Wiese (vii)

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 653 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Wolfgang P..

  • Moin,


    noch ein paar Arten von der Wiese, die in den letzten Tagen dazugekommen sind


    1) eine kleine weiße Keulenkoralle, vermutlich irgendwas aus dem Umfeld von Ramariopsis subtilis agg.

    2) Clavaria gracilis

    3) eine relativ helle Zunge, die im Makro haarig aussieht, also wohl eher Trichoglossum - die Färbung kann natürlich auch vom Befall kommen

    4) Hodophilus foetens (s.l.), ziemlich klein, ~1 cm, mit der üblichen Duftnote


    5) Entoloma incana


    LG, Bernd

  • Hallo Wolfgang,


    nein, mikroskopisch habe ich das nicht abgegrenzt (geht das überhaupt ohne Sequenzen?), aber man kann den Namen ja immer noch im antiken Sinne von vor der Abspaltung verwenden - ich weiß, dazu gehört dann die korrekte Autorenbezeichnung um das kenntlich zu machen. Aber Autorenbezeichnungen sind im Forum ja selten verwendet.

    Zum Neutrum - ich weiß, dass meistens incanum verwendet wird. Aber: es gibt im Lateinischen kein Neutrum mit -a. Es gibt nur Femina (der Normalfall) und spezielle Maskulina. Das Neutrum kommt von dem sehr seltenen altgriechischen λῶμα [https://lsj.gr/wiki/%CE%BB%E1%BF%B6%CE%BC%CE%B1], das sich in normalen altgriechischen Wörterbüchern nicht findet, sondern nur in linguistischer Hardcore-Literatur speziell zur Etymologie. Wird dadurch das aus griechischen Fragmenten zusammengesetzte Entoloma im Lateinischen zu einem Neutrum? Nein. Denn ICN sagt ja selbst aus, dass alle Taxa ungeachtet ihrer Herkunft (grammatikalisch) wie Latein zu behandeln sind. Folglich ist Entoloma als "lateinisches" Wort feminin, da keine Argumente vorgebracht wurden, warum es das auch noch mögliche Maskulinum sein muss. Ein Neutrum kann es auf keinen Fall sein.


    LG, Bernd

  • Wird dadurch das aus griechischen Fragmenten zusammengesetzte Entoloma im Lateinischen zu einem Neutrum? Nein. Denn ICN sagt ja selbst aus, dass alle Taxa ungeachtet ihrer Herkunft (grammatikalisch) wie Latein zu behandeln sind. Folglich ist Entoloma als "lateinisches" Wort feminin, da keine Argumente vorgebracht wurden, warum es das auch noch mögliche Maskulinum sein muss. Ein Neutrum kann es auf keinen Fall sein.

    Hi Bernd,


    in Art. 62.2 (c) des ICN steht :

    Zitat

    Compounds ending in ceras, dendron, nema, stigma, stoma, and other neuter words, are neuter.

    Gruß,


    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    ICN ist da nicht sonderlich konsequent, und "other neuter words, are neuter" ist natürlich ein Zirkel. Ich bin ja durchaus für das Konservieren von Erstbeschreibungen, die daraus resultierten, dass die klassische Wissenschaftssprache Altgriechisch+Latein war. Dann sollte man aber auch Konservierung vor Generalität stellen.


    Insbesondere Prinzip V

    "Scientific names of taxonomic groups are treated as Latin regardless of their derivation." steht dem entgegen. Wobei dieses Prinzip ohnehin anmaßend ist. Man hätte es wenigstens "... sind gemäß der lateinischen Grammatik zu behandeln ..." formulieren können (damit man die Namen in einer lateinischen Beschreibung ordnungsgemäß verwenden kann).


    So wie es da steht, ist eine Gruppe von Personen übereingekommen, dass etwas Latein zu sein hat, ohne dass dies Muttersprachler, Sprecher oder Kenner der Sprache wären - von gelegentlicher oberflächlicher Nutzung abgesehen.

    Das ist so, als würde ein Rudel von Linguisten beschließen, dass die Banane ein Baum zu sein hat, schließlich hat jeder der Beteiligten schon Bananen gegessen und ist daher kompetent.


    Botanisch-mykologisch nach ICN ist eine Fachsprache (die in jeder Sprache gleich ist), die als solche Bestandteil jeder anderen Sprache, in der sie verwendet wird, als Soziolekt ist. So wie C6H7N oder Zeh-Oh-Zwei durchaus ein Teil des Deutschen, Fachsprache Chemie und angrenzend, sind, ohne dass man diese deutsch K6W7S oder KS2 nennen würde. Worauf ich hinaus will, es ist völlig unsinnig, die Namen nach ICN als Latein zu bezeichnen - es sind Namen nach ICN. Und da man derzeit Englisch als dominante Publikationssprache hat, ist Gender in Namen ohnehin hinfällig. Dann bleibt nur noch "Erstbeschreibung war E. incanum" - das wäre ein schlüssiges Argument.


    LG, Bernd

  • Hi Bernd,

    Du kannst Dich gerne für die ICN-Kommission bewerben, um den Augias-Stall endlich auszumisten.


    Bis dahin musst aber die Typusart der Gattung nachsehen (Fr. ex Kummer 1871): der Riesenrötling Entoloma sinuatum, nicht sinuata. Oder Du schaust in Mycobank den Gender nach.


    Grüße,


    Wolfgang

  • Hallo allerseits,


    ich habe mir das Stück Publikation im DGfM Forum durchgelesen. So richtig überzeugen tut mich die Artabgrenzung mit überlappenden Sporenmaßen 12,5 * 8 vs. 10,5 * 7,5 nicht.


    Die alte E. incanum war (Fr.) Hesters 1967, das wäre jetzt s.l. Heißt die neue s.str. immer noch so? Deren Beschreibung müsste doch aktualisiert worden sein mit der Aufspaltung? Und dazu müsste man den Holotypus der Art neu untersuchen? Das wäre immer noch der von Agaricus incanus Fr. 1821. Stelle ich mir schwierig vor. Oder tut man einfach so, als wäre es keine Aufspaltung, sondern eine neue Art, weil der Holytypus in der Originalbeschreibung Sporen der genannten Größe hatte?



    LG, Bernd

  • Hi Bernd,

    wenn sich der Holotyp als nicht geeignet zur (genetischen) Untersuchung erweist, wird ein Neotyp danach ausgesucht, dass er möglichst genau den Angaben des Holotyps entspricht und aus derselben Region stammt wie der Holotyp.


    Dann wird er sequenziert, und alle späteren Bearbeiter können anhand der Sequenz unterscheiden, ob sie incanum s.str. (im Sinne des neuen Neotyps) oder verae vor sich haben.


    Ob das Merkmal der mittleren Sporengröße tragfähig ist, oder ob man ein anderes Unterscheidungsmerkmal findet, oder ob man bis in alle Zukunft immer eine Sequenz ziehen muss, wird sich erst noch erweisen. E. verae ist ja noch recht neu als Name, und längst nicht in der Merkmalsbreite erforscht.


    Gruß,


    Wolfgang