Beiträge von Clavaria

    Hallo zusammen


    Die nächste umfangreiche Überarbeitung steht bevor:


    Hu, JJ; Tuo, YL; Yue, L; Zhao, GP; He, XL; Song, LR; Pu, JB; Qi, ZX; Qin, WQ; Li, TH; Jiang, DH; Zhang, B; Li, Y; Li, X. 2024. New insights into Gymnopus s.l.: its systematic rearrangements and novel taxa. Mycosphere. 15(1):365-472


    In der Arbeit werden fünf neue Gattungen vorgeschlagen, die sich weitgehend an den bisherigen Gymnopus-Sektionen orientieren.

    Ich führe hier nur die europäischen Arten auf (hoffe es ist vollständig), für weitere Umkombinierungen siehe pdf.


    Impudipilus

    bisher Gymnopus sect. ImpudicaeArten: alpicola, brassicolens, impudicus, trabzonensis


    Levipedipilus

    bisher Gymnopus sect. LevipedesArten: alpinus, aquosus, catalonicus, dryophilus, erythropus, fagiphilus, fuscopurpureus, hybridus, inexpectatus, junquilleus, lanipes, loiseleurietorum, ocior, terginus


    Vestipedipilus
    bisher Gymnopus sect. Vestipedes

    Arten: confluens, eneficola, hariolorum, obscuroides


    Ligymnopus

    Bisher Teil der Gattung Collybiopsis

    einzige europäische Art: L. luxurians


    Neomarasmius

    Für einige Arten aus der Gattung Collybiopsis: istanbulensis, peronatus


    Gymnopus s.str.

    Hier bleiben nur wenige Arten: androsaceus, fusipes

    (Und diverse Arten, die von der Publikation nicht berücksichtigt wurden X/ :cursing: )


    Gemäss Mycobank sind die neu publizierten Arten nach nomenklatorischen Regeln allesamt ungültig, somit sollten sie im Moment auch noch nicht verwendet werden.

    Das ist aber nur ein Formfehler und dieser wird von den Autoren sicherlich bald in einer Zusatzpublikation korrigiert.

    Wir dürfen uns also darauf einstellen, dass der Waldfreund-Rübling bald Levipedipilus dryophilus heissen wird.


    Was nun wieder ärgerlich ist:

    • Einige Arten werden zum wiederholten Male umkombiniert. Der Knopfstielige Rübling ist das Paradebeispiel:
      1871-1997: Collybia confluens
      1997: Gymnopus confluens
      2019: Marasmiellus confluens
      2021: Collybiopsis confluens
      2024: Vestipedipilus confluens
      :haue: :haue: :haue:
    • Es wurden nicht alle Arten der bisherigen Gattung Gymnopus in der Arbeit berücksichtigt.
      Vermutlich nur solche, wo ohne viel Aufwand eine Sequenz in den öffentlichen Datenbanken verfügbar waren.
      Somit verbleiben im Moment in der Gattung Gymnopus nebst denen, die in der Arbeit dort vorgesehen sind, auch viele Arten als "Überbleibsel".

    Fazit: Für mich eine weitere überstürzte Publikation. Die Gattung Gymnopus wurde nicht vollständig überarbeitet, sie steht im Widerspruch zu anderen kürzlichen Publikationen, und offenbar wurden nicht einmal die taxonomischen Grundsätze korrekt berücksichtigt.

    Ich hege den Verdacht, dass es hier primär darum ging, möglichst schnell seinen Namen hinter möglichst viele neue Kombinationen zu schreiben.


    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Letzten Sommer gab es in meiner Gegend einen Waldbrand.

    Es wirkte zeitweise recht bedrohlich, aber zum Glück kam niemand zu Schaden.


    Mehrere Ortschaften wurden zur Sicherheit evakuiert. (17. Juli 2023)


    Zwangsläufig war für das Frühjahr eine Tour dorthin vorprogrammiert. Obendrein ein bisher guter Pilzfrühling, also los.


    Das Gebiet ist riesig (100 Hektar) und teilweise sehr schwer begehbar. Aber es gibt mehr als genug erreichbare Flächen. Heute sieht es etwa so aus:

    Es gibt Gebiete die wesentlich schlimmer aussehen, aber die sind schwer erreichbar.


    Die Pilzwert war wenig überraschend, halt das was man erwartet. Immer wieder die gleichen paar Arten, aber dafür in unglaublicher Menge.


    Geopyxis carbonaria wuchs wie ein Teppich in Abermillionen von Exemplaren.


    Ebenfalls häufig anzutreffen: Geoscypha tenacella.


    Sporen mit sehr feinen, isolierten Warzen, und zwei Tropfen.


    Vermutlich der zweithäufigste: Peziza lobulata (P. violacea ss. auct.)


    Sporen absolut glatt und ohne Tropfen.


    Das hier habe ich als Plicaria endocarpoides bestimmt, gab es auch immer wieder.


    Reife Sporen gab es nur sehr wenige, aber man sieht bereits dass sie rund ohne glatt sind.


    Auch bei den Basidiomyceten gab es wenig Überraschungen:

    Myxomphalia maura war stellenweise häufig.


    Nur vereinzelt gab es Tephrocybe atrata.


    Sporen elliptisch und meist 6-8 µm lang.


    Basidien deutlich siderophil.


    Ich wusste oft nicht wo ich hintreten kann...


    Soweit für heute, ich mache sicherlich noch einige Ausflüge dorthin und hoffe auf weitere Funde.


    Viele Grüsse

    Raphael

    Auch wenn ich Nobi nicht persönlich kannte, macht mich diese Nachricht ernorm traurig.

    Nobi war eine Kapazität in diesem Forum, immer da, immer hilfsbereit, mit einem enormen Fachwissen.

    Ich werde ihn vermissen - und wünsche der Familie viel Kraft in dieser Zeit!


    Raphael

    Hallo Schupfi


    Oh die HDS ist eine Überraschung, ich hätte da was trichodermales erwartet.

    Hast du auch die Hutmitte untersucht? Oft sieht man dort dort einen angedeuteten Trichoderm.

    Das würde irgendwie so aussehen (E. plebejum):


    Wenn es bei einer Kutis bleibt (auch in der Hutmitte), ist die Gruppe resutum/plebejum/plebejoides ist raus.

    Mit diesen leicht knotigen Sporen und einer reinen Kutis könnte auch E. triste ein Kandidat sein.


    Gruss Raphael

    Hallo Schupfi


    Die sind noch so jung... aber haben sicher schon reife Sporen.

    Ich würde sie halt doch kurz unters Mikroskop werfen und auch die Zystiden anschauen.


    Gruss Raphael

    Hallo Schupfi


    Ein schöner Fund...


    Der HDS-Schnitt ist eigentlich recht einfach und bei Rötlingen auch nicht so schwierig.

    Einfach mit einer Rasierklinge ein dünnes Stück senkrecht abschneiden, und leicht quetschen. Gelingt natürlich nicht immer im ersten Versuch.

    Die wichtigste Frage (hymeniform/trichodermal/Kutis) sieht man dann sehr gut in KOH, ebenso das Pigment.


    Cheilos: Ganz sicher bin ich mir nicht dass deine Bilder Cheilos sind. Ich würde noch 2-3 Lamellenpräparate machen.

    Bei Rötlingen gibt es oft so vereinzelte Haare an der Schneide, die keine Relevanz haben.

    Und dann noch Schnallen suchen, das macht immer ganz besonders Spass.


    LG Raphael

    Hallo zusammen


    Pithya vulgaris ist an geeigneten Standorten eigentlich nicht selten. Es muss halt genug Reisig liegen bleiben, sauber aufgeräumte Wälder sind weniger geeignet.


    Und vermutlich wird sie oft nicht beachtet, weil kleine gelbe Becherchen an Holz meist als makroskopisch unbestimmbar gelten. Diese Art hier ist eine der wenigen Ausnahmen.


    So oder so ein schöner Fund, zu dieser Jahreszeit freut man sich über jede schöne Kollektion.


    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Auch wenn jetzt nichts Weltbewegendes dabei ist, zeige ich euch hier mal drei Funde der letzten Tage und Wochen.

    Bisher läuft das Pilzjahr gut an. Wenig Frost, viel Regen.


    1: Phyllotopsis nidulans

    Das war noch im Februar. Immer schön anzuschauen, viel zu sagen gibt es nicht dazu.



    2: Resupinatus trichotis


    Sporen kugelig.


    Die Zystiden sind sehr klein und echt schwer zu finden.



    3: Botryobasidium medium

    Diese weisse Schicht hätte ich früher links liegen gelassen. Aber inzwischen machen die mir Spass.


    Die Sporen sind irgendwie spindelig-schiffchenförmig.


    Typisch für die Gattung: Achtsporige Basidien. Wobei es schwierig ist, alle acht Sterigmen auf ein gutes Foto zu bringen.



    4: Dacryobolus sudans

    Noch so eine weisse Schicht. Aber unter dem Mikroskop völlig anders.


    Die Sporen sind dünn und etwas würstchenförmig.


    Zystiden gibt es auch, man muss aber erstmal drauf kommen dass diese fadenförmigen Zellen Zystiden sind.


    Typisch sind diese unförmigen Ausscheidungen, die sofort auffallen.



    5: Meottomyces dissimulans

    Typischer Winter- und Frühlingspilz, aber wohl nicht allzu häufig. Ich hatte den noch nie und es gibt auch keine anderen Fundmeldungen dazu in meiner Gegend.


    Sporen recht blass, ansonsten unspektakulär.


    Zystiden schlank, keulig oder mit etwas variablem Apex.



    6: Mycena plumipes

    Den hatten wohl die meisten schon in der Hand, deshalb nur das Makrofoto.



    7: Entoloma hirtipes

    Auch typisch für die Jahreszeit, und am tranigen Geruch leicht zu erkennen.


    Sporen gross und heterodiametrisch.


    Lamellenschneide mehr oder weniger steril mit zahlreichen zylindrisch-kopfigen Zystiden.


    HDS zumindest stellenweise inkrustiert.



    Das war's für heute. Korrekturen sind natürlich willkommen.


    Viele Grüsse

    Raphael

    Hallo zusammen


    Das war zu erwarten, nachdem die letzten Ausgaben im Abstand von mehreren Jahren erschienen. Das ist ein Teufelskreis für eine Zeitschrift. Wenn sie nicht mehr regelmässig erscheint, zögern Autoren etwas einzureichen, weil sie nicht wissen wann es erscheint. Das führt wiederum dazu, dass Artikel fehlen, was den Termin weiter verzögert.


    Ich werde die DocMyc jedenfalls auch vermissen.


    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Rolf Singer hat im Jahr 1970 die Gattung Lulesia für zwei südamerikanische Spezies gegründet.


    Molekulare Untersuchungen haben ergeben, dass diese beiden Spezies zur gleichen Gattung gehören wie die Arten, die wir seit einigen Jahren in der Gattung Clitocella kennen.

    Dadurch erlangt die Gattung Lulesia nach nomenklatorischen Regeln Priorität vor Clitocella, und diverse Arten mussten umkombiniert werden:


    Europäische Arten, der Übersicht halber verzichte ich hier auf Autorenbezeichnungen:


    Lulesia blancii (= Clitocella blancii, Clitopilus ochraceopallidus
    etc.)
    Lulesia colorata (= Clitocella colorata)

    Lulesia fallax (= Rhodocybe fallax, Clitopilus fallax etc.)

    Lulesia mundula (= Rhodocybe mundula, Clitopilus mundulus etc.)
    Lulesia nigrescens (= Rhodocybe nigrescens, Rhodocybe malenconii, Clitopilus ammophilus, Rhodocybe cupressicola, Rhodocybe horakii
    usw.)

    Lulesia obscura (= Rhodocybe obscura, Clitopilus obscurus etc.)
    Lulesia popinalis (= Rhodocybe popinalis, Clitopilus popinalis
    etc.)
    Lulesia solaris (= Clitocella solaris)


    Literatur:

    • Vizzini, A; Alvarado, P; Consiglio, G; Angelini, C; Marchetti, M. 2023. Lulesia Singer (1970), an older name for Clitocella Kluting, T.J. Baroni & Bergemann (2014, Entolomataceae). Bollettino dell'Associazione Micologica ed Ecologica Romana. 39(3):3-23
    • Baroni, TJ; Lechner, BE; Niveiro, N. 2023. Nomenclatural novelties. Index Fungorum. 566:1-1
    • Vizzini, A; Consiglio, G; Marchetti, M. 2023. Overview of the European species of the genus Clitocella (Entolomataceae, Agaricales) with notes on extralimital taxa. Persoonia. 50:123-157


    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Zum Erlenkrempling ein Nachtrag: Es ist leider laut Sequenz nicht Paxillus rubicundulus, sondern Paxillus adelphus - die Art ist in der Region häufig.


    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Bei diesem Phlegmacium haben wir uns alle mit vereinten Kräften getäuscht.


    Die Sequenz entspricht nur zu 93% dem Typus von Phlegmacmium violaceomaculatum.

    Dafür aber zu 100% dem Typus von Phlegmacmium variicolor oder muricinicolor, das wohl inzwischen ein gesichertes Synonym von variicolor ist.


    Wenn man nach dem AdC schlüsselt, kommt man eigentlich ganz in die Nähe von muricinicolor.

    Nur die Sporen waren bei meiner Kollektion zu klein, meistens < 10 µm. Dadurch landete ich dort in einer Sackgasse.


    LG

    Raphael

    Hallo zusammen


    Also die Inocybe ist laut Sequenz zu 100% identisch mit dem Typus von Inocybe subpaleacea, während I. lindrothii unter 90% kommt.

    Ich habe mich wohl im Schlüssel von Larsson et al. 2014 zu sehr von der vermeintlich einfachen Habitat-Frage verleiten lassen.


    Das hier nur zur Info falls es jemand interessiert.

    Ditte - ich schicke euch die Tage alles weitere zusammen mit einigen anderen Sequenzierergebnissen.


    LG Raphael

    Hallo zusammen


    bad news, der vermeintliche Cortinarius sobrius ist keiner.

    Von C. sobrius gibt es eine Typussequenz, die nur zu 95% übereinstimmt.

    Leider gibt es mehrere andere Typussequenzen mit hoher Übereinstimmung.

    Molekular pass Phlegmacium patrickense am besten, aber das ist keine gesicherte Bestimmung.

    Ohne weitere Untersuchungen werde ich da wohl nicht weiterkommen ;(


    Gruss Raphael

    Hallo Björn


    Auch wenn ich mich nur am Rande mit Ascomyceten beschäftige: Respekt und vielen Dank für diese Arbeit, ich kann mir kaum vorstellen wie viele Stunden du damit verbracht hast!


    LG Raphael

    Hallo Schorsch


    Ja es ist unglaublich, was es kostet so ein Buch über die Grenze zu schaffen. Die Schweizer Post ist unverschämt teuer.

    Leider konnten wir Andreas Gminder nicht überreden, das Buch in sein Sortiment aufzunehmen :(.

    Wenn genug Leute bei ihm nachfragen, überlegt er es sich vielleicht nochmal. Eine grössere Lieferung nach Deutschland wäre natürlich in Summe günstiger und es wäre auch ein Mengenrabatt möglich.


    Dass bei euch oft nur Euro-Überweisungen möglich sind, überrascht mich aber doch in der heutigen Zeit. Jeder will/muss doch mal in einer gängigen Fremdwährung etwas überweisen... naja ich rege nochmal an, Paypal zu akzeptieren.


    Gruss Raphael

    Hallo Michael


    Oha, das ist ungewöhnlich. Das Buch ist schon lange lieferbar und es gibt noch genug an Lager. Hast du mal nachgefragt? buchhandel(at)vsvp.com


    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Peter schaut hier wohl nicht regelmässig vorbei, ich versuche es mal... bitte korrigiere mich, wer auch immer mehr Ahnung von der Thematik hat.


    In Abb. 3 der Arbeit kann man mit viel Mühe entziffern, welche Sequenzen für C. dealbata verwendet wurden:

    Clitocybe rivulosa voucher AH44075 18S ribosomal RNA gene, partial seq - Nucleotide - NCBI

    Clitocybe dealbata voucher AH39082 18S ribosomal RNA gene, partial seq - Nucleotide - NCBI

    Clitocybe dealbata voucher AH39096 18S ribosomal RNA gene, partial seq - Nucleotide - NCBI

    Von diesen drei Kollektionen gibt es meines Wissens keine Beschreibung, oder ich finde sie gerade nicht.

    Also wissen wir nicht, ob das unser "Feldtrichterling" ist, oder vielleicht das gleiche wie Peters "Clitocybe quisquiliarum", oder vielleicht sogar noch etwas anderes.


    Die drei Sequenzen stammen aus einer anderen Arbeit, nämlich Alvarado et al. 2018.

    Diese Autoren weisen bereits darauf hin, dass der ganze Komplex aus molekularer Sicht umgebaut werden muss.

    Die Chinesen haben hier also nur die Arbeit einer anderen Autorengruppe fortgeführt, ohne eigene, neue Erkenntnisse bzgl. C. dealbata.

    Vermutlich haben sie sich mit dem Namen "Clitocybe dealbata" auch nur oberflächlich auseinandergesetzt.


    Also was ist nun "Collybia dealbata"? Das ist weiterhin unklar! Die Chinesen haben einfach der Art, zu der diese drei genannten Sequenzen gehören, und die in der Genbank zweimal "Clitocybe dealbata" heisst, und einmal "Clitocybe rivulosa", den neuen Namen "Collybia dealbata" gegeben.

    Aber ob das wirklich das gleiche ist wie der Pilz, den Sowerby im Jahr 1799 "Agaricus dealbatus" taufte, wissen wir nicht.

    Dazu müsste der Typusbeleg von Sowerby sequenziert werden, das ist bisher nicht geschehen oder zumindest nicht öffentlich zugänglich.

    Oder falls es keinen (oder keinen verwertbaren) Beleg gibt, müsste jemand einen Neotypus bestimmen. Auch das ist nicht geschehen.


    Die Arbeit von Peter (und damit auch C. quisquiliarum) wurde von den Chinesen gekonnt ignoriert. Oder besser gesagt: Nicht wahrgenommen.

    Der Name C. quisquiliarum hat sich schon im deutschsprachigen Raum wenig durchgesetzt, weltweit dürfte ihn kaum jemand wahrgenommen haben.

    C. quisquiliarum wurde als Name zweifellos gültig publiziert, aber ohne eine öffentlich zugängliche Typussequenz. Vermutlich wurde der Typus nie sequenziert.

    In den üblichen Datenbanken (Index Fungorum, Mycobank) findet man zwar Clitocybe quisquiliarum, aber keinerlei Bezug zu Clitocybe dealbata. In der Genbank findet man das Taxon überhaupt nicht.

    Zumindest im Index Fungorum hätte man eintragen können, dass Clitocybe quisquiliarum = "Clitocybe dealbata (Sow.: Fr.) P. Kumm ss. J. E. Lange, E. Ludw." ist.

    Ohne entsprechenden Eintrag in den üblichen Datenbanken macht man es ausländischen Autorengruppen, die primär molekular arbeiten, sehr schwer überhaupt auf ein Taxon aufmerksam zu werden. Es gibt weltweit hunderte Zeitschriften von denen viele kaum online zugänglich sind. Niemand kann die alle lesen. Wenn dann weder in der Genbank, noch im Index Fungorum, noch in der Mycobank ein Hinweis zu entdecken ist, dass Clitocybe quisquiliarum irgendwie im Zusammenhang mit Clitocybe dealbata steht, dann wird höchstwahrscheinlich auch kein chinesischer Wissenschaftler auf die Idee kommen, sich mit Clitocybe quisquiliarum zu beschäftigen.

    Ja natürlich, bei einem wirklich fundierten wissenschaftlichen Vorgehen müsste man das erwarten. Aber dafür fehlt es an Zeit und Geld.


    Also, diese Autoren sammeln einfach alles, was in der Genbank an Sequenzen aus vertrauenswürdigen Quellen zu finden ist, und arbeiten damit weiter.

    Mit dieser Arbeitsweise gehen die Autoren ihrerseits wieder das Risiko ein, dass ihr Name sehr schnell wieder zum Synonym wird.

    Wenn nun jemand die europäischen Typus-Belege sequenzieren würde, oder Neotypen definiert, kann sich alles wieder ändern.


    Eigentlich können wir von Glück reden, dass in der Arbeit nur so wenige Arten umkombiniert wurden.

    Wenn man das etwas seriöser bearbeitet, könnte man viele Fragezeichen in dieser Gruppe lösen.

    Die vorliegende Arbeit hat keine Fragen beantwortet, keine taxonomischen Verwirrungen gelöst, sondern einfach mehr Verwirrung gestiftet.


    Gruss Raphael

    Hallo Oskar


    Ja, solche wissenschaftlichen Publikationen sind (meistens) der Quelle von neuen Namen.

    Grundsätzlich kann jeder Namen ändern, man unterliegt dabei aber gewissen nomenklatorischen Richtlinien.

    Die Änderung muss unter anderem nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft begündbar sein.

    Was heute z.B. nicht mehr ginge, wäre alle Pilze mit Stielring oder alle blauen Pilze in einer Gattung zusammenzufassen.


    Bis sich diese neuen Namen durchsetzen, wird es wohl sehr lange dauern. Vor allem wenn es so bekannte Arten sind.

    Die bisherigen Namen sind jetzt auch nicht falsch, sie entsprechen einfach nicht mehr dem neusten Stand der Wissenschaft.

    Gerade unter Laien darf man mit ruhigen Gewissen noch viele Jahre von "Lepista nuda" und "Clitocybe odora" sprechen, das wird jeder verstehen.


    Gruss Raphael