Ist das nicht der "löwengelbe" ?

Es gibt 36 Antworten in diesem Thema, welches 6.877 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Josef-08.

  • Servus Josef,


    Schnallen hatten wir ja ohnehin erwartet, da Polyporus badius bereits makroskopisch auszuschließen ist. Polyporus tubaeformis kenne ich aus eigener Anschauung, wobei die reif wie gesagt unverwechselbar wären. Hier geht es aber um sehr junge Fruchtkörper, bei denen der Hut noch blass ist.
    Polyporus hygrocybe kenne ich (natürlich) nicht aus eigener Anschauung, aber der hat nach Ryvarden & Melo weitere Poren als Polyporus varius und wächst an Salix.


    Man kann die Arten aber auch steril trennen.


    Polyporus tubaeformis hat Skeleto-Bindehyphen des Bovista-Typs (das heißt, sie verdünnen sich zu den Enden hin auffallend und deutlich) während Polyporus varius dies nicht oder nur sehr vereinzelt zeigt (die meisten Verzweigungen enden stumpf und relativ dick).


    Einfacher ist es aber natürlich, die Fruchtkörper einfach weiterhin stehen zu lassen und ausreifen zu lassen. Dann würde bei Polyporus tubaeformis der Hut schön rotbraun werden, bei Polyporus varius löwengelb-ocker bleiben. Und man hätte Sporen.


    Liebe Grüße,
    Christoph


    Zitat

    Ich wusste gar nicht, dass du dich auch mit Porlingen intensiver beschäftigst.


    Lieber Stefan,


    woher sollst du das auch wissen? ;) Ich habe über Porlinge bisher nur in der Mycologia Bavarica und was Porlinge und Cortis betrifft, in einer forstwissenschaftlichen Zeitschrift publiziert. Ich habe Cortis und Porlinge vor allem als Bioindikatoren für Waldzustand eingesetzt - und da ich in der Zeit mehr an Kartierungsprojekten als an Veröffentlichungen gearbeitet habe (also Berichte für Auftraggeber verfasst habe), ist das quasi kryptisch abgelaufen. Ich habe in den letzten Jahren eh recht wenig publiziert (da ich zu sehr mit Berufsumstieg und den Folgen zu tun hatte - neben ehrenamtlichem Engagement). Der Tag ist einfach zu kurz :)


    Liebe Grüße,
    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Ja, insbesondere an der Sache mit den zu kurzen Tagen ist was dran. ;)
    Das mit den Hyphen ist gut zu wissen und erschließt sich sicher am besten, wenn man es mal selbst untersucht. Ein paar Varius - Porben einzusammeln ist dabei weniger das Problem. Aber ich denke, auch der "Trompetenförmige" wird mir schon irgendwann über den Weg laufen, mal sehen.



    LG; pablo.

  • Hallo,


    Ich war am Samstag wieder an der Stelle und habe dort noch Pilze gefunden, allerdings nicht mehr in dieser blassen Form.
    Ob es die gleichen Pilze sind, kann ich jetzt natürlich nicht mit 100%iger Sicherheit sagen, nehme es aber stark an.
    Wir hatten damals noch einige davon stehen lassen und andere waren nicht da.
    Ich nehme an, dass sie bei dem ersten Fund noch ganz frisch waren und jetzt mit dem Älterwerden dunkler geworden sind.
    Zwischen dem ersten und zweiten Fund liegen ja inzwischen auch 9 Tage.
    Bei einigen ist auch die von Christoph angesprochene Vertiefung in der Hutmitte jetzt deutlicher sichtbar.
    Ich zeige mal de Bilder von meinem neuen Fund. Vielleicht ist daraus mehr zu erkennen.




    Gruß Josef

  • Servus Josef,


    jetzt sieht es wirklich wie ein typischer Polyporus tubaeformis aus. Jetzt fängt der Hut an, Richtung Kastanienbraun zu verfärben, wie ich vermutet hatte. Schöner Fund!
    Das Angebot, reinzumikroskopieren, steht noch, aber da die Art leicht bestimmbar ist, kann das jeder mit Mikroskop machen (mit der richtigen Literatur).


    LG
    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Wow, tolle Pilze. 8|
    Klarer Fall, sowas hatte ich noch nie in der Hand. Interesse habe ich ja nach wie vor, den UNterschied in den Hyphen werde ich schon erkennen und ein Klassischer P. leptocephalus liegt bereit zum Direktvergleich.
    Zur Not musst du eine Münze werfen, Josef. ;)



    LG, Pablo.


  • Klarer Fall, sowas hatte ich noch nie in der Hand. Interesse habe ich ja nach wie vor, den UNterschied in den Hyphen werde ich schon erkennen und ein Klassischer P. leptocephalus liegt bereit zum Direktvergleich.
    Zur Not musst du eine Münze werfen, Josef. ;)


    Lieber Josef,


    dann spar dir das Münzenwerfen. Ich kenne Polyporus tubaeformis ja aus eigener Anschauung, während Pablo ihn noch nicht in der Hand hatte. Insofern würde sich Pablo sicherlich mehr darüber freuen, ihn untersuchen zu können. Schick ihn daher ruhig an Pablo ;) - und falls @Pablo Fragen haben sollte zu Mikromerkmalen, kann er mich gerne kontaktieren (oder hier öffentlich nachhaken).


    Der Thread zeigt im Übrigen, dass selbst in vermeintlich leichten Gattungen meist mehr Arten enthalten sind, als man meint und auch solche Gattungen spannend sein können. Genauso wie mit der Gattung meines Nicknames - da gibt es aktuell fünf anerkannte Arten in Europa - und das ist die Untergrenze. Die "gängigen" Bücher nennen meist nur zwei davon. Auch hier gehen viele spannende Funde wegen populärer Literatur "durch die Lappen". Das ist das gute an Foren, in denen frei diskutiert werden kann.
    Und ein Tipp zum Schluss: aberrante, nicht einfach bestimmbare Fruchtkörper sollte man nie zu schnell wegwerfen - lieber als Beleg aufbewahren, denn gerade solche Kollektionen stellen sich gerne mal im Nachhinein als kleiner Schatz heraus. :cool:


    LG
    Christoph (und Gratulation zu dem Spitzenfund)

    • Offizieller Beitrag


    Hi,


    na ja, wenn eine ganze Kollektion im Idealzustand vorhanden ist, stimme ich dir vollkommen zu; bei Einzelfruchtkörpern, die ggf. überständig sind oder Frost abbekommen haben, ist das immer so eine Sache...


    l.g.
    Stefan

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Ok then! :thumbup:
    Das Angebot würde ich jedenfalls gerne annehmen. Und die Mikrobilder stelle ich dann sowieso hier rein, zum betrachten, vergleichen und zur Diskussion.


    Meistens hebe ich gerade die unklaren und irgendwie potentiell untypischen Funde auf. Habe ich nicht immer so gemacht und mich dann hin und wieder im Nachhinein geärgert, weil neue Funde neue Ideen brachten, mit denen man bei älteren Funden hätte weiter arbeiten können.
    Aufheben macht also schon Sinn, wobei ich wohl bald mal einen Teil auslagern muss. Also in ein offizielles Herbar weitergeben, um Platz zu schaffen. ;)
    Sieht nach Arbeit aus für Markus Scholler (weil Karlsruhe halt am nächsten liegt)...



    LG, Pablo.

  • Hallo Christoph, Hallo Pablo,


    Erst mal herzlichen Dank an Christoph für die Bestimmung und herzlichen Dank an Euch beide für Euer Angebot.


    Schön, dass Ihr Euch einig seid, wer die Pilze bekommen soll und ich keine Münze zu werfen brauche.
    Die Pilze werde ich also dann an Pablo schicken.
    Leider sind die Pilze nach dem Trocknen nicht mehr so schön wie auf dem Bild, sondern haben eine schmutzig-dunkel-grau-braune Farbe angenommen.
    Also bitte nach dem Auspacken nicht enttäuscht sein. ;)


    @ Pablo:
    Leider ist mir gerade was wichtiges dazwischen gekommen, so dass ich nicht gleich dazu kommen werde.
    Ausserdem möchte ich noch vorher meine Mitfinder kontaktieren, damit die sich nicht übergangen fühlen.
    Ich werde mich aber sobald wie möglich (spätestens bis nächsten Sonntag) per PN bei Dir melden.


    Herzliche Grüße,
    Josef

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Joseph!


    Auch das mit der Farbänderung ist interessant: Weil die meisten Stielporlinge schon ziemlich zusammenschrumpeln beim Trocknen, aber nicht unbedingt die Farbe groß ändern. Könnte also auch ein möglicher Hinweis sein. Oder auch einfach Zufall.
    Macht aber nichts, solange kein Schimmel drüberwächst, ist das für die Untersuchung kein Problem.
    Aber lass dir die Zeit, die du für wichtigere Dinge brauchst, diese Woche ist bei mir ohnehin etwas stressig und Zeit für eine gemütliche Bearbeitung hätte ich erst ab nächster Woche wieder. Aber eine Adresse schicke ich dir schon mal.



    LG; pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!


    Ich muss sagen, daß ich ganz begeistert bin von der Zusendung und den Pilzen. :)
    Eine ausgesprochen hübsche Kollektion, sehr gut konserviert und in hervorragendem Zustand. Mal abgesehen davon, daß tatsächlich kaum Sporen zu finden sind, aber da steckt man nicht drin und bei diesen Stielporlingen sind die Chancen immer recht hoch, daß die sich gerade in einer "sporenfreien Phase" befinden.
    Im grunde ist das aber auch gar nicht schlimm, denn: Die Sporen der meisten Polyporus - Arten sehen ziemlich gleich aus. Die feinen Unterschiede in Form und Größen kann man tatsächlich nur bestimmungsrelevant beurteilen, wenn man sie aus einem Abwurfpräparat von einem reifen, voll entwickelten Fruchtkörper entnimmt.


    Ich bin absolut überzeugt, daß das hier Polyporus tubaeformis (nennen wir den mal: Trompetenförmiger Stielporling) ist, wie Christoph schon zu Beginn vorgeschlagen hat. :thumbup:
    Zudem glaube ich, daß diese Art sich auch makroskopisch meistens schon gut bestimmen lässt. Wichtig sind hier die ziemlich feinen Poren, aber eben nicht so fein wie bei Polyporus badius, der zudem wesentlich kräftigere, dickere Fruchtkörper bildet.
    Die Hutoberfläche hat - auch im Exsikat noch! - eine etwas andere Haptik als die von Polyporus leptocephalus: Etwas glatter, die Fasern stärker eingewachsen, und tatsächlich ein wenig speckig (beim vorsichtigen Befeuchten), wie Polyporus badius. Aber: Hüte von Polyporus leptocephalus bleiben entweder ockergelb oder blassen sogar noch etwas aus beim Trocknen. Hier werden sie offensichtlich dunkler und zum Schluss richtig braun, ein verhalten, daß ich bei Polyporus leptocephalus noch nie beobachtet habe.
    Polyporus melanopus letztlich ist ebenfalls eine Art mit eher kräftigen, fleischigen und großen Fruchtkörpern, die zudem wohl überwiegend an vergrabenem Holz oder neben dem Holz auf dem Erdboden wächst. Auch sollten da die Poren noch ein kleines bisschen gröber ausfallen als hier. Die Hüte von Polyporus melanopus dürften wohl kaum jemals so trichterig vertieft sein wie hier, sondern wellig-flach oder sogar etwas konvex.
    Eine Ähnlichkeit der Ähnlichkeiten zwischen Polyporus melanopus und Polyporus tubaeformis ist übrigens der Stiel: Wie bei Polyporus melanopus wird er auch bei Polyporus tubaeformis beim Trocknen zunehmend schwarz und grob längsrunzelig. Allerdings wäre er durch den Wuchs direkt auf Holz bei P. tubaeformis wohl nie wurzelnd.
    Mikroskopisch konnt ich keinen Vergleich mit Polyporus melanopus anstellen, den den hatte ich noch nie in der Hand.
    Der Unterschied zu Polyporus badius ist klar: Der hat keine Schnallen.
    Einen Polyporus leptocephalus hatte ich zwischendurch noch eingesammelt und auch verglichen, da immerhin gibt es (von den Sporen abgesehen, das ist hier nicht zu beurteilen) schon einen bzw. zwei recht deutliche Unterschiede.
    Zum einen sehen die Hyphen anders aus, was sich besonders gut im Hutfleisch beobachten lässt, zum Anderen beobachte ich auch einen deutlichen Unterschied im Aufbau der Hutkruste. Zu letzterem finde ich keine Erwähnungen in der mir zugänglichen fachliteratur, insofern mag das nicht konstant sein. Aber die unten abgebildete Huthautstruktur bei P. tubaeformis fand sich konstant in allen vier Fruchtkörpern, von denen ich dazu ein Präparat gemacht hatte.
    Eventuell ist das aber auch altersbedingt, da müsste man mal einen ganz jungen Fruchtkörper untersuchen.


    Alles Weitere kann man hoffentlich den Bildern entnehmen, die man wie üblich anklicken kann, um sie zu vergrößern.


    Polyporus tubaeformis:





    Polyporus leptocephalus (= Polyporus varius):




    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo


    Herzlichen Dank für Deine Bemühungen und diese wirklich sehr schöne und umfassende Zusammenstellung,


    Und herzlichen Dank natürlich vor allem auch an Christoph, ohne dessen ernorme Sachkenntnis das hier ja alles gar nicht zustande gekommen wäre.


    Da sieht man mal wieder, wie sich aus einer einfachen "dummen" Anfrage ein hochinteressantes Thema entwickeln kann.


    Mein Pilzfreund war übrigens auch nicht untätig geblieben und hat seine Exsikkate einem luxemburgischen Porlingsspezialisten, den er von Tagungen her kannte,
    zur Verfügung gestellt, und der zusammen mit einem franz. Kollegen zum gleichen Ergebnis kam.


    Da der Pilz jetzt sogar grenzüberschreitend untersucht wurde und alle zum gleichen Ergebnis kamen, dürften wohl alle Zweifel ausgeräumt sein.


    Liebe Grüße
    Josef