Täubling vom Blutsee

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 2.827 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Oehrling.

  • Hallo,

    rudi, Oehrling, kuhmaul und ich waren dieses Wochenende am Blutsee-Moor bei Kist auf der Pirsch.

    Einige Täublinge wurden gefunden, die meisten makroskopisch/chemisch bestimmt und ein paar wenige verursachten Schulterzucken. Einer der Rätselhaften ist das hier:


    Hutdurchmesser des Größeren: 3,5cm
    Geschmack: mild
    Geruch: 0, beim Vergehen dann etwas stinkend

    Habitat: Laubwald mit Eiche, Buche, Birke, Hainbuche auf Kalk
    Flisch: nicht gilbend, beim Vergehen etwas grauend (aber nicht schwärzend!)
    Guajak: schlägt erst nach 4-5 Sekunden um
    Phenol: banal schokoladenbraun
    Eisen(II): banal, schwach
    Sporenpulver: Dotter IVc-d
    Sporen: Isoliertwarzig, selten mit zusamenfließenden Warzen, 7,5-8,5 x 6-7 Mikrometer. Ornament bis zu 1 Mikrometer hoch.
    HDS: Mit Inkrustationen und verjüngt/zugespitzt endenen Haaren





    Sehr dunkles Sporenpulver







    Nach Karbolfuchsin-Färbung







    SV: Hier sieht man die vielen langen, schlangenartigen Elemente besonders gut:






    Haar-Endglieder in Kongorot:



    Mein größtes Problem ist hier gar nicht sicher sagen zu können ob das nun Inkrustierte Primordialhyphen oder inkrustierte Dermatozystiden (soll es bei einigen in Frage kommenden Arten der Laetinae geben!) sind.

    Nebenbei muss gesagt sein, dass meine Schwefelsäure scheinbar auch etwas nachgelassen hat, das SV war nicht das reaktivste.


    LG Thiemo

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  • Hallo Thiemo,

    das könnte was aus der laeta-Gruppe sein. In dieser Gruppe kommen ganz wüst zusammengesetzte Huthäute vor, mit inkrustierten langen Dermatozystiden, nicht inkrustierten keuligen Dermatozystiden, inkrustierten Primordialhyphen und Tennisschläger-Dermatozystiden (also recht kurzen, sich apikal abrupt und stark verbreiternden DZ, die dann wie eine Bratpfanne oder ein Tennisschläger aussehen), so dass das sich einstellende Gefühl des "Verarscht-Werdens" durchaus bestimmungsrelevant sein kann. Problem: die "echte" R. laeta hat streng isoliertes Ornament. Im SARNARI wird als mögliche Nebenart mit nicht streng isoliertem Ornament R. rhodomarginata angeboten.

    Durch den Nachweis von Inkrustationen auf den Huthautelementen und des Verdunkelns in Sulfovanillin bist du aber auf jeden Fall in der Sektion Paraincrustatulae.


    Hallo Rudi und Claus,

    die beiden, die ich zum Bestimmen mitgenommen hatte, sind beides milde Dottersporer und gehören auch zu den Integroidinae. Nach Inkrustationen habe ich noch nicht gesucht, aber beide haben sehr lange, dünne in SV anfärbbare Elemente, von denen manche apikal tennisschläger-/bratpfannenartig verbreitert sind. Bei dem kräftig dunkelrot gefärbten wäre die von Rudi vor Ort vorgeschlagene R. tinctipes gut möglich, da checke ich nachher das Sporenornament, welches bei dieser Art sehr flach und fein sein müsste.

    Der andere, den ich mitgenommen habe, ist in der Farbe deutlich heller, nämlich orangegelb. Das war der, bei dem wir im Feld zunächst R. risigallina für möglich gehalten hatten, der uns dann aber aufgrund seines eher stabilen, nicht extrem zierlichen Habitus und der zwar gelb, aber nicht orangegelb gefärbten Lamellen nicht wirklich für risigallina passend vorkam. Hier halte ich nach der Mikroskopie der Huthaut R. cremeoavellanea für möglich, aber habe auch noch nicht das Sporenornament gecheckt, ob es auch wirklich streng isoliert ist.

    In beiden Fällen wird Restunsicherheit bleiben, da ich weder R. tinctipes noch R. cremeoavellanea schon unter dem Mikroskop hatte.


    FG

    Oehrling

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    3 Mal editiert, zuletzt von Oehrling ()

  • Hallo Thiemo,


    also eine R. laeta kannst du nach deinem Sporenornament ausschliessen, die hab´ ich gefunden (s.u.).

    Mein anderer rothütiger mit dem langen zerbrochenen Stiel entpuppt sich vermutlich als R. pseudointegra, zwar keine SV Reaktion am frischen Stiel aber Guajak Stiel neg. Lamellen pos. HDS passt soweit, Sporen sind noch zu untersuchen.


    Da sieht man, wenn nicht alle Glieder der Täublingskette zusammengefügt werden können ist eine Bestimmung nicht so ganz einfach.

    Zu den zwei Fragmentpaaren die mir Oehrling untergejubelt hat bin ich auch noch nicht gekommen.


    Hallo Oehrling, Rudi, Täublingsfreunde,


    Hier mein "Boris Becker" Täubling von diesem wunderbaren Tag:


    1) kleiner Pilz 5cm Dm, rosa-orange mit creme-gelber Tönung, Stiel weiss, fragil


    2) Huthaut bis 1/2 abziebar, Hutrand kurz schwach höckrig gerieft


    3) Lamellen frisch beige bis ocker, alt ocker bis gelblich, Zwischenlamellen vorhanden


    4) Der Clou: mit SV am Frischpilz sofortige Reaktion, aber schnell vergehend


    5) SV, grossteils zylindrisch eingefärbte aber auch ab und zu verdickte DZ?


    6) KF, fein und auch grob incrustierte lange iPH, auffallend hi und da eine aufgeblasene incr. DZ


    7) Kongo, Haare zyl. zugespitzt aber apikal rund, wie ein Zipfel


    8) Kongo, Huthaut grossteils sehr geordnet ohne Wirrwarr


    9) "Boris Becker" lässt grüssen, nach längerer Suche ein Tennisschläger


    10) Wasser, Sporenform oval mit bis zu 1,5mü hohen Stacheln


    11) Melzer, das Ornament bis auf einzelne Grate komplett isoliert


    12) Messprotokoll


    Wenn ihr nichts einzuwenden habt, würde ich diesen Fund gerne als Russula laeta/borealis ablegen.

    Bis später


    claus

  • Hallo,


    Danke für den Tip zu R. rhodomarginata. Leider habe ich keinerlei Info zu dieser Art, aber immerhin bin ich in der richtigen Ecke und belasse es mal mit Russula laeta agg. bzw. Russula cf. rhodomarginata.

    Von meiner Seite hätte ich das jetzt vielmehr an dem niedrigeren Ornament, den weniger breiten Zystiden und kaum vorhandenen "Tennisschlägern" festgemacht als an der Art des Ornaments. Meine Optik kommt nicht an die von Claus ran (super Sporenbilder übrigens!8|), aber ich finde, dass die Sporen auch nicht mehr (vereinzelte) Grate haben als bei dem oben gezeigten R. laeta. Das kommt auf den Bildern unschärfer rüber als durchs Okular selbst gesehen.

    Hier hab ich auch einen "Tennisschläger". :)



    LG Thiemo

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  • Hallo Thiemo,


    da magst du sogar Recht haben mit den Sporenbildern von dir. Auch auf diesem neuen Bild rechts oben ist so ein breiteres Element zu sehen das ich auf deinem letzten Kongo-Bild schon verwundert festgestellt hatte.

    Wenn man dazu noch die Endglieder der abgebildeten Haare dazu genauer betrachtet sind diese auch spitz zulaufend und irgenwie zipfelig.

    Schade dass dein SV nicht funktioniert, aber Tennisschläger ist Tennisschläger, war wohl ein Boris Becker Tag. ==lamgiftig


    Grüsse


    claus

  • Hallo Claus,

    ich habe noch einmal bezüglich R. pseudointegra recherchiert. Es ist für die Bestimmung kein Schaden, wenn du SV-negativ festgestellt hast. Im SARNARI steht nichts darüber, dass der SV-positiv sein müsste.

    Bevor du den Täubling aus Posting #3 als R. laeta eintütest (was sicher legitim ist), schau bitte noch einmal nach, ob R. cremeoavellanea nicht noch besser passt. Ich jedenfalls bin bei dem von mir mitgenommenen Exemplar bei R. cremeoavellanea rausgekommen.

    FG

    Oehrling

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  • Grüss dich Oehrling,


    habe bei meinen Notitzen zu pseudointegra gerade gelesen, dass das ja nur am Exsikkat stattfinden soll, also Fehlalarm.

    Notizen:

    gröger: St mit SV am Exsikkat eosinrot

    mm: Mit SV am Exsikkat nicht eosinrot, also negativ, doch schreibt Romagnesi im nachfolgenden Text, dass diese Reaktion mit sehr frischem Sulfobenzaldehyd (am Exsikkat) durchaus eintrete.

    J: "Sichere Probe auf der weißen Stielrinde des Exsikkats!"


    Zu R. cremeoavellanea, die hat aber keine Tennisschläger wie mein (unser) Pilz soweit meine Literatur es her gibt...??

    Aber ich werde mal einen Vergleich anstellen, danke für für Antwort


    claus

  • Hallo Stephan,

    cremeoavellanea soll aber ein typischer Birkenbegleiter sein. Dort am Blutsee gibts aber so gut wie keine Birken.

    Hast du am Fundort tatsächlich Birken gesehen?

    Außerdem sind die Stacheln an den Sporen deutlich kürzer (bei R.c. 06, bei R.laeta über 1µ)

    Ich glaube da an laeta.


    LG Rudi

    aktuell vor dem APR21: 8 Punkte... Eintritt: 8-5= 3 Punkte - inzwischen durch Stummmalus 3-5= -2 Punkte

    Platz12 : +4P, Segmentwette: +4P, Pltzierungswette: +10P= 16 Chips

    wp.markones.de

  • Hallo Rudi,

    am nordwestlichen Ufer, da wo man durch den Schlamm fast am Wasser entlangläuft, gibt es doch wohl einige Birken (?), die meisten im Schlammwasser, aber auch ein paar wenige außerhalb des Schlammes. Clausens Fund stammt von diesem nordwestlichen Ufer, ich war zugegen, als er das Foto gemacht hat.

    Aber mir liegt es fern auf cremeoavellanea zu beharren, dazu kenne ich die Art viel zu schlecht, halt nur aus dem Buch. Mikroskopisch sehe ich mich nicht in der Lage, diese Huthaut von der der laeta zu unterscheiden. Und das Stachelornament ist hier freilich sehr prominent. Also eine blasse laeta. Dann ist der Pilz, den ich mikroskopiert habe, wahrscheinlich auch eine blasse laeta, keine cremeoavellanea.

    FG

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