Dictyoporthe bipapillata

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  • Hallo allerseits,


    die gestrige Exkursion in einen Auwald mit angrenzender Hainbuchenhecke bestehend aus gerade mal 6 oder 7 kaum 4m hohen Bäumchen erbrachte einen ungewöhnlichen und sehr erfreulichen Erstfund: Dictyoporthe bipapillata.


    Den Pilz konnte ich 2012 untersuchen, zugesendet von Stefan aus der Schweiz (siehe dazu Funghiparadise). Seitdem habe ich ihn weder gesehen noch von irgendwelchen Fundmeldungen gehört. Anscheinend ist diese auf ansitzenden, abgestorbenen Hainbuchenzweigen beschränkte Art nicht so häufig wie einige andere, mit denen sie das Substrat teilt (Pleomassaria carpini, Wuestneia xanthostroma).


    Damit man sich nun unter dem Pilz, der in der OeZP 6 (1997) von Jaklitsch & Barr beschrieben und dessen Gattung näher betrachtet und aufgeschlüsselt ist, etwas vorstellen kann, habe ich ihn makro- und mikroskopisch eingehender bearbeitet und komme zu folgender Charakterisierung:


    Fruchtkörper ein stromatischer Zusammenhalt von 4-8 kugelig-pyriformen Perithezien, die in valsoiden Gruppen gemeinsam aus der Rinde herausbrechen. Perithezienmündungen flach, eben zu einer Art grauen bis graubraunen Scheibe oder leicht hervorstehend, schwarz. Perithezien 0,2-0,38mm, außen wie innen schwarz, dünnwandig und sehr fragil, relativ lose sitzend, da kein Entostroma vorhanden ist, welche die Perithezien im Holz verbinden könnte. Die ganze "Konstruktion" hat eine Ausbreitung von etwa 1,5-2mm und ist am Standort selbst mit Lupe kaum auszumachen.


    Sporen 34-41x11-16 µm, mit auffallenden, hyalinen Endzellen von ca. 3-5 µm Länge, anfangs hyalin, dann olivgrünlich bis grünbraun, letztlich bräunlich, mit unscheinbarer Längs- und Querseptierung, welche der von Pseudovalsa lanciformis ähnelt (= Distosepten!), meist 5 Quersepten und zentral eine Längssepte, ohne Hülle und ohne Anhängsel. Asci 180-230x14-20 µm, achtsporig, zylindrisch, mit schräg uniseriat eingelagerten Sporen, die bisweilen auch im oberen Drittel biseriat sein können, unitunikat (daher KEINE Verbindung zu Fenestella!), kein Apikalapparat sichtbar, IKI-, Kongo -. Paraphysen fädig, bis etwa 4 µm dick, sehr zahlreich und lang, z.T. knorrig verzweigt, septiert. Perithezienwand bis ca. 40 µm, mit textura angularis.


    Das Habitat ist einfach zu charakterisieren: hängende Hainbuchenzweige (Carpinus betulus) an offenen Stellen, z.B. Straßenränder, Waldränder, Wegränder, Böschungen usw. (ähnliche Ansprüche stellt auch Wuestneia xanthostroma, siehe dort). Die Zweige sind noch berindet und von mäßiger Zersetzung.


    Nach Jaklitsch & Barr 1997 ist die Art bisher aus Schweden, Österreich und Frankreich bekannt. 2012 kam ein Fund aus der Schweiz hinzu, nun auch einer aus Deutschland. Es stellt sich daher die Frage, ob dies ein Erstfund für Deutschland ist.


    Die Gattung Dictyoporthe wurde 1955 von Petrak aufgestellt mit dem Ziel, sämtliche dictyosporen Diaporthales in eine Gattung zu packen (davon gibt es in Europa bisher nur 2). Die zur Melanconidaceae zählende Gattung beinhaltet weltweit gerade mal 5 Arten, die allesamt an abgestorbenen Laubholzzweigen wachsen und sich durch ihre mikroskopische Eigenheit kennzeichnen.


    Bilder zu dieser Art:








    Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

    Band 2a: Pezizomycetes, Hypogäische Eurotiomycetes, Lecanoromycetes, Arthoniomycetes

    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau

  • Die Diskussion zu dem Fund von Stefan hatte ich bereits im Forum Ascofrance 2012 voller Interesse verfolgt!


    Nun hast du Dictyoporthe bipapillata also auch selbst finden dürfen. :thumbup:
    Dazu gratuliere ich dir von Herzen, Björn!


    Deine Dokumentation ist einfach atemberaubend.


    Jetzt geht es mir wie Eike, ran an die Hainbuchen und dann heißt es suchen!
    Es wäre ein Traum, diesen attraktiven Pilz zu finden.
    Und wenn er sich nicht zeigen will, so könnte man ja immer noch die erwähnten Pleomassaria carpini oder Wuestneia xanthostroma entdecken! ;)


    LG Nobi

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    Chips: 72

  • Hallo nobi und Eike, dann sucht mal fleißig, ich denke den einen oder anderen wird man sicher finden, die Kernpilzsaison ist schließlich eröffnet.


    Lg björn

    Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

    Band 2a: Pezizomycetes, Hypogäische Eurotiomycetes, Lecanoromycetes, Arthoniomycetes

    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
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