Hallo Peter, und natürlich alle anderen Mitlesenden,
die ganze bisherige Merkmalsdiskussion habe ich immer anhand von Frischmaterial aufgefasst. Aus Herbarmaterial kann eine Bestimmung schwieriger sein. Das mal vorab, nicht dass wir da vielleicht auf unterschiedlichen Nennern diskutieren.
Insofern hat man immer reife Sporen und auch die Möglichkeit, das Keimungsverhalten testen zu können. Wobei für mich bisher eine Bestätigung der Bestimmung anhand des Keimungsverhalten eigentlich überflüssig war, weil es ganz überwiegend problemfrei ist, die drei bei uns vorkommenden Sarcoscypha-Arten anhand der Sporenmerkmale zu bestimmen. Das meine ich auch aus der Studie von Pidlich-Aigner zu entnehmen.
In Schlüsselform:
1. Sporen apikal nie mit Eindellung, sondern regelmäßig elliptisch (höchstens jung selten etwas abgeplattet) ........... S. coccinea
1* Sporen zu einem gewissen Prozentsatz (20-50%) mit deutlicher Eindellung an den Polen, von oben wie eine Schlitzschraube aussehend ....... 2
2. Sporen vital deutlich biguttulat, mit je einem großen Tropfen pro Pol und wenigen sehr kleinen zusätzlich; Excipulumhaare nur wellig ...... S. jurana (oder wie sie jetzt gleich wieder heißt)
2* Sporen vital mit vielen kleinen bis mittelgroßen, gelegentlich auch ein oder zwei großen Tropfen, jedoch nie deutlich biguttulat; Excipulumhaare stark gekräuselt ...... S. austriaca
Vitale, reife Sporen bekommt man natürlich durch einen Sporenabwurf (Apothezium umgekehrt auf einen Objektträger legen oder in einem Döschen mit Vaseline an den Deckel kleben und runtersporen lassen). Aber sie befinden sich auch im Ascus. Gerade bei Sarcoscypha und Verwandten, die so langsam reifen, sind oft auch lange noch reife Sporen im Ascus bevor sie dann doch noch abgeschossen werden. Oder auch nicht, man kann ja sogar teils bereits auskeimende Sporen noch im Ascus finden!
Wirklich wichtig sind für die Bestimmung bei den Sarcoscypha-Arten die Sporenmaße nicht, auch wenn sie Hinweise erlauben. Wichtiger dagegen die Tropfenmerkmale in den Sporen, und dafür muss man vor allem vitale Sporen heranziehen - selbst wenn diese noch nicht völlig ausgereift sind. Lieber kurz vor reif und vital, als vollreif und tot.
Aus meiner persönlichen Sicht ist S. coccinea die seltenste der drei Arten in Deutschland. Knapp gefolgt von S. jurana, die zumindest in den Kalkgebieten mit edellaubbaumreichen Schluchtwälder, die Linde beinhalten, zerstreut vorkommt. So z.B. auf der Schwäbischen Alb oder auch in Südthüringen. Ganz überwiegend aber ist das was wir in Deutschland finden S. austriaca. Ich schätze locker 90% aller Sarcoscypha-Funde gehen auf diese Art.
Mir würde also das oben von Peter gezeigte erste Foto genügen, denn ich sehe da mehrere Sporen mit abgestumpften Polen (scharf gestellt würde man es sogar als leichte Vertiefung erkennen), und das Tropfenmuster ist für mich eindeutig keine jurana die ja konstant zwei sehr großen Tropfen hätte. Wäre ich mir ob der Vitalität der Sporen nicht im Klaren, dann würde ich die Randhaare heranziehen (wellig gegenüber gekräuselt), um zwischen austriaca und jurana zu entscheiden. S. coccinea käme aber aufgrund der platten Sporenenden überhaupt nicht in Betracht.
Daher ist für mich die Sporenkeimung ein "nice-to-have" aber zur Bestimmung nicht unbedingt erforderlich.
Ein wenig eine Parallele zu Ascocoryne, wo ich auch zwei Gruppen anhand der Ascokonidien unterscheiden kann, was aber normalerweise auch schon anhand vitaler Sporen geht (Größe, Tropfenmuster).
beste Grüße,
Andreas