Nehmen wärmeliebende Arten tatsächlich zu?

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 296 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Austernseitling.

  • Hallo zusammen,

    ein komisches Pilzjahr ist es aktuell. Vor allem in meinem Hauswald, ein sehr bunt gemischter Laubwald mit eingestreuten Tannen, tauchen dieses Jahr lauter Pilze auf, die ich dort in 4 Jahren noch nie gesehen habe. Promimente Beispiele waren im Sommer Butyriboletus appendiculatus und Amanita franchetii, heute dann im Wald unter einer Monstereiche mein erster Fund von Hemileccinum impolitum in Deutschland.

    Die gelten allesamt als wärmeliebende Eichenbegleiter und die letzten beiden kenne ich nur als Parkpilze, habe sie sogar in Deutschland davor noch nie gesehen. Außerdem gabs noch zum Ersten Mal die Hundsrute, auch noch nie gesehen hier

    Ist es einfach nur ein außergewöhnliches Jahr (wobei es eigentlich gar nicht so heiß und trocken war)? Oder breiten sich die wärmeliebenden tatsächlich aus?

    Viele Grüße

  • Übrigens bleiben manche sonst häufige Arten trotz augenscheinlich guter Witterung bisher völlig aus. A. phalloides und A. pantherina finde ich dort jedes Jahr und selbst nach dem total verregneten Juli nach dem sie oft auftauchen, gab es nicht einen Fruchtkörper.

    Viele Grüße

  • Ist es einfach nur ein außergewöhnliches Jahr (wobei es eigentlich gar nicht so heiß und trocken war)? Oder breiten sich die wärmeliebenden tatsächlich aus?

    Hallo Schrumz,

    Das Problem ist, dass sich das nur anhand langer Datenreihen beweisen ließe, die es nicht gibt.

    Ich hatte dieses Jahr wieder mal Leucoagaricus barsii, gefühlt würde ich sagen der wird häufiger, aber es bleiben eben anekdotische Nachweise.


    Da die Extreme zunehmen, müsste es aber auf jeden Fall mehr außergewöhnliche Jahre geben (positiv und negativ). Mit den abnehmenden Westwind-Wetterlagen wird es wohl auch regional immer "ungerechter" werden (was die statistische Datenerhebung nicht leichter macht).


    Die Frage ist auch, was die "wärmeliebenden" Arten zur Fruktifikation genau brauchen. Kurzen Hitzestress mit über 35°? Einen milden Winter vorneweg? Einen im Mittelwert warmen Sommer? Schon das wird nicht für alle Arten gleich sein.


    Gruß,


    Wolfgang

  • Hallo,


    wenn es nicht die schreckliche zweite Augusthälfte gegeben hätte würde ich dieses Jahr als top einstufen. So ist es nur noch überdurchschnittlich. Das die wärmeliebenden Arten häufiger werden ist wahrscheinlich aber zumindest bei mir haben sich in dieser Saison noch keine neuen mir bekannten Arten breitgemacht. Die vier von Dir gefundenen Arten gibt es hier schon länger. Ich warte vor allem auf Amanita caesarea.


    VG Jörg

  • Hallo,


    nach meinem "Bauchempfinden" hat sich die letzten 10 bis 15 Jahre das Artenspektrum mehr und vor allem schneller verändert als um die Jahrtausendwende und davor. Es ist aber auch denkbar, dass ich mittlerweile genauer hinschaue und durch mehr Artenkenntnis mehr registriere.


    Neben A. franchetii und H. impolitum betrifft dies A. strobiliformis und C. radicans. Ich würde auch S. queletii dazu zählen, früher sehr selten, mitllerweile deutlich häufiger anzutreffen.


    Gerade A. franchetii kann man SEHR leicht mit A. rubescens verwechseln, wenn die typisch gelbe Farbe verblasst. Möglicherweise hatte ich den früher einfach nicht erkannt. Seitdem ist mir auch der Appetit auf Perlpilze vergangen, zumal regelmäßig 90+ % verwurmt sind.


    Die Kehrseite der Medaille sind Arten wie z.B. das Kuhmaul, welches ich mangels gesunder Fichtenforsten kaum noch zu Gesicht bekomme. Vor über 40 Jahren hatte ich diese Art in einem Volkshochschul-Kurs als Speisepilz empfohlen bekommen, damals gab es hier noch reichlich Fichtenschonungen.


    Gruß,


    Frank

  • Hallo Frank

    und Schrumz und alle anderen


    In die Richtung von Franz hab ich grad auch denken müssen, als ich diesen Thread gelesen habe. Ich weiss ständig etwas mehr, bin mir des einen oder anderen Pilzes von hier aus dem Forum oder von Bestimmungsabenden oder Exkursionen plötzlich gewahr und danach treff ich auch auf tatsächlich auf ihn! Es verändert sich bestimmt einiges in der Natur aufgrund des Klimaschocks, aber ob ich das mit meinen 13 Jahren Pilzsammelerfahrung wirklich wahrnehmen kann, wage ich zu bezweifeln.


    Mir geht es jetzt grad mit dem Nadelwald-Anhängselröhrling so: Immer nur hier von den beiden Anhängseln gelesen und dieses Jahr finde ich sie mehrfach, sie werden mir gezeigt von Freunden, sie werden an die Bestimmungsabende im Verein gebracht. Vermutlich haben die bei uns grad ein gutes Jahr. Ich hab die zuvor nie live gesehen. Die gelten ja als relativ selten. Wohl deswegen, weil sie nicht so regelmässig in Massen fruktifizieren.


    Anderes Beispiel: WuBi: Hier im Forum lese ich seit Jahren, dass der speziell sei, nicht so häufig, vor allem in Parks usw. Ich kenne den seit über 10 Jahren und zwar aus anthropogen geprägten Umgebungen wie auch aus dem Wald aus verschiedenen Landesregionen. Sieht toll aus, aber fand ich jetzt immer normal, den zu anzutreffen (weil ich ihn schon früh kennengelernt hatte - vermutlich).


    Wie Wolfgang schon geschrieben hat: Langjährige Datenreihen bräuchte man. Teilweise kann ich in der Pilzkartierungsdaten hier in der CH schon sehen, dass gewisse Pilze in gewissen Jahren oder überhaupt v.a. in den letzten paar Jahren kartiert wurden. Aber teilweise waren diese Arten anders oder noch gar nicht abgetrennt und dann ist das nur mässig aussagekräftig.


    Und wenn ich so an die letzten Pilzjahre zurückdenke: Jedes Mal hab ich irgendwann gefunden, es sei grad ein komisches Pilzjahr;-) Und das macht unser Hobby ja gerade spannend! Erst recht, wenn grad ein erschreckend schneller Klimawandel im Gang ist.


    Liebe Grüsse

    Andreas