Hallo Wolfgang, vielen Dank für deine Recherche und deine Ausführungen,
ich erinnere mich auch noch an eine Arbeit der Wissenschaftler aus Greifswald und habe diese nochmals herausgesucht:
https://www.researchgate.net/publication/282680074_Bioactive_Triterpenes_from_the_Fungus_Piptoporus_betulinus
Dort wurden antibiotische Effekte des Pilzes durchaus nachgewiesen, oft (und in Abhängigkeit des Erregers) jedoch nur mäßig oder schwach. Die Wirkung auf Helicobacter pylori wurde auch dort nicht untersucht. Aufschlussreich ist eine tabellarische Darstellung, in welcher die Wirkung der "Compounds" auf verschiedene Bakterienstämme dargestellt wird.
Bei Befall mit Helicobacter Pylori (HP-Gastritis Typ B) ist die leitliniengerechte Standarderadikationstherapie eine Tripletherapie aus 2(!) Antibiotika (z.B. Chlarithromycin + Amoxicillin ODER Metronidazol) + Protonenpumpenhemmer. Mich hätte daher eine Wirksamkeit sehr überrascht.
Hallo an alle,
ich frage mich sowieso, weshalb Leute ohne Not Birkenporlingstee trinken wollen. Ja, der enthält ein starkes Antibiotikum, das auch gegen Helicobacter pyroli-Infektion wirkt. Aber wenn ich eine solche Magenschleimhautentzündung hätte, würde ich zum Arzt gehen. Und wenn nicht, würde ich nicht prophylaktisch ein starkes Antibiotikum einnehmen, egal ob aus wildlebenden Pilzen (Birkenporling), aus Kultur (Penicillin etc.) oder aus dem Labor. Und so genau kennt man die Konzentration des Wirkstoffs bei Wildsammlung ja nicht - man kann Glück oder Pech haben - da wäre ein Präparat aus der Apotheke schon weniger riskant. "Gesund" macht das jedenfalls höchstens, wenn man vorher krank war. Aber vielleicht sollten wir diese Diskussion nicht zu sehr vertiefen...
Der normale PSV vor Ort ist für diese Fragen jedenfalls nicht ausgebildet.
Grüße,
Wolfgang
Alles anzeigen
Ich finde es sehr traurig das man immer wieder dazu genötigt wird sich für das Interesse an naturheilkundlichen Mitteln zu rechtfertigen und das man sofort in die Vollidiotenecke gestellt wird.
Alles anzeigen
Ich möchte das Thema auch eigentlich nicht weiter vertiefen. Nur soviel: ich verstehe, dass die Medizin gerade bei chronischen Erkrankungen oft an Grenzen stößt. Ich bin dann sicher kein Gegner von "komplementären" Methoden, solange diese den Betreffenden gut tun und dessen Situation stabilisieren.
Da ich schon sehr lange im Gesundheitswesen unterwegs bin muss ich allerdings festhalten, dass leider immer wieder Situationen entstehen, in denen Menschen eine nachweislich wirksame Therapie vorenthalten bleibt oder verzögert wird, weil diese Dinge nicht als komplementär sondern alternativ mit vermeintlich weniger Nebenwirkungen angeboten werden (weil ist ja Natur!). Es sind eben diese Fälle, die Vorsicht und auch Frust erzeugen (die Motive und der Wunsch etwas gutes zu tun, können dabei durchaus löblich sein). Auch bei Phytotherapie sollte man aber sehr genau wissen, was man tut und was man dabei eben auch unterlässt!!! Pflanzen und wie bekannt auch Pilze sind nicht perse harmlos, sondern es sind Unverträglichkeiten, allergische Reaktionen, Verunreinigungen oder Befall mit Krankheitserregern, Wechselwirkungen mit Medikamenten und (chronische) Intoxikationen möglich. Und schädlich sind sie eben auch, wenn Sie zwar harmlos aber nicht ausreichend wirksam sind und zeitgleich eine wirksame Therapie ausbleibt.
Mal zwei Beispiele aus der Praxis: Wenn also Pfefferminzöl bei Spannungskopfschmerzen eingesetzt wird (NICHT BEI MIGRÄNE oder einer der anderen über 260 Kopfschmerzerkrankungen) hat es nachweislich diesselbe Wirkung wie 1000mg Paracetamol, dazu gibt es valide Untersuchungen. Das ist eine super Sache und sollte entsprechend angeboten werden. Wenn bei schweren Unterleibsschmerzen alternativ zu einer wirksamen Schmerztherapie Arnikaläppchen aufgelegt werden, hört der Spaß dann leider auf. Auch das erlebt man eben. Das Problem ist, dass soviel ungeprüfte Informationen kursieren. Informationen sind aber nicht mit Wissen zu verwechseln. So entstehen neue Phänomene wie Orthorexie, in der eine als besonders gesund geglaubte Ernährungsweise in eine Essstörung mit Mangelerscheinungen mündet. Was gesund ist tragen sich die Betreffenden dann eklektizistisch aus Informationen z.B. aus dem Internet zusammen. Sie halten sich dann für Experten, obwohl sie die Informationen nicht korrekt bewertet und in den Zusammenhang gestellt haben. Das Ergebnis ist eine Verhaltensstörung mit Gesundheitsproblematiken.
Oft geht's auch um das Geschäft. Wer möchte nicht eine gesundes "Mikrobiom", welches dann Schutz vor quälenden Symptomen chronischer Darmerkrankungen bietet. Da werden im Netz seitenweise Geschichten erzählt und aufgebaut, wie erfolgreich da die Entwicklung von Probiotika mittlerweile Menschen mit schweren Darmerkrankungen hilft (auf tolle, plausible Geschichten fallen wir gerne herein). Am Ende der Seite kann man dann auch gleich auf eine Apothekenseite seiner Wahl springen, um das entsprechende passende Mittel zu bestellen. Tut man das nicht, sondern recherchiert in einschlägigen Datenbanken zum Zusammenhang wird man schnell ernüchtert.
Das bedeutet aber nicht, das Probiotika keinen Stellenwert hätten. Aber man muss eben genau hinschauen, wo sie eine Option sind oder wo der Wunsch der Vater des Gedanken ist.
So, nun habe ich doch etwas vertieft
. Ich hoffe aber, dass ich damit zeigen konnte, dass ich nicht perse Gegner einer gut fundierten komplementären Naturheilkunde oder gar Ernährungstherapie bin, die sicher auch Menschen gewissenhaft und mit der nötigen wissenschaftlichen Fundierung betreiben. Man darf eben nur gar nicht unterschätzen, welche Blüten das auch treibt.
LG Sebastian