Beiträge von KaMaMa

    Hallo zusammen,


    beim folgenden Fund, bin ich mir nicht sicher ob die Bestimmung passt, vor allem wegen der roten Reaktion des Hymeniums auf Lugol.

    Trotzdem vermute ich eine Fellhanera cf. viridisorediata.

    Vielleicht liege ich aber komplett daneben?


    Zur Beobachtung:

    Bild 1 Ein Waldweg im Herzen der Schwäbisch-Fränkischen Waldberge, mit einer Tanne an der Böschung...


    Die untersten Äste besitzen überwachsene Nadeln. Das will untersucht werden!

    Bild 2 Tannenwedel mit hellen Stellen auf den Nadeln


    Bild 3 Vermutlich keine Hinterlassenschaft von Vögeln, oder?

    1-2-3 Zweiglein eingesackt.


    Bild 4 Erstmal nichts Spektakuläres unter der Lupe, dann ein erstes, winziges, schwarzes Apothecium mit gelb-grünem Thallus!


    Bild 5 Eine andere Tannennadel auf dem zweiten Ästchen besitzt viele dieser Apothecien!

    Die Tannennadel ist etwas 2 mm breit. Der Thallus ist gelblich sorediös.


    Bild 6 Die Apothecien sind rein schwarz, die Scheiben gewölbt, uneben.

    Sie sitzen verjüngt auf dem Thallus auf.

    Einen Rand (Excipulum), insbesondere einen hellen, erkenne ich nicht.

    Die Fruchtkörper sind winzig, die größten darunter messen knapp 120 µm.

    Der Thallus reagiert R-, UV-.


    Bild 7 Apothecium in Wasser in Aufsicht.

    Die blasigen Strukturen bis zum Rand sind die Asci.

    Auch hier noch kein Fruchkörperrand (Excipulum) erkennbar.

    Der Photobiont sind coccoide Grünalgen.

    Im Zentrum stammt die Braunfärbung vom Hypothecium, der bläuliche Schimmer randlich stammt vom Epihymenium.


    Bild 8 Das Auflicht enthüllt nichts wesentlich Neues, nur einige Hyphen sind seitlich besser zu erkennen


    Bild 9 Dünnschnittversuch (in Wasser) - das Hypothecium ist dunkelbraun.

    Auch hier kein deutlicher Rand / Excipulum erkennbar.

    Kristalletest im polarisierten Licht: keine vorhanden.


    Bild 10 Gequetscht in Wasser zeigt sich ein braunes Hypothecium und ein bläuliches bis bräunlich schimmerndes Epihymenium.

    Dazwischen ein farbloses Hymenium mit dicken, keuligen Asci (um 20 x 10 µm).

    Die Asci sind 8-sporig, was nach Färben in K/J viel besser zu erkennen ist (siehe Bilder 14/15).


    Bild 11 Hymenium nach Lugolzugabe => rot-violett, ganz sicher nicht blau (nur zu allererst in starker Verdünnung)

    Betroffen sind Asci, die Hymenialgallerte und die Hyphenmasse rechts im Bild, die zur Algenschicht gehören könnte.


    Bild 12 Durch das Quetschen werden etliche Sporen frei.

    Das Hymenium ist mit Lugol violett eingefärbt, die Sporen gelblich.

    Die Sporen sind sohlenförmig (birnenförmig?), d.h. eine Zelle etwas größer und rundlicher als die zweite Zelle, die schlanker und länglicher ist.

    Das Septum ist schwach eingeschnürt.

    Die Sporen messen 8,0-10,0 x 3,0-3,5 µm.

    Das Epihymenium reagiert K-.

    Es entfärbt sich bei Zusatz von 3%iger KOH, ebenso wie das Hypothecium.


    Bild 13 Nach Spülen und Zusatz von Lugol reagiert das Hymenium erst K/J+ bräunlich orange.

    Dia Asci wirken bläulich.


    Einen Tag später dominiert die blaue Färbung:

    Bild 14 Hymenium K/J+ blau mit rötlichen Resten (1d Einwirkdauer).

    Die Asci sind erkennbar 8-sporig, die Okularkammern sind gut erkennbar.

    Apikalstrukuren sind allerdings nicht eingefärbt.


    Erneuter Zusatz von einem Tröpfchen Lugol färbt alles orange ein:

    Bild 15 K/J+ orange-rotes Hymenium.

    Eventuell hat vorhandesnes Rest-KOH die J-Konzentration soweit abgesenkt, dass das hemiamyloide Hymenium blau erschien (?). Die Erhöhung der Jodkonzentration liefert eine klare orange-rote Reaktion.


    Paraphysen kann ich nicht auflösen, nicht in Wasser, Lugol auch in BWB gefärbt nicht eindeutig, wenn überhaupt sehr, sehr wenige.


    Substrat und die 2-zellige Sporenform führen meiner Meinung nach zu Flechten der Familie Pliocarpaceae (Fellhanera, Fellhaneropsis, Byssoloma), entsprechende Gattungsschlüssel dann immer zu den gleichen Verdächtigen:

    Wirth-Hauck-Schultz: 1* Hyp. blassbraun - 6 Thallus sorediös / mit Soralen - 7 F. viridisoretdiata: Ap. mit deutlich hellem Rand ? / 7* F. boutteilei: Ap. rosa bis ocker (passt nicht)

    Italic: 1* mit Ap. - 2 Ap. schwarz => F. christianensii (Hym. J+blau, Ap.rand heller, Sporen 4-8-zellig,...) passt gar nicht.

    bzw. 2* Ap. nicht schwarz (Durchlicht ja bläulich/bräunlich) => F. bouteillei / F. viridisorediata

    Lücking ("Foliicolous Lichens in the Black Forest, Southwest-Germany", carolinea, 67, 2009): 1a Apothecien - 2b Sporen nicht 10x länger als breit - 3b nicht Scoliciosporum curvatumm Sporen nicht mondsichelförmig - 4b Ascosporen 2-zellig - 5a Sporen 2-zellig, Ap. dunkelbraun, Th. mit diffusen, grünlichen Soralen => F. viridisorediata

    British & Irish Lichens / Key to genera of Pilocarpaceae => F. bouteillei / F. viridisorediata


    Auch wenn die Beschreibung nicht 100%ig passt, ich stolpere also dauernd über Fellhanera viridisorediata.

    Kennt jemand die gefundene Flechte bzw. Fellhanera viridisorediata und möchte hierzu etwas sagen?

    Jede Anmerkung nehme ich dankend an, denn alles ist letztlich lehrreich. ==Gnolm13


    LG, Martin

    Hallo Paulis,


    solche Fomfom-Städtchen kann man mittlerweile kaufen. Sie werden aus dem Pilz geschnitten und nach oben herausgeschoben.

    Die Fensater und Türen werden noch irgendwie hineingebrutzelt.

    Das hat Hans hier im Forum schon einmal vorgestellt.

    Allerliebst!


    LG, Martin

    Oh, ich wollte nicht sagten, dass ich kein Wachstum erkenne. Vielmehr scheint ein zusätzliches An- und Abschwellen durch Feuchtigkeitsaufnahme und- abgabe überlagert zu sein. Die Größenänderung durch Änderung des Feuchtigkeitsgehaltes ist stark oder gar stärker als da Wachstum selbst von Frame zu Frame.


    Klare Worte zu finden und sich angemessen auszudrücken ist immer schwierig. ==Gnolm4


    Bzgl. der Caloplaca: Meinem Verständnis nach wächst der Thallus am Rand, was kann ich in der Thallusmitte erwarten? Nur am Rand kann die 2D-Kruste sich vergrößern und seinen Algen zusätzliche Fläche bieten. Dickenwachstum bringt nichts, aufsteigende Lappen etc. hat die Kruste nicht. Um sich zu vergrößern und nicht selbst überwachsen zu werden, muss sie am Rand zulegen. In der Thallusmitte steht anschließen Platz für die Vermehrung zur Verfügung (Fruchkörpe, Isidien, Sorale).

    Wächst sie nicht, wird sie überwachsen, gefressen oder geht aus anderen Gründen irgendwann unter (Krankheit, Parasiten, Phys. Effekte). Nur wenn sie unaufhörlich weiterwächst, ist auf Dauer die größte Chance für erfolgreiche Vermehrung gegeben.


    In der Mitte passiert wenig. Manchmal stirbt die Flechte hier sogar ab und wächst nur am Rand nach außen weiter (z.B. C. cirrochroa u.a.)


    LG, Martin

    Hallo Peter,


    sehr hübsche Idee und schön umgesetzt!


    Bei den vielen der beobachteten Krusten scheint wenig zu passieren. Das An- und Abschwellen durch Befeuchtung dominiert gegenüber dem Wachstum.

    Die kleine Phaeophyscia (?) hingegen gibt richtig Gas und man kann prima ihre Entwicklung in deiner Bilderfolge verfolgen.


    LG, Martin

    Hallo,


    ich frage mich schon lange, wie schnell eigentlich unsere heimischen Krustenflechten wachsen. Man liest für Krustenflechten von wenigen Millikmetern pro Jahr, während Blatt- und Bartflechten erhebleich schneller wachsen können.


    Gestern habe ich eine schöne, leicht identifizierbare Stelle mit Variosporen fotografiert, die ich im April von 2 Jahren (2023) bereits aufgenommen hatte.

    Damals war die alte Weinbergsmauer am Ortsrand noch von Brombeeren überwachsen und in Halbschatten getaucht.

    Das Haus am Ende der Sackgasse, wo die Flechte wohnt, war seit Jahren leer gestanden.

    Bild 1 Variaporen im April 2023


    Gestern war ich wieder einmal dort und musste feststellen, dass die Brombeeren zurückgeschnitten waren und im Haus am Ende der Straße eifrig gebort und gehämmert wurde. Die neuen Bewohner richten sich das alte Haus her.

    Die Varisporen sind jetzt im grellen Sonnenlicht ausgesetzt, was sie aber sicher nicht stört.

    Bild 2 Variosporen im Mai 2025


    Ich hatte eigentlich keinen Vergleich im Sinne, aber jetzt am Rechner, finde ich das spannend. 2 Jahre, da sollte man einen Unterscheid sehen, oder? Auf den ersten Blick ist kein Unterschied festzustellen.


    Ich wähle zwei Bildausschnitte, in denen zwei Flechten dicht benachbart sind, da sich die Lücke hier aus zwei Richtungen schneller schließt und ein Vergleich leichter fallen sollte:

    Bild 3 Bildausschnitte


    Bild 4 Bildausschnitt oben - die kleine Lücke zwischen den beiden Thallus schließt sich allmählich.

    Die Verluste durch Schneckenfraß sind nicht unerheblich, überwiegen vermutlich den Zuwachs.


    Bild 5 Bildauschnitt unten - auch hier scheint sich die Lücke zu schließen. An anderer Stelle (ganz oben) fehlen auch ganze Lappen, die vor 2 Jahren noch da waren.


    Was hier fehlt, ist ein Maßstab.


    Für Variospora flavescens wird eine typische Lappenbreite von 1(-1,5) mm angegeben, für V. aurantia etwa die doppelte Breite. Die Breite der Lücke hat sich vielleicht um 1-2 Lappenbreiten verjüngt.

    Mehr als einige wenige Millimeter für jeder der benachbarten Flechten kann es damnach nicht sein. Damit scheinen 1-2 mm Wachstum pro Jahr durchaus realistisch zu sein.


    Ich hoffe für die Flechtlein, dass sie noch viele Zentimeter älter werden dürfen. Allerdings ich fürchte, dass die alte, wacklige Mauer bald entfernt werden wird. Die neuen Bewohner haben sich diesbezüglich geäußert, als ich ihnen erklärte, was ich hier mache. ==Gnolm2


    LG, Martin

    Wow, Maximillian!


    Diese schöne ungestielte Nadelflechte habe ich bisher nicht finden dürfen.

    Ende Juni bin ich wieder in den Alpen - mal schauen, was mir alles über den Weg wächst.


    LG und Gratulation zum tollen Fund! ==Gnolm8

    Martin

    Hallo Ernst,


    Danke für den Tipp!

    So steht es auch in dem von dir fotografierten Buchauszug (Die Flechten BWs?).

    Schiefer gibt es hier nicht. Basalt wird auch genannt, gibt's hier auch nicht. Ich habe bisher nicht darüber nachgedacht, aber Gleisschotter besetzt wohl meist aus Basalt. Der hohe Schwermetallanteil durch den Metallabrieb der Laufreifen und Schienen macht das Gelände natürlich noch interessanter in puncto Flechten.

    Die Höhenlage und Besiedlungsdichte spielen sicher auch eine wichtige Rolle. BW ist hier im Neckarraum ziemlich dicht besiedelt.

    Alte Industriebrachen znd Tagebaugelände wären sicher auch nicht schlecht.

    Na ja, ich habe das in im Hinterkopf und schau weiter, wo es vielleicht ähnliches hier im Odenwald / nördl. Schwarzwald gibt.


    LG, Martin

    Aha,

    entlang von Bahngleisen auf von Eisenost überzogenem Schotter vorkommend?

    Hat so etwas heute noch Gültigkeit? Ich hätte gedacht, dass die DB alles mit Gift besprüht, um die Vegetation fernzuhalten.


    Alte, kleine Bahnhöfe und Gleisanlagen fand ich früher immer spannend. Leider lebe ich seit geraumer Zeit nicht mehr in der Nähe davon. Ob sich ein Abstecher flechtenmäßig lohnen würde?

    Was meint ihr?


    LG, Martin

    Hallo Ernst,


    bei derartig unvollständigen, teilweise widersprüchlichen Angaben ist es natürlich schwierig zu einem Ergebnis zu kommen.


    Vielleicht meldet sich ein erfahrener Forent zum Thema.


    LG, Martin

    Hallo Ernst,


    zuerst: ich kenne die Flechte nicht.

    Mit den Beobachtungen, die du nennst, gelange ich im dt. Schlüssel ebenso (recht eindeutig) bis zur Verzweigung S. evolutum / S. saxatile.

    Die Fotos sind stark vergrößernd und daher fehlt Tiefenschärfe. Ich würde nicht alle Bilder so stark vergrößern, da geht mehr Detail verloren, als man gewinnt.

    Ich vermisse ein Übersichtsfoto vor Ort im Habitat, in Gesamtansicht. Das ist immer sehr hilfreich.


    Das Wissen um das Habitat könnte hilfreich sein. Oft ist es bestimmungsrelevant. Schiefer ist ein metamorphes, urspr. feinkörniges (Ton)Gestein und kann aus allem möglichen hervorgehen.

    Ich lese zu beiden Arten:

    S. evolutum auf kalkfreiem Silikat (sauer), an schattigen, erdinkrustierten, bemoosten Flächen; hochmontan-alpin. Selten in der montanen Stufe. An der Basis reicht verzweigend - sehe ich nicht, da würde wieder ein Übersichtsbild helfen.

    S. saxatile wie S. vesuvianum, also auf basischem Silikat (Basalt), auch im Tiefland und oft mit S. vesuvianum vergesellschaftet.


    Vielleicht hilft dir auch eine weiterführende Recherche zum vorliegenden Schiefer weiter.


    LG, Martin


    Ach, ja:

    die Beschreibungen bei AFL sind ganz gut gemacht:

    Stereocaulon evolutum

    Stereocaulon saxatile

    Hallo!


    Dieser Tage war ich endlich im Nördlinger Ries, wo es mich schon lang hinzieht. Zuletzt war ich bei meinem Schulausflug vor bald 40 Jahren hier in der Gegend.

    Wie erhofft, ist auf den mageren Böden und den zahlreichen Kalkfelsen Schönes und bis dato Unbekanntes zu beobachten.

    Bild 1 Blick zum Berg Ipf (668 m) über Bopfingen, am Rande des Rieses - angeblich der schönste Berg Deutschlands, meinen offenbar einige.

    Das hat mich dann doch etwas überrscht. Nun gut, er hat schon etwas!


    Linden gibt es hier viele, dementsprechend auch viele Lindenschüsselflechten (Parmalina tiliacea).

    Zwar nichts besonderes, aber durch ihre weiß-silbrigen Thallus und die isidiöse Thallusmitte, die der Flechte einen zarten Violettton verleiht, kann sie ein schönes Motiuv geben.

    Bild 2 P. tiliacea im Kampf um Platz und Licht mit einer isidösen Braunschüsselflechte - an einem Lindenstamm, wie es sich gehört.


    Bild 3 Ein kurzer Abstecher in einen aufgelassenen Suevit-Steinbruch: gelblicher Suevitaufschluss zwischen grauem Kalk.

    Hier am Rande des Rieses ist alles durcheinandergeschmissen, aufgeschmolzen, verbacken, rekristallisiert.


    Bild 4 Lepra albescens mit ihren flachen Soralen, dem radialrissigen, knopeligen Thallus und einem sehr schön mehrfach gezontem Thallusrand.

    Die Risse sind dem Wachstum des Substrates geschuldet.


    Bild 5 Wahrscheinlich eine sterile Leproplaca chrysodeta, mit einem senfgelben, leprösen Thallus auf Kalkmoosen und direkt auf Kalkstein. Nicht näher untersucht.


    Bild 6 Darf im Kalkland nicht fehlen: Peltigera rufescens


    Bild 7a Kein Plätzchen kostbare Steinoberfläche bleibt ungenutzt, Kruste wächst auf Kruste, schiebt sich über Nachbarkrusten:

    Diese Caloplaca, die auf einer weißen, epilithischen Kruste (Aspicilia?) wächst, ist parasitisch.

    Da der orange Thallus kräftig entwickelt und keineswegs reduziert ist, sondern körnig bis grobschollig ist ...


    Bild 7b ... und die Sporengroße von 10-12 x 5,5-7,5 µm zeigt, ein Septum um 3,5-5 µm, Thallus und Ap. C-, sollte das wahrscheinlich Athallia inconnexa sein.

    Man beachte, wie die Areolierung durch den randlich hervorstehenden Wirt (hier grün-grau) aufgeprägt ist.


    Bild 8 Diplotomma alboatrum besitzt konvexe Apothecien, die jung einen weißen Thalluskragen besitzen.

    Hier auf einem Kalkstein neben dem Weg im Halbschatten. Die kleine Clapolaca links daneben könnte interessant sein!


    Bild 9a Physconia muscigena, eine eher seltene, arktisch-alpine Blattflechte, die auf Moos über Kalk wohnt und nur reliktisch in niederen Lagen auftritt.


    Bild 9b Ein wenig mit Wasser besprüht, damit sie zum Leben erwacht. Der Zauber ist von kurzer Dauer.

    Die warme Vorsommerluft nimmt die Feuchtigkeit in Sekundenschnelle auf.


    Bild 10 Schattige Lindenallee und nicht weit entfernt...


    Bild 11 ... sonnig heiße Regolitflächen aus Kalksteinschutt und engestreuten Felsspitzen, die herausragen.


    Bild 12 Am besonnten Böschungsrand unter Grasbüscheln viele kleine, bläulich breifte Kissen der Thalloidima physaroides.

    Die blasigen Thallusschuppen sind mit kleinen weißen Pseudocyphellen verziert. Sehr artig.


    Bild 13 Ein weiterer Flechtenparasit neben/auf Protoparmeliopsis muralis (als weißliche Kalkform links vorne mit im Bild).

    Die Placocarpus schaereri hatte ich natürlich zuerst falsch bestimmt.

    Weiß man, um was es sich hier handelt, passen Beschreibung (z.B. jung auf Lecanora muralis und Lobothallia radiosa, Sporen jung halonat, 24x11µm, Mark J+blau, US schwarz, Areolen mit Fuß verengt aufsitzend, etc.) und Fotos, bestens zum Fundbestand. Gar nicht so selten hier.


    Bild 14 Dermatocarpon miniatum, eine pyrenocarpe Nabelflechte, die auf Kalk anzutreffen ist.

    Es freut mich immer, wenn ich sie antreffe. Etwas für die Freunde der pyrenocarpen Flechten, wie auch die Placocarpus.


    Bild 15 Lobothallia radiosa ist hier allgegenwärtig


    Bild 16 Auch die gesteinsbewohnenden Collema cristatum, an den aufgebogenen Lappenrändern gut erkennbar, ist vermehrt anzutreffen.


    Bild 17 Einige alte Stäublinge lagen lose (!) im Kalkmagerrasen herum.

    Wenn ich nicht so viele Flechten gefunden hätte, hätte ich bestimmt einen eingesteckt.

    Interessant wäre es schon zu wissen, was das hier ist.

    Vielleicht hat jemand eine Idee?

    Gehölze waren meines Wissens Wacholder und einige niedrige Laubbüsche unbekannter Art in der Nähe.


    Bild 18 Cladonia pocillum zwischen Mossen


    Bild 19 Kein Quadratzentimeter bleibt unbewachsen.


    Bild 20 Ein Abschiedsblick zurück zum Ipf in der Ferne, dann geht es zurück nach Hause.

    Dort ist es ja bekanntlich am schönsten.


    LG, Martin

    Eine Beschreibung der Arten mit Schlüssel zum Schwerpunkt pyrenocarpe Flechten (Flechten mit Perithecien, bzw. Pyrenocarpen als Fruchtkörperform) hat Alan Orange 2013 zusammengetragen:

    Das 250 Seiten starke Werk "British and Other Pyrenocarpous Lichens" liegt seit 2013 in Version 2 als Download vor und umfasst alles, was der britische Pyrenoflechtenfreund braucht:

    - ausführliche Einleitung

    - dichotomer Schlüssel zur Bestimmung der Gattungen

    - Gattungsschlüssel führen zur Flechtenart

    - Beschreibungen aller Arten, häufig inkl. Makrofotos und/oder sehr guten Mikroszeichnungen (stets bemaßt)

    - Literatur und

    - Tabelle mit Sporengrößen zu Verrucaria, Heteroplacidium, Hydropunctaria and Placopyrenium


    Die Zeichnungen in der Arbeit sind nicht zu unterschätzen, da viele Mikrofotos alles mögliche zeigen, nur nicht das, was erkannt werden soll - ein wirklich gutes Mikrofoto ist eine Kunst!

    Zeichnungen sind aufwendiger anzufertigen, und stellen alles Wesentliche klar und deutlich in den Vordergrund.


    Einzigartig ist wohl auch die ausführliche Einleitung mit der Beschreibung zum Bau und Histologie dieser Fruchtkörperform.

    Wen schon immer der Unterschied zwischen Paraphysen, Paraphysoiden, Pseudoparaphysen, Periphysoiden und Periphysen interessiert hat, ist hier richtig aufgehoben. ==Gnolm19


    Hallo Ingo,


    sehr interessant, das! Hab ich auch noch nie gesehen, das.

    Sind die Sporen einzellig, vielzellig? Sie sehen seltsam aus.


    Bin mir aus kannst du mit deinem Moos-Einführungskurs sehr germe weitermachen. Das ist auch spannend. Irgendwann wollte ich mir das Thema ohnehin vornehmen.


    LG, Martin

    Hallo Maximilian,


    wie schön, ein Flechtenbeitrag über die Alpen! Das macht Appetit auf mehr.


    Die Baeomyces hat schon kurze Stielchen. Die Apothecien scheinen über dem Thallus zu schweben. Eine Icmadophila hätte sehr viel hellere, rosa Apothecien, meist direkt aufsitzend, groß, und oft wellig verbogen. Ansonsten sind auch die Sporen unterschiedlich.


    Cladonien sind immer so eine Sache, ein Tüpfeltest kann da gleich sehr helfen.


    Spannend!


    Liebe Grüße, Martin

    Kurz zusammengefasst und nachgehakt:


    Charakteristische Punkte

    - auf Moos in Kalkgebiet

    - Thallus weißlich/hellgrau, zusammenhängend warzig-körnig

    - Apothecien ohne Anzeichen eines thallinen Randes, jung mit dünnem, braunem Eigenrand

    - Apothecien verjüngt aufsitzend, randlos, stark gewölbt

    - intensive K+, C+ und P+ purpurne Reaktionen des Epihymeniums

    - Epihymenium N-

    - Sporen-Nachmessung : 16,5-19,5 x 8,1-9,9 µm (Septum 2,6-4,4 µm), Q = 1,9-2,4; N = 15

    Bild 9 Reife Sporen mit breitem Septum


    Bild 10 Ap.-Schnitt in Wasser


    Bild 11 Farbreaktion des Epihymeniums mit C unter Mikrsokop


    Bild 12 Farbreaktion des Epihymeniums mit P in Wasser unter Mikroskop



    Die Nachmessung reifer Sporen aus einem größeren Apothecium ergeben etwas kleinere Sporen- und Septenmaße.

    Es lohnt erneutes Nachdenken:

    Bryoplaca jungermanniae möchte ich jetzt endgültig ausschließen, da ein bleibender Eigenrand vorhanden sein soll.

    Zudem gilt die Flechte in Deutschland als extrem selten bis verschollen.


    Bei den beiden Arten in der engeren Auswahl mit gewölbten Apothecien, Bryoplaca livida und Blastenia ammiospila, sind die Sporenmaße deutlich kleiner und schmaler angegeben (13-18 x 6-8 resp. 14-16 x 6-8 µm). Das passt nicht gut.


    Hingegen Bryoplaca sinapisperma hat u.a. folgende Angaben (Wirth-Hauck-Schultz):

    "Sporen ... 12-22 x 6-12 µm, Ap. rostrot bis braunschwarz", "Thallus weiß bis d. grau, körnig, dünn, uneben", ferner die Angaben

    vorwiegend alpin, reliktisch an (sub)montanen Stufen, kalkhold, auf absterbenden Moosen und anderem Pflanzenresten; selten; Funde in Schw./Fränk. Alb

    Die Septumbreite wird bei Italic mit 2,5-3 (4) µm angegeben, was noch recht gut passt.


    Bryoplaca sinapisperma hat passende Sporenform und -größen, der Thallus wird explizit als weiß, körnig, dünn angegeben.

    Sie ist in der Schwäbischen Alb nachgewiesen und gilt nur als selten.

    Ich denke, diese Art ist die bessere und auch eine gute Arbeitshypothese für den Fund.


    Hallo Patrick nupharlutea , vielleicht magst du deine Meinung geben, ob B. sinapisperma eine gute Zuweisung für den Fund sein könnte?


    LG, Martin



    P.S.:

    Zwischenzeitlich bekam ich eine Rückmeldung via Facebook, dass die Merkmale des Fundes (konvexe, randlose Apothecien) weniger für B. jungermanniae, sondern tatsächlich für B. sinapisperma sprechen. Da fühle ich mich bestätigt.

    Vielen Dank, Björn!


    Dass es zwei recht ähnliche Pilze gibt, muss mich eigentlich nicht überraschen. Wahrscheinlich gibt's sogar noch mehr davon!


    Ich korrigiere oben.


    LG, Martin

    Hallo,


    am Rande des Steigerwaldes in Franken grenzt kleinflächig fruchtbarer Lössboden an mageren Gipskeuper.

    Der Bauer lässt die unfruchtbaren Randbereiche der Hänge unberührt.

    Die Vegetation ist hinter Schwarz- und Weißdornhecken gegen Düngeranflug leidlich geschützt.

    Es treffen sich Fuchs und Kaninchen, gelegentlich treibt ein Schäfer seine Lämmchen durch - sonst herrscht Ruhe.

    Im Sommer flirrt die Luft, noch ist es angenehm.


    Bild 1 Magerer Boden mit Wacholder, Schlehe, Weißdorn und offenen Erdstellen ohne jeden Pflanzenwuchs


    Im Randbereich Obstbäume, alt und seit langem nicht gepflegt.

    Darunter abgestorbene Apfel- und Kirschbäume mit abblätternder Borke.

    Steckt man den Kopf in die Hecken oder schaut sich die Baumstämme genauer an, kann man allerhand entdecken:

    Bild 2 Strauchflechte Evernia prunastri und die gelbe Xanthoria parietina in Hintergrund


    Bild 3 Farbspiel in der Frühlingssonne: Die allgegenwärtige Gelbflechte (X. parietina) und der kupferbraunen Blattflechte (Melanelixia subaurifera) im Subzeitlupenringen um Platz und Licht.


    Bild 4 Ein Borkenstück, ein Bodenfund neben einem alten, toten Obstbaum, bewachsen mit buntem Flechtenmosaik. Wer zählt die Arten?

    Ja, X. parietina ist auch vertreten, aber in vertretbarer Menge.


    Zwischen den Bäumen liegen kleinere Kalkfelsen und Gipsbrocken.

    Bild 5 Eine Bagliettoa wächst im Kalkstein, ihre schwarzen Fruchtkörper sitzen tief eingebettet im Stein. Dünne Risse um die Perithecien verraten B. calciseda.


    Bild 6 Ein Stückchen weiter auf Kalkstein eine üppige Physcia caesia geschmückt mit blaugrauen Soralen.

    Dieses Exemplar bildet zusätzlich Fruchtkörper.


    Bild 7 Die vermutlich jedem vertraute Protoparmeliopsis muralis nimmt auf Kalkstein eine fast gänzlich weiße Färbung an.

    Auch die Apothecien bleiben dann hell.

    Der Kalkstein selbst erscheint schwarz durch Verrucarien, die darauf wachsen.


    Bild 8 Um den Weißdorngitterrost in voller Pracht zu sehen, bin ich wohl "a wengla" zu spät. Schade.

    Nicht jeder Pilz kann eine ausdauernde Flechte sein!

    [Korrektur der Pilzart (es ist KEIN Birnengitterrost) durch Björn, s.u., und vielen Dank dafür]


    Eigentlich ist der Boden das Besondere hier.

    Bild 9 Peltigera rufescens ist groß und fällt als erstes auf am Boden.

    Kleinere Cladonien kann man auch erkennen.


    Bild 9 Cladonia rangiformis, die falsche Rentierflechte hat Schüppchen an den fleckigen Stämmchen und braunen Spitzen.

    Sie fühlt sich hier wohl.


    Bild 10 Nicht meine Baustelle, aber eindrucksvoll diese Moos.

    Auch hier lugen Cladonien heraus.


    Bild 11 Stielboviste mit hellen Stielen und braunem Hof um das Peristom - Tulastoma brumale.

    Sporen und Capillitium passen zur Art.


    Bild 12 Schütter bewachsene Stellen mit Gipskeuper-Regolit wecken das Interesse.


    Bild 13 Für das ungeübte Auge kaum zu erkennen, da wie Pflanzenabfall wirkend:

    bläulich-graue Kügelchen, braune Schüppchen und schwarze Klumpen - typische Erdflechten.

    Aber es geht auch bunter.


    Bild 14 Thalloidimia physaroides bleibt meist steril und bildet kleine, aufrecht stehende Keulen (Bildeinsatz).

    Die weißen Pünktchen und Striche an der Oberfläche sind Pseudocyphellen und erleichten den Luftaustausch.

    Die Keulchen messen nur wenige Millimeter.

    Links oben im Bild eine weitere, unscheinbar braunschuppige Erdflechte, die in großen Mengen auftritt (vgl. Bild 13):


    Bild 15 Erdschüppchen (1-2mm groß) sind in Mengen auf dem Boden zu finden.

    Oft sind sie von schwarzen Cyanobakterien überzogen und dadurch schwer zu entdecken.

    Soviele Schüppchen die Proben auch enthalten, ich finde keine Perithecien, nur Pyknidien.

    Nass werden die Schuppen grün.

    Vermutlich eine Placidium-Art.

    Ich schwanke zwischen P. squamulosum und P. custnani, wobei ich vermute, dass beide Arten hier untermischt vorkommen könnten.


    Bild 16 Cladonia symphycarpia darf nicht fehlen.


    Bild 17 Das Bienchen weiß, es ist Frühling.

    Sie baut eine Kinderstube mit Kiesauffahrt und Schottervorgarten.


    Bild 18 Manches der Steinchen ist bewohnt. Hier mit Sarcogyne regularis.

    Interessanterweise finden sich auf beiden Seiten des dünnen Steinchplättchens ähnlich viele Apothecien!


    Bild 19 Gleich nebenan goldgelbe Flechten-Nuggets mit roten Pünktchen:

    Wie viele der Erdflechten sind sie in ihrer Größe sehr zurückhaltend.

    Im Stehen braucht es gute Augen, um sie zu erkennen. Hier hilft der Farbkontrast zum Substrat.


    Bild 20 Der krustige Aufbau mit Randläppchen weist auf Gyalolechia fulgens hin.

    Angefeuchtet wird die gelbe Färbung viel kräftiger.


    Bild 21 Grasblüte


    Auf dem Rückweg noch ein paar Rindenflechten:

    Bild 22 Eine flach ausgebreitete, gelbe Candelaria concolor im Schlehengebüsch


    Bild 23 Gelborange Polycauliona candelaria auf Kirsche mit schönen Fruchtkörpern.


    Hierher muss ich bald zurückkehren. Es gibt so viel mehr zu entdecken.


    LG, Martin

    Hallo!


    Bei dem Fund von oben scheint es sich um Sclerococcum griseisporodochium zu handeln, wobei nicht ganz klar ist, ob es sich um eine Flechte oder einen lichenicolen Pilz handelt.

    Text und die zugehörige Abbildung in einem BLAM-Artikel "Auf Arnolds Spuren in der Frankenalb" von W.v.Brackel (pdf Seite 11 und Abb.9) weckten meinen Verdacht, den der Autor selbst, Herr von Brackel, netterweise bestätigen konnte.


    Zitat zu Sclerococcum griseisporodochium aus dem oben verlinkten Artikel: "Der biologische Status der Art ist noch nicht geklärt; es handelt sich entweder um einen lichenicolen Pilz oder um einen lichenisierten Hyphomyceten. Im Püttlachtal östlich von Pottenstein wurde Sclerococcum griseisporodochium auf einer unidentifizierten Kruste über einem Dolomitfelsen im Wald nachgewiesen. Die Art scheint im Frankenjura nicht allzu selten, aber übersehen zu sein (u.a. mdl. Mittlg. M. Schanz)"


    LG, Martin

    Huhu,


    heute war ich noch mal in unmittelbaren Nähe meiner alten Heimat unterwegs und konnte jetzt sie im zweiten Anlauf finden, diese kleinen blassgelben Krusten - Gyalolechia fulgens, die Gewöhnliche Feuerflechte! Winzig klein zwar (um 2 cm groß), aber sie sind da.

    Bild N1 Habitat mit offenen Erdstellen im Keuper mit lokalen Gipslinsen


    Bild N2 Hier! Man muss schon etwas genauer hinsehen.


    Bild N3 Gruppe aus weißlich-gelben, randlich gelappten Krusten mit orange-roten Apothecien


    Bild N4


    Bild N5 Größenvergleich


    Besonders schön ist, dass es nicht eine einzige Kruste ist, über die zufällig gestolpert bin, sondern man kann beim genauen Hinsehen überall winzige gelbe Jungthalli auf und zwischen den Bodenkrümeln erkennen (z.B. in Bild 4). Offenbar fühlt sich die Flechte wohl und vermehrt sich.

    Das finde ich ganz prima. Ein schönes Ostergeschenk!


    LG, Martin



    Zwar keine Flechte,aber auch recht hübsch: Stielporlinge durfte ich heute auch zum ersten Mal beobachten.

    Zwar staubtrocken, aber das ist ja ihr Zweck.

    Wegen des braunen Hofes um das Peristom und der hellen Stiele denke ich an Tulostoma brumale:

    Bild N6 Stielporlinge mit brauem Hof um die Sporenaustrittsöffnung


    Bild N7

    Hi Felli,


    jetzt hatte ich vorhin glatt vergessen, mich zu bedanken.

    Das will ich natürlich nachholen:


    Vielen Dank also für deine Meinung zu meinen Fund.


    Martin

    Hallo Felli,


    ja es gab einige wenige, ich vermute, Obstbäumchen vor den Mauer, man erkennt sie auf dem ersten Bild mit weiß gekalktem Stämmchen.

    Was allerdings hinter der Mauer wächst und eventuell sogar näher am Pilzfund - keine Ahnung.


    LG, Martin