Hallo Fredy und Stefan,
Fredy:
Danke erst einmal für deine sehr interessanten Erklärungen!
Wie Stefan schon richtig geschrieben hat, habe ich mich hauptsächlich auf den Artikel von G. Friebes im Tintling Nr. 83 (S. 7-27) bezogen. Macrolepiota und Chlorophyllum sind ja sehr komplizerte Gattungen. Es gibt leider wenig verlässliche / aktuelle Literatur dazu, so dass dieser Artikel die aktuellste Quelle ist, die mir zur Verfügung steht.
Du kennst den Artikel vermutlich nicht, deshalb werde ich einen Ausschnitt zitieren, um den dort erklärten Standpunkt, der auf neusten Erkenntnissen beruht, zu beschreiben:
"Die Namensgebung von M. rhodosperma ist von Fehlinterpretationen in der Literatur geprägt. So stellen BREITENBACH & KRÄNZLIN (1995) diese Art unter dem Namen Macrolepiota konradii dar, der z. B. auch von GMINDER (2003) (als M. procera var. konradii) und LUDWIG (2012) verwendet wird. Die Originalbeschreibung von Lepiota konradii (Orton 1960; Basionym von M. konradii) bezieht sich jedoch auf eine Art aus der M. mastoidea -Gruppe und kann daher nicht für diese Art verwendet werden. LANGE (2008) und VELLINGA (2001c) nennen den hier besprochenen Riesenschirmling M. fuliginosa, aber VIZZINI et al. (2011) weisen darauf hin, dass BARLAS (1888) Originaltafel von Lepiota procera var. fuliginosa (nicht zu verwechseln mit Lepiota fuliginosa Cleland, einer australischen Art) nicht M. fuliginosa ss. Lange & Vellinga entspricht. In der Tat ist die Hutbeschuppung auf der Originaltafel typischer für M. procera (zalreiche kleine, über den ganzen Hut verteilte Schuppen, teilweise als sparrig abstehende Faserbüschel).
VIZZINI et al. (loc. cit.) schreiben außerdem, dass einige Autoren mit Sammelerfahrung im mediterranen Bereich (BON, BELLÚ, CANDUSSO, LANZONI, MIGLIOZZI) M. fuliginosa als sehr nahe verwandte Art von M. procera ansehen, die von dieser durch eine schwächer genatterte Stieloberfläche, einen dunkleren Hut und Stiel sowie bräunendes Fleisch unterschieden werden kann. [...] LANGE und VELLINGA verstehen unter M. fuliginosa hingegen eine Art mit lose aufliegenden, leicht entfernbaren Hutschuppen [...]. Der von VIZZINI et al. bestimmte Epitypus von M. (procera f.) fuliginosa und weitere Belege von M. fuliginosa ss. orig. wurden ebenso genetisch untersucht wie M. fuliginosa ss. lange & Vellinga. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, dass M. fuliginosa im Sinne der Originalbeschreibung [das heißt ss. orig.] anhand der ITS-Sequenzen nicht von M. procera zu trennen ist [...]. M. fuliginosa ss. Lange & Vellinga ist allerdings genetisch sehr wohl von M. procera s. l. getrennt und kann als eigene Art angesehen werden, worauf auch schon VELLINGA (2001c) hinweist.
Als anwendbare Namen kommen folglich M. konradii und M. fuliginosa nicht infrage und so bleibt der Name M. rhodosperma übrig, der bereits von VELLINGA (2001c) in die Synonymie von M. fuliginosa gestellt wurde.
[...]"
Ich denke, dieser Ausschnitt des Artikels sollte alle Fragen klären.
Was die Bestimmung der Pilze im Ausgangsbeitrag angeht, bin ich mir mittlerweile sehr unsicher. Du kannt gut mit deiner Beurteilung als M. mastoidea s. l. (M. konradii ss. orig.) Recht haben.
Als Argument für diese Möglichkeit zitiere ich noch einmal den Artikel:
"Hutschuppen dunkelbraun, relativ grobschollig
M. konradii (Huijsm. ex P.D. Ort.) M.M. Moser ss. orig. (non Macrolepiota konradii ss. Breitenbach & Kränzlin)
--> M. konradii [...] wird bisweilen mit undeutlichem Buckel beschrieben [...]."
@ Stefan:
Das ist ein Problem bei dem Schlüssel, dass die Unterscheidungskriterien nicht immer deutlich sind. Bei Punkt 1 heißt es:
"1. Ring dick, oft wattig und am Rand [mehr oder weniger] stark ausgefranst, meist komplex/doppelt und mit Laufrille (hierher die Arten der Sektion Macrolepiota: M. procera und verwandte Taxa)
1*. Ring einfach, ohne Laufrille, dünn und häutig (hierher die Arten der Sektion Macrosporae: M. mastoidea, M. excoriata und verwandte Taxa)
--> Wenn [Ring einfach, aber] Hutschuppen grobschollig, dünn, sich an den Rändern häufig [mehr oder weniger] ablösend sowie am Stiel meist leicht genattert, in der Stielrinde bisweilen rötend und Hut ohne zitzenförmigen Buckel siehe M. rhodosperma [...]."
Es werden also keine wirklichen Unterschiede von M. mastiodea s. l. und M. rhodosperma deutlich gemacht, da M. rhodosperma ja offenbar auch mal einen dünnen Ring haben kann und M. mastoidea s. l. (M. konradii ss. orig.) einen stumpfen Hutbuckel (siehe Zitat in der Antwort an Fredy).
Da kommt es wohl wieder auf das Gesamterscheinungsbild an, weshalb es auch so schwierig ist, die Bilder im Ausgangsbeitrag zu beurteilen.
Aber sonst finde ich den Artikel wie auch den Schlüssel hervorragend. Er kann als eine der wichtigsten Literaturstellen zu Macrolepiota und Chlorophyllum gelten, finde ich.
Viele Grüße,
Emil