Trockenschaden oder Pilze trocknen

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 812 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von mitternachtspilz.

  • Hallo!

    Mich treibt eine Frage um, bei der ich befürchte, dass die Antwort eventuell so nahe liegt (und ich nicht drauf komme), dass es sehr peinlich für mich werden könnte :P


    Wenn Fruchtkörper lange der sonne ausgesetzt waren und mit wenig Wasser klarkommen müssen, kann es ja zu sogenannten „Trockenschäden“ kommen. Wenn es da um Pilze geht, die man zum Verzehr sammelt, wird in dem Fall vielerorts davon abgeraten. Warum genau ist das so und worin besteht der eigentliche „Schaden“? Zuhause würde ich z. B. einen Röhrling ja auch trocknen und dann nach Bedarf wieder rehydrieren. Und das Trocknen muss ja auch nicht zwingend im Dörrex passieren, sondern kann auch in der Mittagssonne geschehen.


    Ist’s das Tempo in dem das geschieht, was den Unterschied macht?
    Liegt’s an der Tatsache, dass der Fruchtkörper in einem Fall noch weiter versorgt wird (wenn auch spärlich) und im anderen Fall tot ist?

    Welche biologischen oder chemischen Prozesse laufen ab, die den Pilz im ersten Fall vom Verzehr ausschliessen?


    Weil bei solchen Eiweiss-/Zerfall-/Gammel-Fragen oft (zurecht) der Vergleich "bei Fleisch machst du das ja auch nicht anders" kommt: Ich wüsste auch da keine 100%ig gute Antwort.


    Danke für euren input!

  • Ahoj, Eule,

    (bin auch eine solche)

    die Frage finde ich auch sehr interessant.

    Bitte kommentiert reichlich!


    Achsoja: herzlich willkommen!


    LG

    Malone

    Link zu Pilzlehrwanderungen: Pilzschule Rhein-Main

    Link: Verzehrfreigaben gibt es online nicht

    Galerie: Pilzfotos "zum Anfassen"/Stereobilder

    Der frühe Vogel fängt den Wurm. Soll er doch im Dunkeln tappen...ich fange lieber Pilze. Fossas sind auch nur aktiv, wenn es sich lohnt.

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  • Hallo,


    ich gebe hier einmal meine Meinung dazu ab. Wenn ich Pilze trockne nehme ich nur junge Exemplare in einer von mir kontrollierten Umgebung während des Vorganges. Bei einer von der Natur hervorgerufenen Trocknung kenne ich nicht den Zustand des Pilzes, ob er z. B. vielleicht schon Zersetzungserscheinungen, Schimmel- oder Madenbefall hatte. Daher rate ich ab, solche Pilze zu Speisezwecken zu verwenden. Wenn ein Speisepilz aber nur einen Trockenschaden wie hier hat



    habe ich kein Problem mit dem Trocknen. Da kann ich den Frischezustand noch abschätzen.


    VG Jörg

  • Hallo


    (welcome) Ich glaube, dass ich auch zu den Eulen gehöre sieht man an der Uhrzeit meines Beitrags. Obwohl ich zur Verteidigung sagen muss, dass ich noch mit Freunden in einer Bar etwas trinken war. :)

    Zum Trockenschaden, bzw. dem Unterschied zum Trocknen. Für mich gilt, sobald ich den Fruchtkörper entnehme, erhält er auch keine Nährstoffe oder Flüssigkeit mehr und ich kann ihn trocknen und damit haltbar machen. Ein Fruchtkörper mit Trockenschaden der z.B. an der heissen Sonne trocknet, ist aber dabei immer noch mit dem Myzel verbunden und bekommt dann evtl. wieder Nährstoffe oder Flüssigkeit, dadurch wird der Trocknungsvorgang unterbrochen und es ist dadurch kein "richtiges" Trocknen. Ob das so stimmt weiss ich nicht genau, aber so ist zumindest meine Überlegung.


    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • Hallo mitternachtspilz,


    hier wurde ja schon einiges passendes geschrieben. Nun auch ein paar Gedanken von mir zu deiner interessanten Frage. Jörg bringt es schon auf den Punkt. Das Ziel des Trocknens ist das Unterbinden von chemischen Reaktionen und mikrobiellen Verderbsprozessen. All diese Reaktionen benötigen ein bestimmtes Maß an freiem Wasser, um stattfinden zu können. Ziel ist es also mit dem Trockenen die freie Wassermenge zu reduzieren, um die Pilze haltbar zu machen. Unterschreiten wir die für die Reaktionen minimal benötigte Wassermenge, sind unsere Pilze prinzipiell haltbar. Hier kommt der von dir erwähnte Aspekt der Zeit ins Spiel. Den haltbaren Zustand wollen wir möglichst schnell erreichen. Wurden zuvor nämlich bereits toxische Stoffwechselprodukte durch mikrobiellen Verderb gebildet, ist auch der getrocknete Pilz anschließend nicht mehr genießbar. Sprich verschimmelt er z.b. bevor er ausreichend trocken ist. Das wird ganz anschaulich wenn man an vergammelte Pilzleichen aus dem Wald denkt, die manchmal völlig vertrocknet sein können. Diese sind in diesem Zustand zwar 'haltbar' und unanfällig gegen weiteren mikrobiellen Abbau, etc., zuvor aber schon vergammelt, als noch mehr Wasser verfügbar war. Da würde niemand auf die Idee kommen, sowas zu verspeisen.

    Um die Trocknung zu beschleunigen versuchen wir zu Hause optimale Bedingungen zu schaffen. Dünne Pilzscheibchen, möglichst trockene und warme Luft. Wie Jörg richtig schreibt, sind im Wald diese Bedingungen möglicherweise nicht durchgängig gegeben. Oder der Trocknungsvorgang dauert so lange, dass bis zum Erreichen des haltbaren Zustandes bereits mikrobieller Verderb in relevanter Menge stattfinden konnte. Der Fruchtkörper ist viel dicker als die Zuhause getrockneten Stückchen und wird vielleicht noch teilweise mit Wasser versorgt. In der Nacht ist es kühler und es herrscht eine höhere Luftfeuchtigkeit. Dadurch wird möglicherweise an zuvor bereits trockengeschädigten Stellen die Möglichkeit geboten, dass sich Bakterien und Schimmelpilze vermehren, da das Wasserangebot wieder ausreichend ist. Einfach gesagt, wir wissen nicht genau, was mit dem Pilz alles passiert ist, bevor er so trocken wurde.


    Leichte Trockenschäden sprechen meiner Meinung nach nicht gegen den Verzehr von ansonsten optisch einwandfreien Fruchtkörpern. Mikroorganismen kommen überall vor und verschiedenste Stoffwechselvorgänge laufen auch durchgängig ab. Pilze aus dem Wald sind nicht steril. Man sollte sie eben nur essen, bevor sich pathogene Mikroorganismen in relevanter Menge vermehrt oder ein toxisches Stoffwechselprodukt in bedenklicher Menge gebildet wurde. Sind irgendwo feinste Anzeichen von Schimmel oder braune Stellen zu erkennen oder riecht der Pilz merkwürdig, dann bleibt er im Wald. Generell lasse ich lieber einen Fruchtkörper stehen, wenn ich mir unsicher bin.

    Persönlich habe ich lieber eine kleine Ausbeute und dafür nur junge einwandfreie Pilze und kann sie mit Genuss essen. Was ich bei anderen Pilzsammlern unter anderem auch bei YouTube teilweise in den Körben sehe finde ich grausig. Aber das ist ein anderes Thema. Da bin ich vielleicht auch etwas penibel, was den Zustand der gesammelten Pilze angeht :)


    Viele Grüße

    Luca

  • Vielen Dank für die Antworten bis dato. Ich fühl mich schon sehr viel schlauer, was das Thema angeht. Ergibt alles Sinn für mich. Auslöser der Frage/der Überlegung war im Übrigen diese Glucke hier, die ein Freund gefunden hat. Da war mein erster Gedanke auch "Na ja... schade, leider Trockenschäden". Muss mal fragen, ob er sie tatsächlich

    mitgenommen hat.