Dextrinoidität von Hygrophoropsis-Sporen

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 441 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Vitus Schäfftlein.

  • Hallo zusammen,


    vor wenigen Tagen haben ein befreundetes Paar und ich einen Fruchtkörper gefunden, den wir vom Habitus eindeutig der Gattung Hygrophoropsis zuordnen konnten. Hier ein paar Bilder:



    Auffällig sind die hellen Lamellen sowie der dunkle Stiel. Am ehesten passt die alte Beschreibung von Cantharellus aurantiacus var. pallidus (Cooke 1888), die man beispielsweise in Kibby, 2012, p. 47 findet. Von der Sporengröße her passt Hygrophoropsis aurantiaca in jedem Fall (ca. 20 Sporen gemessen):


    • Sporenmaße: 6,0 ± 0,8µm × 3,9 ± 0,2µm
    • Reichweite: 5,0–7,4µm × 3,7–4,3µm
    • Q-Wert: 1,5 ± 0,1

    Vor dem Hintergrund, dass die Gattung scheinbar „in desperate need of modern treatment“ ist, hat dieser Post nicht die Absicht, den Fund eindeutig zuzuordnen. Vielmehr geht es mir um ein Phänomen, das ich nicht zuordnen kann: In der Literatur (bspw. Gminder & Karasch, 2023, p. 72, Breitenbach, 1991, p. 90, Krieglsteiner, 2001, p. 273) wird davon berichtet, dass Hygrophoropsis-Arten dextrinoide Sporen haben – auch Hygrophoropsis aurantiaca. Beim Mikroskopieren habe ich bei keinem von drei Präparaten des Exsikkats vom oben beschriebenen Fruchtkörper dextrinoide Sporen gefunden. Hier ein Beispielbild:



    Interessanterweise steht im 123pilze-Eintrag zum falschen Pfifferling die Beschreibung „teils dextrinoid“. Mir ist bewusst, dass 123pilze nicht die verlässlichste Quelle für Mikromerkmale ist, aber vielleicht ist das ja ein Hinweis. Meine Frage an euch ist: Haben eure Exemplare von Hygrophoropsis-Arten dextrinoide Sporen, oder habt ihr ähnliche Erfahrungen wie ich gemacht? Falls nicht, wie könnt ihr euch die fehlende Dextrinoidität erklären? Ich bin gespannt auf eure Antworten!


    Literatur:

    Breitenbach, J. (1991). Pilze der Schweiz 3: Röhrlinge und Blätterpilze. Mykologia.

    Gminder, A., & Karasch, P. (2023). Das Kosmos-Handbuch Pilze: Mit über 2500 Zeichnungen, über 1500 Arten (1st ed.). Kosmos.

    Kibby, G. (2012). The hygrophoropsis aurantiaca complex. Field Mycology, 13(2), 43–50. https://doi.org/10.1016/j.fldmyc.2012.03.004

    Krieglsteiner, G. J. (2001). Die Großpilze Baden-Württembergs. Band 3: Ständerpilze: Blätterpilze I. Eugen Ulmer.

  • Hallo,


    ich habe nur eine Doku von H. rufa, die hatte schön dextrinoide Sporen:



    Aber bist du mit diesem einzelnen, recht alten Fruchtkörper ganz sicher, dass du in der richtigen Gattung bist?

    Ein Blick auf die HDS könnte noch helfen, um das abzusichern.

    Das sollte keine Kutis sein, sondern einen klaren Übergang zu einem Trichoderm zeigen.


    Meines Wissens habe alle anderen hier verbreiteten Arten auch dextrinoide Sporen.

    Es gäbe noch Hygrophopsis ochraceolutea aus Sardinien mit nicht dextrinoiden Sporen.

    Aber ob es die in Deutschland gibt?


    Contu & Bon 1991: Champignons de Sardaigne (trois nouvelles espèces). Documents Mycologiques 21 (81): 41-45:


    DESCRIPTION - Fig. A -

    Chapeau 2-6,7 cm, charnu, irrégulièrement aplati, non mamelonné, à marge constam-

    ment enroulée, non striée; cuticule non hygrophane, peu séparable, tomenteuse-feutrée,

    sèche, de jaune d'or à jaune ochracé non uniforme.

    TARES minces, serrées, anastomosées, fourchues, longuement décurrentes, de jaune à

    jaune d'oeuf ou jaune orangé pâle, à arête concolore.

    Stipe 1,5-6,5 x 0,3-0,5 cm, fusiforme-radicant, confluent, concolore au chapeau mais

    ocre brunâtre vers la base.; mycélium grisâtre.

    Chair ferme, un peu élastique, jaune orangé pâle; odeur et saveur agréables, frui-

    tées. Sporée blanchâtre.

    Spores (5)5,2-6(6,3) x (3)3,5-4(4,2) um, pâles ou hyalines s.l., cyanophiles, mais

    non dextrinoides, ellipsoïdes ou subovoides, assez souvent étirées vers le sommet, à

    paroi épaisse avec apicule très visible. Basides 20-25 x 5-7 11m, tétraspores.

    Cystides et cellules d'arête absentes. Trame parallèle ou à tendance bilatérale.

    Revêtement piléique composé d'hyphes cylindracées ou clavées x 5-7(10) pm, +/- mêlées,

    à pigment surtout vacuolaire ou mixte et membranaire lisse +/- douteux. Boucles présen-

    tes. Quelques laticifères vers l'hypoderme qui est +/- articulé ou mal différencié.

    Habitat: grégaire dans les lieux humides, sous peupliers. Rare ou seulement calo&

    Sardaigne.

    Récoltes étudiées: Sardaigne centrale ou méridionale, province Cagliari, San Spera-

    te, dans un lieu humide, sous peupliers (Populus sp.?), 2-11-1989, leg. Caret); M. Con-

    tu n° 89/443(Typus CAG), M. Bon n° 89297 (Paratypus).


    Gruss Raphael

  • GriasDi Vitus,

    ich seh da auch nicht unbedingt einen Afterleistling. Das passt zwar vom Habitus her recht gut, die gattungstypisch ganz regelmäßig immer wieder gegabelten Lamellen kann ich hier nicht erkennen.

    An liabn Gruaß

    Werner

  • Hallo Vitus!


    Ich kann die sich mehrfach gabelnden Lamellen auch schlecht sehen, glaube aber eher, dass das an der fehlenden Schärfe liegen könnte.

    Diese weißlamelligen Falschen Pfifferlinge finde ich nach den (vielleicht Einbildung) ersten Frösten nicht selten neben den "normalen" orangelamelligen Falschen Pfifferlingen. Zusammenhang kann ich nicht erklären.

    Mich würde aber interessieren, wie du vorgegangen bist, um die Dextrinoidität festzustellen und welche Reagenz du benutzt hast.


    VG Ingo W

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    "Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten"

    145-15 (Teilnahme APR 2023) = 130+3 (10. Platz) = 133+3 (Unbewusst-Phal) = 136+5 (Lupus-Wette-APR-Sieger=ü300) = 141+5 (GnE-Gewinnsteuer-APR23) = 146+7 (Phalplatz 1) = 153-20 (Teilnahme APR 2024) = 133+5 Honorar APR = 138+8 (APR-Treppchenwette 2.Pl.) = 146+4 (APR-Früh-Joker-Bonus 1.Pl.) = 150+15 (Phalprämierung 2. + 5. Pl) = 165


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  • Hallo zusammen,


    vielen Dank für eure Antworten! Clavaria, das sieht doch mal nach dextrinoiden Sporen aus! Über Hygrophopsis ochraceolutea bin ich auch gestolpert, meiner Ansicht nach scheitert es neben der Seltenheit aber am dicken Stiel und der Vergesellschaftung mit Pappeln.


    Zur Frage, ob ich mir mit der Gattung sicher bin, Werner Edelmann, Clavaria, Ingo W: Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, bin mir aber doch relativ sicher. Neben dem Standort, dem Habitus und der Sporenpulverfarbe sowie -größe ließen sich die Lamellen leicht verwischen und sind an den meisten Stellen zumindest doppelt gegabelt. Hier ein Ausschnitt aus dem obigen Bild mit einer Zwei- und einer Dreifachgabelung:



    Ich gebe aber gerne zu, dass das Bild überbelichtet ist. Mea culpa! Habt ihr denn eine Gattung im Kopf, die als Alternative in Frage käme?


    Ingo W: Um auf deine Frage einzugehen, wie ich beim Dextrinoiditätstest vorgegangen bin: Ich habe dafür ein Stück Lamelle aus dem Exsikkat mithilfe einer Pinzette herausgebrochen, es auf einem Objektträger in KOH 3% ca. 1 Minute eingeweicht, ein Deckgläschen darüber gegeben, das Präparat gequetscht und mit dem 10er- und 40er-Objektiv eine Stelle mit einigen Sporen herausgesucht. Anschließend habe ich mit einem Spatel Melzers Reagenz auf den Objektträger rechts neben das Deckgläschen gegeben und mit einer Präpariernadel zum Deckgläschenrand geschoben, bis sich die Flüssigkeit regelmäßig im Präparat verteilt hat. Daruafhin habe ich bestimmt 20 Minuten im gesamten Präparat nach dextrinoiden Sporen gesucht und bin daran gescheitert. Diesen Vorgang habe ich anschließend in dieser Reihenfolge und mit wachsender Verzweiflung noch zweimal wiederholt.


    Da ich ein Mikroskop-Neuling bin, kann ich keineswegs ausschließen, dass mir hier ein Fehler unterlaufen ist! Leider habe ich keine Schirmlinge oder ähnliches da, womit ich prüfen könnte, ob der Dextrinoiditätstest bei mir grundsätzlich schief läuft. Denn dann wäre es am wahrscheinlichsten, dass etwas mit Melzers oder meinem Vorgehen nicht stimmt. Allerdings habe ich Barals da. Wäre es sinnvoll, damit ein Präparat anzufertigen?


    Vielen Dank noch einmal für eure Antworten!

  • Hallo Vitus!


    Also ich zweifle ja gar nicht an der Gattung.

    Probier doch mal, dein Präparatstückchen gleich in einen winzigen Tropfen Melzers zu geben, lass einwirken und gib dann bisschen Wasser dazu.


    Gruß Ingo

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  • Lieber Ingo,


    danke dir für deine fixe Antwort – und sorry, dass durch das Taggen der Eindruck zustande kam, ich würde denken, dass du die Gattung anzweifelst! Ich habe nun ein Lamellenstück in Melzers aufgelöst und mit einem Tropfen Wasser mikroskopiert. Dabei ist etwas Wildes passiert: Einige Sporen sind dextrinoid, andere wiederum nicht! Hier die Beweisfotos:



    Ob das das ist, was 123pilze mit "teils dextrinoid" meinte? Ich kann mir das schwer vorstellen, das müsste dann doch auch in einschlägiger Literatur stehen...


    Liebe Grüße,

    Vitus

  • Hallo Vitus


    Vermutlich sind die nicht dextrinoiden Sporen unreif, das gab es bei meiner Kollektion auch.

    Am besten testet man das immer im Sporenabwurf, einfach einen Tropfen Melzer drauf.


    Zur Gattung: naja es ist halt ein recht alter Einzelfruchtkörper, da gerät man schnell ins Zweifeln.

    Aber jetzt, wo du die dextrinoiden Sporen nachgewiesen hast, habe ich keine Einwände mehr.

    Zur Artbestimmung sage ich aber lieber nichts, dazu ist der Fruchtkörper zu alt.


    Gruss Raphael

  • Hallo Vitus!


    Jetzt würde mich natürlich noch der Gegentest interessieren, woran es lag.

    Falls du die Nase noch nicht voll hast, würde mich interessieren, wie das Ergebnis ist, wenn du dein Lamellenstück kurz in einen Tropfenm KOH liegen lässt, dann in einem Tropfen Wasser spülst und dann in Melzers legst.

    Schau mal, wie die Haare hier bei dieser Hyaloscypha-Art reagieren:

    ASCO-SONNEBERG - Hyaloscypha


    Gruß

    Ingo

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  • Hallo zusammen,


    Clavaria, mich würde interessieren, warum du denkst, dass die Reife der Sporen relevant für die Dextrinoiditätsreaktion sein könnte. Meines Wissens nach reagiert die Reagenz nämlich lediglich mit der oberflächlichen Sporenhülle und die sollte doch auch bei jungen Sporen vorhanden sein, oder irre ich mich?


    Ingo W, so schnell habe ich die Nase von Pilzen nicht voll! Ich habe ein Lamellenstück in KOH eingeweicht, mit Wasser abgespült und in einen Tropfen Melzers gelegt. Interessanterweise habe ich diesmal erneut keine dextrinoide Spore finden können. Den Bezug zur Dextrinoidität der Paraphysen von Hyaloscypha spiralis erschließt sich mir leider noch nicht ganz. Schön aussehen tut es aber in jedem Fall!


    Liebe Grüße,

    Vitus