Parasol? Fund vom 05. Nov. 2011

Es gibt 16 Antworten in diesem Thema, welches 5.098 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kuschel.

  • dsc0294931o5u.jpg dsc02950jwpx2.jpg dsc02956l2qlm.jpg dsc02958czrlz.jpg dsc02961ctocp.jpg dsc02962pyq6m.jpg dsc029643lodf.jpg


    Guten Abend,


    ich habe schon viel von Parasolen gehört (und geträumt), weil diese so lecker schmecken sollen, aber noch nie in meinem Leben einen live gesehen, geschweige denn geerntet und verspeist :P


    Durch Zufall sah ich aus dem Augenwinkel im Vorbeifahren mit dem Auto 2 riesige "Schirme" aus dem hohen Wiesengras ragen und habe sogleich eine Vollbremsung hingelegt ;)
    Es war eine Wiese, wo sonst Kühe grasen und am Rand standen sehr hohe Eichen. Fast direkt vor deren Wurzeln standen diese Prachtexemplare :)


    Frost hatten wir - wenn überhaupt - bis zum 05. Nov. 2011 nur leichten. Ich habe keine Ahnung, bis wann man überhaupt diese Pilze finden kann, falls es Parasole sind. Des Weiteren las ich mal irgendwann, dass sie zwei Ringen haben müssen, die man verschieben kann?! Ich konnte nur den einen (verschiebbaren!) Ring finden, also der Velum-Rest.


    Die Größe kann man hoffentlich erkennen, um die 20cm hoch und breit.


    Ich freue mich über Eure Hilfe,
    LG,
    Kuschel

  • Hallo Kuschel,


    deine Funde gehören mit Sicherheit zum Kreis der Riesenschirmlinge (Macrolepiota spec.). Für einen Parasol fehlt mir aber die typische Stielnatterung (beim letzten Bild ist sie oberhalb des Ringes zu erahnen). Vieleicht gibt es ja hier einen Spezialisten, der deine Exemplare genauer zuordnen kann.


    Wo steht, daß der Parasol zwei Ringe haben soll. Wenn das so ist hätte ich noch nie einen gefunden.


    Viele Grüße

  • Würde ich auch als Parasol bezeichnen. [hr]


    Nach der Natterung hab ich auch gesucht, denke aber der Stiel ist ziemlich abgeschabt. Parasole haben auch nur einen Ring, aber einen "doppelten", quasi mit zwei Kragen.


    Das Exemplar ist sicher schon älter, so dass die Merkmale nicht mehr so eindeutig sind.

  • Ich würde bei deinem Pilz auch den Parasol erkennen, insbesondere was die Oberfläche des Hutes angeht (die Konstruktion und Anordnung der Schuppen).


    lg björn

    Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

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    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau

  • Hi,


    vielen Dank für Eure Antworten. Ist es richtig, dass es keine giftigen Riesenschirmpilze gibt?


    Hat evtl. jemand einen beispielhaften Parasol, auf dem ich den genatterten Stiel sowie auch einen Ring mit dem "doppelten Kragen" sehen kann?


    Ich könnte mir vorstellen, dass an dieser Stelle regelmäßig diese schönen Exemplare stehen. Sie sind faszinierend! :)


    Herzlichen Dank und LG,
    Kuschel

  • Hallo Kuschel!


    Zitat

    ...Ist es richtig, dass es keine giftigen Riesenschirmpilze gibt...


    Das stimmt nicht!


    Gefährlich wird's bei den Vertretern des Rhacodes-Komplexes, zu der auch der Safran-Riesenschirmling (Chlorophyllum rhacodes, vorm. Macrolepiota rhacodes) gehört.
    Diese Arten röten im Schnitt (safranfarben bis rötlich).
    Innerhalb dieses Komplexes gibt es z. B. auch den Garten-Riesenschirmling (Chlorophyllum brunneum, vorm. Macrolepiota bohemica), der nur von wenigen gut vertragen wird (!) und heftiges Erbrechen und Übelkeit verursachen kann!
    Vom Garten-Riesenschirmling gibt es sogar einen Verwechslungspartner, den Gift-Riesenschirmling (vorm. Macrolepiota venenata, aktuell ebenfalls Ch. rhacodes), der stark giftig ist!


    Momentan scheinen diese Arten von der Gattung Macrolepiota abgetrennt zu sein, bei Verwendung der deutschen Bezeichnung (...-Riesenschirmling...) kann es jedoch nach wie vor zu Missverständnissen kommen!


    Diese Erläuterungen sollten auch von der aktuellen Namensgebung her korrekt sein (Quelle: Species fungorum), vielleicht kann ja Björn zur derzeitigen Einteilung noch etwas sagen.


    Ein Exemplar eines Parasols (Macrolepiota procera), bei dem man die Stielnatterung erkennen kann, habe ich hier:



    Der doppelt-gerandete Stielring kommt hier leider nicht besonders zur Geltung, im Feld jedoch wirst Du den Unterschied zu einem einfachen Ring bestimmt erkennen können (vorausgesetzt, der entsprechende Ring ist noch da und auch intakt!).


    Gruß, Fredy

    Pilzliebe geht durch das Objektiv und nicht durch den Magen!

  • Hallo Kuschel!


    Schöne, sehr genaue Bilder! Schade, dass die Kamera so schwer ist ...


    Fredy: Das ist ja ein wunderschönes Bild.
    Gut zu wissen, dass man auch beim Parasol genau hingucken lernen muss ...


    Herzliche Grüße,


    Merlena

  • Danke Dir Merlena!


    Das ist aber nett! So schöne Komplimente bekomme ich selten hier :) !


    Grüße Dich, Fredy

    Pilzliebe geht durch das Objektiv und nicht durch den Magen!

  • Fredy, von mir bekommst Du auch ein dickes Lob!!
    Nicht nur für das schöne und aussagekräftige Bild, sondern auch für die Mühe Deiner Beschreibung :)


    Gut, dass ich Pilze nicht zwangsläufig essen muss, sondern mich auch an deren Schönheit ergötzen kann. Ich würde lügen, wenn ich behaupte, nicht mal gerne einen probiert zu haben, aber eben auch nur, wenn ich mir sicher sein kann! Da muss ich wohl noch viel üben :shy:


    Merlena, wenn das Wetter gut ist, nehme ich auch gerne die Spiegelreflex mit. Außerdem darfst Du sie dann auch mal "tragen" *hihi* :D;)


    LG,
    Kuschel

  • Im Prinzip hat Fredy das alles schon sehr gut und auch richtig erläutert. Es gibt heutzutage zwei Gattungen:


    Macrolepiota, Riesenschirmling (8 Arten in Mitteleuropa, weltweit ein paar mehr) mit großen Fruchtkörpern, die NICHT röten, einen mehr oder weniger ausgeprägt doppelten, verschiebbaren Ring und durchgehend weißes Sporenpulver haben.


    Chlorophyllum, Grünsporschirmling (mindestens 3 Arten in Mitteleuropa) mit großen, eher aber gedrungenen, also kurzstieligen Fruchtkörpern, die mehr oder weniger deutlich röten, z.T. auffallende Hutschuppen (stark abstehend, von wolligem Aussehen) und weißes, rosafarbenes oder sogar grünes Sporenpulver besitzen und im Falle von C. agaricoides sogar secotioid wachsen. Die Stiele von Chlorophyllum-Arten sind dazu glatt, nicht genattert.


    Bevor die Verwandtschaft der europäischen M. rhachodes-Artengruppe mit der Gattung Chlorophyllum bekannt wurde, war Chlorophyllum eine tropisch bis subtropisch verbreitete Gattung mit der Typusart C. molybdites, welche in Europa nur adventiv auf den Kanaren und in Italien gefunden wurde. Daher hatten wir hier in Mitteleuropa mit dieser Gattung überhaupt gar nichts zu tun. Sie tauchte deshalb auch in den Bestimmungsbüchern nur sehr selten auf.


    Was die C. rhacodes - C. venenata - Problematik angeht, darüber habe ich in einem anderen Beitrag schonmal was geschrieben. Um das nochmal zusammenzufassen: Meine Meinung ist schon lange, dass es keine C. venenata gibt, sondern dass sie in Folge von heftigen Unverträglichkeitsreaktionen durch den Verzehr von C. rhacodes konstruiert wurde, ähnlich wie das anfang 1900 schon mit dem Falschen Perlpilz (Amanita pseudorubescens) geschehen ist, bei dem sich schnell herausstellte, dass es diese Art nicht geben kann. Also schließt auch indexfungorum.org völlig korrekt: C. rhacodes = C. venenata. Damit ist C. rhacodes mindestens als giftverdächtig einzustufen.


    Übrigens: Auch C. molybdites soll stark giftig sein.


    lg björn

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  • Björn, ich leg' echt die Ohren an :shy: Chapeau!!


    Für mich ist leider noch vieles "Fachchinesisch", wenn ich das so sagen darf. Zumal ich mir die botanischen Namen noch überhaupt nicht eingeprägt habe!
    Was mir aber beim Nachlesen auffällt: keiner der von Dir genannten scheint gerne auf Wiesen zu wachsen, stimmt's?


    Bei meinem hat auch das Fleisch nach Tagen keine Färbung angenommen. Nach 3 Tagen wanderte er auf den Kompost, unverändert weißfleischig an der abgebrochenen Ecke.
    Ich schaue nochmal, ob ich man auf einem anderen Photo was genattertes sehen kann. Allerdings fürchte ich, habe ich ihn zu oft in der Hand gehabt, es könnte sich daher abgenutzt haben.


    LG,
    Kuschel

  • dsc029481sqqs.jpg dsc02951wfoae.jpg dsc02952r4qcd.jpg dsc029666gq0o.jpg dsc0297534oni.jpg


    Guten Abend,


    hier nochmal einige Bilder, auf dem man den Stiel sieht. Übrigens ist der Stiel zäh, faserig und hohl (mit so eine Art Flaum innen) gewesen.


    Ich bin gespannt, was Ihr sagt :)


    LG,
    Kuschel

  • Mindestens Bild 2 zeigt, dass der Stiel deutlich genattert ist. Damit ist diese Art eine Macrolepiota und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Macrolepiota procera, Parasol.


    Falls dir die Fachbegriffe Probleme bereiten, sag mir bescheid oder schreib mir einfach kurz eine PN, ich kann dir zu dem einen oder anderen sicherlich auch weiterführende Literatur liefern oder angeben.


    lg björn

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  • Das ist super nett von Dir, vielen lieben Dank :)


    Eine Frage noch: ist es ungewöhnlich, so spät im Jahr Parasole zu finden?


    LG,
    Kuschel


  • Das ist super nett von Dir, vielen lieben Dank :)


    Eine Frage noch: ist es ungewöhnlich, so spät im Jahr Parasole zu finden?


    LG,
    Kuschel


    Das Jahr ist relativ früh, du müsstest also eher fragen, ob es ungewöhnlich ist, schon so früh Parasole zu finden :D


    Nein die Frage sollte anders sein: Ist das Wetter ungewöhnlich? Und da kann man eine klare Antwort drauf geben, nämlich: ja. Und weil das Wetter (vielerorts kein Schnee, kein Frost) passt, kommen auch die Pilze noch, und zwar solange, bis es eben mal richtig kalt wird.


    lg björn


    Achso, 5. November. Ihr seid aber manchmal echt gemein, es werden Pilze aus der Steinzeit ins Heute geholt :d


    natürlich ist der November normal. Da gibts nix ungewöhnliches dran zu entdecken im Hinblick auf den Parasol.

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    Einmal editiert, zuletzt von bwergen ()

  • Lieber Björn,


    mein Pilzfund vom 05. Nov. 2011 lautete die Überschrift *grins-frech*
    Also war meine Frage durchaus richtig formuliert :D


    Aber Deiner Antwort entnehme ich schon die richtige Quintessenz ;)


    LG zurück,
    Kuschel