Beiträge von Tricholomopsis

    Servus Malone / Peter...


    ich nehme mal einen Vergleich: die Jägersprache


    Affe ist da das Junge eines Murmeltieres

    Spiegel ist das weiße Hinterteil eines Rehs oder Hirschs

    Stoß meinte die Gesdamtheit der Schwanzfedern eines Vogels


    Das sind nur drei Beispiele - mehr findest du z.B. hier: https://de.wiktionary.org/wiki/verzeichnis:deutsch/j%c3%a4gersprache


    Jetzt kann man sich über die Begrifflichkeiten der Jäger aufregen. Dennoch sind all diese Begriffe definiert und Jäger verstehen sich. Das ist der Sinn der Sprache. Und wenn jemand z.B. eine waidmännische Zeitschrift (Jäger-Zeitschrift) liest, der sollte solche Begriffe kennen, denn sonst missversteht er vieles (siehe den Beitrag von Bergwald). Sollte man jetzt sogar selber, weil man Naturfreund ist, in einer Fachzeitschrift, die sonst von Jägern gelesen und für Jäger gedacht ist, etwas publizieren, dann sollte man auch die Jägersprache kennen.


    Hier ist es doch ganz analog. Die Ökologie / Biologie definiert manche Begriffe anders, als die die Geographie definiert. Und für einen Zoologen ist der Schimmel ein weißes Pferd, für den Mykologen ein imperfekter Pilz. Ja und? Man sollte aber, denke ich, wenn man sich für die Natur interessiert, beide Bedeutungen für Schimmel kennen, sonst würde man sich wundern, auf was manche Menschen so reiten.


    So.

    Und wer hat nun recht?

    DAS Nachschlagewerk der teutchen Sprache?

    Oder das Lexikon der überaus renommierten Zeitschrift Spektrum aus dem Zeit-Verlag?

    Beide haben recht. Der Duden ist aber primär für die korrekter Rechtschreibung zuständig. Und die Autorten des Duden sind normalerweise keine Biologen (sondern Germanistiker). Warum kann nur einer Recht haben? Dann müsstest du das Wort Schimmel für einen imperfekten Pilz streichen. Sprachen haben oft Doppel- oder Mehrfachbedeutungen für identsiche Wörter.


    Ich hatte Spektrum nur gewählt, weil ich dieses Beispiel als erstes beim Googlen gefunden habe. Die Begriffserklärung, die ich hier vorgestellt habe, ist nur der Versuch, wie ich den Begriff Standort zusammenfassen würde. Und ich wollte auf die Doppeldeutigkeit hinweisen, damit 1.) jeder, der ökologische Literatur leist, diese auch versteht und 2.) falls jemand irgendwo selbst ökologisch/mykologisch/biologisch publiziert, die richtige Ausdrucksweise selbst anwenden kann. Nicht alle Zeitschriften haben ein Review-System.


    Wenn jemand (da wäre mir auch wurscht, ob sie/er Professor oder sonstwas heißt)

    unbedingt einen Begriff sucht für ebenjene Gesamtheit von Faktoren,

    dann sollte er/sie besser interdisziplinär vorgehen, also einen Sprachwissenschaftler hinzuziehen oder Herrgottjessesverdammtnochmal

    einen neuen Begriff kreieren!

    Vernutlich ist dir nicht bewusst, dass man den Begriff Standort schon vor langer Zeit so definiert hat. Die heutigen Professoren (ich hoffe, du hast keine Abneigung gegen Forscher) verwenden ihn nur so, wie er eben definiert ist. Und wenn jeder Wissenschaftler, der einen Begriff definiert, erst einen Sprachwissenschaftler konsultieren müsste, dann landen wir irgendwann in einer Sprachdiktatur nach Vorbild der Academie Francaise.


    Im Übrigen hätte ich nichts dagegen, fürderhin den Begriff Fundort anstelle von Standort zu verwenden.

    Wobei wir dann gleich in das nächste sprachliche Dilemma rauschten:

    sagen wir Fundort oder Wuchsort?

    Sowohl Fundort als auch Wuchsort passen doch. Diese Begriffe definieren den geographischen Ort im biologischen Kontext. Standort eben nicht.


    Das kommt einfach davon, dass Sprache lebendig ist und sich wandelt. Und da Geographen und Biologen nicht dauernd in Kontakt treten, kann sich die Sprache da auseinanderentwickeln. Sprache ändert sich halt.


    Wie du mit der Information, die ich hier angeben will, umgehst, bleibt dir überlassen. Wenn du aber irgendwann mal ein ökologisches Werk lesen solltest, wirst du manche Inhalte jetzt vielleicht besser verstehen. Ich verweise nochmal auf den Beitrag von Bergwald.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Servus zusammen,


    ich mache gleich mit einem sehr häufig verwendeten Begriff weiter: Standort


    Sollte einfach sein - der Ort, an dem etwas steht. So einfach ist es aber nicht, wenn man den Begriff biologisch / ökologisch verwendet.

    Denn in der Ökologie bedeutet Standort etwas fest definiertes. Ich zitiere mal aus dem Lexikon der Biologie:


    Zitat

    Standort, zusammenfassende Bezeichnung für die Gesamtheit der auf einen Organismus einwirkenden Umweltfaktoren (Standortfaktoren, Standortsfaktoren). Im Gegensatz zum Fundort (Wuchsort) bezeichnet der Standort die ökologische (Ökologie) Geländesituation, nicht die geographische. Häufig wird der Begriff aber auch unabhängig von der augenblicklichen Lebensgemeinschaft (Biozönose) und ihrem spezifischen Einfluß auf die Umweltfaktoren (Windbremsung, Strahlungsabschirmung, Verdunstungsdämpfung) zur Kennzeichnung der grundsätzlichen Geländequalität bzw. des Geländepotentials verwendet. Die Bedeutung der einzelnen Standortfaktoren ist sehr unterschiedlich. Im allgemeinen dominieren an Extremstandorten (Extrembiotope) abiotische Faktoren (Trockenheit, Kälte, Wind: auch primäre Standortfaktoren genannt), während auf sog. mittleren Standorten häufig biotische Faktoren (Licht- und Wurzelkonkurrenz, Fraß: sekundäre Standortfaktoren) begrenzend wirken. Bestandsaufnahme, Biotop, Bodenfruchtbarkeit, Bodenzeiger (Tab.), Formation, Standortlehre.


    Quelle: Standort - Lexikon der Biologie


    Der erste Satz ist es schon, letzten Endes.


    Konkretes Beispiel:

    Der Standort dieses Schleierlings sind wärmebegünstigte Buchen- und Eichenwälder.


    Das heißt, der Pilz wächst theoretisch dort, wo Buchen oder Eichen einen Bestand bilden und es wärmebegünstigt ist. Das sind die entscheidenden Umweltfaktoren. Standort ist die Summe der Umweltfaktoren (des Habitats, in dem eine Art wächst). Manche sind sehr anspruchsvoll, anderen reicht ein Faktor für das Vorkommen usw.


    Liest man also:

    Ich kenne von diesem Pilz noch zwei Standorte, so kann das bedeuten, dass er früher vielleicht auch im Kiefernwald wuchs, auf der Wiese usw. jetzt aber nur noch in Buchenwäldern und in Eichenwäldern... Gemeint war aber vermutlich, dass man nur noch zwei Fundorte dieser Art kennt.


    Hier überschneiden sich Umgangssprache (bzw. die geographische Standortdefiniton) und (biologische / ökologische) Fachsprache. Umgangssprachlich ist der Standort der Ort, an dem man jetzt gerade steht. Biologisch ist es nicht einmal ein Ort, sondern die Summe der Umweltfaktoren an einem Ort bzw. verallgemeinert all die Orte, die die gleichen Umweltfaktoren (Standortfaktoren) aufweisen.


    Schwierig ist es, wenn in ökologischen Werken der Fehler gemacht wird. Beispiel: das Beiheft zur Z. Mykol. über die Verantwortungsarten (die erste, kurze Liste mit Beschreibungen). Dort wird immer wieder von "von 10 Standorten bekannt" (Zahl ist austauschbar) geschrieben, dabei sind offensichtlich Fundorte gemeint. Die Autoren haben hier die Umgangssprache verwendet. Da es aber ein ökologisch ausgerichtetes Buch ist, verwirrt das, denn vielleicht meinen sie doch die Anzahl der Biotope i.w.S.


    Warum ist Standort nicht gleich Biotop? Ein Biotop ist die Summe aller abiotischen Umweltfaktoren eines definierten Raums. Die Biozönose ist die Summe aller biotischer Faktoren dieses Raums. Das Ökosystem ist die Summe von Biotop und Biozönose. Der Standort umfasst auch die biotischen sowie die abiotischen Faktoren. Insofern entspricht er dem Ökosystem (z.B. Buchenwald) bzw. den Faktoren, die für dieses Ökosystem relevant sind. Nur beschränkt sich das Ökosystem auf ein definiertes Gebiet (Raum), während Standort verallgemeinert gilt (nicht diese eine, genau dort liegende Fläche inkl. der Luft darüber und dem Boden drunter (deshalb: Raum)).


    Falls das jetzt zu verworren ist, einfach nachfragen. :)


    Jedenfalls empfehle ich, wenn man im biologischen Kontext kommuniziert, den Begriff Fundort, Fundpunkt, Fundstelle etc. zu verwenden und Standort nur für die Umweltfaktoren zu verwenden.


    Kenne ich den Standort / die Standorte eine Art, so kann ich mit diesem Wissen gezielt suchen und werde die Art vermutlich immer wieder finden (immer dann, wenn die Umweltfaktoren für sie passen). Das Wissen des Standorts ergibt viele Fundstellen.


    Alles klar?


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Servus Verena,


    nachträglich (ich war beruflich extrem eingespannt) nochmal direkt danke für deinen Input! Klingt logisch - ich hatte opak immer als undurchsichtig genommen, dabei gibt es wie so oft nicht nur schwarz oder weiß. Jedenfalls ist dieses "unscharf Machen, das Licht Streuen" das, was in vielen mykologischen Publikationen als "opaque" bezeichnet wird (englischer Sprachraum). Hier haben die Biologen/Mykologen dann auch einen Begriff offenbar umgedeutet.


    Was den Begriff hyalin angeht, durchsichtig, ist dieser mittlerweile ohnehin zweideutig, da die einen ihn im Orignalsinn als durchsichtig nehmen und andere als die Kopplung durchsichtig und farblos.


    Ich habe an der Uni gelernt, hyalin nur als durchsichtig zu deuten (siehe oben). Andere machen es anders, klar - das erschwert die Kommunikation. Deshalb sollte man, denke ich, auch die Mehrdeutigkeit kennen - dann kann man, wenn nötig, passend nachfragen, was genau gemeint ist.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Servus Pablo

    Hast du da mal reingelinst? Oder einen Sporenabwurf gemacht? Da liegt so ein Farbreflex auf den Lamellen, als wäre das Sporenpulver nicht weiß(lich), wie bei Nebelkappen (cremeweiß), sondern kräftiger gefärbt. So wie eben bei den meisten Lepista - Arten. Leucopaxillus glaube ich da eher nicht: Da hätten die meisten Arten bei so stark aufgeschirmten Hüten doch mehrr oder weniger deutlich erkennbare Rippen am Hutrand.

    hast du die Nebelkappe selber aussporen lassen? Sie hat gelbes Sporenpulver, nicht creme-weiß - jedenfalls nicht, die ich habe aussporen lassen. Variiert die Sporenpulverfarbe der Nebelkappe so stark oder nimmst du das aus der Literatur?


    Liebe Grüße,

    Christoph


    (P.S.: für mich ist der Hexenring auch Nebelkappe)

    Servus Michi,


    der Pilz ist schon gammelig - du siehst ja, wie der Hutrand beinand ist, Hitzeschaden und zudem schon beginnende Zersetzung. Ich würde dir raten, statt mit einem Einzelfruchtkörper eines schon angegammelten Täublings lieber nach einer Kollektion frischer, gesunder Täublinge zu suchen, dich dann dafür intensiver zu beschäftigen. Man braucht zum Beispiel fast immer die Sporenpulverfarbe, dann helfen manche makrochemische Reaktionen usw. Und selbst damit geht es nicht immer makroskopisch, man kann es aber gut eingrenzen.


    Ein Kammtäubling kann natürlich sein, aber es kann auch eine andere Sektion sein - wie Stefan schon schrieb, ist der Hutrand schlecht zu bewerten bei dem Zustand. ;)


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Hi,


    spannend. :) Leider sind die Ergebnisse der Dissertation nicht in die populäre Literatur eingezogen.

    Servus Stefan,


    das ist eigentlich der Normalfall, denn die Ergebnisse sind für Populärbücher zu speziell, denke ich. In München hat Prof. Dittrich intensiv an der Kultur von Boletus edulis aud Agar geforscht. Es gibt auch Arbeiten aus Italien.

    Leichter geht es mit Imleria badia und anderen Filzröhrlingen i.w.S. Auch da wurden Primordien und Fruchtkörper erreicht. Das geht aber nicht so einfach, da es eben Ektomykorrhizapilze sind. Es ging nur indirekt in die Populärliteratur ein, da immer wieder behauptet wird, dass Arten wie Paxillus involutus oder imleria badia fakultative Mykorrhizapilze seien, die auch ohne Baumpartner vorkommen können.

    Es gibt zu Paxillus involutus eine sehr aufwendige Studie, die in vivo das Gegenteil belegt. Es wurden die Myzelien von den Baumpartnern gekappt und durch Trennwende separiert. Und siehe da, keine Fruchtkörper mehr - ein Myzel bildete noch welche und da wurde dann eine Lücke in der Trennwand entdeckt und das Myzel hatte wieder Wurzelkontakt.

    Dass Myzelien von Ektomykorrhizapilzen wenige Jahre ohne Partner überdauern können, mag sein (auch da gibt es Publikationen), ohne Partner sind sie aber auf Dauer nicht lebensfähig (Agar ist was anderes, da wird die Symbiose durch die Nährstoffzugabe quasi teils simuliert).


    Insofern als Fazit: doch, sowas geht oft indirekt in die Populärliteratur ein. Manchmal auch mit einer Art Stille-Post-Effekt.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Servus Öhrling...


    Aber mit der Frage: (Zitat) "wie kommst du darauf, dass die gelbe Verfärbung an sich für die Bestimmung relevant sei?" kann ich nur wenig anfangen, denn ich habe ja genau im Gegenteil geschrieben: (Zitat mit Hervorhebung) "aber die gelbe Verfärbung allein kann es ja NICHT ausmachen".

    ... mach dir da keinen Kopf. War nicht vorwurfsvoll gemeint. Es klang für mich so, als würde das Hervorheben, dass das Gilben nicht reicht, indirekt meint, dass man sich oder ich mich auf das Gilben beziehe. Das ist immer das Problem der zeitverzögerten Kommunikation über das Internet. Ich wollte dann nur nachfragen, um Klarheit zu schaffen. Letzten Endes wollte ich so wohl nur schauen, wie gut du die Schafporlinge kennst.


    Deine Beobachtung, dass du bis in 1300 Meter Höhe an der Zugspitze Echte Schafporlinge gefunden hast, finde ich sehr interessant. Ich kenne sie wirklich nur bis ca. 700 m, aber man allein hat eben immer zu wenig Stichproben. Das kann auch Zufall sein. Jetzt bleibt nur, ob die Bestimmungen richtig sind (von dir und von mir). Es kann sein, dass ich die Schafporlinge weiter oben nicht erkannt habe, weil ich zu schnell A. citrinus sage und es kann sein, dass du sie nicht genau angeschaut hast, weil du A. ovinus dazu sagst. Deshalb bin ich dann immer neugierig, was das Gegenüber als Merkmale verwendet. So wie du auch, was deine Nachfrage ja auslöste (denke ich).


    Kurz gesagt: gegenseitige Neugierde und von mir der Versuch, eine Suggestivfrage zu stellen. ==Gnolm13


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Griaß di Peter,


    jaja, die Gerüche... mit Kinderwindel meine ich einen dezenten Uringeruch. Und Fomitopsis riecht für mich säuerlich mit Anklang an Urin, aber letzterer undeutlich. Jede Nase ist da verschieden. Zum jungen Satan würde ich wohl am besten "mit typischen Jungsatangeruch" sagen. Da kinderlos, habe ich noch nicht an einer vollgepieselten Kinderwindel gerochen. Wenn die nach nix riecht, dann muss ich das Bild mit der Windel wohl in Zukunft vermeiden ;-).


    Und die Klampfe kann ich gern mitnehmen, wenn noch Platz im Auto ist (Mikroskop, Bino, Bücher usw.).


    An scheenan Gruaß,

    Christoph

    Grias di,


    ja, sieht gut aus - schön gelbes Fleisch im Hut. Die Poren müssten auf Druck langsam blau anlaufen... Bei mir ist der sehr selten, ich finde B. subappendiculatus öfter als B. appendiculatus.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Servus Stefan,


    das alte BI-Lexikon habe ich, habe aber lange nicht mehr rein geschaut. Das neue Lexikon besitze ich nicht. Dörfelt ist aber, so wie ich ihn kenne, sehr korrekt in der Anwednung von Begrifflichkeiten. Insofern werden beide Bücher sicher hilfreich sein. Wenn das neue zu sehr in der Fachsprache bleibt, ist es natürlich schwieriger zu verwenden.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Servus ihr drei,


    ja, ich würde mich nicht wundern, wenn die HDS der Birkenpilze Cylindrocysten enthalten würde. Ohne Schnittbild wage ich aber keine Makrobestimmung - und die wäre ohne Mikroskopie auch sehr wackelig. Schee san's aba, und g'schmeckt ham's aa?


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Servus Karl,


    vielen Dank für deinen Input und deine Recherche. Die Definition im Spektrum-Lexikon trifft es sehr gut, finde ich. Dort wird auch auf die coenocytischen Pilze (Pilze, die siphonale Myzelien besitzen - so hatten wir das in der Uni bezeichnet) hingewiesen.

    Einzig der Verweis, dass sich Hyphen zu Chlamydosporen (etc.) differenzieren können, ist etwas unglücklich, denn das stimmt, wenn es Ketten von Konidien sind. Geht es um die Sporen selbst, dann sind es wieder Zellen, die sich differenzieren, nicht die Hyphen.


    Und Wikipedia - oh je, und ja... deshalb schaue ich ehrlich gesagt in die deutschsprachige Wiki kaum rein, wenn es um Pilze geht. Fachlich ist da vieles sehr schräg bis daneben. Auch die Skeletthyphendefinition tut weh, die man da findet (meist schnallenlos... Skeletthyphen mit Schnallen sind skelettisierte Hyphen).

    Ich komme mit dem Wiki-System nicht zurecht, sonst würde ich da ab ud an was ausbessern. Ich habe das früher mal versucht und auch über Diskussionsseite einwirken wollen. Da herrscht aber offenbar eine Art Hierarchie vor und es wird schnell wieder rückverbessert. Es ist aber ein gutes Beispiel, warum man bei Wikipedia sehr vorsichtig sein muss, sobald die Themen zu speziell sind.

    Manchmal hat man Glück und die Personen, die die Wiki füttern sind wirklich vom Fach, manchmal hat man Pech und die Personen, die füttern, haben Halbwissen, verteidigen das aber.

    Schlimm wird's, wenn sich dann die Inhalte auf populäre Bücher und nicht Fachbücher beziehen. Dörfelt, Clemencon etc. - das sollte man als Quelle für Fachbegriffe verwenden, nicht die GPBW ;)


    Historisch gesehen kommen die meisten Begriffe vom Fruchtkörper, denn die wurden als erstes untersucht. Definiert man Hyphen als die Zellfäden von Pilzen, so sind sowohl das vegetative Myzel als auch der Fruchtkörper aus Hyphen aufgebaut - klar, und so ist es ja auch. Im Prinzip besteht auch der Fruchtkörper aus Myzel. Da fängt es dann aber wieder an - trennt man das oder nicht? Und was ist dann ein Stroma? Myzel oder Fruchtkörper? Und der Thallus von Flechten, der übergangslos Fruchtkörper beinhaltet? Daher ist für mich der Begriff Myzel die Summe aller Hyphen, egal ob verdichtet (Primordien, Fruchtkörper, Sklerotien, Stromata) oder als vegetatives Geflecht.


    Ich definiere es also wie folgt:


    Hyphe = Zellfaden der Pilze und pilzähnlichen Protisten i.w.S.


    Myzel = Gesamtheit aller Hyphen, also sowohl auf vegetative als auch auf repoduktive Strukturen bezogen


    Insofern ist auch...


    Stielcortexhyphen in der Stielrinde z. b. bei Galerina
    Gelatinisierte Hyphen in der Hutdeckscheicht bei Saftlingen und zahlreichen weiteren Gattungen
    Tramahyphen besonders bei Lamellentrama z. B. Entoloma
    Milchsafthyphen bei Lactarius

    alles korrekt - natürlich sind das alles Hyphen.


    Kann man die Hyphen nicht mehr deutlich erkennen, da die Fäden so dicht sind und sich die Zellen so differenziert haben, dass alles wie ein echtes Gewebe, nicht wie ein Fadengewurschtel aussieht, so hat man immer noch Hyphen vor sich, man erkennt sie nur nicht mehr. Das Konstrukt ist dann z.B. ein Pseudoparenchym, ein Scheingewebe (wie bei vielen Gehäusen von Pyrenomyzeten). Was wiederum ein echtes Gewebe von dem Plectenchym der Pilze unterscheidet (das Pseudoparenchym ist eine Teilmenge des Plectenchyms), kann ich gerne beizeiten erklären.


    So bleibt erstmal, bitte nicht die deutschpsrachige Wikipedia als Quelle der Wahl anzuwenden.


    Liebe Grüße,

    Christoph


    (es freut mich riesig, dass der Thread so Anklang findet)

    Servus Waldfuzzi,


    das könnte sogar Lactifluus volemus s.str. sein - auf alle Fälle aber einer der Millibrätlinge. Um den hier wirklich zu bestimmen, müsste man im Moment sogar sequenzieren, denn die Abgrenzung zu L. subvolemus klappt noch nicht morphologisch/anatomisch. Ich finde den langhaarigen Lactifluus oedematopus häufiger - den kann man zumindest auch heute noch bestimmen. ;)


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Servus beinand,


    ich gebe Felli und Beli völlig recht. Das ist Butyriboletus subappendiculatus - zu deutsch Nadelwald-Anhängselröhrling oder hier bei uns "Gelber Steinpilz" (ist aber natürlich kein Steinpilz). Man sieht schön das sehr feine, gelbe Netz am Steil (so sieht das bei Ziegenlippen nie aus). Die Rosa Färbung in der Stielbasis ist typisch, auch das weiße Fleisch - nur die Stielrinde ist gelb.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Servus Pablo,


    danke für den Link - stimmt, genau den Thread meinte ich. Ich war in den Tagen arbeitstechnisch ein bisserl überlastet, sonst hätte ich da direkt was geschrieben. :gcool:


    Freut mich, dass der Thread so gut ankommt (danke für die positiven Rückmeldungen an alle).


    Einen definierten Myko-Pschyrembel wird es aber wohl nicht geben. Manchmal können sich Mykologen auch nicht einigen. Beispiel: Rhizomorphe oder Hyphenstrang - die erste Erwähnung von Rhizomorphen betreffen den Hallimasch, der aber langgestreckte Sklerotien bildet, die nichts mit dem zu tun haben. was heute als Rhizomorphen bezeichnet wird. Manche verwenden aber den Begriff bewusst nur für die "Hallimasch-Rhizomorphen" und nennen die anderen einfach "Hyphal Pegs" bzw. Hyphenstränge.


    Wer hat Recht? Beide - denn man kann der allerersten Definition folgen oder man kann diese ändern (wie bei einem nomen conservandum, bei dem man nicht mehr dem Typus folgt, sondern den Gebrauch legitimiert). Wie Pablo schon schrieb - jede Sprache wandelt sich.


    Manchmal wird der Begriff "Rhizoiden" verwendet. Der ist aber wirklich belegt, denn so werden ("offiziell") nur die wurzelartigen Fäden von Moosen genannt.


    Ich werde den Thread aber gerne fortführen. Ein bisserl was ist ja auch schon im hier eingebauten Lexikon passiert (Stichwort Exsikkat etc.).

    Ich werde noch ein paar Begriffe diskutieren - z.B. Schnalle (gar nicht so einfach) oder Standort (wird extrem oft im falschen Kontext so genannt). Irgendwan fällt mir nichts mehr ein - aber jeder andere kann hier auch aktiv werden und Begriffe zur Diskussion stellen.


    Und - ganz wichtig: ich diskutiere auch nur. Ich habe ja nicht die Deutungshoheit von Begriffen für mich gepachtet. Ich komme nur aus einem "Stall", in dem genaue Begrifflichkeiten sehr wichtig waren (Prof. Agerer, daher indirekt Prof. Oberwinkler, denn Agerer ist ein Oberwinklerschüler).



    Zurück zu "hyalin" - Entoloma ist ein gutes Beispiel. Die Sporen sind hyalin, aber nicht farblos. Es kann auch gelblich gefärbte Sporen geben, die hyalin sind. Wenn die Wände zu stark pigmentiert sind, sind sie natürlich nicht mehr transparent.


    Sporenpulver hingegen ist nie hyalin (würde mich wundern), denn als Pulver streut es das Licht - Brechung und Beugung...


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Servus beinand,


    ich stolpere (auch hier im Forum) über unterschiedliche "Definitionen" von Fachbegriffen. Manchmal wundert es mich, wie Begriffe verwendet werden, manchmal weiß ich, dass sich Fehlanwendungen auch einbürgern. Bei dem einen oder anderen Begriff tut es aber schon richtig weh. Und damit will ich mal anfangen:


    Hyphe - was ist eine Hyphe?


    Nun, eigentlich ist das völlig klar definiert: das ist ein Pilzfaden, ein Teil des Myzels, das man auch als Hyphengeflecht bezeichnet. Bei nicht siphonalen Arten, also Pilzen, die mehrzellig sind, bestehen Hyphen folglich aus eine Abfolge vieler Zellen. Nicht die Zelle, sondern die Summe der Zellen macht die Hyphe. Hyphen können sich auch verzweigen usw. Sie können differenziert werden, so z.B. zu Gefäßhyphen in Rhizomorphen usw.


    Und was liest man immer wieder? "Hutdeckschichthyphen 20-60 x 4-8 µm" - was jetzt? Zellen oder Hyphen?

    Noch besser ist "Endhyphen der Hutdeckschicht..." - gemeint sind die Endzellen.

    Schreibt man aber Hyphenenden, würde das eher passen, aber das sind dann wohl meist auch mehrere Zellen.


    Die Großpilze Baden-Württembergs (Bd. 1) haben ein Glossar - was steht dort (war Zufall, dass ich heute da rein geschaut habe - lag an einer Dacrymyces)?


    Hyphen: Schlauchartige Zellen, aus denen Pilze aufgebaut sind.


    Nein!!!! Falsch!!!


    Puh, ich muss zugeben, da schüttelt es mich. Zum einen bestehen nicht alle Pilze aus schlauchartigen Zellen. Zum anderen sind Hyphen eben keine Zellen. Ich weiß gar nicht, wann das aufkam... Vielleicht kommt es vom Begriff "Skeletthyphe", die genau genommen per Definition eine differenzierte Endzelle ist (hat sie Septen, ist es keine Skeletthyphe, sondern eine skelettisierte Hyphe). Man kann da argumentieren, dass dieser millimeterlange Faden eine Art einzellige Hyphe ist - ein langer Faden, also eine Hyphe. Der Umkehrschluss, eine Zelle sei eine Hyphe ist aber purer Unsinn.


    Hefen bilden im Hefestadium eben keine Hyphen, kein Myzel aus, sondern sind einzellig (bis wenigzellig). Dass sie eben keine Hyphen haben, definiert ihr Stadium (viele Hefen können wechseln und später wieder ein Myzel bilden).


    Wenn selbst der Grundbegriff der Grundbegriffe nicht klar ist, welchen Begriffen kann man dann in normaler Literatur vertrauen?



    Ein anderes Beispiel:


    hyalin - das Wort ist eigentlich das Gegenteil von opak - hyalin heißt "durchsichtig".


    Eine "coole" gelbe Sonnenbrille hat hyaline Gläser, sonst würde man ja nichts durch sie sehen. Wären es Milchgläser, so wäre das Glas opaque und man kann nicht mehr hindurch sehen. Opak gibt es farblos, hyalin auch farbig.


    Leider hat sich irgendwie (auch im Englischen) teils eingebürgert, dass hyalin plötzlich "farblos" heißt. Pilze mit weißem Sporenpulver hätten demnach immer hyaline Sporen. Insofern wären farblose, opake Objekte jetzt auch hyalin. Etwas undurchsichtiges wird durchsichtig, wenn es farblos ist? Nein, wird es eben nicht - es gibt weißes Milchglas.


    Was liest man hier in den Großpilzen Baden-Württembergs?


    hyalin: farblos (betrifft die Wände von Sporen oder Hyphen)


    Nein! Auch falsch, wenn auch oft so verwendet...


    Der Zusatz verwirrt mich natürlich - meinen die jetzt Zellwände von Zellen oder meinen die Autoren Wände von Hyphen, also Zellfäden? Aber egal - laut "seriöser" Quelle heißt hyalin nur noch farblos und die Durchsichtigkeit ist egal?!


    Ich schreibe in Publikationen immer "farblos-hyalin", gehe aber langsam auch in die Knie vor der Fehlanwendung. Wenn aber jemand eine opake Struktur als hyalin bezeichnet (z.B. "Milchhyphen", die weiß-opake sin), dann würde ich, sollte ich das Buch/den Artikel redigieren, das anmerken, hier die Begriffe sauber anzuwenden.


    Hier im Forum kam es (ich weiß den Thread jetzt nicht) sogar dazu, dass jemand Sporen als farblos bezeichnet hat und dann verbessert wurde, dass es hyalin heiße, worauf sich derjenige bedankte und meinte, dass er dachte, dass hyalin durchsichtig heißt, was dann wohl falsch gewesen sei. (Ich war nicht daheim, habe es am Handy gesehen, dann vergessen, darauf zu reagieren).


    Falls das hier nicht als zu besserwisserisch rüberkommt, würde ich gerne hier in diesem Thread über wissenschaftliche Fachbegriffe diskutieren. Insbesondere auch über unterschiedliche Interpretationen. Denn eigentlich soll die Fachsprache dazu dienen, dass man unmissverständlicher, also eindeutiger kommunizieren kann. Mir geht es auch nicht um die Großpilze Baden-Württembergs - da sind noch mehr Dinge im Glossar, die ich einfach nur als falsch, völlig falsch, ansehe. Mir geht es ums Generelle - und daher eben auch um deutschsprachige Bücher, die weit verbreitet sind. Man kann da auch andere nehmen, niemand und nichts ist fehlerfrei. Die Hyphendefinition in GPBW tut allerdings so richtig weh. Sorry, aber da kann ich nicht aus meiner Haut.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Dann bin ich zu spät online :)


    Ich hätte zwar S. spec. draus gemacht, da man bei Laborstämmen nie genau weiß, welche Kleinart als S.c. bezeichnet wird, aber die Frage nach pulmonalen Problemen bis hin zu Nervenentzündung und tödlichem Hirnfraß hätte ich so auch gestellt ==Gnolm3


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Servus Armin,


    falls du aus Frankreich mal hier rein schaust (*Neid*) - das ist ein absolut typischer, junger Satanspilz. Kostprobe war hier quasi unnötig. Ich vermeide die bei Satanspilzen eh, weil die auch in sehr kleinen Mengen (wenn verschluckt) sehr heftig wirken können. Gerade der Satanspilz ist einer der Pilze, bei dem ich jedem abraten würde, den Geschmack zu testen. Es ist aber gut gegangen.


    Der karminrote Stiel und das leuchtend gelbe Fleisch in der Stielrinde schließen den Schönfuß bereits aus. Dann sieht man sogar schon, dass die Poren beginnen, sich orange / rot zu verfärben. So jung passiert das bei Schönfüßen nicht (Caloboletus kann auch alt mal rostige Poren haben, aber so jung? - in den USA gibt es übrigens auch einen Rotporer darunter, gilt also nur für good old Europe).


    Und trotz seiner Jugens müsste der Geruch schon typisch sein. So jung ist es noch nicht so widerlich penetrant, aber ein gewisser Anklang an Kinderwindel bzw. Fomitopsis sollte schon vorhanden sein. Später riecht er nach Bahnhofsklo und alt dann nach Bahnhofsklo, auf dem ein Kadaver verwest. Ich nehme aber schon jung den typischen Geruch deutlich wahr - da ist aber jede Nase anders. Mir wurde der Geruch eines für mich wirklich schon nach Bahnhofsklo riechenden Satansröhrling als "nach Karamell" beschrieben.


    Die Ähnlichkeit von Schönfuß und Satan kommt auch nicht von ungefähr. Caloboletus und Rubroboletus sind nah verwandte Gattungen - es gibt auch gelbporige Satanspilze und -verwandte und rotporige Bitterröhrlinge - eben z.B. in Nordamerika.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Servus Beli,


    bei dem letzten rothütigen Filzröhrling denke ich an Xerocomellus dryophilus, aber rein makroskopisch ist das natürlich unsicher. Der sieht jedenfalls so aus - würde makroskopisch sehr gut passen. Ich kenne ihn bei Schwarzerle, er wächst aber auch bei Eiche. X. ripariellus glaube ich weniger, aber ohne Mikroskop: schwierig.


    Cantharellus pallens ist wirklich ziemlich sicher - die nur am Hutrand quitschgelben Leisten sind typisch für diese Art (= C. subpruinosus)


    Der Dachpilz (Pl. cf. petasatus) muss mikroskopiert werden - das geht makroskopisch m.E. nicht. Nach was hat er denn gerochen?


    Die Coriolopsis trogii glaube ich nicht so ganz - ist dein Pilz nicht völlig weißfleischig?


    Der schimmelige Röhrling passt gut auf R. armeniacus. Man sieht da schön das orangefarbene Stielfleisch. Wie Pablo aber schon geschrieben hat: bitte immer ein Schnittbild dazu. Ob die weiter oben auch R. armeniacus sind, kann ich so von oben nicht sagen.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Servus Öhrling,


    die Verfärbung alleine ist es nicht, das ist klar. Albatrellus ovinus s.str. ist klobiger, nicht so zierlich, was Hut und Stiel angeht. Dann schwärzt Albatrellus citrinus am Stiel, was ich so deutlich nicht von A. ovinus kenne. Man sieht das auch gut am Trockenbeleg, hier ist aber auf einem Foto ein Stück vom Stiel richtig schwarz (oberstes Bild, links, das Spitzerl, das verletzt ist).

    Diese Mischung von intensivem Gilben zusammen mit dem leichten Röten kenne ich auch so von A. citrinus, wobei ich zugeben muss, Alabtrellus subrubescens s.str. nur von Bildern zu kennen - ich habe keine Sandkiefernwälder in meiner Ecke.

    Ich habe auch noch nie Albatrellus ovinus so weit oben (Gebirge, 1100 Meter) gefunden.

    Die (schwache) Amyloidie der Sporen sieht man natürlich nicht am Foto. Mich würde aber sehr wundern, wenn die Sporen nicht schwach amyloid wären.


    Für mich passen sowohl die Makroskopie als auch der Standort gut zu der Art.


    Mal ne Gegenfrage: wie kommst du darauf, dass die gelbe Verfärbung an sich für die Bestimmung relevant sei? Ich kenne Albatrellus ovinus s.str. zwar nicht so extrem gilbend, aber generell gilbt der natürlich auch. Und in der Pfanne gilben sie alle (auch wenn sie offiziell nicht in der Pfanne sein dürfen, da gesetzlich geschützt).


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Servus Jupp,


    Zuchtegerling glaube ich nicht. Dessen Fleisch würde etwas verfärben und der Ring passt mir da nicht (z.B. die Anwachsweise). Ich kann aber am Bild allein nur sagen, was ich auschließen würde. Wie schon geschrieben wurde: schwierige Gattung...


    Liebe Grüße,

    Christoph