Lüneburger Leckerli

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 994 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von boccaccio.

  • Hallo zusammen,


    jetzt komme ich auch endlich mal wieder dazu, hier ein paar meiner Funde vorzustellen. Irgendwie war die letzte Zeit leider zu viel anderes zu tun, aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Ende Oktober gab es in der Lüneburger Heide eine Kartierungsaktion, die von Florian und Eike ins Leben gerufen wurde. Ich war auch eingeladen, hatte aber aufgrund beruflicher Verpflichtungen keine Möglichkeit teilzunehmen. Aber es gab mit Karl einen weiteren Teilnehmer, der mir dankenswerter Weise etwas Dung mit aus der Heide gebracht hat.


    Legen wir also mal mit dem klassischen Unboxing los. Beim Öffnen der Briefkastens schwebte mir schon ein leicht unangenehmer Geruch entgegen, der mich natürlich nicht davon abhielt, das Objekt der Begierde auf den heimischen Küchentisch zu bringen:


    Nach dem Öffnen wurde schnell klar: Weder Heidschnucke noch Rind sind die Übeltäter, es ist vielmehr der Fischotter gewesen, der mir als Dreingabe mit dazu gelegt wurde (und der so erbärmlich stank, daß er noch vor Erstellen des Fotos entsorgt werden mußte).


    Danach kamen Schaf und Rind in ihre Döschen und brüten seit dem munter vor sich hin. Während sich auf dem Rind bis dato noch nicht so viel tut, liefert die Heidschnucke schon sehr eifrig Pilze:


    1. Eine Delitschia mit Sporen von 51-55 µm x 19-23 µm, die weder besonders tief noch schräg septiert sind. Die Sporen sind uniseriat in den Asci angeordnet, womit ich dann zu Delitschia patagonica komme, die ja hier im Forum auch schon aus der Lüneburger Heide vorgestellt wurde.


    2. Eine Hypocopra, also mal wieder ein schwieriger Fall. Sporen messen 21.7-25.6 µm x 12.3-14.2 µm, die Keimspalte 12-13 µm lang. zweizelligen Sporen habe ich trotz intensiver Suche an unreifen Asci keine beobachtet. Der Apikalapparat amyloid. Pro Stroma habe ich jeweils nur ein Perithecium wahrgenommen (wobei ich nach wie vor unsicher bin, wie gut und richtig ich das beurteile). Nehme ich dann symmetrische Sporen an, lande ich mit dem vorläufigen Hypocopra-Schlüssel von Peter Welt nirgendwo. Übersehe ich am Ende also nur die zweite Zelle, habe die Perithecienzahl falsch beurteilt und es handelt sich bloß um H. brefeldii?


    3. Coniochaeta scatigena mit Sporen von 20-22 x 15,5-18,5 µm


    4. Sporormiella mit Sporen von 50-53,5 µm x 9-11 µm und schräger Keimspalte. Leider nur wenige Asci im Präparat, so daß ich mich mit der Beurteilung der Stieligkeit schwer tue (aber davon im Verlauf des Beitrags noch mehr). Vielleicht ist das aber auch einfach das gleiche wie die folgende Nr. 5...


    5. Sporormiella mit Sporen von 43-50 µm x 9,5-10,5 µm und schrägen Keimspalten. Die Asci würde ich als eher kurzgestielt interpretieren, lande damit aber zwischen S. australis und S. intermedia. Auf der langgestielten Schiene komme ich dann aber im Schlüssel zu S. leporina und S. isomera, die von der Sporengröße her auch nicht passen. Also eine kleinsporige Sporomiella interrmedia?


    6. Ein Schizothecium mit Sporen von 16,5-18 µm x 10-11 µm, Pedicel ca. 6 x 2 µm. Die Schuppen am Fruchtkörper sind eher minimalistisch ausgeprägt, weitere Behaarung gab es nicht. Meine Tendenz geht zu Schizothecium miniglutinans, aber ich fühle mich in der Gattung bisher ja nicht so richtig wohl.


    7. Noch mal Sporormiella...Sporen messen 48.5-52 x 9-10.5 µm, Keimspalten sind schräg und die Asci würde ich für kurzgestielt halten, also S. intermedia?


    8. Leider ein Einzelfruchtkörper (bzw. ich habe bis dato noch kein weiteres Exemplar davon gefunden), der nur diese wenigen reifen Sporen beinhaltete, die auch so im restlichen Gezumpel lagen, daß sich eventuelle Gelhüllen nicht beurteilen geschweige denn darstellen ließen. Von den Sporen her lande ich bei Trichodelitschia (auch wenn mir am Perithecium keine Haare aufgefallen sind), Sporenmaße sind 20-21.5 µm x 8.5-10.5 µm, was irgendwie nicht so wirklich zu einer Art paßt. Aber es kann natürlich auch sein, daß dieser eine Ascus in seiner Entwicklung gestört ist und die Sporenmaße deshalb etwas untypisch sind. Also mal abwarten, ob sich weitere Perithecien zeigen.


    9. Eine Sporormiella, wo auch für mich endlich mal klar erkennbar ist, daß der Ascus sich langsam in den Stiel verdünnt. 46-50 µm x 10-10,5 µm. Die Septen sind zwar hier und da etwas angeschrägt, aber insgesamt doch gerade. Außerdem sind die Sporen ziemlich klar erkennbar an den Enden zugespitzt. Keimspalten sind nicht alle parallel und die einzelnen Zellen scheinen alle unterschiedlich groß zu sein (14-12-10-12 µm), so daß ich zu Sporormiella capybarae gelange.


    10. Leider nur ein Fruchtkörper mit nur einem reifen Ascus. Auffallend die ziemlich schlanken Sporenköpfe von 26-27 x 11-12 µm, die mich mit Lundqvist zu P. appendiculata und P. ellisiana bringen. Da ich aber nicht auf die Erscheinung des Peritheciums geachtet habe und auch die Caudae nicht genau beurteilen konnte, vermag ich da keine Unterscheidung vorzunehmen.


    11. Eine Podospora mit 32 Sporen pro Ascus und ansonsten großer Ähnlichkeit zu P. decipiens, also Podospora pleiospora


    12. Einmal ohne Foto, aber der Vollständigkeit halber erwähnt: Podospora decipiens


    Björn

  • Sehr schön, Björn. Aber eigentlich wäre ich gerade auf den Fischotter gespannt gewesen. ==Gnolm7

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hallo Claudia,


    wenn du Karl ganz lieb fragst, schickt er dir bestimmt auch eines Tages Fischotterdung ;)


    Björn


    Danke für den großartigen Tipp, Björn. Aber du kennst ja meine bescheidenen Kenntnisse im Umgang mit tierischer Losung. Daher hatte ich sehr bedauert, dass du ihn nicht untersucht hattest. ==Gnolm13


    Aber wie ist das eigentlich: Stellt die Post jeden Scheiß zu, auch wenn er stinkt? Oder kann sie die Beförderung verweigern. Eigentlich würde ich es nicht so gut finden, wenn meine Lauensteiner Pralinenbestellung den Geruch von Fischotterkacke annehmen würde.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


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  • Hallo Björn,


    Danke für die schönen Bilder! Sehr schade, dass du nicht dabei sein konntest, hoffentlich ergibt sich bald mal eine Gelegenheit. Für den Fischotter war ich nicht mutig genug, aber Karl meinte, du würdest das durchziehen :giggle: .


    Liebe Grüße,
    Florian

  • Hallo Björn,

    ein paar Bemerkungen in Kürze.


    1. Da sehe ich ebenfals Delitschia patagonica. Form und Größe der Sporen sowie die uniseriaten Asci schließen intonsa aus.

    2. Hypocopra vermag ich aus der Ferne nicht zu beurteilen (ist schon schwer genug, wenn man sie unterm Mikro hat).

    4., 5. und 7. sehe ich in der Variationsbreite von Sporormiella intermedia.

    6. Mit den unscheinbaren Squamufolien sollte das Schizothecium vesticola sein, etwas untermaßig.

    8. Trichodelitschia, anhand der Sporen nicht bestimmbar (evtl. atypische minuta-Sporen).

    9. Sporormiella capybarae sollte passen.

    10. Kenne ich nur unreif und hab' keinen Namen dafür. Hat glaube ich Peter Welt noch in Kultur.


    LG, Nobi


    PS. Florian1986

    Gibt es denn gar nichts berichtenswertes bzw. zeigbares vom Lüneburger Heide Treffen?

    Peter war jedenfalls recht angetan und ich wäre sehr interessiert.

    Hier geht es zu meinen Themen.

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    Chips: 72

  • Hallo zusammen,


    erstmal wieder ein herzliches Danke an Nobi für den fachmännischen Blick auf und die Bemerkungen zu meinen Funden :)


    Was die Post angeht: Zumindest bis in die Kategorie Fischotter wird offenbar alles anstandslos versendet.


    Björn

  • PS. Florian1986

    Gibt es denn gar nichts berichtenswertes bzw. zeigbares vom Lüneburger Heide Treffen?

    Peter war jedenfalls recht angetan und ich wäre sehr interessiert.

    Lieber Nobi,


    oh doch, das gibt es reichlich! Es braucht leider nur noch ein wenig Zeit, insbesondere das Bearbeiten der Bilder. Um die Spannung etwas zu erhöhen: bei den Dungproben bin ich derzeit bei 39 Arten, davon hatte ich 11 vorher noch nie selbst gesehen!


    Liebe Grüße,

    Florian

  • Hallo zusammen,


    da bin ich ja mal gespannt, was du uns alles präsentieren wirst, Florian :)


    Gestern Abend hat Nobi ja an anderer Stelle einen neuen Artikel über die Gattung Sporormiella vorgestellt. Nur wenige Minuten später konnte ich auf der Heidschnucke dann auch eine Sporormiella entdecken und zwar zu meiner großen Freude eine 7-zellige Art. Die Sporen messen 76-88 x 17.5-20 µm, womit man zu Sporormiella heptamera kommt. Das ist dann nach Sporormiella vexans, die ich mal auf Elchdung von Bernd aus Litauen hatte, meine zweite 7-zellige Sporormiella :)



    Björn

  • Super Björn! Die Art habe ich auch dabei, allerdings auf Pferd. Auf deinen Bildern sieht man die Keimspalten sehr schön, mit was für einer Kamera machst du deine Mikrobilder?


    Liebe Grüße,

    Florian

  • Hallo Florian,


    ich habe eine Canon EOS 850D, die ich am Trinokular meines Panthera Motic C habe. Wobei das mit den Keimspalten bei den sehr dunklen Sporen immer Glückssache ist. Manchmal springen sie einem ins Auge, manchmal sieht man sie auf Fotos gar nicht, obwohl sie optisch relativ prominent waren. Bei Dungpilzen habe ich bis dato noch nicht probiert, ob und wie gut oder schlecht das Stacking von Bildern funktioniert; bei Russula und Lactarius mußte ich zu meiner Überraschung feststellen, daß das wirklich enorm hilft.


    Björn

  • Das ist dann...meine zweite 7-zellige Sporormiella :)

    Glückwunsch zur Sporormiella heptamera, Björn! Super Sporenfotos! So schön habe ich die Art lange nicht gesehen.

    Die Mikros passen einfach perfekt! Sporenmaße, 3. Zelle am größten, die fünf Mittelzellen breiter als lang, KS diagonal!

    Ich hatte die Art in diesem Frühjahr zweimal, jeweils unreif. Möglicherweise reift sie ja erst später im Jahr aus.

    Um die Spannung etwas zu erhöhen: bei den Dungproben bin ich derzeit bei 39 Arten, davon hatte ich 11 vorher noch nie selbst gesehen!

    Das schreit förmlich nach einem eigenen Thread! Ich hoffe, Du spannst uns nicht mehr so lange auf die Folter, Florian. Da gibt es sicher noch einiges zu diskutieren.

    Peter hat mir schon mal ein Foto eines Massenvorkommens von Poronia erici geschickt. Der Wahnsinn!


    LG, Nobi

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  • Hallo Nobi,


    es gibt offenbar doch noch Pilze, die die Literatur lesen und dann ihre Fruchtkörper genau so ausbilden, wie es vorgeschrieben ist! Wobei ich hier richtig Glück hatte: Ich habe genau diesen einen Fruchtkörper gefunden, der eine überschaubare Anzahl an Asci enthielt und habe dann ein halbwegs gelungenes Präparat hinbekommen. Ich sollte mir vielleicht angewöhnen, die Köttelchen, von denen ich gerade einen Pilz entnommen habe, irgendwie zu markieren, weil man dann ja eine größere Wahrscheinlichkeit hat, Dinge noch mal wiederzufinden (sofern es sie mehr als einmal gibt).


    Auf Massen von Poronia erici bin ich auch gespannt, die Art habe ich selber noch gar nicht gefunden (aber sie ist ja in Depot-Nähe auf holländischer Seite wohl schon gefunden worden, weht also hoffentlich eines Tages mal rüber).


    Björn