Naucoria - der zweite Versuch

Es gibt 17 Antworten in diesem Thema, welches 4.824 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von haruma.

  • Guten Abend in die Runde!



    Anbei einige Fotos zu zwei Pilzchen, die ich am Freitag gefunden habe und bei deren Bestimmung ich nicht klar komme:

    Fundort: Wegrand Laubwald (Eiche, Buche, Hainbuche, Erle) unweit Bachlauf Stockheim/Holsteinsmühle

    MTB:5011/341 Funddatum: 21.09.2018

    Kleiner, fast weiß erscheinder Pilz von ca 1,3 cm Durchmesser mit zentralem, gleichfarbigem Stiel (1,5 x 0,2 cm);

    Lamellen ockerfarben bis braun mit rötlichem Hauch, bauchig, breit angewachsen mit weißen Lamellenschneiden (Zystiden) L=24; l=1(-3);

    auffallend ist der fruchtige, parfümierte Geruch!









    Sporen zitronenförmig, ockerfarben bis hellbraun, rauh und mit Stielchen, ohne Keimporus

    11,8x5,7 - 10,2x5,1 - 11,1x5,9 - 11,2x6,2 - 12,2x5,7 - 12,5x5,8



    Cheilozystiden verbogen zylindrisch bis keulig

    55,6x7,4x3,0 - 56,7x8,2x3,7:







    Basidien 4-sporig, keulig mit Basalschnalle

    38,0x8,2 - 33,8x7,4 - 35,3x8,1:



    und darauf konnte ich mir gar keinen Reim machen:



    Aufgrund der Sporen (Farbe, Form und Oberfläche) und des Standortes gehe ich davon aus, daß ich eine Naucoria gefunden habe; der intensive, nach einem Tag auch birnenartige Geruch weist auf suavis hin; alles andere paßt nicht!

    Hat jemand eine Idee, was das sein könnte oder wo ich Literatur finden kann?


    Herzlichen Dank vorab und viele Grüße



    Harald

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Harald,


    für Naucoria sieht der Pilz schon arg stabil aus, oder? Ich würde spontan an Hebeloma sacchariolens denken. Den Geruch finde ich zwar nicht birnig, sondern irgendwie anders penetrant süßlich, aber Gerüche... Ob's mikroskopisch passt, kann ich dir nicht auswendig sagen.


    LG, Jan-Arne

                                                                               
    Im Forum gibt es keine Verzehrfreigaben, nur Hilfestellungen zu eigenständigen Vergleichen!


    Ich habe eine kleine Homepage gebastelt, auf der ich Tiere und Pilze in Kurzportraits zeige.

  • Servus Harald,


    ich bin absolut mit Jan-Arne konform, das ist ein Fälbling aus der Ecke rund um Hebeloma sacchariolens. Ich habe gerade die aktuelle Fälblingsmonographie nicht griffbereit (ist noch von einer Tagung in einer Bücherkiste). Werde das Buch bei Gelegenheit aber wieder in mein Arbeitszimmer holen und dann nachsehen.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Jan-Arne,


    schön, auch auf diesem Weg deine Unterstützung zu bekommen!

    Plötzlich passen die Zystiden und das teilweise ablösenden Perispor!!! Auch die Sporengröße passt deutlich besser!

    Lamellen sind auch ausgebuchtet, das hatte ich falsch beschrieben.

    Der Titel sollte also richtig "Hebeloma sacchariolens" heißen.


    Herzlichen Dank und bis zum nächsten mal


    Harald

    • Offizieller Beitrag

    Hallo noch einmal,


    ich habe mal nachgesehen (Fungi of Northern Europe - das noch dickere Buch habe ich nicht) und nach der Sporenbreite wäre es Hebeloma fusisporum, wobei diese Art als weißlich bis cremefarben beschrieben wird, während Hebeloma sacchariolens die frisch eher hellockerfarbene Art ist. Allerdings gibt es hier Überschneidungen, weshalb man ggf. mehr Sporen messen sollte (H. sacchariolens 10,9-15,7 x 5,7-8,4 µm bei einem Mittel von 11,5-13,5 x 6,5-7,5 µm und 9,9-14,9 x 5,0-7,5 µm bei einem Mittel von 11,1-12,4 x 5,7-6,5 µm. Beide Arten sollen sich allerdings als Exsikkate verdunkeln, wobei H. fusisporum niemals dunkelbraun wird. Abhängig davon, wie trocken der Pilz auf den Fotos nun tatsächlich ist, würde ich schon eher zu H. fusisporum tendieren. Es wäre natürlich noch interessant, wie die andere Monographie beide Arten trennt.


    LG, Jan-Arne

  • Hallo Christoph,


    auch dir vielen Dank. Ein Blick in die Pilze der Schweiz hat eure Einschätzung umfassend bestätigt. Das sind zwei Exemplare "Hebeloma sacchariolens".

    Da ich bisher noch keine Hebeloma mikroskopiert hatte, war mir die Ähnlichkeit der Sporen nicht bewußt - aber nur so lernt man dazu!


    Herzliche Grüße


    Harald

  • ch habe mal nachgesehen (Fungi of Northern Europe - das noch dickere Buch habe ich nicht) und nach der Sporenbreite wäre es Hebeloma fusisporum, wobei diese Art als weißlich beschrieben wird, während Hebeloma sacchariolens die frisch eher cremefarbene bis hellockerfarbene Art ist. Allerdings gibt es hier Überschneidungen, weshalb man ggf. mehr Sporen messen sollte. Beide Arten sollen sich allerdings als Exsikkate verdunkeln, wobei H. fusisporum niemals dunkelbraun wird. Abhängig davon, wie trocken der Pilz auf den Fotos nun tatsächlich ist, würde ich schon eher zu H. fusisporum tendieren.

    Hallo Jan-Arne,


    habe eben mal nachgesehen und nachgerechnet

    bei den paar gemessenen Sporen liegt Q bei 2,0 und in der Beschreibung zu fusisporum ist der Stiel auch als weiß beschrieben. Ich werde die Teile jetzt aus dem Kühlschrank befreien und trocknen lassen. Wenn die Verfärbung nicht zu fusisporum paßt, melde ich mich noch mal.


    Viele Grüße


    Harald

  • Hallo Harald

    Du hast Dir sehr viel Arbeit gemacht, Beschreibung und sehr gute Mikrofotos erstellt, sowie fast alle relvanten Maße ermittelt. Dann schmeißt Du alles über den Haufen, ermittelst die Gattung nach Standort und Sporen und die Art nach dem Geruch. Eigentlich schade für die wirklich gute Vorarbeit die Du geleistet hast und mit der Du es weit bringen kannst.
    Ein Tipp noch zur Gattungsbestimmung. Ermittelung der Sporenpulverfarbe und ein Blick auf die Hutdeckschicht (hyphig oder zellig) kann enorm weiterhelfen.
    Welche Literatur (Gattungsschlüssel) besitzt Du denn?
    Bezüglich der Bestimmung bin ich der gleichen Ansicht wie Jan-Arne. Es handelt sich sicher um eine Hebeloma aus der Sektion Sacchariolentia.

    LG Karl

    Ergänzung: Ich ha
    be mal in die bereits zitierte aktuelle Fälblingsmonographie gesehen. Es gibt immerhin 5 Arten mit süßlichem Geruch.
    Sporen im Mittel breiter als 7 haben H. odoratissima und H. nauseosum.
    Von den verbleibenden ist H. sacchariolens raus wegen Q < 1,8
    H. fusisporum Sporen mindestens 6,4 breit oder länger als 12 wäre auch raus.

    Es bleibt laut Schlüssel H. ischnostylum Sporen schmaler als 6,4 und höchstens 12 lang.
    Beschreibung passt auch und eine deutliche Dunkelfärbung im Exsikkat soll nicht erfolgen korrigiert

  • Hallo Karl,


    danke für die klaren Worte! Wie die meisten Hobbymykologen lerne ich aus der Arbeit und kaum systematisch. Da ich bisher keine Hebeloma mikroskopiert hatte, war mir die Sporenform nur von Naucoria geläufig.

    Welcher Gattungsschlüssel ist denn gut verständlich?


    Viele Grüße

    Harald

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Karl,


    du beziehst dich auf die Fungi Europaei 14, nicht wahr? Mit Fungi of Northern Europe kommt man zu einem anderen Ergebnis.


    Ebenfalls 5 Arten.

    Die Cheilos über 35 µm lassen H. hetieri rausfallen.

    Die nicht zugespitzte Stielbasis lässt H. fusipes rausfallen.

    Die Sporen, die im Mittel unter 13,5 µm lang sind, lassen H. gigaspermum rausfallen ...

    und der Sporenquotient über 1,9 sowie die durchschnittliche Sporenbreite unter 6,5 µm führen zu H. fusisporum gegenüber H. sacchariolens.


    Welchem Werk und welchen Sporenmaßen soll man nun den Vorrang einräumen?


    LG, Jan-Arne

  • Hallo Jan-Arne

    H. hetieri in FNE ist H. odoratissima in FE 14
    H. fusipes und H. gigasperma in FNE sind H. nauseosum in FE 14

    H. sachariolens ist raus über Sporen. bleibt wie Du auch feststellst H. fusisporum. H. ischnostylum ist in FNE nicht drin
    Übrigens wird das Bild von H. fusisporum S. 129 in FNE in FE 14 als H. ischnostylum reproduziert.

    LG Karl


    • Offizieller Beitrag

    Hallo Karl,


    danke für die Darstellung. Also muss man sich hier entscheiden, welchem Werk man mehr Aussagekraft beimisst und seine Bestimmung daran orientieren? Oder FNE eine fehlende Darstellung von H. ischnostylum als eigene Art bei gleichzeitiger Vermischung mit H. fusisporum vorwerfen und sich nach dem Werk richten, dass beide Arten miteinbezieht?


    LG, Jan-Arne

  • Hallo Karl,


    danke für die Darstellung. Also muss man sich hier entscheiden, welchem Werk man mehr Aussagekraft beimisst und seine Bestimmung daran orientieren? Oder FNE eine fehlende Darstellung von H. ischnostylum als eigene Art bei gleichzeitiger Vermischung mit H. fusisporum vorwerfen und sich nach dem Werk richten, dass beide Arten miteinbezieht?


    LG, Jan-Arne

    Hallo Jan-Arne,

    FE 14 setzt ja auf FNE auf. Die komplette Arbeit von Vesterholt wurde übernommen und nach seinem Tod fortgesetzt. Inzwischen liegen eben noch weitere Erkenntnisse vor, die zumindest teilweise auch aus dem Nachlass von Vesterholt stammen. Ich habe bei FE 14 den Eindruck, dass es sich um eine sehr gründliche Arbeit handelt und werde mich danach richten.

    LG Karl

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Karl,


    ah jetzt ja! Das war mir nicht bewusst, erklärt aber einiges. Dann hat natürlich FE - Band 14 Vorrang. :thumbup:


    LG, Jan-Arne

                                                                               
    Im Forum gibt es keine Verzehrfreigaben, nur Hilfestellungen zu eigenständigen Vergleichen!


    Ich habe eine kleine Homepage gebastelt, auf der ich Tiere und Pilze in Kurzportraits zeige.

  • Servus Karl,


    völlig d'accord. FE14 ist m.E. das Beste, was an Monographien in den letzten Jahren publiziert wurde. Damit macht die Gattung wirklich Spaß - und Fälblinge sind jetzt wirklich bestimmbar. Man muss nur Zeit am Mikroskop einplanen.

    Alle Konzepte sind genetisch und anatomisch entwickelt worden. Man wird zwar immer noch nicht jeden Fälbling bestimmen können. Und im Komplex um H. circinans / H. laterinum finde ich es morphologisch-anatomisch nicht so eindeutig wie in FE14 beschrieben. Aber die früheren Hebeloma-Bearbeitungen und Schlüssel sind mit diesem Werk nicht vergleichbar - sie sind die Grundlage, klar, aber eben nicht mehr wirklich anwendbar, finde ich.


    Liebe Grüße,

    Christoph