersprüchliche.
Ich beschreibe daher einfach mal unabhängig von Links auf Webseitenmit Definitionen, wie ich es a) an der Uni gelernt habe und wie es b) im Moment in Bayern offiziell an den Schulen gelehrt wird (und was für mich die griffigste Definition ist).
Das Biotop ist die Summe alle abiotischen Faktoren eines definierten Raums.
Beispiel: in Bayern gibt es den Ammersee - man kann den Ammersee als Biotop definieren. Will man diesen Lebensraum nicht nur auf Fische und tauchende Vögel beziehen, nimmt man vielleicht einen Meter der Luft oberhalb (oder mehr?) mit rein. Will man den Lebensraum der Tiere, die im Schlick leben, auch mit reinnehmen, dann vielleicht nimmt man vielleicht noch einen Meter des Bodens dazu und vielleicht auch noch fünf Meter Ufersaum.
Man muss also den Raum definieren. Das Biotop ist dann dieser (Lebens)Raum und umfasst alles, was abiotisch ist, also nicht lebt. Gemeint ist also das Wasser, die Luft, die Luftfeuchtigkeit, die im Wasser gelösten Mineralien, der Sand und Schluff des Bodens. Also alles, was nicht biotische ist. Man kann es nicht ganz sauber trennen, denn abgestrobene Biomasse bildet ja auch den Schlick, aber diese ist nicht lebendig.
Das, was in dem Biotop lebt, ist die Biozönose. Das sind also die Fische, die Muscheln, die Enten, die Blässrallen (Blässhühner), die Würmer im Boden, die Pilze, die Bakterien usw.
Ein Baum (z.B. die Rinde eines Baums, an der eine Flechte lebt) kann damit kein Biotop sein, da er ja lebt und zur Biozönose gehört. Nimmt man aber den reinen Raum, in dem der Baum steht, so ist das das Biotop, der Baum ist wiederum Teil der Biozönose und ist das Substrat, auf dem die Flechte lebt, aber eben nicht das Biotop der Flechte.
Der Standort, den die Flechte aber mag, ist eben genau das, was die Baumrinde ausmacht - die wechselnden Feuchtigkeitsregime (oft sehr trocken), Temperaturschwankungen, niedriger pH-Wert (je nach Baum), eventuell Fungizide (je nach Baum, Bäume wehren sich). Das bezieht sich dann aber allgemein auf Baumrinden als potentielle(!) Wuchsorte. Die spezielle Rinde/Borke wiederum ist eben der Wuchsort dieser einen Flechte, dieses Individuums.
Unterschied Habitat / Standort - ich kannte es auch so, dass Habitat unter Zoologen verwendet wird, während unter Botanikern, Mykologen, Phycologen, Microbiologen (usw.) das Wort Standort verwendet wird. Für mich war es Synonym - und eine Ausnahme für Zoologen (historisch begründet - Sprache entwickelt sich auseinander).
Die Wiki-Definition finde ich wieder etwas "schwierig", weil hier das Biotop mit der Biozönose bzw. dem Ökosystem verwechselt wird.
Jetzt ist Biotop aber eben schwierig einheitlich zu definieren. In der Politik wird darunter ein "wertvolles Ökosystem" gesehen. So ist eine Magerwiese mit Orchideen ein "Biotop" wie auch der Gartenteich mit den Moorfröschen, während die Asphaltdecke der A7 (deutschlandslängste Autobahn, glaube ich) von Politikernnicht als Biotop gewertet würde. Biologisch gesehen ist es das aber. Nur eben nicht die Lebewesen, die man durchaus auf der Autbahn finden kann (Menschen in Autos, zusammen mit Bakterien, Flöhen, Pilzen, aber auch Insekten, die auf der Autobahn sind usw.
Die Definition, die ich an der Uni gelernt habe und die auch in Bayern an den Schulen als Inhalt gelehrt wird (in den 10. Klassen in Biologie) finde ich am griffigsten. Lese ich die in Wikipedia, so finde ich hier sofort Widersprüchlichkeiten.
Auch bei Spektrum finde ich den Widerspruch in sich: Biotop - Kompaktlexikon der Biologie
Zitat
Biotop, ein räumlich begrenzter Lebensraum, der eine angepasste Lebensgemeinschaft (Biozönose) beherbergt. Das B. ist geprägt durch eine spezielle Kombination von abiotischen Umweltfaktoren und hebt sich dadurch von benachbarten Lebensräumen ab. In der Geobotanik benutzt man statt B. den Begriff Standort. Ein B. kann z.B. eine Hecke oder ein Tümpel sein.
Der erste Satz passt perfekt: der begrenzte (also von uns definierte, er muss nicht durch etwas real begrenzt sein) Lebensraum, der eine Biozönose beherbergt. Wunderbar!
Der zweite Satz passt auch: es geht um die spezielle Kombination abiotischer Umweltfaktoren - das ist das Biotop und es grenzt es durchaus von anderen Biotopen ab (sonst hätte man die Grenzen für das Biotop schlecht gewählt).
Der dritte Satz aber... Der Standort umfasst alle Faktoren, auch die spezielle Biozönose des Biotops - so ist Kalkbuchenwald sowohl wegen der Buchen ()biotischer Faktor, Biozönose) als auch wegen des Kalks im Boden (abiotischer Faktor, Biotop) ein Standort. Hier widerspricht sich dieses Lexikon, weshalb etwas krumm sein muss.
Auch der Vierte Satz: Tümpel ist ein Biotop (also ein spezieller Tümpel - und dessen Wasser usw. ist das Biotop). "Der Tümpel" allgemein, also Tümpel an sich, das wäre der Standort Tümpel. Eine Hecke hingegen kann kein Biotop sein. Denn die Hecke ist entweder ein Teil der Biozönose (eben z.B. die Hainbuchen, die die Hecke bilden)oder ein Ökosystem Hecke, wenn nicht nur die Hainbuchen, sondern das ganze Gefüge, Hecke, Boden, Lichtverhältnisse usw. gemeint ist.
Eine Hecke kann also kein Biotop sein, wohl aber ein Ökosystem, das ich so nenne. Oder, wenn ich keine spezielle Hecke meine, auch ein Standort.
Zusammenfassend:
Biotop: Lebensraum - nur abiotische Faktoren einschließend
Biozönose: alles, was in dem Biotop lebt
Ökosystem: die Summe aus Biotop und Biozönose, damit alles in diesem speziellen Lebensraum, der an einem speziellen Ort ist.
Standort: verallgemeinert und nicht auf einen eizigen Punkt bezogen - z.B. Standort Kalkbuchenwald - die Summe all dessen, was Ökosysteme ausmacht, die man als Kalkbuchenwald benennen würde.
Liebe Grüße,
Christoph