Ach Jona,
du hast dir so viel Mühe gemacht. Und ich bin sicher, es gibt Menschen, die aus Enthusiasmus Forstwirtschaft studieren. Wie viel Wohlleben und wie viel Nachhaltigkeit wird da wohl heutzutage vermittelt? Und wie viel von dem Erlernten bleibt in der Praxis auf der Strecke?
Und ich kann nur über meine Region berichten, über die Wälder in meiner Gegend, die ich täglich durchlaufe oder mit dem Rad durchstreife. Deshalb schreibe ich nur darüber wie ich die praktische Forstwirtschaft in meiner Region erlebe. Wie sie bei dir praktiziert wird, kann ich nicht bewerten.
Ich kann Inges Anmerkungen übrigens nur zustimmen. Ich bin von Staatsforst umzingelt und genau der ist hier das Problem, nicht die wenigen kleinen Waldbesitzer.
Als vor 10 Jahren ein Downburst die Fichtenplantage am mir gegenüberliegenden Hand hinweggefegt hat, hat der Revierleiter des Forstamtes die zügige Aufforstung veranlasst - mit Fichten!
Du schreibst: Wenn man aktuell Forst studiert hört man oft den Spruch "eure Generation wird die sein, die ihr ganzes Leben noch Fichte erntet und den Waldumbau voran treibt". Das ist definitiv eine ganz steile These. Die nächste Generation wird hier keine Fichten mehr ernten, die übernächste auch nicht, in 70- 80 Jahren vielleicht wieder.
Es ist richtig, dass nicht alle Fichten in 10 Jahren verschwunden sein werden. Aber die großen Fichten, die Gewinne abwerfen, gibt es dann nicht mehr. Die sind schon heute zu 80% abgestorben und verkauft worden. Die jungen Fichtenplantagen sind ebenfalls stark geschädigt, teilweise abgestorben und die Fichten aus der Naturverjüngung brauchen viele Jahrzehnte, bis sie marktfähig sind. Die werden es nur im Verbund mit anderen Bäumen schaffen, groß zu werden. Die Zeit der Plantagenfichte ist hier vorbei.
Wir haben es ja nicht mit einzelnen kränkelnden Bäumen zu tun, die in jeden Wald gehören. Es geht hier um Holz-Plantagen, die auf einen Schlag kaputt gehen, weil die Fichte den klimatischen Veränderungen nicht gewachsen ist. Aktiv wird der Waldumbau durch die hiesige Forstbehörde nicht betriebenen auch nicht unterstützt. Wo nur Fichte steht kommt auch nur Fichte in der Naturverjüngung nach. Da müssten andere Baumarten integriert werden.
Dass die Menschen nicht erst in der Gegenwart den Wald falsch bewirtschaften, macht die Sache nicht besser. Zum Thema Bodenverdichtung empfehle ich dir tatsächlich, dich mit den Erkenntnissen zu befassen, die aus der Entwicklung des Bayrischen Waldes gewonnen wurden - der Unterschied des Baumwachstums auf Flächen, die direkt im Naturschutz-Kerngebiet liegen im Vergleich zu Flächen, auf denen die toten Bäume zunächst mit schweren Maschinen geerntet wurden und die erst dann sich selbst überlassen wurden, ist riesig.
Ich will nicht auf alle deine Anmerkungen eingehen, aber ich danke dir für die Aufklärung zu den Jagd-Begrifflichkeiten. Einmal wird also Hoch- und ein anderes Mal Niederwild gehetzt. Ich finde beides unethisch. Gewissenssache. Die früheren Ansitzjagd, bei der tatsächlich Hege noch eine Rolle spielte, finde ich vertretbar. Aber dass es ohne die konventionelle Jagd nicht geht, ist ein Jägermärchen.
Im Kanton Genf wurde Ende des letzten Jahrhunderts per Volksentscheid die Jagd abgeschafft. Statt dessen fand ein Wildtier-monitoring und ein gezielter Abschuss der überzähligen Tiere durch Natur-Ranger im November statt, auch Nachtsichtgeräte waren erlaubt. Die Tiere wurden nicht gehetzt und beunruhigt. Starke Tiere mit guten Trophäen durften sich vermehren, während gezielt schwache Tiere geschossen werden. Die Erfahrungen waren durchweg positiv. Verträgliche Wildbestände, weniger Verbiss, das Wild wurde tagaktiv, keine jagdbedingten Wildunfälle, es wanderten Wildarten ein, die zuvor nicht vorhanden waren. Nur die Jäger fanden es blöd. Sie waren zuvor Sturm gelaufen und hatten den Untergang des christlichen Abendlandes prophezeit.
Das Institut für Zoo- und Wildierforschung hat übrigens Untersuchungen zum Abschuss von Rehen mit interessanten Ergebnissen gemacht. In den Folgejahren großer Abschusszahlen haben die Rehe mit Gemini-Geburten reagiert und so die Verluste durch die Abschüsse umgehen kompensiert. Es gibt sehr interessante Untersuchungen auch zu andren Wildarten, wie z.B. Füchsen.
In dich finde es unverständlich, dass dennoch an den alten wenig erfolgreichen Jagd-Praktiken festgehalten wird.
Ich nehme eigentlich sehr gut wahr, wie hier über die Jagdausübung informiert wird und ich weiß auf, dass und wie theoretisch werden müsste. Die Praxis hier hat nichts mit der Theorie zur tun.
Sagen wir mal so: viele Entscheidungen die den Wald und die Jagd betreffen sind in erster Linie interessengeleitet. Wissenschaftliche Erkenntnisse, Studien und vergleichende Untersuchungen stören da eher und werden lieber ausgeblendet.